Die Ausreise aus Prag.............1989

Kommunalwahlfälschungen, Ausreisebewegung und eine sich neu formierende Opposition

Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 30. September 2024, 16:51

augenzeuge hat geschrieben:Weiß denn heute noch einer, was er damals gedacht hat? [denken]

Ich war damals 25 und dachte, dass dies eine glückliche, einmalige Aktion für die Betroffenen darstellte. Und erwartete die völlige Abschottung der DDR Grenze nach Tschechien
Ein Fall der Mauer war noch undenkbar, das dauerte noch ein paar Tage....

Wer von euch in der DDR war, erinnert sich einer an Diskussionen? Zu Hause oder im Job? Durfte ein Karnak darüber reden?
Was war damals die Meinung, wohin sich das Land bewegte?

AZ
P.S.
Wenn es zuviel wird, gliedern wir das aus.


Was ich gedacht habe...Damals. Welcher Blödmann ist auf die Idee gekommen, die Züge über DDR Gebiet zu schicken, nur um Ausweispapiere einzusammeln? Diskussionen gab es schon...immer wenn wieder ein Kollege fehlte.
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 30. September 2024, 17:40

Botschaftsflucht 1989 – Wie nahmen Tschechen die Ereignisse wahr?

Das Lobkowicz-Palais, in dem die Prager Botschaft der Bundesrepublik Deutschland untergebracht ist, hatte sich vor genau 20 Jahren in ein riesiges Flüchtlingslager für tausende DDR-Bürger verwandelt. Am 30. September 1989 verkündete der damalige bundesdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher in seiner berühmten Rede vom Botschaftsbalkon aus, dass ihr Weg in den Westen frei ist. Wie aber wurden die für die deutsche Geschichte so bedeutsamen Ereignisse von den Tschechen wahrgenommen? Der Historiker Vratislav Vaníček arbeitete damals - im Herbst 1989 - im Enzyklopädischen Institut in unmittelbarer Nähe der deutschen Botschaft. Patrick Gschwend hat sich mit ihm – 20 Jahre danach – dort getroffen.
https://deutsch.radio.cz/botschaftsfluc ... hr-8580618


„Um den Kleinseitner Platz herum standen Trabis an den Straßenrändern, wo natürlich ein Halteverbot galt. Ich war zuerst überrascht und dachte es handelt sich um eine Straßensperrung oder so etwas. Ich bin also zur Arbeit gegangen, und als ich später zurückkehrte, sah ich, dass die Trabis immer mehr wurden und sie dort schon in zwei Reihen standen. Allmählich breiteten sich die Trabis auch in die umliegenden Straßen aus. Ich war in dieser Zeit selbst Besitzer eines Trabis. Meine Frau sagte immer, das sei ein Auto mit Seele. Ich selbst war mir da aber nie so sicher. In jedem Fall aber hatten die deutschen Trabis eine Seele. Sie waren immer mit schönen Kissen und Dekorationen um die Lenkräder ausgeschmückt. Es war zu sehen, dass dies die typisch deutsche Gemütlichkeit war.“
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 30. September 2024, 17:57

Der ist gut:
Meine Frau und ich sagten sofort: ‚Das ist doch toll, dass es den Leuten um die Freiheit geht, und dass sich etwas ändert.
’ Die Parteikader in unserem Institut erstarrten förmlich und versanken in einer Art Meditation.


AZ
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 7. Oktober 2024, 16:37

Zeitzeuge Zschocke und die DDR-Flüchtlinge

In der Nacht auf den 5. Oktober 1989 rollten Züge mit Botschafts- flüchtlingen durch Karl-Marx-Stadt. Stadtrat Volkmar Zschocke foto- grafierte damals die Situation am Hauptbahnhof. Anlässlich des Jahrestages fragt er sich, warum gerade so viele Ostdeutsche ein Problem mit Geflüchteten haben.

Von Benjamin Lummer und Swen Uhlig

Chemnitz - Im Herbst 1989 waren tausende DDR-Bürger in westdeutsche Botschaften geflüchtet, in der Hoffnung, in die Bundesrepublik ausreisen zu dürfen. Am 30. September verkündete der damalige BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher den 4000 Geflüchteten in der westdeutschen Botschaft in Prag, dass sie tatsächlich ausreisen dürfen. In den folgenden Tagen wurden sie mit Sonderzügen in den Westen gefahren. Diese Züge passierten die DDR – und auch Karl-Marx-Stadt.

