Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon karl143 » 30. Juni 2010, 15:22

Alfred hat geschrieben:Hallo,

über einige Beiträge kann ich schon staunen.
Man wirft der DDR vor, dass diese – die DDR – nicht nur von Kommunisten aufgebaut wurde.
Es wird im selben Atemzug vergessen, dass es u.a. die Kommunisten waren, die in der Zeit von 1933 – 45 verfolgt und auch ermordet wurden.
Wo sollten denn nach 1945 mit einen Schlag all diese Kräfte herkommen ?
Man kann doch nicht sagen, die NVA wurde von Nazis aufgebaut. Was oder wer war denn ein Nazi ?
Es wurde doch kein Geheimnis daraus gemacht, dass es auch ehemalige Angehörige der Wehrmacht gab, die in der NVA dienten. Aber wie sah dies denn in der BRD / Bundeswehr aus ?
In der DDR / NVA kamen wohl die aus russischer Gefangenschaft, wie war dies in der BRD ? Wie waren denn die Zahlen ?


Hallo Alfred,

ich nehme jetzt mal die mit rot zitierte Stelle. Das war im Westen auch nicht anders. Wo sollten mit einem Male all die Demokraten herkommen. SPD Mitglieder wurden von den Nazis genauso verfolgt und inhaftiert wie Kommunisten. Daher auch die von mir gebrachte hohe Anzahl von Diplomaten im Auswärtigen Dienst welche Mitglied in der NSDAP waren. Das war ja das Problem, welches nach dem Krieg herrschte. Andererseits war dieses Problem nicht vorhanden, als die DDR 1989 abgewickelt wurde. War ja hier auch schon drüber geschrieben worden, das damals auch keine richtige und konsequente Aufarbeitung erfolgte. Zu dem Zeitpunkt hatte man genug Juristen, Polizeibeamte, und andere Leute im Westen, um im Osten eine Verwaltung ohne ehemalige SED Mitglieder oder Funktionäre aufzubauen. Das hat man in der Bundesrepublik damals auch wieder leider verpasst.
karl143
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Alfred » 30. Juni 2010, 15:30

Karl,

ich sehe aber trotzdem einige Unterschiede zwischen Ost und West nach 1945.

Heute zu behaupten - wie dies einige machen - die DDR / NVA wurde von Nazis aufgbaut ist übertieben. Man könnte dies auch an verschiedenen Namen festmachen. Gerade hier wird in den Medien einiges sehr verdreht dargestellt.

Fakt ist aber auch, dass einige -viele ? - ehemalige im Westen ihren Antikommunismus nach 1945 nicht abgeben brauchten .
Alfred
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon karl143 » 30. Juni 2010, 15:43

Alfred,
du kannst jetzt aber nicht behaupten, das jeder der nicht den Antikommunismus abgelegt hatte, ein Nazi war. Da waren auch viele Antikommunisten bei,
die dieses System in sowjetischer Kriegsgefangenschaft miterlebt haben und aus diesen Erlebnissen eine andere Sicht der Weltanschauung hatten.
Die westl. Allierten hatten direkt nach Kriegsende natürlich bei der Besetzung von Bürgermeistern oder anderen wichtigen Posten sicherlich zuerst darauf geschaut, das kein ehemaliger Nazi dieses Amt bekommt. Und dann in zweiter Linie, ob er nun Kommunist war oder nicht. Aber die meißten Posten sind sicherlich mit ehemaligen Gewerkschaftlern und Sozialdemokraten besetzt worden. Das war ja sowas wie ein Leumundszeugnis.
karl143
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon turtle » 30. Juni 2010, 15:47

Hallo Alfred,
Von Alfred,
Es wurde doch kein Geheimnis daraus gemacht, dass es auch ehemalige Angehörige der Wehrmacht gab, die in der NVA dienten.

Ja klar brauchte man damals auch erfahrene Männer beim Aufbau der NVA. Wer bei der Antifa war wie Vinzenz Müller war damit entnazifiziert .Oder? Müller hat bei verschiedenen Herren seinen Eid geleistet. OK. jeder hat das Recht seine Einstellung zu ändern. Gibt es eigentlich hohe Dienstgrade aus der Ehemaligen NVA welche heute die Uniform der Bundeswehr tragen? Wären das dann Verräter, oder hast Du zumindest Unverständnis für diese Menschen? Würde mich interessieren. Ich persönlich habe immer etwas Misstrauen gegenüber Menschen die öfters die Fahne wechseln!
Mir wäre es lieber gewesen Menschen wie Müller hätten vor ihrer Gefangennahme gemerkt welchen Herrn sie dienten, und vor allem nicht so lange stillgehalten.
Gruß Peter (turtle)
turtle
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Alfred » 30. Juni 2010, 16:56

Peter,

als erstes, sonst lohnt keine Diskussion.

Ich trenne immer ganz klar zwischen der Zeit 1933 – 45 und der Zeit der DDR.

Auch wenn einige immer wieder Anlauf nehmen diese Zeiten zu vergleichen oder gar auf eine Stufe stellen – wollen - , ich gehe da absolut nicht immer.

Peter, V. Müller wird immer wieder angeführt. Wie bekannt kam Müller im Jahr 1944 in sowjetische Gefangenschaft Müller wurde in Abwesenheit von einen deutschen Gericht zum Tode verurteilt und war dann Mitglied im BDO und im Nationalkomitee Freies Deutschland und gehörte zur zentralen Antifa Schule in Krasnogorsk.

1948 kehrte er nach Deutschland zurück. Sprich, man kann wohl einschätzen, dass er klar mit dem Faschismus gebrochen hatte. Wie war dies auf Seiten der BRD ?

Und dann nimm bitte die Zahlen, wer in der NVA und wer in der Bundeswehr diente, da gab es wohl Unterschiede in Menge und im Dienstgrad.

Zur Übernahme von Angehörigen der NVA in die Bundeswehr.

Generale wurden nicht übernommen. Ich glaube einer ? hatte noch so eine Art beratende Funktion.

Auch die Zahl der Oberst dürfte sich sehr gering gehalten haben. Was übernommen wurde, wurde im Dienstgrad im Schnitt um ein bis zwei Dienstrade herabgestuft.

Ich hatte und habe bis heute kein Verständnis für Offiziere der NVA die sich der Bundeswehr „angedient“ haben. Da spielten sich im entsprechenden Zeitraum schon sehr eigenartige Geschichten ab, aber dies muss jeder mit si
Alfred
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon karl143 » 30. Juni 2010, 17:34

Alfred hat geschrieben:Ich hatte und habe bis heute kein Verständnis für Offiziere der NVA die sich der Bundeswehr „angedient“ haben. Da spielten sich im entsprechenden Zeitraum schon sehr eigenartige Geschichten ab, aber dies muss jeder mit si


Alfred,
danke, das war ein sachlicher Beitrag von dir. Wie du schon schreibst, auch ich habe für soetwas kein Verständnis. Wer sich in einer sozialistisch geprägten Armee hochgedient hat, und damit meine ich jetzt nicht nur Offiziere, kann eigentlich nicht von heute auf morgen seine Gesinnung und seinen "inneren" Auftrag drehen. Das wäre bei mir so gewesen, als wenn ich nach Auflösung des BGS jetzt zur GT gegangen wäre. Ich meine, da spielt aber sicher auch das Gewissen und der "aufrechte Gang" eine entscheidende Rolle. Und diese Merkmale hat eben nicht jeder.Das ist jetzt ohne Blick durch die systemgefärbte Brille gemeint.
VG
karl143
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon turtle » 30. Juni 2010, 17:42

Alfred
Ich schätze Deine Beiträge auch deswegen weil Du an Deinen Idealen festhältst,vor standhaften Menschen habe ich immer Achtung.
Und das schöne an Deinen Beiträgen ist sie fordern immer zu pro und Kontra raus. V. Müller wird immer wieder gern genannt weil er nun einmal der Bekannteste war. Ich kann Deiner Sichtweite durchaus folgen das V.Müller mit dem Faschismus gebrochen hatte.Er hätte ja auch in die Bundesrepublik bzw. eine der Westzonen gehen können. Eine Frage dazu. In wie weit herrschte Misstrauen gegenüber Personen die nun nennen wir es so von X nach Y wechselten? Hat man innerhalb der Stasi nicht weiter gegen diese Personen ermittelt,und Ihnen dabei auch zu verstehen gegeben was man eventuell als Faustpfand hatte um sie bei der Stange zu halten? War bestimmt nicht einfach so zu leben wenn das Schwert über einen hing! Vorstellen kann ich mir so etwas ,auch das gerade diese Menschen sich besonders ins Zeug legten um Pluspunkte zu sammeln. Was Du davon hältst wenn die NVA Uniform in die der Bundeswehr getauscht wurde hat mich nicht überrascht.
Im Fall des Aufbaus der NVA durch Ehemalige Wehrmachtsangehörige speziell V. Müller konnte ich die Zeit von 33-45 von der nach 45 nicht trennen,da sie in diesem Fall zusammengehört! Weiterhin faire sachliche Diskussionen.
Gruß Peter(turtle)
turtle
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Hans-Peter » 30. Juni 2010, 17:48

Nicht mal im Urlaub hat man Ruhe [laugh] [laugh] [laug] . Ach Alfred, Dein NVA-Genosse Horst Stechbart war Mitglied der NSDAP. Um ehemalige Nazis in den Wiederaufbau eines SED-geführten deutschen Staates im Osten Deutschlands auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatungszone zu integrieren, wurde für sie eine der Blockparteien geschaffen, die Nationak-Demokratische-Partei Deutschlands - NDPD. Ein prominentes Mitglied war Arno Lenski, Generalmajor in der Wehrmacht, Kommandeur der 24. Panzerdivision. Lenski war aber auch eherenamtlicher Richter am nationalsozialistischen Volksgerichtshof in Berlin von 1939 bis 1942, auf Vorschlag des Reichsjustizministers persönlich von Hitler berufen. Und in dieser Eigenschaft wirkte Lenski an 20 Terrorurteilen gegen deutsche, polnische und holländische Bürgermit, unter anderen beim Fällen des Todesurteils gegen Johann Josef Prange. Nach Kriegsende wurde er Generalmajor der Kasernierten Volkspolizei und half die NVA und ihre Panzertruppe aufzubauen. Behilflich bei seiner DDR-Karriere war ihm seine Mitarbeit in der russischen Kriegsgefangenschaft in den von der Sowjetunion und deutschen Kommunisten initierten Organsationen Nationalkomitee Freies Deutschland und Bund Deutscher Offiziere. Einer der berüchtigten Euthasnasie-Ärzte der Nazis, Jussuf Ibrahim, durfte auch nach 1945 weiter Chef der Jenaer Universitätsklinik bleiben und wurde in der DDR-Zeit Jenaer Ehrenbürger und mit dem DDR-Nationalpreis ausgezeichnet. Nachfolger als Chef der Uni-Klinik Jenawurde 1953 Erich Häßler, bereits 1933 Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP.

900 ehemalige Nazis wechselten nach Kriegsende 1945 die Front und verdingten sich nun beim Aufbau der von Moskau gelenkten DDR unter Stalins Statthalter in Ostberlin, Walter Ulbricht, wie Olaf Kappelt in seinem 2009 in Zweitauflage erschienem Buch "Braunbuch DDR" mit den Biografien der Leute schreibt. Dazu auch folgender Artikel:

Olaf Kappelt

Mein "Weihnachtsgeschenk" an Erich Mielke

Über die Reaktionen des MfS auf Kappelts Buch "Braunbuch DDR" über Altnazis in der DDR, erschienen 1981, 2. Auflage Mai 2009



Vor nunmehr einundzwanzig Jahren, so um die Weihnachtszeit des Jahres 1981, hielt Erich Mielke das von mir verfaßte "Braunbuch DDR – Nazis in der DDR" in Händen. Diese Weihnachtslektüre war ihm von seinen Mitarbeitern vorgelegt worden. Dem DDR-Staatssicherheitsminister erschien mein Buch allerdings als eine unverdauliche Provokation. Schließlich waren die Nazis in der DDR ein von Mielke selbst jahrzehntelang gehütetes Staatsgeheimnis: An der antifaschistischen Fassade der DDR sollte nicht gekratzt werden.

Erich Mielke wußte, worum es geht, denn er hatte bereits vor Gründung der DDR als Vizepräsident der Deutschen Verwaltung des Innern die Entnazifizierung in der Sowjetischen Besatzungszone geleitet. Das daraus erwachsene Herrschaftswissen verstand er jahrzehntelang auf seine Weise im Machtgefüge der DDR einzusetzen. Die NS-Vergangenheit von Führungskadern blieb nicht ungenutzt bei der "Werbung von ehrlichen, an der Zusammenarbeit mit dem MfS interessierten und damit zur Wiedergutmachung ihrer Schuld bereiten Personen." Nachzulesen in einer streng geheimen Studie der Juristischen Hochschule des MfS, in der Vertraulichen Verschlußsache 384/80.
Dieses Schuld-Bündnis funktionierte bis zum Ende der DDR. Und manch einer dieser Leute hielt der SED auch nach der Wende noch die Treue, beispielsweise Egbert von Frankenberg und Proschlitz, der 1994 die SPD als "zahnlose Opposition" bezeichnete und erklärte, die "Altparteien" seien für ihn "nicht wählbar", es verbliebe "als echte Wahlalternative nur die PDS". Frankenberg war einst im spanischen Bürgerkrieg Angehöriger der Legion Condor gewesen und hatte an der Seite von General Franco für den Endsieg der Faschisten gekämpft. Schon 1931 war der langjährige DDR-Politiker in die NSDAP aufgenommen worden.

Die SED war im Nachkriegsdeutschland die erste Partei, die sich ehemaligen Nationalsozalisten öffnete. Bereits 1946 hob das SED-Zentralsekretariat einen entsprechenden Unvereinbarkeitsbeschluß auf. Somit konnten schon in den ersten Nachkriegsjahren massenhaft frühere Mitglieder der NSDAP in die SED aufgenommen werden. Am 15.6.1946 faßte nach einer entsprechenden Einführung von Wilhelm Pieck das SED-Zentralsekretariat den neuen grundlegenden Beschluß zur Aufnahme der ehemaligen Parteigenossen der NSDAP in die SED.

Dennoch war die DDR-Propaganda stets bemüht den Anschein zu erwecken, ehemalige Nationalsozialisten könnten im Westen erfolgreich Karriere machen, die DDR bliebe in der Hinsicht "sauber". Mein Buch dokumentierte aber, wie auch im Staats- und Parteiapparat der DDR ehemalige Mitglieder und Funktionäre der NSDAP zu neuen Ämtern und Karrieren gekommen waren.

Für Mielke war mein Buch "ein hetzerisches Machwerk", eine "Diffamierung von Persönlichkeiten der DDR". Ich sei "ein bekannter militanter Antikommunist und Provokateur", der "im Kindesalter gemeinsam mit den Eltern und den beiden Geschwistern illegal die DDR verließ", also bereits im Kleinkindalter republikflüchtig wurde. Ich versuchte nunmehr, so die DDR-Oberen, mit meinem Buch auf hetzerische Weise den Nachweis zu erbringen, "daß im staatlichen und gesellschaftlichen Leben der DDR eine Reihe ehemaliger NSDAP-Mitglieder aktiven Einfluß ausübt." Wahrlich eine ungeheure Provokation, aber mit durchaus belegbarem Wahrheitsgehalt. Alle Quellen waren in meinem Buch genannt, für jeden überprüfbar, also auch für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS).

Die Rache folgte: Stasi-Opfer gab es auch im Westen
Anfang Januar 1982 gab dann Mielke persönlich die Anweisung zum Handeln, natürlich "streng geheim". Es seien "alle erforderlichen Maßnahmen unverzüglich zu veranlassen", wie Generalmajor Irmler in einem persönlichen Rundschreiben an alle Diensteinheiten-Leiter am 20.5.1982 im "Auftrage des Genossen Minister" feststellte, da "es ein Ziel der gegnerischen Publikation ist, Unruhe und Verunsicherung auszulösen".

