Wie reagieren Russland und die Ukraine auf Kriegsdienstverweigerer und Deserteure?Sowohl Russland als auch die Ukraine verfolgen Desertion und Kriegsdienstverweigerung strafrechtlich, mit zum Teil drastischen Mitteln. In Russland werden Deserteure entweder gleich an die Front zurückgeschickt oder sie werden angeklagt und bestraft. Laut Medienberichten gab es allein im ersten Quartal 2025 mehr als 150 Urteile gegen Deserteure, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Es gibt lange Haftstrafen und bislang keine Freisprüche.
Auch die Ukraine geht hart gegen Deserteure und Kriegsdienstverweigerer vor. Wer sich illegal ins Ausland absetzt, macht sich laut Gesetz strafbar. Der Leiter der Personalabteilung des Landstreitkräftekommandos der ukrainischen Streitkräfte, Roman Gurbach, erklärt: „Wenn sich herausstellt, dass sie sich illegal ins Ausland begeben haben, dann haben sie sich ihrer Militärdienstpflicht entzogen. Nach der geltenden Gesetzgebung werden sie strafrechtlich verfolgt.“ Sie werden zu hohen Haftstrafen verurteilt.
Ist Kriegsdienstverweigerung völkerrechtlich geschützt?Völkerrechtlich gilt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung als Menschenrecht. Doch in der Praxis wird es häufig ignoriert oder eingeschränkt. In Russland existiert zwar formal ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung, allerdings nur für Männer, die noch nicht eingezogen wurden. Laut Rudi Friedrich von Connection e.V. ist es auch „formal so eingeschränkt, dass nicht wirklich viele das wahrnehmen können“.
In der Ukraine wurde das Recht auf Kriegsdienstverweigerung mit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 vollständig ausgesetzt. Friedrich kritisiert: „Die Ukraine hält sich nicht an das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung.“
Rund 200.000 ukrainische Männer im wehrfähigen Alter leben derzeit in Deutschland, über 600.000 in der EU. Ob ihre Kriegsdienstverweigerung ein Asylgrund ist, bleibt umstritten. Manche betrachten sie als legitimen Schutzgrund, andere fordern Ausweisung, zum Beispiel bei Flucht mit gefälschten Papieren oder Bestechung. Russische Verweigerer haben derzeit kaum Chancen auf Asyl, weil sie meist vor einer Einberufung fliehen und dies nicht nachweisen können.
Mehrere Organisationen europaweit, darunter auch Connection e.V. fordern Asyl für Deserteure und alle Menschen, die sich dem Kriegsdienst verweigern. „Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat klargestellt, dass Kriegsdienstverweigerer*innen unter bestimmten Bedingungen Schutz verdienen, insbesondere wenn ihnen Verfolgung oder unverhältnismäßige Strafen drohen“, schreibt etwa Pro Asyl.
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