In der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober beobachtete der heutige Grünen-Stadtrat Volkmar Zschocke das Geschehen am Karl-Marx-Städter Hauptbahnhof. Die Situation damals beschrieb er später gegenüber „Freie Presse“ als „gespenstisch“. Rund um den Bahnhof standen Uniformierte, die das Gebäude abgeriegelt hatten. Wohl auch deswegen, weil bereits zuvor bei der Durchfahrt der Züge in Dresden Menschen versucht hatten auf die Waggons aufzuspringen.

Auf der Bahnhofstraße parkte ein Wasserwerfer. „Den kannte ich nur aus dem Westfernsehen“, sagte Zschocke Jahre später. Der Bahnhofsvorplatz war voller Menschen, vielleicht 100, vielleicht 120. „Die Atmosphäre war eher gespannt, überhaupt nicht aufgeheizt.“ Die Leute warteten darauf, dass etwas passiert.

Zschocke war seit 1988 in der Stadtmission aktiv, organisierte dort die Jugendsozialarbeit und hatte eine Gruppe von NVA-Wehrdienstverweigerern gegründet. Selbst auf den Zug aufspringen wollte er an jenem Abend nicht, aber die Ereignisse festhalten. „Wir hatten ja alle das Gefühl, dass in der DDR etwas in Bewegung kommt.“

Er und ein Freund liefen in der Nacht zum Bahnhof, in der Tasche eine Spiegelreflexkamera, Typ Exa 1a. „Ich hatte eine Scheißangst“, so Zschocke im Jahr 2009. Niemand weiß, was passiert wäre, wenn man ihn erwischt hätte. Unauffällig legte er die Kamera auf die Schulter seines Bekannten, drückte auf den Auslöser, sekundenlang. „Ich musste lange Belichtungszeiten wählen, Blitz kam ja nicht infrage.“ Die Fotos, die Zschocke nun noch mal in sozialen Netzwerken verbreitete, zeigen das Bahnhofsgebäude in gelbgrünem Neonlicht, die große Uhr über dem Eingang zeigt kurz nach 0.30 Uhr. Eine Hundertschaft Bereitschaftspolizisten mit Lederstiefeln und Stahlhelmen riegelt das Gebäude ab; Offiziere mit weißen Schirmmützen, die Arme verschränkt auf dem Rücken, überwachen den Bahnhofsvorplatz.

Den Zug bekamen er und die anderen nicht zu sehen. Als einzelne Wartende versuchten, über die Bahnhofsmauer zu klettern, um so auf die Bahnsteige zu gelangen, schlug die Polizei zu. Viele Beobachter rannten daraufhin weg, auch Zschocke. „Ich hatte einfach nur Glück“, sagt er heute im Rückblick. Hätte er so etwas nur einige Jahre früher getan, wäre er wohl festgenommen worden und im Gefängnis gelandet, mutmaßt der 55-Jährige.

Seine Erinnerungen ließ Zschocke nun, genau 35 Jahre später, auf seiner Facebook-Seite Revue passieren. Zusammen mit einer Frage, die ihn im Zuge der aktuellen Stimmenzuwächse für rechte und zuwanderungskritische Parteien beschäftigt. „Warum bewerten viele Ostdeutsche meiner Generation die historischen Fluchtbewegungen aus der DDR (über 3 Millionen Menschen!) so komplett anders als aktuelle Migrationsbewegungen?“, fragt er dort. Gerade Ostdeutsche müssten doch wissen, dass es Situationen gibt, in denen man keinen anderen Ausweg als die Flucht sieht, meint der Grünen-Stadtrat. Oftmals bekäme er zu hören, damals seien ja Deutsche zu Deutsche geflohen, bei heutigen Geflüchteten handele es sich stattdessen um Fremde aus nicht deutschen Ländern und damit eine Bedrohung. „Für mich macht es keinen Sinn, zwischen ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Flucht zu unterscheiden“, sagt Zschocke. Die Sehnsucht nach Freiheit und einem besseren Leben treibe Menschen immer wieder dazu, ihre Heimat selbst unter großen Gefahren zu verlassen. „Ich kann die Flucht von Millionen Bürgerinnen und Bürgern aus der DDR daher nicht isoliert betrachten. Sie steht für mich im globalen Kontext von Flucht und Migration.“ |lumm/su

„Ichhatte eineScheißangst.“

Volkmar Zschocke Zeitzeuge

freie presse
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 7. Oktober 2024, 18:29

Wo kann man die Fotos sehen?