Bis heute ist nicht geklärt, was da eigentlich gegen mich alles unternommen wurde. In diversen Operativvorgängen, die Namen wie "Märtyrer", "Oskar", "Apostel" und "Tarantel" trugen, entwickelte das MfS planmäßig und zielstrebig die Maßnahmen gegen mich: Ein Lageplan meiner Wohnung wurde angefertigt, der Weg meiner Kinder zum Kindergarten observiert, zahlreiche Inoffizielle Mitarbeiter wurden gegen mich in Marsch gesetzt. Sogar bei Familienfeiern und am Strand wurde ich von IMs beobachtet. Entsprechende Berichte konnte ich nach der Wende in meiner Akte wiederfinden.

Parallel dazu wurde ich eingeschüchtert. Ein Schlägerkommando wartete nachts auf mich, und am nächsten Tag stand ein Kranz mit der Aufschrift vor meiner Tür "Als letzter Gruß an Olaf". Die Bielefelder Kriminalpolizei holte den Kranz ab, konnte aber den Absender nicht ermitteln. Einer der Mielke-Spione, die mich regelmäßig aufsuchten, war Aribert Freder. Freder war damals Mitglied im Bundesvorstand der Vereinigung der Opfer des Stalinismus und betätigte sich auch in verschiedenen Menschenrechtsorganisationen. Kurze Zeit später wurde er zum Mörder. Ein West-Berliner Gericht verurteilte ihn wegen der Tötung von Bernd Moldenhauer, außerdem wurde er der nachrichtendienstlichen Agententätigkeit für die DDR für schuldig befunden. Der ermordete Moldenhauer war ein Bekannter von mir, den ich bei der Konrad-Adenauer-Stiftung kennengelernt hatte und der ebenfalls aktiv in sog. Feindorganisationen wirkte. Ein weiterer politischer Bekannter kam bei einem mysteriösen Verkehrsunfall um Leben, er hatte mir vorher von Morddrohungen durch das MfS berichtet. Gleichzeitig bekam ich anonyme Anrufe von Personen, die mir wegen meinem Braunbuch drohten. Außerdem wurde ich von einer Kölner Journalistin verklagt, weil ich im "Braunbuch DDR" das Andenken ihres Vaters beschädigen würde. Es ging dabei um den Mitbegründer der NS-Zeitung "Freiheitskampf", den hauptamtlichen NSDAP-Funktionär Benjamin Dietrich, der sich nach dem Krieg bis zum Chefredakteur der "Sächsischen Neuesten Nachrichten" und zum stellvertretenden Vorsitzenden des DDR-Journalistenverbandes hochdiente. Völlig mittellos und auf mich allein gestellt mußte ich durch zwei Instanzen vor dem Landgericht bzw. dem Oberlandesgericht in Köln meine Angaben verteidigen, was mir mit Erfolg gelang.

Ganz erfolglos blieb aber auch das MfS nicht. Es gelang ihm, mich mit Hilfe Inoffizieller Mitarbeiter aus der aktiven Arbeit der CDU und des Brüsewitz-Zentrums, einer sog. Feindorganisation, herauszudrängen.
Trotz allem wurde festgestellt, die "Abteilung XXII/1 verfüge nicht über Möglichkeiten, den K. im Operationsgebiet unter Kontrolle zu halten. Kontrollmaßnamen bei der HA VI sind eingeleitet", es gelte, mich "zu verunsichern bzw. zu kompromittieren". Zwei Jahre vor dem Ende der DDR erging an die DDR-Grenztruppen ein Fahndungsauftrag, die Einreisesperre in die DDR wurde erneuert, sämtliche Verwandtschaftspost kontrolliert und ausgewertet. Meiner Akte konnte ich auch entnehmen, daß schließlich gegen mich 1987 eine "operative Kombination" lief; welche beruflichen und persönlichen Schäden mir dadurch entstanden sind, ist bis heute ungeklärt. Noch im Sommer 1987 machte das MfS aktenkundig: "K. stellt einen potentiellen Gefahrenträger dar". Im gleichen Jahr wurde in meiner MfS-Akte vermerkt: "1982 erschien das von K. verfaßte antikommunistische Machwerk ‘Braunbuch DDR - was machen die Nazis in der DDR?’. Diese verleumderische Hetzschrift diffamiert die Partei- und Staatsführung der DDR. Aktuell tritt KAPPELT mit publizistischen Aktivitäten in der antisozialistischen Zeitschrift ‘Christen drüben’ in Erscheinung. Diese Zeitschrift richtet ihre diffamierenden und verleumderischen Angriffe vor allem gegen das MfS. ... Aufgrund seiner publizistischen Mitarbeit in der antisozialistischen Zeitschrift ‘Christen drüben’ wird vorgeschlagen, gegnerische Abwehrkräfte über K. zu informieren..., den K. den gegnerischen Sicherheitsorganen als Gefahrenträger zu benennen." Versehen wurde der entsprechende operative Maßnahmeplan des MfS mit dem Rand-Hinweis, dabei sei darauf zu "achten, daß wir uns nicht selber schaden". Das MfS schadete sich dabei nicht. Ich dagegen fand seitdem trotz zweier Hochschulabschlüsse und Promotion in meinem wissenschaftlichen Beruf keine Anstellung und muß meinen Lebensunterhalt leider bis heute durch Gastronomie und Kleinkunsttätigkeit bestreiten.

Auf Anordnung Mielkes wurde eine Sondereinheit aus Mitarbeitern der Hauptabteilung XX/2 und der Hauptabteilung IX/11 gebildet, die unter der "Federführung" der ZAIG mehrere Jahre tätig war und über vierzig Aktenordner anlegte, die noch heute bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR einsehbar sind (SV 3/82). Mein Buch wurde Seite für Seite überprüft und als unglaubliche Denunziation der Partei- und Staatsführung der DDR kategorisiert. Denn schließlich handele "es sich bei der Mehrzahl der Genannten um Persönlichkeiten", um ehemalige Nationalsozialisten, die "sich seit Jahrzehnten aktiv für die Entwicklung der DDR eingesetzt haben". Für das MfS war es somit wichtig, "aus dem Gesamtüberprüfungsergebnis Erkenntnisse herausfiltern" zu lassen, "die politisch-operative Maßnahmen gegen die Urheber und Verbreiter der Hetzschrift begründen." Die entsprechenden Berichte waren Erich Mielke persönlich vorzulegen. Mielkes Mitarbeiter recherchierten dann, "der Autor Olaf Kappelt" suggeriere, "daß die DDR durch die Verwendung faschistisch belasteter Personen die vom Nazismus betriebene terroristische Diktatur fortgeführt habe." Der Leser erhalte den Eindruck, "daß im Staatsapparat, in der Justiz, im Bildungswesen, im kulturellen Bereich und auf anderen Gebieten eine Clique alter Nazis dominierend sei, die sich gegenseitig schütze und fördere". Wobei dem ‚Braunbuch DDR‘, "an dem Kappelt nach eigenen Angaben drei Jahre gearbeitet hat", jedoch "eine gewisse neue Qualität nicht abzusprechen" sei.

Außenministerium und Generalstaatsanwaltschaft beunruhigt
Das Außenministerium und die Generalstaatsanwaltschaft der DDR waren besorgt, mein Buch würde die DDR-Führung besonders im Ausland kompromittieren. Das DDR-Außenministerium hatte deshalb die Generalstaatsanwaltschaft der DDR um Unterstützung gebeten. Aber das Ministerium für Staatssicherheit untersagte der Generalstaatsanwaltschaft der DDR "weitere unkontrollierte Aktivitäten", da es selbst in der Angelegenheit zuständig sei. Zuvor hatte Staatsanwalt Foth das MfS um Auskunft gebeten, weil er beabsichtigte, wegen meinem Buch "eine Argumentation zu erarbeiten für das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR". Es wurde dem "Genossen Staatsanwalt Foth mitgeteilt, daß es für alle Beteiligten das sinnvollste wäre, wenn sich das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR bzw. der Generalstaatsanwalt der DDR direkt an das MfS bzw. an den Leiter der Hauptabteilung IX wendet." Am 6.10.1982 wurde dann entschieden, "daß zukünftig keine weiteren Auskünfte an Gen. Foth in dieser Sache gegeben werden."

Keine Auskunft zu geben, das war auch die Konsequenz aus der Tatsache, daß meine Angaben über NS-Belastungen von DDR-Diplomaten zutrafen. Zurecht geriet das DDR-Außenministerium in Argumentationsnotstand. Im letzten Jahrzehnt der DDR waren immer noch ehemalige Nationalsozialisten in führenden Stellungen des diplomatischen Dienstes der DDR anzutreffen.
Selbst der stellvertretende DDR-Außenminister Kurt Nier, zuständig für die Beziehungen zu Westeuropa, Kanada, den USA, Australien und Japan, war einst NSDAP-Mitglied im Gau Sudetenland gewesen. Friedel Trappen, zeitweise DDR-Botschafter in Chile und anschließend stellvertretender Leiter der Abteilung Internationale Verbindungen im SED-Zentralkomitee, seit 1984 Träger des Vaterländischen Verdienstordens der DDR in Gold, war 1942 der NSDAP beigetreten und wurde als NS-Parteigenosse im Gau Westfalen geführt. Ebenfalls 1942 war der langjährige DDR-Botschafter Hans Jürgen Weitz der NSDAP beigetreten; er gehörte zur Ortsgruppe Duisburg im NS-Gau Essen und war außerdem durch Zugehörigkeit zur SS belastet. Seit 1981 war Weitz Botschafter in Ägypten, vorher im Irak und in Kuweit, zeitweise auch führender Mitarbeiter im DDR-Außenministerium. Siegfried Bock, bis 1984 DDR-Botschafter in Rumänien und anschließend bis 1990 Abteilungsleiter im DDR-Außenministerium war ebenso ehemaliger NSDAP-Angehöriger wie Heinz Birch, der 1986 zum Abteilungsdirektor USA, Kanada und Japan im DDR-Außenministerium befördert wurde. Norbert Jaeschke wurde 1974 Botschafter in der Türkei und 1983 in Dänemark, vorher war er im DDR-Außenministerium leitender Mitarbeiter gewesen, ebenso wie Walter Ißleib, der bis 1980 Botschafter der DDR in der Jemenitischen Arabischen Republik war und danach einen leitenden Posten im DDR-Außenministerium übernahm. Für Ißleib und Jaeschke war die ehemalige Mitgliedschaft in der NSDAP offensichtlich kein Karrierehindernis. Selbst bei den Vereinten Nationen waren Ex-Nazis für die DDR tätig. Einer davon war Gerhard Kegel, der 1934 bereits in die NSDAP eingetreten war, 1941 durch Hitler zum Legationssekretär im Auswärtigen Amt befördert wurde und laut Simon Wiesenthal, dem Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, für die Gestapo gearbeitet hatte. Kegel war bis 1976 ständiger Botschafter der DDR beim Sitz der Vereinten Nationen in Genf und vertrat die DDR bei zahlreichen internationalen Organisationen und Konferenzen. Bis 1989 war Harald Rose ständiger Vertreter der DDR bei den Vereinten Nationen; auch er war NSDAP-Mitglied im Gau Thüringen gewesen. 1986 wurde Hermann Klenner nach Protesten aus Israel als Leiter der DDR-Delegation bei der UNO-Menschrechtskommission in Genf abberufen. Klenner war Angehöriger der NSDAP-Ortsgruppe Breslau gewesen und begann nach dem Krieg seine neue Laufbahn als Rechtstheoretiker und Hochschullehrer; als IM "Klee" erstellte er Persönlichkeitsprofile von westlichen und östlichen Bürgern für das MfS.
Alle diese NS-belasteten Diplomaten und DDR-Außenpolitiker waren langjährige Mitglieder der SED.

Das Ende der DDR als Karriereende der letzten NSDAP-Mitglieder
Mit dem Ende der DDR traten 1989/90 auch die letzten ehemaligen Nationalsozialisten von der politischen Bühne in Deutschland ab. Aufgrund der Überalterung der DDR-Führungskader und der Kontinuität der Kaderpolitik saßen ehemalige Parteigenossen der NSDAP bis zum bitteren Ende der DDR in allen Führungsetagen von Partei und Staat. Als letztes Aufgebot einer vergreisten Partei- und Staatsführung wirkten sie an den Universitäten als Dekane und in den Chefredaktionen der Medien, sie waren in der NVA und im DDR-Ministerrat sowie in der DDR-Volkskammer ebenso vertreten wie im Zentralkomitee der SED. Mehr als vierzig Jahre, bis März 1990, saß der einstige NS-Gaustudentenführer von Thüringen Siegfried Dallmann in der DDR-Volkskammer. Im DDR-Staatsrat hatte bis zuletzt Prof. Heinrich Homann ausgehalten; der großbürgerliche Reedereisohn war bereits 1933 in die NSDAP eingetreten. Sekretär des DDR-Staatsrates war bis 1989 ein weiteres ehemaliges NSDAP-Mitglied: Heinz Eichler. Und als langjähriger Leiter des DDR-Presseamtes wurde am 7. November 1989 Kurt Blecha abgelöst; auch er gehörte zur alten Garde der ehemaligen NSDAP-Mitglieder.

Im letzten SED-Zentralkomitee unter Erich Honecker waren mehr frühere NSDAP- als frühere SPD-Mitglieder anzutreffen, sechzehn waren es zuletzt. Selbst der langjährige SED-Kaderchef Fritz Müller gehörte dazu, der 1938 die NSDAP-Mitgliedschaft in der Ortsgruppe Forst, im sogenannten Gau Kurland erworben hatte. Als langjähriger Leiter der Kaderabteilung beim SED-Zentralkomitee war er für die gesamte Personalpolitik der DDR-Staatspartei zuständig. Er war verantwortlich für die Entwicklungskarteien, in denen nicht nur fachliche Fähigkeiten beurteilt wurden, sondern auch politische und moralische Qualitäten. Er hatte als Kaderchef zudem einen bestimmenden Einfluß auf die gesamte Personalpolitik aller DDR-Organisationen und Institutionen, einschließlich der Blockparteien. Ex-Nazi Müller entschied selbst über das Schicksal von DDR-Spitzenfunktionären.

Zu den ehemaligen NSDAP-Mitgliedern im 1986 bestimmten und letzten SED-Zentralkomitee unter Honeckers Führung gehörte auch der kürzlich verstorbene Manfred Ewald, dem der gesamte DDR-Sport unterstand. Weitere NS-belastete Mitglieder des ZK der SED waren: Gerhard Beil, Wolfgang Biermann, Horst Heintze, Bruno Lietz, Helmut Sakowski, Bernhard Seeger, Werner Scheler, Horst Stechbarth, Waldemar Liemen, Erich Rübensam, Rudolf Winter und Herbert Weiz, außerdem noch Arnold Zimmermann als Kandidat des ZK der SED und Ottfried Steger als Mitglied der Zentralen Revisionskommission. Sie alle waren mehr oder weniger durch ihre NSDAP-Mitgliedschaft vorgeprägt und entsprechend erzogen.

Das Ende der DDR ist markiert von der Flucht der Eheleute Honecker, die Ende Januar 1990 in einer Einrichtung der evangelischen Kirche Unterschlupf fanden, in den Hoffnungstaler Anstalten in Lobetal bei Bernau. Honecker kannte den langjährigen Leiter dieser Anstalten, Kirchenrat Karl Pagel. Kein Freund aus gemeinsamen antifaschistischen Tagen: Pagel war 1933 in die SS eingetreten und erwarb 1934 die Mitgliedschaft im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB). Aber das dürfte DDR-Gewaltigen wie Honecker und Mielke bekannt gewesen sein, denn die SS-Rolle von Bruder Pagel blieb bereits im "Braunbuch DDR", gut acht Jahre zuvor, nicht ungenannt.

