Wladimir Putin ist kein neuer Hitler. Dennoch erkennt der bekannte Holocaust-Forscher Götz Aly bestimmte Verhaltensmuster wieder.
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Unter Historikern herrscht Einigkeit darüber, dass eine Gleichsetzung von Putin und Hitler absolut unzulässig ist. Hitler war der Hauptverantwortliche für das in seiner radikalen Verdichtung und zielstrebigen Organisation beispiellose Menschheitsverbrechen der Shoah. Sechs Millionen europäische Juden wurden binnen drei Jahren ermordet. Zudem hat Hitler den Zweiten Weltkrieg mit mindestens 60 Millionen Toten vom Zaun gebrochen. Das sind völlig andere Dimensionen als alle Verbrechen, die Putin zur Last gelegt werden mögen.
Aber: "Vergleichen heißt nicht gleichsetzen", wie es der Historiker Heinrich August Winkler in einem Beitrag für die "Zeit" mit dem Titel "Was Putin mit Hitler verbindet" klargestellt hat. Vergleichen bedeutet in der historischen Forschung immer auch, Unterschiede herauszuarbeiten. Wenn das geschieht, handelt es sich um eine anerkannte wissenschaftliche Methode. Es ist zwar äußerst schwierig, irgendwelche konkreten Lehren aus der Geschichte zu ziehen. Aber im besten Fall können durch einen solchen Vergleich doch gewisse Muster erkennbar werden, die bei der Beurteilung aktueller Geschehnisse helfen.
Götz Aly ist einer der anerkanntesten Holocaust-Forscher und Autor wegweisender Werke wie "Warum die Deutschen? Warum die Juden?". Auch er betont im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: "Man kann Hitler und Putin nur sehr partiell miteinander vergleichen. Das muss klar sein. Aber ich halte es für legitim, gewisse Parallelen zu benennen."
Dazu gehören für ihn die Vorbereitung und Rechtfertigung des Krieges. "Auch Hitler hat ja enorme Truppen aufmarschieren lassen, während gleichzeitig versichert wurde: "Der Führer will nichts anderes als den Frieden"." Den Überfall auf Polen begründete Hitler mit dem Schutz der Auslandsdeutschen, die vor – frei erfundenem – "polnischem Terror" geschützt werden müssten. Putin stützt seinen Aggressionskrieg auf die Lüge, er müsse einem Genozid an Russen im ostukrainischen Donbass Einhalt gebieten. Ebenso wie die russischen Staatsmedien den Krieg in der Ukraine jetzt durchgängig als "militärische Spezialoperation" beschönigen, erteilte Propagandaminister Joseph Goebbels am 1. September 1939 die Anweisung, nicht das Wort "Krieg" zu verwenden, sondern immer nur von einem "Gegenschlag" auf einen polnischen Angriff zu sprechen.
Auch der Historiker Winkler ("Der lange Weg nach Westen") sieht "frappierende Parallelen" zwischen dem "Anschluss" Österreichs, der Angliederung des Sudetenlands und der "Zerschlagung der Rest-Tschechei" einerseits und der Annexion der Krim, der Abtrennung erheblicher Gebiete des Donbass und dem jetzigen Angriffskrieg auf die Ukraine andererseits. "Die Analogie des Vorgehens ist schlagend", schreibt Winkler in der "Zeit".
"Doch die Parallelen gehen noch sehr viel weiter. Auch als "Historiker", sprich als Geschichtspolitiker, wirkt Putin wie ein gelehriger Schüler Adolf Hitlers." So versuche auch Putin, die von ihm angestrebte Wiederherstellung eines vermeintlichen früheren Großreichs historisch zu untermauern. Winkler verweist auf Putins 2021 veröffentlichten Aufsatz "Über die historische Einheit der Russen und der Ukrainer". Ebenso wie Putin eine russische Einflusszone reklamiere, hätten sich auch Hitler und die Nazis auf ein "Interventionsverbot für raumfremde Mächte" etwa in der Tschechoslowakei berufen.