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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 7. Oktober 2024, 19:12

augenzeuge hat geschrieben:Wo kann man die Fotos sehen?

AZ


was für fotos? Hier mal der Link. Kann nur sein, das der Artikel bald hinter der Bezahlschranke verschwindet.
https://www.freiepresse.de/chemnitz/che ... el13550374
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 7. Oktober 2024, 21:18

Liest du nicht was du einstellst? [flash]

Er und ein Freund liefen in der Nacht zum Bahnhof, in der Tasche eine Spiegelreflexkamera, Typ Exa 1a. „Ich hatte eine Scheißangst“, so Zschocke im Jahr 2009. Niemand weiß, was passiert wäre, wenn man ihn erwischt hätte. Unauffällig legte er die Kamera auf die Schulter seines Bekannten, drückte auf den Auslöser, sekundenlang. „Ich musste lange Belichtungszeiten wählen, Blitz kam ja nicht infrage.“ Die Fotos, die Zschocke nun noch mal in sozialen Netzwerken verbreitete, zeigen das Bahnhofsgebäude in gelbgrünem Neonlicht, die große Uhr über dem Eingang zeigt kurz nach 0.30 Uhr. Eine Hundertschaft Bereitschaftspolizisten mit Lederstiefeln und Stahlhelmen riegelt das Gebäude ab; Offiziere mit weißen Schirmmützen, die Arme verschränkt auf dem Rücken, überwachen den Bahnhofsvorplatz.



Die Fotos sollte man finden.

Die gleiche Kamera hatte ich anfangs im Westen auch. Organisiert über ein Treffen in der CSSR.. [grins]
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 8. Oktober 2024, 08:03

augenzeuge hat geschrieben:Liest du nicht was du einstellst? [flash]

Er und ein Freund liefen in der Nacht zum Bahnhof, in der Tasche eine Spiegelreflexkamera, Typ Exa 1a. „Ich hatte eine Scheißangst“, so Zschocke im Jahr 2009. Niemand weiß, was passiert wäre, wenn man ihn erwischt hätte. Unauffällig legte er die Kamera auf die Schulter seines Bekannten, drückte auf den Auslöser, sekundenlang. „Ich musste lange Belichtungszeiten wählen, Blitz kam ja nicht infrage.“ Die Fotos, die Zschocke nun noch mal in sozialen Netzwerken verbreitete, zeigen das Bahnhofsgebäude in gelbgrünem Neonlicht, die große Uhr über dem Eingang zeigt kurz nach 0.30 Uhr. Eine Hundertschaft Bereitschaftspolizisten mit Lederstiefeln und Stahlhelmen riegelt das Gebäude ab; Offiziere mit weißen Schirmmützen, die Arme verschränkt auf dem Rücken, überwachen den Bahnhofsvorplatz.



Die Fotos sollte man finden.

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Fotos sind hier zu finden...
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 8. Oktober 2024, 16:15

Danke!! [super]

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Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon manudave » 9. Oktober 2024, 17:30

Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir vor Dresden sehr langsam gefahren. Gründe sollen nicht nur die Proteste im Bahnhofsbereich gewesen sein, sondern auch der marode Gleiszustand rund um Dresden.
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 9. Oktober 2024, 17:37

manudave hat geschrieben:Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir vor Dresden sehr langsam gefahren. Gründe sollen nicht nur die Proteste im Bahnhofsbereich gewesen sein, sondern auch der marode Gleiszustand rund um Dresden.