Ouellen:
1. Olaf Kappelt: "Braunbuch DDR – Nazis in der DDR", Berlin 1981
2. Olaf Kappelt: "Rot lackierte Nazis", Zeitschrift Christen drüben, Bonn 1985
3. Olaf Kappelt: "Die Entnazifizierung in der SBZ sowie die Rolle und der Einfluß ehemaliger Nationalsozialisten in der DDR als ein soziologisches Phänomen", Hamburg 1997
4. Olaf Kappelt: "Das braune Erbe der PDS: Von NS-Mitmachern zu DDR-Schrittmachern", Politische Studien Nr. 360, München, Juli/August 1998
5. Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik - Zentralarchiv, MfS HA XXII, 73452/92 u. 3371 Kappelt, Olaf sowie SV 3/82 HA IX/11 und OV "Tarantel", ZOV "Märtyrer", OV "Oskar", OV "Apostel".
6. Bundesarchiv Abt. II, ehemals Berliner Document Center


Olaf Kappelt, Dr. phil., geboren 1953 in Altdöbern bei Senftenberg in der Niederlausitz als drittes Kind einer alten sozialdemokratischen Familie, aufgewachsen in Westfalen, langjährige Mitarbeit in Menschenrechts- und sog. DDR-Feindorganisationen (Exil-CDU, CDU-Deutschlandbüro, Brüsewitz-Zentrum), 1975 bis 1978 Studium der Sozialarbeit in Bielefeld, Dipl.-Sozialarbeiter, 1986 bis 1991 Studium der Soziologie, Staatsrecht und Kirchengeschichte, 1997 Promotion an der Philosophischen Fakultät der Universität Würzburg durch eine Dissertationsschrift über die Entnazifizierung in der SBZ, Herbst 2000 Umzug nach Berlin, Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie.

Nun ist wieder Urlaub und ich fahre nach dem Füttern unserer Zwergpapageien zurück Anni Aller. Gruß [wink] Hans-Peter

@Alfred: Grüße Dich hier an Bord. Verrate doch endlich, was Du vor 45 gemacht hast, wieviel Sterne Du in der DDR auf den (golden) geflochtenen Schulterstücken trugst - beim MfS oder der NVA, und warst Du auch ZK-Mitglied? Hau rein Alfred. [hallo]
Hans-Peter
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Alfred » 30. Juni 2010, 19:38

Hans - Peter ,

ich fange mal mit dem Satz von Dir an :

„Sie alle waren mehr oder weniger durch die NSDAP – Mitgliedschaft vorgeprägt und entsprechend erzogen worden“.

Dann folgen Namen wie Stechbarth usw.usw.

Stechbarth, Jahrgang 1926 erhielt zu seinen 18. Geburtstag im April 1943 seinen Einberufungsbefehl und kam 1945 in amer. Gefangenschaft und landete über verschiedene Stationen in der Sowjetunion. . Dort besuchte er verschiedene Antifa – Lehrgänge .

Sprich, Stechbarth hatte wohl eine intensivere Erziehung und Schulung in der SU als in Deutschland.

Und was die Erziehung durch die NSDAP mit dem Verhalten nach 1945 zu schaffen hat, erschließt sich mir auch nicht .

Wie es zu Mitgliedschaften in der NSDAP kam ist doch bekannt und muss hier nicht ausgeführt werden. Es ist doch bekannt, dass man da schon zum Führergeburtstag reinrutschen konnte.

Lenski, dies ist doch auch eine alte Geschichte.

Lenski war nicht wie Du schreibst nicht „Richter“ sondern Beisitzer / militärischer Sachverständiger. Festzustellen ist auch, dass Lenski nicht mehr zum VGH gehörte. Als Freisler seine Tätigkeit als Präsident antrat.

Vergessen wird auch, dass Lenski 1944 vom Kriegsgericht in Torgau zum Tode verurteilt wurde.

Dann kommt das Beispiel „ Einer davon war Gerhard Kegel, der 1934 bereits in die NSDAP eingetreten war.“

Richtig, Kegel war MG der NSDAP, aber seit 1931 Mitglied der KPD und war bereits seit 1932 als Auslandskorrespondent tätig. Zu dieser Zeit begann auch sein Einsatz als sowjetischer Aufklärer und 1945 trat er dann zur Sowjetarmee über. Man müsste nur mal lesen, was Kegel selbst schreibt , was zum Eintritt in die NSDAP führte.

Aber vielleicht passt das einigen nicht, denn Kegel kann auch berichten, wie sein Zusammentreffen mit dem späteren Bundeskanzler Kiesinger war, der einige Zeit Vorgesetzter von Kegel im nazistischen Auswärtigen Amt war.

Ich könnte aber auch den aufgeführten Dallmann nennen. Er kam 1943 in sow. Kriegsgefangenschaft und war Angehöriger des NKFD und kehrte 1948 nach Deutschland zurück.

Einige treten gegen Dallmann nach, weil er mit anderen Mitgliedern der NDPD dazu aufrief, 1994 bei der Bundestagswahl die PDS zu wählen.

Oder nehmen wir den aufgeführten Eichler.

Geboren 1927, wurde er 1944 Mitglied der NSDAP und ihm wurde vorgehalten, dass er sich nach 1945 wieder politisch betätigte. Jeder kann sich sein Bild machen, wie aktiv sich wohl ein 1927 geborener bis 1945 politisch betätigt haben soll.

Oder wollen wir den von Dir erwähnten Egbert von Frankenberg und Proschlitz nehmen ?

Richtig, der 1909 geborene war bei der Luftwaffe und auch im Einsatz in der „Legion Condor“.

Warum schreibst Du dann aber nicht, dass er sich von 1943 bis 1948 in sow. Kriegsgefangenschaft befand, Mitglied des NKFD und Mitbegründer des BDO war ? Sprecher im Moskauer Rundfunk des NKFD war er ebenfalls und 1944 vom Reichskriegsgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Warum sollte dies Person die mit dem Faschismus gebrochen hatte, nicht die DDR mit aufbauen ?
Alfred
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Hans-Peter » 30. Juni 2010, 20:34

Moin Alfred, habe nun eine Internetverbindung auf meinem Campingplatz in Schwachhausen extra Deinetwegen "geschartert". Du weichst in alter Parteimanier aus. Die SED hat mit Hilfe von 900 ehemaligen Nazis - etliche in hohen Positionen - ihren Sozialismus aufgebaut. Das MfS war bei allen 900 über deren Vergangenheit im dritten Reich informiert. Doch die Bürger der DDR haben über deren Vergangenheit im Dritten Reich nichts erfahren. Ich finde es genauso schlimm, dass in Westdeutschland belastete Nazis wie Globke und Oberländer und Konsorten in der Bundesregierung tätig werden konnten. Aber unsere Presse in Westdeutschland durfte darüber kritisch berichten, nicht erst nach dem Westdeutschland-Braunbuch von Albert Norden und Kurt Hager aus der DDR. In dem SED-Bezirksorgan Freie Erde (Bez. Neubrandenburg wurde dagegen 1971 oder 72 - genaues Datum weiß ich nicht - auf Seite 1 in einem Kasten im "SED-Nachrichten-Stil" peinlich betroffen berichtet: Die Genossen Garling (Vorsitzender des Rates des Bezirkes Neubrandenburg, Mitglied der SED-Bezirksleitung) und Frahm (Vorsitzender des FDGB-Bezirlsvorstandes, ebenfalls SED-Bezirksleitung) seien von ihren Funktionen entbunden und aus der SED-Bezirksleitung und aus der Partei ausgeschlossen worden. Grund: Sie hätten sich nicht als wirkliche ehrliche Genossen verhalten und nicht die in ihren Ämtern und Funktionen üblichen Vorbildfunktion entsprochen. Aber kein wirklicher Grund wurde genannt, sondern verschwiegen. Doch das Volk hatte bald eine eigene Erklärung. Angeblich sei einer von beiden von einer polnischen Delegation als KZ-Wächter erkannt worden. Wirklicher Grund: Garling hatte seine NSDAP-Mitgliedschaft verschwiegen, Frahm seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS. Das habe ich definitiv erst aus Kappelts Buch "Braunbuch DDR - Nazis in der DDR erfahren. Alfred und Du gehst mit keinem Wort auf die Attacken des MfS gegen Kappelt ein, um ihn mundtot zu machen, wie er es in dem Artikel in meinem Beitrag beschrieben hat. Auch machst Du einen großen Bogen darum, dass ein NS-Euthanasie-Mörder wie Jussuf Ibrahim noch in der DDR Leiter der Jenaer Universitätsklinik sein durfte, Jenaer Ehrenbürger und DDR-Nationalpreisträger wurde, aber nie zu Lebzeiten von der DDR-Justiz zur Verantwortung gezogen wurde. Und was hast Du vor 1945 gemacht? Ich habe das Braunbuch Westdeutschland aus der DDR von Norden und Hager vor einigen Jahren im Westen gelesen, und im Frühjahr 2010 Kappelts "Braunbuch DDR". Und ich meine, beide deutsche Staaten haben sich ehemaliger Nazis bedient und sich bei dem Eingeständnis dieser Tatsache nicht mit Rum bekleckert, auch nicht unbedingt bei der lückenlosen Aufarbeitung der Nazizeit. Mein Vorschlag: Du wärst jetzt zumindestens der Ausgewogenheit halber an der Reihe, Kappelts Buch samt der Namen und Biografien in der DDR untergeschlüpfter Nazis oder anderer Funktionsträger aus der Nazizeit durchzuarbeiten??? [laugh] [ich auch] Grüße Dich. Hans-Peter
Hans-Peter
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Edelknabe » 1. Juli 2010, 05:32

Guten Morgen zusammen, ich dachte such doch noch einmal und ich fand, es geht also weiter mit dem "Sittengemälde Westdeutschland". Natürlich muss man die Geschichte in fünf Teilen von Anfang an lesen, um zu verstehen, warum?
Karl und Manudave, mir fiel noch ein, hätte der Konrad Adenauer das in seiner Biographie geschrieben und nicht Inge Viett, das mit dem Hitlergruß, dann wäre bestimmt von euch Beiden der Kommentar gekommen:" Na ja, konnte ja mal passieren, war aber bestimmt nicht die Regel". Und wegen diesem "Beweisen"? Nichts muss ich beweisen, denn ich zitierte eine Zeitzeugin, also Inge Viett.

Aus dem Buch „ Belastet“ Meine Eltern im Dritten Reich, Gespräche mit den Kindern von Tätern, von Gerald Posner / Deutsch von Manfred Schmitz
Verlag Das Neue Berlin -1. Auflage 1994 –Kapitel 11 / Geschichte in 5. Teilen

Verrat

Einige der Söhne und Töchter, die in den vorangegangenen Kapiteln zu Wort kamen, wurden nur schwer mit den von ihren Vätern während des Krieges verübter Verbrechen fertig. Zwar wurde in den Familien selber nur selten in aller Aufrichtigkeit über die Rolle des Vaters im Dritten Reich gesprochen, doch hatten die meisten so berühmte Eltern, dass sie bald in der Schule oder aus den Büchern von ihnen erfuhren. Mit Ausnahme der Angehörigen von Rolf Mengele, die den Jungen sechzehn Jahre lang über die Identität des Vaters getäuscht hatten, vermochte man in den Familien die Nazivergangenheit eines Vaters nur schwer zu verbergen. Und im Mengele- Fall hatte Rolf eine so geringe gefühlsmäßige Beziehung zu seinem leiblichen Vater, dass sich die Wahrheit etwas leichter ertragen ließ.
Dieses Kapitel unterscheidet sich von den anderen. Es ist die einzige Geschichte, in der es um eine Tochter geht, die ein enges, liebevolles Verhältnis zu ihrem Vater hatte, bis sie viel später die Wahrheit über seine Kriegstaten erfuhr. Das sie sie selber herausfand, macht es wahrlich nicht leichter. Der Verrat wirkte sich verhängnisvoll aus. Marion Lesser ist die jüngste der für dieses Buch befragten Kinder. Als einzige wurde sie fast ein Jahrzehnt nach Kriegsende geboren. Ihr Vater lebt noch, und sie haben sich völlig entfremdet. Nur nach langem Zögern sprach sie mit mir und nur unter der Bedingung, dass ihre Geschichte zu Lebzeiten ihres Vaters in Deutschland nicht gedruckt würde.¹
Hans Lesser wurde als ältester von drei Brüdern am 2. Mai 1914 in B. geboren; die lutheranische Familie zählte zum Mittelstand. Der Vater war Polizeioffizier, der einen autoritären und politisch konservativen Haushalt vorstand.“ Aber den wirklich strengen Einfluss auf das Leben meines Vaters übte dessen Mutter aus“, sagte Marion, das jüngere der beiden Lesser- Kinder.“ Seine Mutter war äußerst streng, und zu Beginn der Ehe meiner Eltern hat sie sogar meiner Mutter Vorschriften gemacht.“
Die rechtskonservative Atmosphäre in der Familie veranlasst Lesser im Alter von neunzehn Jahren, also 1933, in di Nazipartei einzutreten. Er war ein ehrgeiziges, von der Ideologie überzeugtes Mitglied. Zur Wehrmacht meldet er sich als Freiwilliger, doch wurde er wegen einer Knieverletzung zurückgestellt. Statt dessen tat er seinen Dienst als Jungvolkführer. Ende 1936, nach der rituellen Durchforstung von vier Generationen seines Stammbaumes zur Feststellung einer makellosen arischen Herkunft, trat Lesser der elitärsten Gruppierung innerhalb der Partei bei, der SS. Der Einundzwanzigjährige wurde für die Totenkopfverbände ausgewählt und nach Stuttgart versetzt, wo er in Heydrichs Sicherheitshauptamt tätig wurde. In dieser Zeit durfte Lesser seinen Vorgesetzten auch beweisen, wie sehr er sich der Sache der Nazis verbunden fühlte. Die SS- Vorschriften sahen vor, das der Lebensgefährtin eines Mitgliedes die Rassenreinheit bestätigt werden musste, ehe die Heirat ihre Billigung fand. Während Lessers künftige Frau die Rassenprüfung bestand, fanden die Untersuchungsbehörden der Nazis heraus, das sein künftiger Schwiegervater Alkoholiker war. Zunächst lautete die Empfehlung: keine Eheschließung. Lesser bombardierte die Behörden mit Schreiben, in denen er seiner Verlobten Häuslichkeit, Kinderliebe und andere gut – arische Werte bescheinigte. Außerdem drängte er seinen künftigen Schwiegervater, eine Entziehungskur zu machen. Schließlich erklärte Lesser, das er, wenn sich die Trunksucht des Mannes nicht bessern sollte oder die SS eine genetisch bedingte Neigung zum Alkoholismus für wahrscheinlich hielte, von seinen Heiratsplänen Abstand nehmen wollte.
Jeder Soldat, der willens war, die nationalsozialistische Lehre über die wahre Liebe zu stellen, galt als der Typ Fanatiker, den sich Himmlers SS wünschte.
Diese Hingabe an die Sache belohnte man mit einer Versetzung nach Berlin, wo Lesser ein Jurastudium begann. Doch seine Ausbildung wurde im Jahre 1941 unterbrochen, als man ihn an die Ostfront zur „ Einsatzgruppe D“, einer dem Sicherheitsdienst ( SD) unterstellten mobilen Sondereinheit abkommandierte. Den Einsatzgruppen oblagen Massenliquidationen der Zivilbevölkerung, vor allem von Juden, kommunistischen Funktionären und Partisanen. Unter Anwendung brutaler Methoden bei Massenverhaftungen töteten diese Mordkommandos in nur anderthalb Jahren durch Einzelerschießungen und den Einsatz einiger weniger Gaswagen schätzungsweise zwei Millionen Zivilisten. In Schreiben an das Hauptamt in Berlin beklagten die Kommandeure der Einsatzgruppen den verschwenderischen Umgang mit scharfer Munition bei den Hinrichtungen sowie die Opfer unter den Soldaten, die die persönliche Beteiligung am Massenmord forderte .Solche Beschwerden führten schließlich zu unpersönlicheren Mitteln des Mordens: zu den großen Gaskammern der Vernichtungslager in Polen.
Als Lesser in den Osten versetzt wurde, war er Obersturmführer. Er bewarb sich um die Führung einer eigenen Kommandoeinheit und war vom Frühjahr bis zum Herbst 1941 in der Nähe von Simferopol, in der Ukraine, stationiert. Eines der schlimmsten bekannt gewordenen Blutbäder fand dort statt; Tausende Juden und Slawen wurden kurzerhand erschossen, .Die meisten Opfer hatten am Rand von Massengräbern Aufstellung zu nehmen und wurden durch Genickschuss getötet. Lesser, der seine Soldaten ständig antrieb, die Erschießungen zu beschleunigen, beobachtete das Abschlachten von einem nahe gelegenen Hügel aus. Ganze Familien wurden ausgelöscht. Um Munition zu sparen, befahl er den Müttern, ihre Babys so zu halten, dass beide mit einem einzigen Schuss getötet werden konnten.
Neben diesen Massenerschießungen ließ Lesser auch viele seiner Opfer erhängen. Das geschah aus eigenem Antrieb und entgegen den Praktiken der meisten anderen Einsatzgruppen.
Die SS wertete Lessers Dienste als beispielhaft, und so wurde er zum Hauptsturmführer befördert. Nach Erfüllung seiner Pflichten bei den mobilen Mordkommandos kehrte er nach Berlin zurück, wo er sein Jurastudium beendete. Nachdem er sich auch kurze Zeit in Frankreich aufgehalten hatte, belohnte die SS seinen Dienst an der Ostfront schließlich mit einem Ehrenauftrag; Man schickte ihn nach Bayreuth und teilte ihn der Leibwache Winifred Wagners zu, der Schwiegertochter des von den Nazis verehrten Komponisten Richard Wagner. Lesser hatte dem Dritten Reich in den mordenden Einsatzgruppen gedient, und so durfte er nun den Krieg im vornehmen Umfeld der jährlich abgehaltenen Bayreuther Festspiele mit der kulturellen Elite des nationalsozialistischen Deutschlands beenden.
„Mein Vater kam im Krieg auch öfters nach Hause“, erzählt Marion, „ und die Familie berichtet, er habe so stolz und angeberisch in seiner Uniform ausgeschaut. Aus der Familie war sonst niemand in die Partei eingetreten, von der man nicht viel hielt, aber mein Vater war ungemein stolz. Keiner wollte glauben , dass dieser lammfromme Lehrer plötzlich einen solchen hohen Rang innehatte, und zu den Ausrottern der Völker des Ostens zählte: Ich glaube, fast alle hielten seine Prahlereien für Lügen.
Niemand wusste eigentlich, was er tat, aber keiner traute ihm allzu schreckliche Dinge zu. Man dachte einfach, er wolle sich durch seine Geschichten wichtig machen.“

