Unter den islamistischen Terroristen befinden sich auffällig viele Ingenieure. Zwei Wissenschaftler versuchen, dieses Phänomen zu erklären.
Terroristische Anschläge scheinen in der Öffentlichkeit den Reflex auszulösen, sich die religiöse Sozialisation, die Bildungswege, die Berufstätigkeiten, die kriminellen Karrieren, den Familienhintergrund, die sexuellen Präferenzen, die psychiatrischen Krankengeschichten, die Gewohnheiten in puncto Drogenkonsum oder Computerspielfrequenz der Attentäter anzusehen – wohl in der Hoffnung, über die Verortung der Attentäter in der Sozialstruktur Aufklärung über ihre Motive zu erhalten und somit zukünftig Anschläge von Personen mit ähnlichen sozialstrukturellen Merkmalen verhindern zu können.
Je nach Blickwinkel geraten dann unterschiedliche Merkmale in den Mittelpunkt. Während es wenig verwunderlich ist, dass der überwiegende Anteil islamistischer, hinduistischer oder evangelikaler Attentäter einen starken religiösen Hintergrund hat, fallen andere soziostrukturelle Merkmale wie der hohe Prozentsatz von Kleinkriminellen unter den islamistischen Attentätern in Belgien und Frankreich oder der hohe Anteil von Personen mit psychischen Störungen unter terroristischen Einzeltätern auf.
Der Soziologe Diego Gambetta und der Politikwissenschaftler Steffen Hertog haben jetzt ein ganzes Buch einem einzigen soziostrukturellen Merkmal islamistischer Terroristen gewidmet, das bereits nach den Anschlägen vom 11. September 2001 aufgefallen war – dem hohen Anteil von Ingenieuren unter den Attentätern.
[b]Das Buch
Diego Gambetta und Steffen Hertog: „Engineers of Jihad. The curious connection between violent extremism and education“. Princeton University Press 2016, 192 S., 24,95 Euro
Acht der fünfundzwanzig an den Anschlägen auf das Pentagon und das World Trade Center beteiligten Terroristen waren Ingenieure. Aber auch der Nigerianer Abdulmutallab, der im Jahr 2009 versuchte, eine Maschine der Northwest Airlines auf dem Flug nach Detroit in die Luft zu jagen, sowie der Libanese Mohamed Game, der sich wenige Monate zuvor vor einer Kaserne in Mailand in die Luft sprengte, waren von der Ausbildung her Ingenieure.[/b]
Mittels einer aufwändigen statistischen Erhebung weisen Gambetta und Hertog nach, dass der Anteil der Ingenieure unter den islamistischen Terroristen vierzehnmal höher ist, als man es beim Blick auf die erwachsene männliche Bevölkerung in ihren jeweiligen Herkunftsländern erwarten würde.
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