Oder es ging den Berg hoch und ihr wart einfach zu schwer für die kleine Lok. [flash]
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon manudave » 9. Oktober 2024, 17:42

Ich habe zwar reichlich des berühmten Joghurts im Keller der Botschaft verdrückt, aber so schwer war ich dann doch nicht... [laugh]
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 9. Oktober 2024, 17:47

augenzeuge hat geschrieben:
manudave hat geschrieben:Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir vor Dresden sehr langsam gefahren. Gründe sollen nicht nur die Proteste im Bahnhofsbereich gewesen sein, sondern auch der marode Gleiszustand rund um Dresden.


Oder es ging den Berg hoch und ihr wart einfach zu schwer für die kleine Lok. [flash]
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Ja klar...Den Berg hoch. Dann müsste die Elbe rückwärts fließen. Und die Züge wurden ausgewachsenen Loks gezogen...
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon manudave » 9. Oktober 2024, 17:50

Aber die Fahrt durch die DDR... selbst mir kleinem Stöpsel ist die absolut in Erinnerung geblieben, insbesondere am frühen Morgen der Stop an der "Grenze". So eine gespenstische Ruhe in den Waggons und das Klopfen der Stiefel, als "die" in die Züge stiegen. Wahnsinn... bekomme ich heute noch Gänsehaut.
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 9. Oktober 2024, 18:02

pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
manudave hat geschrieben:Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir vor Dresden sehr langsam gefahren. Gründe sollen nicht nur die Proteste im Bahnhofsbereich gewesen sein, sondern auch der marode Gleiszustand rund um Dresden.


Oder es ging den Berg hoch und ihr wart einfach zu schwer für die kleine Lok. [flash]
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Ja klar...Den Berg hoch. Dann müsste die Elbe rückwärts fließen. Und die Züge wurden ausgewachsenen Loks gezogen...


Die sind nach Hof gefahren, schau dir mal die Karte an, da gehts nicht nur bergab. Prag liegt 300m tiefer als Hof! Aber gut, es war ja vor Dresden.

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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 9. Oktober 2024, 18:07

augenzeuge hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
manudave hat geschrieben:Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir vor Dresden sehr langsam gefahren. Gründe sollen nicht nur die Proteste im Bahnhofsbereich gewesen sein, sondern auch der marode Gleiszustand rund um Dresden.


Oder es ging den Berg hoch und ihr wart einfach zu schwer für die kleine Lok. [flash]
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Ja klar...Den Berg hoch. Dann müsste die Elbe rückwärts fließen. Und die Züge wurden ausgewachsenen Loks gezogen...


Die sind nach Hof gefahren, schau dir mal die Karte an, da gehts nicht nur bergab. Prag liegt 300m tiefer als Hof! Aber gut, es war ja vor Dresden.

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Eben vor Dresden und die Bahn fährt durch das Elbtal. So schlecht können die Gleise dort auch nicht gewesen sein....
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 9. Oktober 2024, 18:09

Jetzt die Frage, war dem Zug die Geschwindigkeit durch die DDR vorgegeben, oder war es Absicht, um vielleicht ein Aufspringen zu ermöglichen? [shocked]

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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 9. Oktober 2024, 18:13

augenzeuge hat geschrieben:Jetzt die Frage, war dem Zug die Geschwindigkeit durch die DDR vorgegeben, oder war es Absicht, um vielleicht ein Aufspringen zu ermöglichen? [shocked]

AZ


Steht alles weiter vorne...Man sollte schnell fahren und aufspringen? Die Türen waren eigentlich verriegelt...Noch eine kleine Ergänzung;

Nach den ersten drei Zügen reduzierte man den Laufweg durch die DDR. Die restlichen fünf Züge am 4./5. Oktober 1989 nahmen den nur 94,6 Kilometer langen Weg von Bad Brambach über Plauen (Vogtl) nach Gutenfürst.

Sie verließen Praha-Liben zwischen 19:28 Uhr am 4. Oktober und 01:35 Uhr am Morgen des 5. Oktober. Der DDR-Grenzbahn­hof Gutenfürst wurde am 5. Oktober 1989 zwischen 05:49 Uhr und 10:48 Uhr (nach anderer Quelle: 05:27 Uhr und 09:53 Uhr) Richtung Hof passiert. Insgesamt 6.242 Personen (nach anderen Quellen: 7.607 oder 8.270) kamen mit dieser zweiten Ausreisewelle in den Westen.
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 9. Oktober 2024, 18:15

.Man sollte schnell fahren und aufspringen? Die Türen waren eigentlich verriegelt...