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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Edelknabe » 1. Juli 2010, 06:16

Verrat, der Geschichte 2. Teil


Bei Kriegsende war sich Lesser dessen bewusst, dass sein Dienst in den Einsatzgruppen den Alliierten Anlass sein würde, ihn wegen Kriegsverbrechen anzuklagen. Der Verhaftung und der Entnazifizierung entging er, indem er bei seiner Festnahme den Namen eines gewöhnlichen Soldaten angab. Inmitten von Hunderttausenden Internierten und laufenden Fahndungen nach unauffindbaren prominenten Nazifunktionären fiel es Lesser nicht schwer, die Alliierten zu überlisten, und so wurde er freigelassen. Seine wahre Identität und seine Rolle im Krieg blieben verborgen. Nichtsdestotrotz floh er, da er sich auf den Fahndungslisten der Kriegsverbrecher wusste, in die Schwäbische Alp, eine spärlich besiedelte ländliche Region in Süddeutschland. Unter falschem Namen arbeitete er dort fünf Jahre lang als Landwirt. Der Verwalter auf dem Gehöft war sein Schwager. Während seiner Illegalität ließ er seine Frau und seinen einzigen, 1944 geborenen Sohn in der Nähe von Stuttgart zurück. Gelegentliche Besuche bildeten seinen einzigen Kontakt zur Familie.
Im Jahre 1950 fühlte sich Lesser schließlich sicher genug, zum normalen Leben in Deutschland zurückzukehren. Die meisten Kriegsverbrecherprozesse waren vorüber, und der Hochkommissar der Alliierten, John J. Mc Cloy, hatte erst kürzlich die Urteile gegen alle Industriellen und die meisten Angehörigen des medizinischen Personals umgewandelt. Das Kriegsverbrechen- Fieber war, zu Lessers großer Erleichterung abgeebbt. Er zog zu seiner Familie und unterrichtete wieder in der Grundschule. Niemand fragte, wo er sich fünf Jahre lang aufgehalten hatte, und natürlich sprach niemand über den Krieg. Das Thema war vergessen. Bald zog er nach H, eine Kleinstadt von fünftausend Einwohnern und verdiente sich seinen Lebensunterhalt wieder mit dem Unterrichten.
Marion wurde am 5. Februar 1953 geboren. Ihre Eltern hatten sich zu einem zweiten Kind entschlossen; ihr Sohn war zu jener Zeit zehn Jahre alt. Die Kinder wuchsen in einer gut situierten deutschen Familie auf, die Außenstehenden als sehr normal vorkam.
„ Meine frühesten Erinnerungen an meine Familie, vor allem an meinen Vater, sind eher positiv. Ich entsinne mich, dass er mich zum Sportplatz mitnahm und wir Fahrrad fuhren, und ich durfte in seinem Bett schlafen und sogar mit ihm baden. Im Unterschied zu meinem Bruder war mein Vater zu mir sehr nett. Auch meine Mutter kümmerte sich sehr um mich, aber es hat sich mir eingeprägt, dass sie damals sehr deprimiert war und oft vom Sterben sprach. Mein Vater nahm das nicht zur Kenntnis. Er tat auch nichts dagegen. Ihn störte, das sie sich nicht gesund fühlte. Sie entsprach nicht seinem Ideal von einer Ehefrau, und das lies er sie ohne Skrupel spüren .Er gab sich da sehr offen ihr gegenüber.
Marion bekam mit, dass ihre Eltern kein gutes Verhältnis zueinander hatten, auch wenn keiner der beiden seine Enttäuschung vor den Kindern zeigte. Einmal, 1959 , nahm die Mutter Marion zu einer Freundin mit. Marion erinnerte sich, dass die Mutter“ sich von der Freundin auf sehr seltsame Weise verabschiedete“ .Dann wollte sie sich einen Strick borgen. Als sie nach mehreren Stunden nicht zurück war, rief die Freundin Lesser an, der mit mehreren Kollegen die Suche nach seiner Frau aufnahm. Man fand sie erhängt im Wald.
„ Ich glaube, es gab einen Abschiedsbrief, aber ich habe ihn nie gesehen“, sagte Marion. „ Das schlechte Verhältnis zwischen ihnen war einer der Gründe für ihren Selbstmord. Wir durchlebten eine schlimme Zeit, aber ich war erst fünfeinhalb Jahre alt und erkannte nicht die wahre Bedeutung aller Geschehnisse. Aber in den ersten Monaten nach dem Tod meiner Mutter kümmerte sich mein Vater wirklich sehr um mich. Ich hatte ihn damals richtig lieb. Wenn ich heute an den Selbstmord meiner Mutter zurückdenke, scheint es mir unheimlich, dass sie sich gerade erhängte, wo doch mein Vater viele seiner Opfer erhängen ließ:“ Fast ein Jahr nach Frau Lessers Tod zog das Hausmädchen zu ihnen und lebte bei ihnen als Lessers Geliebte. „ In der Familie ging man einfach davon aus, dass sie schon vor dem Tod meiner Mutter eine Affäre miteinander hatten“, sagt Marion. „ Wir wohnten in solch einer kleinen Stadt, und die Leute redeten so viel, dass sie rasch heiraten mussten.“ Marions sechzehnjähriger Bruder wurde auf eine Internatsschule geschickt.
Lesser und seine Geliebte heirateten 1961. Das Verhältnis der neuen Frau zur achtjährigen Marion war“ sehr schlecht. Ich hatte mich nach einer neuen Mutter gesehnt, aber meine Stiefmutter war von sehr zweifelhafter Herkunft und konnte mit Kindern überhaupt nicht umgehen. Sie betete meinen Vater sklavisch an und war ihm zu Diensten, ohne je eine Frage zu stellen. Das reichte ihm aus.“
Während Marion sich bemühte, den Selbstmord ihrer Mutter zu begreifen und mit ihrer Stiefmutter auszukommen, geschah im folgenden Jahr etwas, das alles andere als unbedeutend erscheinen ließ. Im Jahr 1962 fuhr ihr Vater nach Stuttgart, um seinen Bruder zu beerdigen, der im Alter von zweiundvierzig Jahren an Krebs gestorben war.
Ohne jede Vorwarnung wurde der achtundvierzigjährige Lesser von der deutschen Polizei verhaftet und in ein Gefängnis im nahe gelegenen Schwäbisch- Gmünd gebracht.“ Noch am selben Tag kamen zwei Polizeibeamte zu meiner Stiefmutter und durchsuchten das ganze Haus“, erinnert sich Marion. „ Ich fand das sehr unangenehm. Als Kind machte es mir sehr zu schaffen, diese beiden Männer das gesamte Haus durchsuchen zu sehen. Meine Stiefmutter und Verwandte, die in der Nähe wohnten, waren außer sich.“
Die Verhaftung und die damit verbundenen Geschehnisse verwirrten Marion. „ Zumindest mir wurde die Bedeutung seiner Verhaftung damals überhaupt nicht klar, und man erzählte mir auch nichts. Als ich ihn im Zuchthaus besuchte, sagte er, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, habe nichts getan, und ich würde sowieso nicht verstehen, warum man ihn anklagte. Er sagte nur, er würde bald zu uns nach Hause kommen, und alles würde wieder, wie es war. Mehr nicht.“
Das Leben mit ihrer Stiefmutter fand die neunjährige Marion bei weitem nicht ideal. Ihre zwei Tanten entschlossen sich, sie zu sich zu nehmen, solange sich Lesser im Gefängnis befand. Marion erinnert sich an den Tag, an dem sie Lesser den Vorschlag machten. „ Als ich ihn zum ersten Mal im Landsberger Gefängnis besuchte, begleiteten mich meine Stiefmutter und die beiden Tanten. Er war sehr niedergeschlagen und weinte und war ganz aufgelöst. Dann sagte eine meiner Tanten, er solle sich keine so großen Sorgen machen, sie würden sich um meinen Bruder und mich kümmern. „Keine Sorge, den Kindern wird es gut gehen,“ sagten sie. Darauf entgegnete mein Vater: „ Ich mache mir keine Sorgen um meine Kinder, das ist nicht die Frage- ich sorge mich um meine Frau, wir sind erst ein gutes Jahr verheiratet.“ Worauf meine beiden Tanten mich packten und wirklich aufgebracht aus dem Besucherraum stürzten. Damals konnte ich das Ausmaß des Geschehenen nicht wirklich begreifen.“
Bevor Marion zu ihren Tanten ziehen konnte, wurde der Vater gegen Kaution freigelassen. Er hatte fast fünf Monate im Gefängnis zugebracht. In seine kleine Stadt zurückgekehrt, stellte er fest, das sich durch seine Verhaftung nur sehr wenig verändert hatte.
„ Alle unsere Freunde und Verwandten wussten von seiner Verhaftung“, erinnert sich Marion. „ Aber niemand sprach mit mir darüber. Von den Anschuldigungen wusste ich absolut nichts. Mit Ausnahme der Familie wusste eigentlich niemand in der Stadt, was er getan hatte. Es war bekannt, das es etwas mit dem Krieg zu tun hatte, was sie aber für nicht so schlimm hielten. Viele wollten es nicht glauben. Niemand verstand das Ausmaß seiner Taten, oder man wollte nichts davon wissen. In der Oberschicht gab es einige, die nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten. Aber das war wegen seiner zweiten Ehe. Seine zweite Frau entsprach nicht ihrem Niveau. Es hatte also überhaupt nichts mit seiner Nazivergangenheit zu tun.

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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon augenzeuge » 1. Juli 2010, 07:57

Edelknabe hat geschrieben:Verrat, der Geschichte 2. Teil


[grins]
Verrat, der Geschichte 3. Teil

Die Verhaftung bedeutete aber, dass Lesser seinen Lehrerberuf nicht länger ausüben durfte. Ein Freund stellte ihn in einer Fabrik des Ortes an. Lesser war weiterhin aktiv in seinen Clubs, und einen Monat nach seiner Freilassung schien alles wieder normal zu sein. Aber auf Marion, der die Gründe für die Verhaftung ihres Vaters unbekannt blieben und die Zuhause nicht darüber sprechen konnte, sollte sich der Druck auf andere Weise auswirken; Ihre schulischen Leistungen sanken ab. Anstatt seiner Tochter zu helfen ,ihre Schwierigkeiten beim Lernen zu überwinden, beschloss der Vater, sie zu kaschieren. Das war einer der Gründe, warum er sie 1965 schließlich doch zu ihren Tanten schickte. „ So konnte er“, sagte Marion, den Nachbarn erzählen, dass ich in der Schule gut voran kam. Da ich nicht mehr in der Stadt war, wusste es niemand besser.“
Die folgenden sieben Jahre wohnte Marion bei ihren Tanten und hatte nur besuchsweise Kontakt zu ihrem Vater .Er blieb für sie ein liebevoller, doch ferner Mensch. Sie wusste nicht, dass die ersten gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen in aller Stille wieder fallengelassen wurden, als es der Anklage nicht gelungen war, einen „wasserdichten“ Fall daraus zu machen. Inzwischen hatte Marion erstmals in der Schule einiges über den Krieg und dessen Grausamkeiten gehört. „ Das war kurz nachdem ich bei meinen Tanten eintraf“, erinnert sie sich. „ Ich war so etwa dreizehn Jahre alt und erfuhr von den echten Horrorgeschichten der Nazizeit. Ich hatte diese Geschichten nie mit meinem Vater in Verbindung gebracht. Und ich konnte auch nie mit meinem Vater oder meinen Tanten darüber reden. Beide waren sie während des Krieges Nationalsozialisten gewesen; sie waren wie die ganze Familie. Über den Krieg oder über Sex zu sprechen, galt als tabu. Einmal fragte ich eine meiner Tanten, aber sie gab eine sehr einseitige Darstellung. Sie stellte den Krieg als heroisch dar und sagte, alles, was man uns in der Schule darüber erzählte, sei gelogen. Sie sei dabei gewesen und wüsste besser Bescheid; ihrer Meinung nach könnte die Jugend das nicht beurteilen oder kritisieren. In meiner Familie hatten sie immer gestöhnt: , Oh, nur nicht wieder die verdammten Juden. So viele können gar nicht umgebracht worden sein, sie sind ja immer noch überall- in der Presse, in der Industrie, in ganz Amerika.“
Also behielt ich diese Dinge einfach für mich. Meine Tanten sprachen schlecht über meinen Vater. Sie machten ihn für den Tod ihrer Schwester verantwortlich. Aber niemals richtete sich ihre Kritik auf seine Nazivergangenheit oder darauf, was er im Krieg getan hatte.“
Inmitten der dramatischen linksgerichteten politischen Ereignisse und der Studentenrevolte, die sich 1968 in ganz Europa ausbreitete, wurde die fünfzehnjährige Marion politisch aktiv. Sie trat den Jungsozialisten bei, wurde Sprecherin in ihrer Schule und nahm an zahlreichen Schülerdemonstrationen teil. „ Ich engagierte mich für alles, was mit Fragen der Unterdrückung zu tun hatte“, sagt sie. Aber Zuhause in ihrer Familie mied sie jede Diskussion oder Auseinandersetzung und weigerte sich auch künftig, ihren Vater wegen seiner Kriegstaten zur Rede zu stellen. Marion akzeptierte weiterhin seine Autorität und konnte mit ihrem neu gefundenem politischen Aktivismus noch nichts anfangen. „ Ich war dazu erzogen worden, zu schweigen und der Autorität absolut zu gehorchen“, sagt sie.
Die einzigen politischen Diskussionen waren „hoch abstrakt“ .Aber Marion fand auch bald heraus, dass der Vater sie gern provozierte. Da er von ihren linken Neigungen wusste, hänselte er sie oft mit den Worten: „ Oh, ihr seid alle Feiglinge, ihr macht keine Revolution, wir haben eine Revolution gemacht.“ Mitunter, wenn sie ihn zu Hause besuchte; schalt er sie wegen der Krisen oder der Probleme der sozialistischen Regierung und forderte ihren Widerspruch heraus. „ So war er immer“, erinnert sich Marion.
Im Jahre 1970 wurde Lesser unerwartet ein zweites Mal verhaftet. Diesmal hatte die Anklage einen viel stichhaltigeren Fall vorbereitet. Die Anklageschrift, in der auch der den Einsatzgruppen zugeteilte Dolmetscher Lessers belastet wurde, belief sich auf über zweihundert Seiten. Lesser wurde beschuldigt, Dutzende organisierter Hinrichtungen geleitet zu haben, die im Einzelfall zwanzig bis siebenhundert Opfer forderten. Lesser wurde die persönliche Verantwortung für die Ermordung von über zweitausendsechshundert Menschen, darunter ganzen Familien, zugeschrieben.
Die Anklageschrift lies keinen Zweifel an der Art seines Kriegsdienstes, indem es hieß, er sei im Zusammenhang mit der Hinrichtung von Juden mit außergewöhnlicher Grausamkeit vorgegangen. „ In keiner Weise, Art oder Form verhielt er sich menschlich. Im Gegenteil, er zeichnete sich durch seine Präzision, seinen Eifer aus.“
Erneut wurde Lesser nach einem kurzem Gefängnisaufenthalt gegen Kaution freigelassen. Und wieder wurde Marion nicht über die Einzelheiten seiner Verhaftung oder die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen informiert. Obwohl siebzehn Jahre alt und in der Schule politisch rebellisch, vermochte sie sich nicht zu überwinden, sich mit ihrem Vater auseinanderzusetzen. Der Rest der Familie verhielt sich still.
Um diese Zeit verließ Marion die Schule, ohne ihr Abitur gemacht zu haben. Im Jahre 1972 heiratete sie im Alter von neunzehn Jahren, doch ihre Ehe dauert nicht einmal drei Jahre.
Während Marion bemüht war, ihr eigenes Leben unabhängig von der Familie ein zurichten, bereitete sich ihr Vater .auf seinen Prozess vor. Eine Gruppe ehemaliger Nazioffiziere, die sich Stille Hilfe nannte, bot Lesser Geld für seine Verteidigung an, und er nahm sich einen rechtsgerichteten Anwalt. Einer von dessen ersten Schachzügen bestand darin, den bevorstehenden Prozess wegen des schlechten Gesundheitszustandes seines Mandanten hinauszuzögern. Mit dieser Taktik hatte er fünf Jahre lang Erfolg. Im Jahre1974 begleitete Marion ihren Vater auf einer seiner Reisen zu einem Münchner Arzt. An diesem Tag änderte sie für immer ihre Meinung über ihn.
„ Ich musste lange auf ihn warten, und seine Akten steckten in der offenen Tasche; ich hatte gerade begonnen, einen Blick auf sie zu werfen. Und zum ersten Mal fand ich heraus, was er genau getan hatte, warum es in dem Prozess ging, welche Verbrechen er begangen hatte. Ich sah die Anklageschrift und wollte nur einen kurzen Blick darauf werfen.
Doch dann waren da ein paar Bemerkungen in der Handschrift meines Vaters an den Rand geschrieben, die meine Aufmerksamkeit erregten. Ich konnte sofort sehen, dass diese Bemerkungen für seinen Anwalt bestimmt waren. In einigen beschuldigte er seinen Dolmetscher und ging sehr in Einzelheiten, was die Zahl der Bewacher betraf und dass weniger Juden hingerichtet worden seien. Wenn es zum Beispiel hieß, vier Menschen sein zur Grube geführt worden, dann hatte er es durchgestrichen und hingeschrieben, dass es an jenem Tag nur zwei gewesen seien oder acht oder wie auch immer.
In diesem Stil hatte er die gesamte Anklageschrift korrigiert. Ich war schockiert. Mir wurde nicht nur klar, wessen man ihn beschuldigte, sondern das sein Gedächtnis sehr präzise und in allen Einzelheiten arbeitete. Er hatte immer gesagt, er könne sich an nichts erinnern, das nach all der Zeit. Ich war wie gelähmt, außerstande, darüber zu reden. Selbst später nicht, den der Schock war zu groß. Ich erzählte ihm nicht, was ich gesehen hatte. Lange Zeit redete ich mit niemanden darüber.
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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Alfred » 1. Juli 2010, 08:19

