Peter der Große
„Vater des Vaterlandes“
Vor 300 Jahren starb der erste russische Kaiser – Er gilt als Gründer und Modernisierer des russischen Staates. Seine große Bedeutung für Russland hat bis heute Wirkkraft
Manuela Rosenthal-Kappi
Anlässlich des 300. Todestags Peters des Großen am 8. Februar wird es in Russland zahlreiche Veranstaltungen, Ausstellungen und TV-Ausstrahlungen geben. „Russland unter Peter dem Großen“ heißt eine diesjährige Vortragsreihe im Moskauer Kreml-Museum, die an Peter I. als Gründer des russischen Imperiums und der neuen Hauptstadt, des prächtigen St. Petersburg, erinnert. Bis zum 1. Februar läuft eine Ausstellung mit dem blumigen Titel „Der Letzte Triumph Peters des Großen. Der Ewigkeit voraus“. Diese Ausstellung bildet den Auftakt zu einem landesweiten Projekt, mit dem an den Todestag des Zaren erinnert wird. Daran nehmen führende russische Museen und Bibliotheken teil, darunter die Ermitage, das Russische Museum und das Historische Museum.
Der TV-Sender „Rossija 1“ und das Online-Kinoportal Okko zeigen zur gleichen Zeit eine Serie des bekannten Regisseurs von Historienfilmen, Sergej Ginsburg. Er hat sich auf die Fahnen geschrieben, Peter so zu zeigen, wie er war, das heißt, als Reformer, der das Land in allen Bereichen entwickelt hat. In einem Moskauer Kulturhaus findet ein Themenabend zum „Vater des Vaterlandes“, wie er schon zu Lebzeiten genannt wurde, statt. Die Besucher können an einem Frage- und Antwortspiel rund um den ersten russischen Kaiser teilnehmen. So wird daran erinnert, dass Peter I. eine reguläre Armee und Flotte aufbaute, die Hauptstadt vom dörflichen Moskau ins glänzende St. Petersburg verlegte, das Land in Kreise und Provinzen einteilte und neue Handelswege eröffnete. Zu seiner Zeit erschien mit „Wedomosti“ (Nachrichten) auch die erste Zeitung im Land.
Ausstellung in Königsberg
Das Museum der Weltmeere beteiligt sich ebenfalls am Gedenktag. Aus einer St. Petersburger Werft erhielt das Museum eine Kopie von Peters Holzboot „Heiliger Nikolai“ in Originalgröße, das zurzeit im Friedrichsburger Tor ausgestellt ist. Im Sommer soll es dann erstmals auf dem Wasser zum Einsatz kommen. Das als „Großvater der Russischen Flotte“ bezeichnete Boot hat eine Länge von etwas mehr als sechs Metern und eine Breite von zwei Metern. Auf einem solchen Boot hatte der junge Peter 1688 seine ersten Lehrstunden im Dorf Ismajlowo bei Moskau erhalten. Den Rumpf des Bootes ziert die Figur des Heiligen Nikolaus, des Schutzpatrons der Seefahrer und der Schifffahrt.
Der junge Zar Peter I. zeigte sich an Handwerk und Technik in Westeuropa äußerst interessiert. Zeitgenossen beschrieben den über zwei Meter Größe messenden Mann als außergewöhnlichen Menschen, einerseits wegen seiner Energie und Direktheit, andererseits stießen seine Neigung zu Gewalt und Unhöflichkeit, seine „russische Barbarei“, viele vor den Kopf.
Den Impuls, Russland zu modernisieren, hatte der junge Zar nicht zuletzt infolge seines langjährigen Aufenthalts in der deutschen Vorstadt im Nordosten Moskaus erhalten, die damals eine große Rolle als Zentrum des modernen Lebens spielte. Er wusste, dass effiziente Verwaltung, Finanzen und Wirtschaft ebenso wie eine moderne Armee sowie eine große Kriegs- und Handelsflotte vonnöten waren, um Russland zu einer europäischen Großmacht aufsteigen zu lassen.
Reformen nach westlichem Vorbild
So unternahm er selbst eine Reise in die Zentren der Wissenschaft und Technik nach Westeuropa, die sogenannte Große Gesandtschaft. Seine Erkundungsreise begann am 10. März 1697. Der eigentliche Zweck dieser Reise war es jedoch, Verbündete gegen das Osmanische Reich zu gewinnen. Seefahrt und Schiffbau in Holland, England und Venedig zu studieren, dienten ebenfalls dem Ziel, Russland gegenüber dem Osmanischen Reich zu stärken, plante der Zar doch den Aufbau einer russischen Schwarzmeerflotte.
Die Route führte zunächst nach Riga. Im April 1697 reiste Peter nach Pillau, und von dort ging es nach Königsberg. Von August 1697 bis Januar 1698 verweilte der junge Zar in Amsterdam, wo er als Schiffszimmermann in Zaandam auf den Werften der „Ostindischen Kompanie“ arbeitete. Er schaute sich so viel wie möglich an. Er besuchte Produktionsstätten wie Sägewerke, Tuchfabriken und schaute sich bei Obstbauern um. In Utrecht hörte er Anatomievorlesungen und wohnte sogar Operationen bei. Ihn interessierte alles, selbst Kunstausstellungen oder ein Observatorium.
In Nimwegen traf Peter im September 1697 Wilhelm III. von Oranien, der gleichzeitig Herrscher von England und den Niederlanden war, bevor er im Januar 1698 nach England segelte. Als Höhepunkt der Reise war der Besuch bei Kaiser Leopold I. in Wien gedacht. Der wollte von der antitürkischen Allianz allerdings nichts mehr wissen, stand er doch kurz vor einem Friedensvertrag mit den Osmanen. Damit Russland nicht isoliert dastand, musste Peter schließlich Friedensverhandlungen mit den Türken zustimmen.
Zusätzlich kam aus Moskau die Nachricht von einem Strelizenaufstand. Deshalb ließ Peter den geplanten Besuch Venedigs fallen und eilte nach Hause. Da der Aufstand inzwischen niedergeschlagen war, fand Peter Zeit, sich am 10. August mit dem polnischen König August II. zu treffen, um Pläne für ein Bündnis gegen Schweden zu schmieden.