Aber das hatten doch ein paar Leute geschafft? [blush]

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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 9. Oktober 2024, 18:17

augenzeuge hat geschrieben:
.Man sollte schnell fahren und aufspringen? Die Türen waren eigentlich verriegelt...


Aber das hatten doch ein paar Leute geschafft? [blush]

AZ


Eben ein kleines Rätsel....
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 9. Oktober 2024, 18:26

pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
.Man sollte schnell fahren und aufspringen? Die Türen waren eigentlich verriegelt...


Aber das hatten doch ein paar Leute geschafft? [blush]

AZ


Eben ein kleines Rätsel....


Nee....
https://www.insuedthueringen.de/inhalt. ... 62890.html

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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 9. Oktober 2024, 18:29

augenzeuge hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
.Man sollte schnell fahren und aufspringen? Die Türen waren eigentlich verriegelt...


Aber das hatten doch ein paar Leute geschafft? [blush]

AZ


Eben ein kleines Rätsel....


Nee....
https://www.insuedthueringen.de/inhalt. ... 62890.html

AZ


Doch, weil hinter der Bezahlschranke. In Reichenbach aufgesprungen...Klar
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon manudave » 9. Oktober 2024, 18:31

Bezahlschranke... Gesehen haben wir keinen Aufspringer, haben es aber gehört, dass es gelungen sein soll. Was ja schon irre war... Außerhalb der Bahnhöfe war der Zug nicht langsam und die Bahnsteige selbst waren von Herren mit MP gesichert.
Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon augenzeuge » 9. Oktober 2024, 18:38

pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
.Man sollte schnell fahren und aufspringen? Die Türen waren eigentlich verriegelt...


Aber das hatten doch ein paar Leute geschafft? [blush]

AZ


Eben ein kleines Rätsel....


Nee....
https://www.insuedthueringen.de/inhalt. ... 62890.html

AZ


Doch, weil hinter der Bezahlschranke. In Reichenbach aufgesprungen...Klar


Es gab sogar einen Bericht darüber. Und ich dachte, du kennst alle diese uralten Themen. Nun liegen dir sogar die Namen vor, was willst du noch?
AZ
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Re: Die Ausreise aus Prag.............1989

Beitragvon pentium » 9. Oktober 2024, 18:42

Aus einem Beitrag aus BAHN EXTRA 03/09, Seite 20
Wobei es nicht nur um die Ausreise aus Prag geht, auch Warschau wird kurz behandelt.

Mauerfall: Züge in die Freiheit

Die DDR-Führung bestand dabei auf einer offiziellen »Ausbürgerung«, indem die Züge über DDR-Gebiet fuhren. Viele der in Prag wartenden Flüchtlinge hatten Bedenken und glaubten an eine Falle. Erst als Genscher zusicherte, dass jeden Eisenbahnwagen zwei Beamte des Auswärtigen Amtes begleiten, beruhigte sich die Stimmung. Als Laufweg sah man die Strecke von Bad Schandau über Karl-Marx-Stadt, Plauen (Vogtl) und Gutenfürst vor: 253,7 Kilometer DDR-Gebiet.

Die Vorbereitungen waren bereits getroffen. Am 26. September 1989 – drei Tage vor der Einigung von Bundesregierung und DDR-Führung auf die Ausreise der Botschaftsflüchtlinge! – wurde das Bahnbetriebswagenwerk Zwickau angewiesen, einen Wagenzug für Sonderverkehrsleistungen vom Abstellort Plauen oberer Bahnhof nach Zwickau zu überführen. Mit einem zweiten Fernschreiben am gleichen Tag wurden dem Betriebswerk Reichenbach der Fahrplan und die Lokbespannung von Plauen nach Zwickau übermittelt.