Hans - Peter ,

dass was Du schreibst ist doch flach.

Die DDR wurde aufgebaut und am Aufbau wirkten 900 Mitglieder der NSDAP mit ?

Und woher stammen denn Deine Erkenntnisse, dass das MfS zu allen informiert war ? Deine von Dir genannten Beispiel sind auch so eine Sache. Du schreibst selbst, dass der EINE seine Mitgliedschaft in der NSDAP, der ANDERE seine Zugehörigkeit in der SS verschwiegen hat. Nach bekannt werden dieser Tatsachen verloren wohl beide ihre Positionen. Was willst Du denn mehr ?

Die NSDAP hatte , wenn ich dies richtig in Erinnerung habe ca. 7 Millionen Mitglieder und das da auch welche in der späteren DDR wohnten ist doch wohl nur logisch.

Was sagt denn nun die Mitgliedschaft in der Partei aus, waren dies dann alles automatisch Verbrecher ?
Frag doch den ehemaligen Außenminister Genscher, der war auch Mitglied der NSDAP !

Natürlich kommt mal wieder der Name Jussuf Ibrahim.
So wie Du dies schreibst gewinnt der Leser den Eindruck, dass Ibrahim in der DDR zig Jahre tätig war. Ausgeblendet wird, dass Ibrahim schon 4 Jahre nach der Gründung der DDR - 1953 - verstorben ist. Jetzt müsste man klären, seit wann genau den Behörden in der DDR das Vorleben von I. genau bekannt war. Es gab Anfang der 80 er Jahre eine Veröffentlichung zu I. aber 100% Aussagekräftig war diese wohl auch nicht. Dort kam man zu der Einschätzung, „Ob und in welchem Ausmaß die Kinderklinik Jena unter Leitung von I. in das nationalsozialistische Tötungskonzept schwerstgeschädigter Kinder integriert war, ist nicht mehr zu rekonstruieren“.

Später , im Jahr 2000 kam man zu einer anderen Einschätzung. Dies bezog sich auf zwei Schriftstücke, die wohl bis zum Ende der DDR nicht zur Verfügung standen.
Alfred
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon karl143 » 1. Juli 2010, 08:21

Edelknabe hat geschrieben:Guten Morgen zusammen, ich dachte such doch noch einmal und ich fand, es geht also weiter mit dem "Sittengemälde Westdeutschland". Natürlich muss man die Geschichte in fünf Teilen von Anfang an lesen, um zu verstehen, warum?
Karl und Manudave, mir fiel noch ein, hätte der Konrad Adenauer das in seiner Biographie geschrieben und nicht Inge Viett, das mit dem Hitlergruß, dann wäre bestimmt von euch Beiden der Kommentar gekommen:" Na ja, konnte ja mal passieren, war aber bestimmt nicht die Regel". Und wegen diesem "Beweisen"? Nichts muss ich beweisen, denn ich zitierte eine Zeitzeugin, also Inge Viett.



@ Rainer-Maria, du solltest nicht mit Wenn und Aber antworten. Könnte ist hier auch ausgeschlossen. Du behauptest hier etwas, was noch keiner in Dokus gesehen hat, keiner der Älteren selber erfahren hat usw. Ich hatte dich schon mal gebeten, belege bitte diese Äußerungen oder lass sie sein.Ich behaupte hier auch nicht irgendwas von der DDR was ich nicht belegen kann oder was ich nicht genau weiß.

Halbwahrheiten und Vermutungen sind fehl am Platze.
karl143
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon turtle » 1. Juli 2010, 09:11

Beginnen wir uns jetzt im Kreis zu drehen mit der Aufarbeit welche Ex-Nazis etc. nach dem Krieg in der BRD oder in der DDR tätig und in Amt und Würden waren? Einfacher wäre es gewesen alle Ex wären nach 45 in die Westzonen oder BRD gezogen,und alle Kommunisten etc. in den Osten ! Das war natürlich unmöglich. Bei allen war die Biografie auch nicht so klar! Fakt ist in beiden Deutschen Staaten waren nach dem Krieg wieder ehemalige Ex-Nazis in Amt und Würden. Ob sie nun mit dem Faschismus und dessen Idealen gebrochen hatten oder nicht.In der BRD ist man damit trotzdem offener umgegangen wie in der DDR. Möchte es vergleichen mit der heutigen Zeit,selbst auf die Gefahr hin das nun ein Aufschrei los geht. Wie Viele Ex Genossen welche ihrem Staat und der SED streng ergeben waren sind heute auch wieder in gehobenen Positionen? Vom Bürgermeister bis .............! Welche Moral wollen wir hier ansetzen? Wenn ich daran denke wie viele Wissenschaftler usw.
mit dem Parteibuch der NSDAP von den Amis oder Russen gebraucht wurden! Also wo machen wir Unterschiede ?Wo fangen wir an zu verurteilen? Sind wir alle unfehlbare und edle Menschen ? Ich kann nicht den ersten Stein werfen! Die Infos von Hans-Peter waren sehr informativ! Auch der Film von Hartmut hat mir gefallen,wobei ich mich gefragt habe ,ob der Regisseur bei Leni Riefenstahl gelernt hat?
Also nichts verklären,nichts übertreiben, last alle die Kirche im Dorf. Was Politik ist wurde schon oft geschrieben. In einigen Dingen hat sich weder die BRD oder Die DDR mit Ruhm bekleckert. Der Eine mehr der Andere weniger!! Aber schön streiten kann man darüber und unterhaltsam ist es auch noch! Nur holt nicht die Keule herraus!
Gruß Peter(turtle)
turtle
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Hans-Peter » 1. Juli 2010, 11:19

Alfred hat geschrieben:Hans - Peter ,

dass was Du schreibst ist doch flach.

Die DDR wurde aufgebaut und am Aufbau wirkten 900 Mitglieder der NSDAP mit ?

Und woher stammen denn Deine Erkenntnisse, dass das MfS zu allen informiert war ? Deine von Dir genannten Beispiel sind auch so eine Sache. Du schreibst selbst, dass der EINE seine Mitgliedschaft in der NSDAP, der ANDERE seine Zugehörigkeit in der SS verschwiegen hat. Nach bekannt werden dieser Tatsachen verloren wohl beide ihre Positionen. Was willst Du denn mehr ?

Eingefügter Text in blauer Farbe von mir, Hans-Peter, in Anwort auf Deine Frage Alfred: Die Öffentlichkeit wurde nicht darüber informiert, warum die beiden Spitzenfunktionäre im Bezirk Neubrandenburg Garling (Vorsitzender des Rates des Bezirkes und Mitglied der SED-Bezirksleitung) sowie Frahm (Chef des Bezirksvorstandes des FDGB und Mitglied der SED Bezirksleitung) von ihren Posten enthoben und aus der SED ausgeschlossen wurden.

Die NSDAP hatte , wenn ich dies richtig in Erinnerung habe ca. 7 Millionen Mitglieder und das da auch welche in der späteren DDR wohnten ist doch wohl nur logisch.

Was sagt denn nun die Mitgliedschaft in der Partei aus, waren dies dann alles automatisch Verbrecher ?
Frag doch den ehemaligen Außenminister Genscher, der war auch Mitglied der NSDAP !

Natürlich kommt mal wieder der Name Jussuf Ibrahim.
So wie Du dies schreibst gewinnt der Leser den Eindruck, dass Ibrahim in der DDR zig Jahre tätig war. Ausgeblendet wird, dass Ibrahim schon 4 Jahre nach der Gründung der DDR - 1953 - verstorben ist. Jetzt müsste man klären, seit wann genau den Behörden in der DDR das Vorleben von I. genau bekannt war. Es gab Anfang der 80 er Jahre eine Veröffentlichung zu I. aber 100% Aussagekräftig war diese wohl auch nicht. Dort kam man zu der Einschätzung, „Ob und in welchem Ausmaß die Kinderklinik Jena unter Leitung von I. in das nationalsozialistische Tötungskonzept schwerstgeschädigter Kinder integriert war, ist nicht mehr zu rekonstruieren“.

Später , im Jahr 2000 kam man zu einer anderen Einschätzung. Dies bezog sich auf zwei Schriftstücke, die wohl bis zum Ende der DDR nicht zur Verfügung standen.



Moin Alfred, Deine Behauptung stimmt nicht, dass es über Ibrahim zur DDR-Zeit keine Erkenntnisse über seine Beteiligung an den Euthanasieverbrechen der Nazis gab. Spätestens seit 1985 waren seine einstigen Publikationen aus der Nazizeit zu Euthanasie auch an der Universität Jena bekannt, sogar der MfS-BV Erfurt. Doch bis 2000 trugen in Jena noch die Uni-Klinik, zwei Kindergärten und eine Straße seinen Namen, und er war bis dahin weiter Ehrenbürger der Stadt. Bis dahin wagte sich keiner daran, das „Denkmal“ Ibrahim zu stürzen: Nicht einnmal die antifaschistische DDR mit ihren Möglichkeiten wie dem MfS. Erst im wiedervereinigten Deutschland wurde eine Kommission von Wissenschaftlern gebildet, die Kommission „Kinderklinik Jussuf Ibrahim“, die unumstößliche Beweise für die Beteiligung Ibrahims an den Euthanasieverbrechen der Nazis ans Tageslicht brachte. Ein Bericht in Kurzfassung habe ich an den Auszug aus der Ibrahim-Biografie (Wikipedia) angehangen. Alfred, bitte mache Dir einmal die Mühe alles dies durchzuarbeiten einschließlich des „Braunbuches DDR“ von Kappelt, bevor Du wieder alles als „flach“ vom Tisch wischst.
Und nun nochmals meine Frage an Dich, Alfred:
Was warst Du vor 1945, in welcher Partei warst Du, Alfred?
Gruß hp [wink]

Aus der Biografie Jussuf Ibrahims:

Jussuf Murad Bey Ibrahim (* 27. Mai 1877 in Kairo; † 3. Februar 1953 in Jena) war ein hochangesehener und zugleich wegen Beteiligung am Euthanasie-Programm während der Zeit des Nationalsozialismus umstrittener Kinderarzt. In der Zeit des Nationalsozialismus zeigte er sich von der NS-Ideologie angezogen, wurde aber als „Halbaraber“ nicht in die NSDAP aufgenommen. Als Leiter der Jenaer Universitäts-Kinderklinik war er in die Euthanasie-Morde an Kindern verwickelt, da er schwerstgeschädigte Patienten seiner Klinik an die für die Euthanasie zuständige Kinderfachabteilung des Landeskrankenhauses in Stadt. Laut dem im April 2000 veröffentlichten Ergebnisbericht der Kommission „Kinderklinik Jussuf Ibrahim“ wurden aus der Jenaer Kinderklinik „[…] zwischen 1941 und 1945 insgesamt sieben schwerstgeschädigte Kinder nach Stadtroda überwiesen, die auch dort verstarben“ überwies beziehungsweise trotz des ihm seit spätestens 1943 bekannten Schicksals der Kinder in Stadtroda ihre Überweisung zur Kenntnis nahm., „[…] für zwei Kinder liegen handschriftliche Überweisungsschreiben Ibrahims vor, die offen "Euthanasie" vorschlagen“. Ibrahim erhielt 1947 den Ehrendoktortitel der Sozialpädagogischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der aufgrund seiner Verdienste um die Ausbildung von Krankenschwestern, um die Sozialpädiatrie und um die Senkung der Säuglingssterblichkeit hoch angesehene Mediziner wurde 1947 auch zum Ehrenbürger der Stadt Jena ernannt, 1949 erhielt er die Auszeichnung Verdienter Arzt des Volkes, 1952 den Nationalpreis der DDR erster Klasse. Die Universitätskinderklinik, zwei Kindergärten und eine Straße in Jena trugen bis 2000 seinen Namen, sie wurden nach öffentlicher Kritik umbenannt. Nachdem seine spätestens seit 1985 durch Publikationen bekannte Beteiligung an der Euthanasie zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ während der NS-Zeit nicht länger zu verschweigen war, wurde 2000 sein Name aus dem Erscheinungsbild der Stadt (Straße, Kindergarten, Klinik) gelöscht. Seit dem gleichen Jahr betrachtet die Stadt Jena Ibrahim nicht mehr als Ehrenbürger.

Link zum Ergebnisbericht der Kommission, die Ibrahims „Wirken“ in der NS-Zeit untersuchte: http://www2.uni-jena.de/journal/unimai00/ibrahim.htm

Ergebnisbericht der Kommission "Kinderklinik Jussuf Ibrahim"

1. Die Ende 1999 vom Rektor der Friedrich-Schiller-Universität nach Rücksprache mit der Medizinischen Fakultät eingesetzte Kommission sollte die Frage beantworten: Lässt sich der verschiedentlich erhobene Verdacht einer Beteiligung Prof. Dr. Jussuf Ibrahims an der Vernichtung "lebensunwerten Lebens" während der Zeit des Nationalsozialismus bestätigen? Falls dies zu bejahen wäre, kann dann der Name der Kinderklinik beibehalten werden? Es war nicht Aufgabe der Kommission, Person oder Wirken Ibrahims juristisch zu bewerten. Auch eine Gesamtdarstellung seiner Persönlichkeit war nicht Aufgabe der Kommission.
2. Die Kommission hat zur Erfüllung ihres Untersuchungsauftrages Dokumente aus folgenden Archiven gesichtet und ausgewertet: Bundesarchiv Berlin einschließlich des ehemaligen Dokumentcenters Berlin; Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg; Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar; Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Außenstelle Gera; Stadtarchiv Jena; Landesfachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Stadtroda; Universitätsarchiv Jena; Kinderklinik Jena. Ferner wurden ausgewertet: die Schriften Jussuf Ibrahims, medizinische Zeitschriften aus der Zeit des Nationalsozialismus sowie einschlägige Literatur. Des weiteren hat die Kommission darum gebeten, dass sich Zeitzeugen melden mögen; auf diese Bitte hin sind bis zum 29. Februar 2000 insgesamt 63 Zuschriften eingegangen. Die Arbeit der Kommission war während der gesamten Zeit von einer intensiven öffentlichen Diskussion begleitet. Die Kommission hat diese Diskussion, soweit sie sich in Presseberichterstattung niederschlug, berücksichtigt. Auch Zuschriften, die nach dem 29. Februar eingegangen sind, wurden bei der Entscheidungsfindung in Betracht bezogen.
3. Die Kommission hat ihr Hauptaugenmerk auf Sichtung und Auswertung der Originaldokumente aus der NS-Zeit gerichtet. Sie ist dabei zu folgenden Ergebnissen gelangt:
a. Prof. Ibrahim wusste spätestens seit 1943, dass in der Kinderfachabteilung des Landeskrankenhauses Stadtroda schwerstgeschädigte Kinder getötet wurden.
b. Für zwei Kinder liegen handschriftliche Überweisungsschreiben Ibrahims vor, die offen "Euthanasie" vorschlagen. Neben dem bereits in der Öffentlichkeit bekannten handschriftlichen Überweisungsschreiben Prof. Ibrahims mit dem Zusatz "Euth.?", konnte die Kommission ein weiteres nach Stadtroda gerichtetes Überweisungsschreiben Prof. Ibrahims ermitteln. Dieses hat folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr Kollege. S. Sch. aus E., jetzt 12 1/2 Mon. alt, leidet an Microcephalia vera. Ein Erbmoment ist nicht bekannt. Eine normale Entwicklung wird sich nie erreichen lassen. Euthan. wäre durchaus zu rechtfertigen und im Sinne der Mutter. Vielleicht nehmen sie sich des Falles an? Mit besten Empfehl. u. Heil Hitler! Ergebenst Dr Ibrahim."
Das Kind überlebte jedoch, da den Stadtrodaer Ärzten eine abschließende Beurteilung noch als verfrüht erschien.
c. Unter der Verantwortung von Prof. Jussuf Ibrahim wurden zwischen 1941 und 1945 insgesamt sieben schwerstgeschädigte Kinder nach Stadtroda überwiesen, die auch dort verstarben. Die Krankenakten ergeben im Vergleich mit den aus der Literatur bekannten Sachverhalten den zwingenden Schluss auf eine Tötung.
4. Nur wenige Zeitzeugen haben unmittelbar über die Tätigkeit von Ibrahim in der NS-Zeit berichten können. Unter diesen gibt es einige, die erklärt haben, dass Ibrahim sich gegen "Euthanasie"-maßnahmen ausgesprochen habe. Diese Vorkommnisse haben sich jedoch vor 1941 zugetragen. Im übrigen gibt es Erklärungen, dass es an der Klinik weder Tötungen noch Mithilfehandlungen, namentlich keine Überweisungen nach Stadtroda gegeben habe. Schließlich habe Ibrahim mehreren Personen Schutz vor NS-Verfolgung in seinem Privathaus oder der Klinik gewährt.
5. Die Kommission gelangt auf der Basis dieser Untersuchungsergebnisse zu folgenden Schlussfolgerungen:
a. Prof. Ibrahim hat die Praxis der nationalsozialistischen Vernichtung "lebensunwerten Lebens" frühzeitig gekannt und hat dennoch schwerstgeschädigte Kinder der gezielten Tötung überantwortet.
b. Dies steht in einem offensichtlichen Widerspruch zu dem Bild Ibrahims als vorbildlicher Arzt, wie es sich auch in den meisten Zeitzeugenberichten wiederfindet. Dieses Bild muss indessen angesichts der Untersuchungsergebnisse berichtigt werden. Es besteht die begründete Annahme, dass Ibrahim aus einer grundsätzlich positiven Einstellung zur Rassenhygiene heraus die Tötung schwerstgeschädigter Kinder nicht nur befürwortet, sondern dazu unmittelbar beigetragen hat.
c. Die Kommission möchte festhalten, dass weitere Forschungen dringend erforderlich sind. Dazu gehören insbesondere eine wissenschaftliche Gesamtbiografie Prof. Jussuf Ibrahims sowie weitere Forschungen zur Geschichte Thüringer medizinischer Einrichtungen während der Zeit des Nationalsozialismus.
6. Die Kommission kommt einstimmig zu dem Ergebnis: Der Verdacht, dass Prof. Dr. Jussuf Ibrahim an der Tötung "lebensunwerten Lebens" in der Zeit des Nationalsozialismus beteiligt war, hat sich bestätigt. Unter Zugrundelegung höchster Maßstäbe kann eine Beibehaltung des Namens "Jussuf Ibrahim" für die Universitätskinderklinik nicht verantwortet werden. Die Kommission empfiehlt deshalb der Medizinischen Fakultät sowie dem Senat der Friedrich-Schiller-Universität, nach Herstellung des Einvernehmens mit der zuständigen Stiftung den Namen "Jussuf Ibrahim" für die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Friedrich-Schiller-Universität nicht fortzuführen.
Jena, den 17. April 2000

gez.
Prof. Dr. Dr. Olaf Breidbach
Prof. Dr. Klaus Dicke
Prof. Dr. Eberhard Eichenhofer
Prof. Dr. Herbert Gottwald
PD Dr. Susanne Zimmermann
Prof. Dr. Felix Zintl
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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Hans-Peter » 1. Juli 2010, 12:08

Moin Alfred, bereits berichtete 1983 Ernst Klee in seiner damals veröffentlichten Dokumentation über die Euthanasie in der NS-Zeit über die "Tätigkeit" von Ibrahim. Diese Dokumentation war auch der Uni Jena zugänglich. Und sogar der MfS-BV Erfurt lag sie im Original vor, wie ich von einem ehemaligen Angehörigen der BV weiß, der nicht öffentlich genannt werden will.


Abschnitt aus einem Artikel in "Horch und Guck", der sich ebenfalls mit dem Thema "Euthanasie und Ibrahim" befasst:

"...Diese Autorität wurde erschüttert, als Ernst Klee am 24. Januar dieses Jahres in Jena einen Vortrag hielt, in dem er auf eine Mittäterschaft Ibrahims an der Euthanasie im III. Reich aufmerksam machte. Neu waren Klees Erkenntnisse nicht, er hatte sie bereits 1983 und 1998 veröffentlicht.1 In einem Artikel in »Die Zeit« vom 3. Februar konkretisierte Klee seine Erkenntnisse über die Einbindung von Jenaer Medizinern in die Euthanasie."

(Klee, Ernst: »Euthanasie im NS-Staat. Die Vernichtung ‘lebensunwerten Lebens.‘« Frankfurt/M. 1983. Klee, Ernst u. Dreßen, Willi: Die Aufarbeitung von Euthanasie-Verbrechen in Ost und West« in: Kolp, Stephan u. Seithe, Horst (Hg.): »Medizin und Gewissen.« CD-Rom; Berlin 1989.)

Der Link zum Euthanasie-Bericht über Jussuf Ibrahim:
http://www.horch-und-guck.info/hug/archiv/2000-2003/heft-31/03110/

Mehr über den Investigativjornalisten Ernst Klee und seine Aufdeckung medizinischer Verbrechen in der NS-Zeit unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Klee
Hans-Peter
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Edelknabe » 1. Juli 2010, 12:40

Sehr schön Jörg, ich sehe, du hast noch Zugang zu alten Akten in einem imaginären Forum und hast mir den dritten Teil der wunderbaren Geschichte schon eingestellt. Dafür danke ich dir im Namen Aller, die ihr Land, die DDR geliebt haben.
Aber Spass im ernsten Thema beiseite und hin zu Karl. Also ich nahm ein Buch, die Autobiographie von Inge Viett und daraus einen Textauszug von den Seiten 32/33. Dies hatte ich geschrieben als Quellenangabe, na gut, die Seitenzahl hatte ich noch nicht vermerkt und dies dürfte genügen.Es kann dadurch bitteschön jeder nachlesen, was die Frau in ihrem Buch schreibt und sie wird es wohl zu verteidigen wissen.Am besten, wir fragen Sie einmal?
Ich werde mich also einen Teufel drum scheren, um den Textauszug von Inge Viett noch zu belegen oder irgendwas zu unterlassen.
War das klar und deutlich genug? Und ich bin auch ganz höflich Karl, ganz nett.
Aber gleich folgt der vierte Teil der Geschichte, es braucht noch etwas Zeit, bis dann.

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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Alfred » 1. Juli 2010, 12:51

Hans - Peter,

was nun genau in der DDR und dem MfS bekannt war müsste man schon noch klären.

Du siehst, selbst die BRD hat nochmals 11 Jahre benötigt, um zu einen Einschätzung zu gelangen, sprich ganz so klar oder ganz so einfach scheint sich das Thema doch nicht darzustellen.

Man müsste da mit den einen oder anderen Zeitzeugen sprechen und auch Personen die klar Stellung nehmen und sich dann nicht verstecken.

Und wenn da was 1998 veröffentlicht wurde, na da gab es die DDR schon lange nicht mehr und was das Jahr 1983 betrifft, da müsste man schon mal nachforschen was und wie dies alles genau war.
Alfred
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon CaptnDelta » 1. Juli 2010, 13:03

Eine weitere Geschichte zum Thema:

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(aus diesem Buch)

-Th
..Totalitarianism does not mean that such regimes in fact exercise total control over their people, it means rather that such control is in their aspiration.
Martin Malia
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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Edelknabe » 1. Juli 2010, 13:13

Hallo zusammen, und es geht weiter. Mittlerweile bietet der Fred ja reichlich Lesestoff, so auch Delta sein Text, übrigens sehr interessant Delta, ich hab nach dem Ende der Geschichte hier dann ebenfalls noch etwas aus dem Buch "Mörder von Oradour".Aber erstmal zum

Verrat, der Geschichte 4. Teil

.
Trotzdem kümmerte ich mich weiter um ihn. Damals war ich der Überzeugung, dass zwei falsche Dinge kein richtiges ergeben- ich konnte ihn einfach nicht bestrafen, weil er etwas Schlechtes getan hatte. Schließlich war er mein Vater und hatte mir persönlich nichts Böses getan. Zu jener Zeit durchlebte ich wegen der Scheidung von meinem Mann private Sorgen, und das lenkte mich von den vielen Problemen ab, die ich mit meinem Vater hatte. Erst später begriff ich das ganze Ausmaß – eigentlich, würde ich sagen, erst in den letzten Jahren.“ Marion glaubt, als erste in der Familie die Anklageschrift gesehen und den ganzen Umfang der gegen Lesser erhobenen Beschuldigungen begriffen zu haben.
Ganz für sich versuchte sie, das gerade entdeckte Bild eines Verbrechers mit dem ihres liebenden Vaters in Einklang zu bringen. Der Prozess gegen den Vater begann 1975. Er bat sie, nicht dabei zu sein. Nur einmal schlich sie sich in den Gerichtssaal, sonst befolgte sie sein Gebot. Von den Zeugen, die gegen ihn aussagten, hörte sie niemanden. „ Aber ich weiß sehr gut“, sagt Marion, „ dass viele seiner Freunde kamen ,um zu bezeugen, welch braver Mann er sei. Darauf war er sehr stolz.“ Lesser beeindruckte den Richter auch dadurch, dass er bestimmte Verbrechen eingestand und seinen Dienst in der SS bereute. „ Jetzt weiß ich, dass er nur zugab, was bereits hundertprozentig erwiesen war“, sagt Marion. „ Was die Reuebekundungen anging, so war er stets ein guter Schauspieler gewesen. Ich weiß, das er nicht bereut, das er nicht bedauert, was er tat. Er glaubt, er habe seine Pflicht getan, es sei alles rechtens gewesen, und er ist stolz darauf, nicht beschämt. Für keines seiner Opfer hat er je Mitleid empfunden. Aber er wusste, dass er das dem Gericht nicht sagen durfte.“
Am Tag der Urteilsverkündung befand sich Marion im Gerichtssaal. Lesser wurde für schuldig befunden, an zwanzig Hinrichtungen mit insgesamt siebenhundertsechsundvierzig Morden beteiligt gewesen zu sein oder sie geleitet zu haben.
Das Urteil lautete zwanzig Jahre Gefängnis. Der von der scheinbaren Reue beeindruckte Richter milderte die Strafe jedoch beinahe umgehend auf fünf Jahre Freiheitsentzug mit erleichterten Haftbedingungen. Erst im Juni 1977, nachdem alle Berufungsmöglichkeiten erschöpft waren, trat Lesser seine Haftstrafe an.
„ Als das Urteil verkündet wurde, überraschte mich das Strafmaß nicht“, sagt Marion. „Ich will nicht darüber richten, was angemessen ist und was nicht. Man kann Verbrechen wie diese nicht in der Länge einer Gefängnisstrafe messen. Wäre er kurz nach Kriegsende angeklagt worden, hätte er wahrscheinlich lebenslänglich bekommen. Doch selbst wenn man ihn für den Rest des Lebens hinter Gitter gesetzt hätte, wäre das Leiden der von ihm getöteten Menschen und ihren Angehörigen unmöglich gesühnt worden. Nicht einmal mit lebenslänglich
Ich besuchte ihn oft im Gefängnis. Aber ich möchte entschieden klarstellen, dass ich nie, nie hinnahm, was mein Vater tat. Im Gegenteil, er trägt eine schwere Last, und seine Taten lassen sich niemals ungeschehen machen.“
Lesser wurde schließlich die Zeit, die er bei vorangegangenen Verhaftungen im Gefängnisverbracht hatte, auf seine Haftstrafe angerechnet, und so blieb er nur zweieinhalb Jahre im Gefängnis. Der wegen Mordes Verurteilte wurde zu Weihnachten 1979 wieder freigelassen. „ Nach seiner Heimkehr gab es niemanden unter seinen Freunden, der ihn mied“, sagte Marion. „ Im Gegenteil, sie nahmen ihn vorbehaltlos wieder in ihren Kreis auf. Sie sind der Meinung, mitseiner Verurteilung und seiner Haftstrafe sei großes Unrecht geschehen. Auch er denkt so und meint, die Regierung habe ihm Schaden zugefügt und ihn unfair behandelt. Es ist interessant, dass kein einziger in der Stadt ihn je kritisierte. Er stieg sogar in höhere gesellschaftliche Kreise auf.“
Kurz nach seiner Freilassung traten für Marion zwei wichtige Ereignisse ein. Sie heiratete zum zweiten Mal und bekam bald ihr erstes Kind, einen Sohn. Zögernd begann sie mit ihrem Mann über den Vater zu sprechen. Von Anfang an half er ihr, die Verbrechen des Vaters aus der richtigen Perspektive zu sehen und bestärkte sie in ihrer Unabhängigkeit.
Nach der Geburt von Marions Sohn im Jahre 1980 kam Lesser häufiger zu Besuch, ihn drängte es, seinen ersten Enkel zu sehen. Noch immer fühlte sich Marion außerstande, mit ihrem Vater über dessen Vergangenheit zu reden. Noch immer wusste er nicht, das sie die Anklageschrift gesehen hatte und die volle Wahrheit über seinen Dienst bei den Einsatzgruppen kannte. Sie hatten ein gespanntes Verhältnis zueinander, doch er wusste nie, warum. Aus Angst vor seinem Einfluss bemühte sie sich, seinen Kontakt zu den Kindern ( 1982 wurde eine Tochter geboren) einzuschränken.
Im Jahre 1985 begegnete Marion einer Frau, die ebenfalls die Tochter eines Nazis war, Dörte von Westernhagen. Sie recherchierte im Zusammenhang mit einem Buch über Kinder nichtprominenter Nazifunktionäre. Das Buch, Die Kinder der Täter, erschien 1987 in Deutschland, und die Autorin nahm ein Kapitel über Marion und ihren Vater darin auf.
Das war kurz nach der Veröffentlichung von, Schuldig geboren, einer Sammlung anonymer Gespräche mit Kindern von Nazis.
„ Eines Tages sah mein Vater bei mir Zuhause ein Exemplar von Schuldig geboren, und im Scherz fragte er: , Was hast du da? Bist du da auch drin? Und darauf fragte ich ihn: , Was würdest du tun, wenn! Er tat diese Andeutung rundheraus ab:, Unsinn! Unsinn!“
Zwei Jahre nach dem Erscheinen von Marions Interview im Buch von Dörte von Westernhagens Buch erzählte ein Cousin Lesser darüber. Er geriet außer sich. „ Er hätte es wahrscheinlich selber nie herausgefunden“ sagte Marion. „ Er liest so etwas nicht, nichts über jene Zeit. Er war aufgebracht. Fast alle in der Familie waren aufgebracht. Sie sahen es als öffentliche Nestbeschmutzung an. Die meisten nahmen es zum Anlass, mit mir zu brechen. Mein Vater konnte einfach nicht damit fertig werden. Er sprach nicht mit mir darüber, aber seine Aggressionen wurden immer heftiger. Das wirkte sich auch auf meine Kinder aus. .Einige Zeit später erhielt ich von ihm einen langen Brief, in dem er versuchte, alles, was er gesagt hatte, richtig zu stellen. Er griff mich darin. Zum Beispiel sagte er, als Entschuldigung für mich könne dienen, das ich eine Psychopathin sei, wie ich selber bewiesen hätte, indem ich mich in diesem berüchtigten Interview wie wild gebärdet habe.
Er schrieb auch ,er würde sein Verhalten seinen Enkeln gegenüber rechtfertigen. Nach diesem Brief entschloss ich mich, jeden weiteren Kontakt mit ihm zu meiden. Es folgte ein weiterer Brief, aber ich verweigerte seine Annahme, um mich zu schützen.“