Die erste Ausreisewelle
Mit Bussen wurden die Botschaftsflüchtlinge noch am 30. September 1989 zum Bahnhof Praha-Liben gefahren, wo die Sonderzüge bereitstanden. Gegen 20:50 Uhr setzte sich mit Sr (= Sonderreisezug) 23360 der erste von sechs Zügen in Bewegung. Wie alle Flüchtlingszüge bestand er aus zehn zweifarbigen Wagen 1. bzw. 2. Klasse (Gattungen Am, Bm, Bmh). In Bad Schandau übernahm eine Elektrolok der DR-Baureihe 250 die Leistung; ab Reichenbach bespannte eine Diesellok der DR-Baureihe 132 den Zug bis Hof an der Saale. Die Lokomotiven stellte – wie bei allen 14 Flüchtlingszügen der ersten beiden Ausreisewellen – das Bw Reichenbach. Im Bahnhof Dresden-Reick war ein Wechsel des Ellok-Personals vorgesehen. Sr 23360 musste im Dresdener Hauptbahnhof sogar halten, ebenso der nächste Zug reichlich zwei Stunden später. Das hatte Konsequenzen: Wie ein Lauffeuer verbreitete sich, dass die Flüchtlingszüge über DDR-Gebiet fuhren. Tatsächlich gelang es drei Personen, auf den zweiten Zug in die Freiheit aufzuspringen.

In der Hoffnung, es diesen gleich zu tun, versammelten sich vor allem auf dem Dresdner Hauptbahnhof viele weitere Menschen. Doch nun gingen die Verantwortlichen rigoros vor: Um 05:00 Uhr lag der Befehl des Innenministers zur verstärkten Streckensicherung vor. Die folgenden Züge durften auf keinem Bahnhof halten und mussten zügig durchfahren. Die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) belegen am 1. Oktober 1989 »keine weiteren Fluchtversuche oder Spontanhandlungen der Bevölkerung«.

Kontrollen an der Strecke und auf der Lokomotive
Bei der Reichsbahn besetzte die Transportpolizei alle betreffenden Stellwerke, damit von Fahrdienstleitern und Stellwerksmeistern auch wirklich freie Fahrt gewährt wurde. An Bahnübergängen patrouillierte die Verkehrspolizei, damit kein Kraftfahrer sein Auto auf den Schienen stoppen und einen Zug zum Halt zwingen konnte. Die betreffenden Strecken wurden kontrolliert, um Zwischenfälle jeder Art – nicht nur das Bereiten von Hindernissen, sondern ebenso Sitzstreiks – auszuschließen. Transportpolizei, aber auch Nationale Volksarmee (NVA), Bereitschaftspolizei und Kampfgruppen sicherten jetzt die Strecken, besonders Brücken und Langsamfahrstellen.

Für die Organisation und Durchführung des Sonderreiseverkehrs aus Prag hatte man im Dresdner Direktionsgebäude in der Ammonstraße 8 eigens einen »operativen Stab« eingerichtet. Er bestimmte auch, dass die Lokomotiven der Sonderzüge mit einem zweiten Mann, bevorzugt einem Triebfahrzeuginstrukteur aus den Bahnbetriebswerken bzw. der Direktion, besetzt sein mussten, um durchzusetzen, dass keiner der Sonder­reise­züge auf dem Streckennetz der DR außerplanmäßig zum Halten kam. Die Dienststellenleiter hatten bereits im Vorfeld auf Anweisung der politischen Leitung der DR und der Staatssicherheit in ihren Tresoren streng vertrauliche Namenslisten von Mitarbeitern (Lokführer und Zugführer), welche für diese Sonderzüge eingesetzt wurden.

Der erste der sechs Flüchtlingszüge traf am Morgen des 1. Oktober 1989 um 06:14 Uhr in der Freiheit auf dem bayerischen Bahnhof Hof (Saale) ein. Selbst diesem Zug in »Feindesland« hatte das MfS einen Informellen Mitarbeiter Sicherheit (IMS) namens »Frieder Schwarz« beigestellt. Er stammte aus den Reihen der Eisenbahner, fuhr auf dem Führerstand der Lokomotive nach Bayern mit und erstattete nach der Rückkehr Bericht.