Gruß Rainer- Maria
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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Edelknabe » 1. Juli 2010, 17:26

Hallo zusammen, zu guter letzt der fünfte und letzte Teil der Geschichte und ich schrieb schon einmal so sinngemäß in einem anderen Forum: Ein gutes Abbild der Bundesrepublik bis weit in die achtziger Jahre hinein, sehr gut und ehrlich erzählt von der Tochter eines Kriegsverbrechers.

Verrat, der Geschichte 5.er und letzter Teil


Wenngleich sie nur etwa sechzig Kilometer voneinander entfernt leben, hat Marion ihren Vater zwei Jahre lang weder gesprochen noch gesehen. „ Ich weiß, wie sehr es ihn schmerzt, das seine Enkel von ihm ferngehalten werden. Er leidet darunter! Aber er hat sich selbst in diese Lage gebracht.“
Marion verspürt keinen Hass auf ihren Vater. „ Ich lebte und lebe in einem Konflikt. Ich habe nie das Bild eines guten und liebevollen Vaters und zugleich eines Verbrechers zu begreifen vermocht. In den letzten Jahren ist es besser geworden, da ich keinen Kontakt zu ihm habe. So ist das Bild des liebenden Vaters verblasst. Ich sehe ihn jetzt eher als Menschen, der seine Seele mit den Morden an vielen anderen Menschen belastet hat. Wenn ich etwas für ihn empfinde, dann ist es Mitgefühl, Mitleid.“ Wegen der Verbrechen ihres Vaters hat sich Marion ganz besonders bemüht, ihre Kinder in einer offenen , liberalen Atmosphäre zu erziehen. Sie besuchen die Steiner-Schule und haben sich für geisteswissenschaftliche Fächer entschieden; die Nazibehörde ihres Vaters hatte die Schule während des Krieges geschlossen. „ Ich hoffe sehr oft, dass in mir oder meinen Kindern keiner der Charakterzüge meines Vaters durchbricht“, sagt sie. „ Ich glaube, vieles wird durch die Umwelt, in der man aufwächst, gesteuert und mein Mann und ich versuchen bewusst, unsere Kinder anders zu erziehen. Wir lehren sie, menschlich und allen gegenüber tolerant zu sein und das alle gleich geboren werden. Wir erklären ihnen, das man die Rechte eines jeden Menschen achten muss. Ich möchte nicht, dass mein Sohn zum Militär geht, und versuche, ihm diesen Pazifismus einzugeben. Noch habe ich meinen Kindern nichts über die Rolle ihres Großvaters im Krieg erzählt. Sie sind zu jung( acht und zehn). Aber wenn ich sie für alt genug halte, zu begreifen, werde ich ihnen die Prozessprotokolle und Bücher und alles über ihn geben, damit sie die Wahrheit erfahren.“
Marion engagiert sich auch sozial. „ Ich helfe ausländischen Familien hier in Deutschland. Es beginnt mit der Sprache und reicht bis zur sozialen Integration. Auf meine bescheidene Weise versuche ich, diesen vom Glück weniger begünstigten Familien bei ihren sozialen Problemen behilflich zu sein. Ich denke, dass ich mit dieser Arbeit versuche, seine Untaten wieder gutzumachen.“ Jüngst hat sie Israel besucht, „ eine wundervolle Erfahrung“, und plant, noch einmal dorthin zu reisen. Marion hält ihre Kinder auch dazu an, mit griechischen und türkischen Kindern zu spielen, die von den anderen im Dorf oft gemieden werden. So bemüht sie sich, eine Identität aufzubauen, die sich von der ihres Vaters grundlegend unterscheidet. „ Er wird sich überhaupt nicht ändern. Er denkt immer noch, das es Rassen gibt, die nicht so lebenswert sind wie die arische. Auch andere Leute denken so. Wäre ich so brutal wie er, würde sich nie etwas ändern- weder in unserer Familie noch überhaupt. Ich muss anders sein als er. Er hätte etwas tun können für die Allgemeinheit, hätte Spenden geben, karitativ arbeiten können. Irgendeinen Versuch der Wiedergutmachung hätte er unternehmen können. Es gibt Dinge im Leben, die man nie wieder gerade rücken kann, aber man kann sein Bestes tun, und das hat er nie auch nur versucht.“


Als ich mich mit Marion bei ihr Zuhause unterhielt, zeigte sie mir ein Fotoalbum, das ihr Vater 1983 zusammengestellt und ihr geschenkt hatte. Es ist ein nostalgischer Blick auf seine Familie und seinen Dienst als Nazi. Die Fotos zeigen junge Männer in Naziuniformen, Sportveranstaltungen der Nationalsozialisten, ihren Vater in seiner prächtigen SS- Uniform- sogar das Original seiner Heiratsanzeige mit den SS- Insignien darauf. Auf eine Seite hatte er über die Fotos von Heydrich und Göring die Überschrift „ Meine Chefs“ gesetzt, an anderen Stellen des Albums die SS- Runen sorgfältig nachgezeichnet.
„ Das waren seine Andenken“, sagt Marion. Als er mir das Album überreichte, war es für ihn irgendwie eine Last geworden, all die Fotos von meiner Mutter und das alles. Es ist typisch für ihn, dass er, wenn etwas zu schwierig für ihn wird, es beiseite schiebt. So hat er es auch mit diesem Album gemacht. Aber es zeigt, wie er noch immer fühlt.“ Sie schüttelt leicht den Kopf, als sie die Bilder betrachtet.“ Wir haben es alle so satt zu hören, ich habe nur meine Pflicht getan“, sagt sie mit leiser Stimme, als spräche sie zu sich selber und nicht zu mir. Bei unseren Gesprächen war auch Marions Cousine Ute zugegen. Sie versuchte mir den Konflikt begreiflich zu machen, in dem sich Marion heute befindet. „ Marion wartet auf irgendjemanden, auf etwas wie einen Zauber, der ihr die große Last abnimmt. Als sie das erste Mal darüber sprach, hoffte sie auf eine Karthasis, darauf, dass alles ein für alle mal aus dem Bewusstsein getilgt würde. Aber je öfter sie darüber sprach, desto schlimmer wurde es. Es ist die Uneinsichtigkeit ihres Vaters, seine fehlende Bereitschaft, sich zu ändern, die es ihr so unerträglich macht. Es ist seine Weigerung, wenigstens für einen Moment das Barbarische seiner Kriegstaten zuzugeben.“ Marion unterbricht:“ Er ist so sehr davon überzeugt, das er recht hat. Niemals auch nur ein bisschen Reue oder Schuldbewusstsein. Ich kann nicht begreifen, dass er mein Vater und gleichzeitig so ist.“
Als ich sie ansprach und sagte, das ich sie gern in dieses Buch aufnehmen würde, wusste sie nicht, was sie tun sollte. Anfangs zögerte sie auch deshalb, weil in dem Buch eine Reihe von Kindern prominenter Nazis zu Wort kommen sollten. Sie bezweifelte, dass ihr Vater in eine Reihe mit so hochrangigen oder berüchtigten Nazis gehörte. „ Am Ende gelangte ich zu dem Schluss, dass es nicht immer auf den Rang ankomme“, sagt sie. „ Was zählt, ist die Vernichtung jedes einzelnen. Jeder Tod eines Menschen war Mord. Was mein Vater tat, reicht aus. Lange Zeit habe ich mich gefragt, ob ich mit meiner persönlichen Geschichte noch einmal an die Öffentlichkeit gehen sollte. Ich tue das nur, weil ich lange mit ihnen gesprochen habe. Inzwischen habe ich keine Angst mehr. Ich fürchte mich nicht vor den Repressionen oder Drohungen meiner Familie. Aber ich denke an meine Kinder, und sie sollen darunter nicht leiden. Ich bin dahin gelangt, nachdem ich lange darüber nachgedacht habe, das man Geschehenes nicht wiedergutmachen kann. Aber wenn Leute von meiner Geschichte hören, wird ihnen hoffentlich bewusst, dass sie mit wachen Sinnen auf politische Veränderungen reagieren sollten und daß jeder einzelne dafür verantwortlich ist, dass ähnliches nie wieder geschieht. Die Menschen müssen sich für Freiheit und Frieden und vor allem für Menschlichkeit einsetzen.“


¹ Für die deutsche Ausgabe wurden deshalb die Namen der Interviewten und ihrer Angehörigen geändert. ( Anm. d. Übers. )
² Sein verstorbener Bruder hatte ebenfalls der SS angehört.


Gruß Rainer-Maria
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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Hans-Peter » 2. Juli 2010, 00:37

Hallo Rainer-Maria (Edelknabe), ich hoffe doch, das ich in Deinem Sinne handele, wenn ich vor Deinem geplanten Beitrag aus dem Buch des SS-Massakers von Oradour schon einmal eine Nachricht und einen Link auf geschichtliche Fakten um den Massenmörder Heinz Barth bringe, der viele Jahre unentdeckt in der DDR in Gransee lebte, dann aber doch vom MfS 1981 aufgespürt und verhaftet wurde.


Aus Spiegel Online Panorama vom 13.08.2007

Massaker von Oradour-sur-Glane

Kriegsverbrecher Heinz Barth gestorben

Im Zweiten Weltkrieg war er an einem der schlimmsten Verbrechen beteiligt: SS-Obersturmführer Heinz Barth und seine Schergen töteten in dem französischen Dorf Oradour-sur-Glane 642 Menschen. Jetzt ist der Massenmörder im Alter von 86 Jahren gestorben.

Gransee - Heinz Barth starb bereits am 6. August, wie der Pfarrer des brandenburgischen Gransee, Heinz-Dieter Schmidtke, heute sagte. Im Juni 1944 war Obersturmführer der Waffen-SS Barth an einem Massaker mit 642 Todesopfern in dem französischen Dorf Oradour-sur-Glane beteiligt. Dafür wurde er 1983 von einem DDR-Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt.
1997 kam Barth auf freien Fuß.

In Oradour-sur-Glane nahe Limoges hatte die zweite SS-Panzerdivision "Das Reich" die Männer des Dorfes erschossen. Frauen und Kinder wurden in eine Kirche getrieben, die die SS-Leute in Brand steckten. Oradour-sur-Glane wurde zum Symbol für deutsche Kriegsverbrechen in Frankreich.

jdl/dpa
Quelle:http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,499725,00.html

Link zu einer umfangreichen Dokumentation mit Bildmaterial sowie Auszüge aus Gerichtsprotokollen -
Das SS-Massaker von Oradour-sur-Glane: http://www.geschichtsthemen.de/oradour.htm

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Zwischenfrage: Warum wurde er nach seiner Verhaftung nicht von der DDR nach Frankreich ausgeliefert, wo Barth das scheußliche Verbrechen begangen hat?
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Heinz Barth, der Mörder von Oradour...


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Heinz Barth (* 15. Oktober 1920 in Gransee; † 6. August 2007, ebenda) war ein Obersturmführer/Oberleutnant bei der Waffen-SS und Zugführer beim Panzergrenadierregiment »Der Führer« als Teil der SS-Panzer-Division „Das Reich“. Barth war der einzige SS-Angehörige, der in Deutschland wegen des Massakers von Oradour angeklagt und verurteilt wurde.
Wegen seiner Beteiligung an der Ermordung von 642 Einwohnern von Oradour-sur-Glane im Jahre 1944 wurde er in Bordeaux am 12. Februar 1953 in Abwesenheit zum Tod verurteilt.

Am 14. Juli 1981 wurde er in der DDR festgenommen. Die Hauptverhandlung begann am 25. Mai 1983 und am 7. Juni 1983 wurde Barth vom Stadtgericht Berlin zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Zwei DDR-Bürger, die als Untergebene Barths in Oradour beteiligt gewesen waren, wurden von der DDR-Staatsanwaltschaft nicht angeklagt, weil sich während der Vernehmungen durch die HA IX/11 der Staatssicherheit keine Verdachtsmomente gegen sie ergeben hatten, die beweisbar gewesen wären.

Barth war unter anderem in der zentralen Untersuchungshaftanstalt des MfS in Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert. Im September 1997 wurde Barth wegen seines schlechten Gesundheitszustandes aus der Haft entlassen.