Wie Sr 23360 nahmen die weiteren fünf Flüchtlingszüge dieser ersten Ausreisewelle den Weg über Bad Schandau – Dresden – Plauen nach Hof. Sie kamen im Laufe des 1. Oktober 1989 in Hof an. Alle Züge brachten – nach Angaben des Einsatzstabes des Grenzschutzkommandos Süd – 5.490 Flüchtlinge aus der DDR mit (nach anderer Quelle: 5.273). Hilfskräfte des Bayerischen Roten Kreuzes, des Technischen Hilfswerks und der Bahnhofsmission hatten seit Mitternacht die Hofer Bahnsteige in große Verpflegungsstationen verwandelt. Die Flüchtlinge wurden versorgt und auf Aufnahmelager bzw. zu Unterkünften umfunktionierte Kasernen in Bayern und Hessen verteilt.

Die zweite Ausreisewelle
Die Bereitstellung der nächsten Züge in Prag verzögerte sich um einige Tage. In der Nacht vom 4. zum 5. Oktober 1989, zwischen 18:34 und 01:35 Uhr, verließen dann weitere acht Züge die Hauptstadt der Tschechoslowakei.

Noch mehr als bei der ersten Ausreisewelle versuchten Bürger in der DDR, auf die Züge aufzuspringen. Die Flüchtlinge in spe stammten aus allen Bezirken außer Rostock und Suhl – so die Feststellungen der Staatssicherheit. Wie die Staatssicherheit die Fluchtversuche einschätzte, zeigt ein Fernschreiben, das Oberst Bohl der MfS-Bezirksverwaltung Dresden an die Zentrale schickte: »Seit 03. 10. 1989 kam es im und um den Hauptbahnhof Dresden zur Zusammenrottung von Ausreisewilligen und Asozialen in Erwartung der von Prag kommenden Züge mit den auszusiedelnden Botschaftsbesetzern. Offenbar be­fanden sich unter diesen Personen auch konterrevolutionäre Elemente, die provozierend und brutal auftraten. Weit über 2.000 Personen traten zunehmend als aktiv handelnder Kern auf. In den späten Abendstunden des 04. 10. 1989 befanden sich im Bahnhofsgebäude ca. 5.000 Personen und um den Bahnhof weit über 10.000.«

Die ersten drei Sonderzüge aus Prag waren zur Zeit der »Krawalle« in Dresden bereits in Bad Schandau eingetroffen. Das MfS ließ sie nicht weiterfahren, bis mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnte, dass Ausreisewillige Bahnanlagen besetzt halten. In einigen Fällen hatten Leute versucht, durch Blockieren der Gleise die Züge zum Halten zu bringen – zum Teil sogar, indem sie sich ins Gleis stellten. Es ist jedoch keine Situation bekannt, in der die Fluchtwilligen gegen Eisenbahner oder Polizisten tätlich vorgingen. Die Hoffnung, einen Platz in (oder auf) dem Zug zu bekommen, erfüllte sich gleichwohl nicht. Die Lokführer wurden mit schriftlichem Befehl angewiesen, an einigen Stellen schneller zu fahren als per Vorschrift zugelassen. Zudem lösten die »Einsatzkräfte« die so genannten Zusammenrottungen an den möglichen »Fluchtpunkten« durchweg auf.

In der Folge zeigten die Fluchtversuche Wirkung. Nach den ersten drei Zügen reduzierte man den Laufweg durch die DDR. Die restlichen fünf Züge am 4./5. Oktober 1989 nahmen den nur 94,6 Kilometer langen Weg von Bad Brambach über Plauen (Vogtl) nach Gutenfürst.

Sie verließen Praha-Liben zwischen 19:28 Uhr am 4. Oktober und 01:35 Uhr am Morgen des 5. Oktober. Der DDR-Grenzbahn­hof Gutenfürst wurde am 5. Oktober 1989 zwischen 05:49 Uhr und 10:48 Uhr (nach anderer Quelle: 05:27 Uhr und 09:53 Uhr) Richtung Hof passiert. Insgesamt 6.242 Personen (nach anderen Quellen: 7.607 oder 8.270) kamen mit dieser zweiten Ausreisewelle in den Westen.



So jetzt haben wir etwas Klarheit....Ich habe den Text noch mal hervorgeholt.
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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