Die späteren Zeugenaussagen der Überlebenden des Massakers von Oradour und insbesondere der Angeklagten selbst, bei den Prozessen in Bordeaux 1953 und in Berlin (DDR) 1983 (gegen Zugführer Barth) waren indes Erdrückend. Barth sagte am 30. Mai 1983 in der Hauptverhandlung vor dem Berliner Stadtgericht beispielsweise: "Diekmann befahl uns, über das Geschehen der letzten Stunden Stillschweigen zu bewahren. Falls es doch zur Sprache käme, sollten wir sagen, es habe Widerstand gegeben, im Zuge der Abwehr sei alles in Flammen aufgegangen und die Menschen getötet worden. Warum Diekmann das so darstellte, sagte er nicht. Unsere Leute nahmen das zur Kenntnis, keiner opponierte dagegen. Ich unterrichtete so die Gruppenführer und diese die Mannschaften, und fortan wurde in der Weise über Oradour gesprochen." Weiter sagte Barth: "Bei der Durchsuchung fanden wir keine Waffen und Munition, von anderen Gruppen hörte ich das auch nicht". Und: "Als wir im Dorf die LKW verlassen hatten, fuhren diese ungesichert wieder zurück - so lautete der Befehl des Bataillonskommandeurs. Es wäre nicht gerechtfertigt gewesen, so zu handeln, wenn man mit Widerstand rechnete."
(rote Schrift: Von der Webseite: Das Massaker von Oradour-sur-Glance)

Im Jahr 2000 verlor Barth eine Klage auf Weiterzahlung seiner Kriegsversehrten-Zusatzrente, die er seit der Deutschen Wiedervereinigung erhielt, da 1998 das Bundesversorgungsgesetz einschlägig geändert worden war. Zehn Jahre nach seiner Haftentlassung erlag er einem Krebsleiden...


Opas Oradour

Vom Reiseführer bis zum »Ploetz«:

In Deutschland bestimmt die Version der Täter bis heute die Darstellung des SS-Massakers.

Von Kerstin Eschrich, jungle world

Wer im Limousin Urlaub machen will und seine Informationen dem seither nicht wieder aufgelegten DuMont Kunst-Reiseführer »Das Limousin« von 1992 entnimmt, ist schlecht beraten. Unter dem Stichwort Oradour-sur-Glane heißt es: »Auf dem Wege von Limoges zu den Monts de Blond kommt man durch Oradour-sur-Glane, einen Ort, der in diesem Jahrhundert Schlimmes erleben musste. Am 9./10. Juni 1944 gab es hier über 600 Tote. Besatzungssoldaten, am 10. Juni auf der Suche nach einem von der Résistance entführtem Offizier und einem Führungsstab der Widerstandskämpfer, fanden nach ihren Berichten am Ortsrand von Oradour-sur-Glane die Leichen eines am Vortag von den Maquisards überfallenen Verwundetentransports und in den Häusern des Dorfes versteckte Waffen und Munition. Daraufhin erschossen sie die meisten aufgegriffenen Männer als Partisanen und brannten die Häuser nieder. Viele der Frauen und Kinder, in die Kirche gesperrt, kamen bei dem Brand ums Leben. Die Ruinen und ausgebrannten Mauerreste sind heute eine eingezäunte Geisterstadt und ein gut organisiertes, viel besuchtes Touristenziel. Einige der Objekte, die dem Flammeninferno entgingen, sind im Ort ausgestellt; für die Kirchenruine steht ein Führer zur Verfügung.«

Das ist die Version, die von der SS über das Verbrechen an der Bevölkerung von Oradour in die Welt gesetzt wurde. Die Tat wird und wurde als Maßnahme gegen angebliche Waffenlager des französischen Widerstands und als Repressalie für »heimtückische Partisanenangriffe« ausgegeben. So behauptet der vormalige SS-Obersturmbannführer Otto Weidinger in seinem Buch »Division Das Reich«, man habe »am Ortsausgang von Oradour-sur-Glane die Überreste einer deutschen Sanitätsstaffel gefunden, welche mit allen Verwundeten offensichtlich bei lebendigem Leib verbrannt sind«. Zudem schreibt er, in den Häusern habe sich Munition befunden. Diese Lüge findet sich auch im Tagesbericht des SS-Regiments »Der Führer« für den 11. Juni 1944: »Nach Durchsuchung des Ortes wurde dieser niedergebrannt. Fast in jedem Haus war Munition gelagert.« Behauptungen, die entgegen allen Tatsachen auch heute noch verbreitet werden.

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Aussagen des SS-Obersturmführers Heinz Barth, der als einer der wenigen Mörder von Oradour überhaupt vor Gericht gestellt wurde und als einziger vor ein deutsches. Ihm wurde 1983 in der DDR vor dem Ersten Strafsenat des Stadtgerichts Berlin der Prozess gemacht. Barth war in Oradour Führer des Ersten Zuges des Panzergrenadierregiments »Der Führer«. 45 Soldaten waren ihm unterstellt, denen er u.a. den Befehl gab, 20 Männer, die in einer Garage eingesperrt waren, zu erschießen.

Barth sagte aus: »(Von SS-Hauptsturmführer Otto Kahn; Anm. K.E.) erhielt ich den Befehl, mit einer Gruppe von Männern meines Zuges Personen zu erschießen, die sich in einem garagenähnlichen Gebäude befanden. Sie standen in Zweierreihen. Es handelte sich um eine Männergruppe von 20 Personen im Alter von 20 bis 50 Jahren. Es können auch Jüngere dabei gewesen sein. Die Gruppe war erregt. Es war mir gesagt worden, dass, wenn ein Schuss als Signal in die Luft abgegeben wird, durch mich zu befehlen sei: ›Legt an, Feuer!‹« Befragt vom Vorsitzenden Richter Dr. Hugot, ob er erschrocken gewesen sei über diesen Auftrag, verneinte er und erklärte, dass er »den Befehl kannte«.

Barth wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. 1997 wurde er im wieder vereinten Deutschland aus dem Gefängnis entlassen. Seit 1991 kassierte er vom neuen deutschen Staat bereits eine zusätzliche Opferrente wegen einer Kriegsverletzung. 1998 wurden die Zahlungen eingestellt. Zwei Jahre später entschied das Potsdamer Sozialgericht, dass die sieben Jahre lang erhaltene Rente nicht zurückgezahlt werden muss.

Bemerkenswert sind Barths Aussagen nicht nur, weil er wiederholt der Darstellung widersprach, dass es Widerstandsgruppen oder Munition in dem Ort gegeben habe. Stattdessen beschrieb er, wie die SS dafür sorgte, dass die unwahre Version über das Massaker verbreitet wurde. Barth erklärte in der Hauptverhandlung am 30. Mai 1983: »(Der SS-Offizier und Bataillonskommandeur des Panzergrenadierregiments ›Der Führer‹, August Dieckmann) befahl uns, über das Geschehen der letzten Stunden Stillschweigen zu bewahren. Falls es doch einmal zur Sprache käme, sollten wir sagen, es habe Widerstand gegeben, im Zuge der Abwehr sei alles in Flammen aufgegangen und die Menschen getötet worden. Ich unterrichtete so die Gruppenführer und diese die Mannschaften, fortan wurde in dieser Weise über Oradour gesprochen.«

Nicht nur von den Mördern. Auch deutsche Nachschlagewerke tun sich schwer damit, das Massaker in Oradour den Tatsachen entsprechend darzustellen. So ist im Bertelsmann-Lexikon von 1995 über das Massaker zu lesen: Der Ort »wurde am 10. Juni 1944 als Vergeltung für Partisanentätigkeit von dt. SS-Truppen zerstört, die Bev. zum größten Teil erschossen; der Ort ist an anderer Stelle wieder aufgebaut«. Noch schwammiger formulierte die Brockhaus Enzyklopädie von 1971: »Am 10. Juni 1944 von SS-Truppen als Repressalie gegen Partisanentätigkeit eingeäschert; der größte Teil der Bevölkerung kam dabei um.«

15 Jahre später ist die Version im Brockhaus relativiert worden. Von Repressalien gegen Partisanentätigkeit ist nicht mehr die Rede. Kurz geschildert werden das Verbrechen, die Anzahl der Ermordeten und dass »die Ruinen als Mahnmal an das schwerste dt. Kriegsverbrechen im besetzten Frankreich erhalten« wurden.

Gleichzeitig wird allerdings als erste Literaturangabe das Buch »Wo ist Kain?« von Herbert Taege empfohlen, das 1981 im neofaschistischen Askania-Verlag erschien. Die ersten Sätze aus diesem Machwerk sind der »Brockhaus Enzyklopädie, Band 16, Seite 695« entnommen: »Im zweiten Weltkrieg wandten die Kommunisten in den von deutschen besetzten Ländern die Volksfront-Taktik an, um eine führende Position in den Widerstandsbewegungen zu gewinnen.« Und genau darum geht es in dem Buch, das die SS-Version über die Massenmorde in Oradour verbreitet. Partisanen hätten »die Frauen und Kinder in der Kirche als Schutz benutzt«. Das Gebäude sei explodiert, weil »ehemalige Rotspanier« die darin gelagerte Munition zündeten. Die Taktik der Partisanen sei es gewesen, »Hass zu erzeugen«. Keine Schuld trifft daher die deutschen Nazis, so die Argumentationslinie. Der Prozess in Bordeaux wird unter dem Stichwort »Schauprozess« abgehandelt.

Anders stellte dagegen Meyers Neues Lexikon aus einem Volkseigenen Betrieb in Leipzig 1971 die Massenmorde in Oradour dar. »Der Ort wurde als angebliches Versteck von antifaschistischen Widerstandskämpfern am 10. Juni 1944 durch die von General Lammerding befehligte SS-Division ›Das Reich‹ vernichtet.« Danach geht es in dem Text um die Urteile im Prozess von Bordeaux und die Weigerung »der BRD«, den Befehlshaber der Division »Das Reich«, SS-Brigadeführer Heinz Lammerding, an Frankreich auszuliefern. 1993 heißt es dann in Meyers Neuem Lexikon – inzwischen kein volkseigener Betrieb mehr – ganz lapidar: »Am 10. Juni 1944 von SS-Verbänden zur Vergeltung von Partisanentätigkeit eingeäschert; alle Einwohner wurden dabei getötet. Der Ort wurde in der Nähe neu aufgebaut.«

Auch in Werken, die sich ausführlich mit dem Nationalsozialismus befassen, gibt es ähnlich unkritische Versionen des Massakers in Oradour. 2002 wird das Buch »Ploetz Das Dritte Reich« erneut publiziert. Herausgeschichte. In der Chronik wird der 10. Juni 1944 kurz erwähnt: »Zur Vergeltung brennen Einheiten der SS-Panzerdivision ›Das Reich‹ das Dorf Oradour-sur-Glane nieder. Über 600 Bewohner, auch Frauen und Kinder, werden getötet.«

Auch der Historiker Sönke Neitzel verfasste in der Militärgeschichtlichen Zeitschrift zum Thema »Anmerkungen zur Operationsgeschichte der Waffen-SS« im Jahre 2002 eine kurze Bemerkung zu dem Massaker in Oradour, die offen ist für Interpretationen. »Am 10.Juni hatte sich Sturmbannführer Dieckmann mit einer SS-Kompanie auf der Suche nach einem entführten Kameraden nach Oradour-sur-Glane begeben. Dieckmann ließ rund 180 Männer erschießen, über 440 Frauen und Kinder verbrannten eingesperrt in der Kirche des Ortes.« Im Satz danach behauptet er, dass »die genauen Vorgänge in Oradour bis heute nicht aufgeklärt werden konnten«. Eine Version, mit der die SS-Täter und ihre Nachkommen zufrieden sein können.

In Frankreich werden solche Behauptungen gerichtlich verfolgt und bestraft. Ende des vergangenen Jahres wurde der 33jähriger ehemalige Lehrer Vincent Reynouard in Limoges wegen »Rechtfertigung von Kriegsverbrechen« zu einer Haftstrafe von einem Jahr (von der neun Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden), einer Geldstrafe von 10 000 Euro und einem dreijährigen Aufenthaltsverbot im Département Haute-Vienne verurteilt. Er hatte ein Video hergestellt, dem die Version der SS verteidigt wurde, es habe sich um Vergeltung gehandelt, und die Aussagen der Überlebenden in Frage gestellt wurden. Der vorbestrafte Holocaustleugner hatte sein Machwerk an die letzten Überlebenden des Massakers geschickt. »Diese Kassette ist ein Horror«, sagte Marcel Darthout beim Prozess gegen Reynouard.

Quelle: http://www.deutscher-nationalismus.de/weltkrieg/oradour-0.htm
Hans-Peter
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Edelknabe » 3. Juli 2010, 12:58

Hans-Peter, du musst Gedanken lesen können und es war zu freundlich, aber nein, es war genau richtig, denn da wollte ich doch hin, zu dieser Gegenüberstellung eines Heinz Barth in der DDR und eines Hans Lesser im damaligen Westdeutschland. Denn besser lässt es sich nicht darstellen, so vergleiche ich beider Aufspüren durch den Staatsapperat und die anschließende Verurteilung.
Also, lesen ist angesagt, der Betrachter braucht nur zu lesen und er wird sehen, wo konsequenter mit Kriegsverbrechern umgegangen wurde? Auch wenn ihre Enttarnung einige Zeit in Anspruch nahm, wohl der "Kommisar Zufall" ebenfalls eine große Rolle spielte.
Wie geschrieben, das passt zum Thema wie die Faust aufs Auge und Hans Peter, suchst du gar mit deinen Zwischenfragen den Kümmel im Käse? Was solls, der Mann wurde rechtskräftig verurteilt, ob nun in der DDR oder in Frankreich...ist doch völlig egal du alter Krieger.
Die Sowjetunion hätte einen Hans Lesser bestimmt zum Tode verurteilt und warum wurde er eigentlich nicht an die UdSSR ausgeliefert? Also lass die Kirche im Dorf, alter "Antikommunist" und einen wunderschönen Gruß von einen "Antifaschisten".
Auch dir ein gutes Wochenende und lass die Smylis weg in dem ernsten Thema, das gebietet schon der Anstand gegenüber den Opfern dieser beiden Männer. Oder siehst du das bei mir? Also, nimm dir ein Beispiel.

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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Berliner » 13. Juli 2010, 23:24

Mike59 hat geschrieben:Na eindeutig der Westen.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40616170.html

Mike59

ich weiss nicht was ich dazu sagen sollte. Im Osten gab es anscheinend der Meinung, man koenne mit dem "Gegner" ueberhaupt nix gemeinsames anstellen. Im Westen war man vielleicht "praktischer" (manche wuerde meinen "verbrecherischer") in dem man diese Leute fuer gute Zwecke beschaeftigt hatte.

Ich bin der Meinung, wenn jemand wegen ideologischer Differenzen eingesperrt wird, dann ist er 1) nutzlos und 2) sauer, wenn er rauskommt. Viel lieber ihm eine Beschaeftigung geben, solange er "sauber bleibt", damit er nix dummes anstellt und der guten Sache auch dient.

Ich weiss nicht was Ihr meint, nur ein paar Gedanken die mir gerade durch den Kopf schossen.

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Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon karl143 » 14. Juli 2010, 01:56

Mike59 hat geschrieben:Na eindeutig der Westen.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40616170.html

Mike59


Hallo Mike,
warum eigentlich immer so pessimistisch? Hatten nicht auch Nazis Anspruch unter der neuen Demokratie das Recht, wieder zu arbeiten, und wie Duane schreibt, was für die Allgemeinheit zu tun? Bist du nicht selber so ein vergleichbarer Fall? Warum steht denn neben deinem Grenztruppenabzeichen das Abzeichen der Bundespolizei. Auch hier hat man dir doch auch die Möglichkeit gegeben, daß du dich in einem ganz anderen System bewähren kannst. Ich kann das irgendwie nicht nachvollziehen, über andere zu richten, aber selber die Vorteile der Demokratie oder eines demokratischen Staates zu genießen.
karl143
 

Re: Wer hatte die bessere Nazi-Aufarbeitung, Ost oder West ?

Beitragvon Mike59 » 14. Juli 2010, 13:35

Ich kann mich gar nicht erinnern über jemanden gerichtet zu haben.

Ich fand den Artikel nur deswegen gut weil darin nicht gern gelesene Tatsachen aufgezeigt werden. Offensichtlich spricht der Artikel für sich selbst.

Parallelen zu meiner Person darin zu finden fällt mir schwer. Wie war das eigentlich noch? Ungefähr so, der Staat dem ich diente war gerade dabei demokratische Strukturen zu entwickeln. Während dieser Entwicklung wurde klar, das es wohl besser ist, seine Souveränität aufzugeben und sich der Bundesrepublik anzugliedern. Das wurde dann in einem bilateralen Vertrag vereinbart, darin war auch das Prozedere dieses Vorganges geregelt. Nach diesen Regeln bin ich heute das was ich bin. Wie gesagt, Parallelen sehe ich da kaum.

Mike59
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