Geht doch noch weiter:
Weshalb Sinn et al hier mit dem veralteten, nachweislich minderwertigen Laborstandard arbeiten, wo auch treffendere Standards wie WLTP oder EPA und sogar empirische Verbrauchswerte für beide Fahrzeuge problemlos zugänglich sind, bleibt sein Geheimnis. Es drängt sich der Verdacht auf, dass ein bestimmtes Ergebnis zu Gunsten des Diesels erreicht werden sollte. Denn die Diskussion um NEFZ dürfte den Autoren kaum entgangen sein.
2. Sinn geht von einer Lebensdauer der Batterie von 150.000 km aus. Das entspricht bei den von ihm angenommenen Verbrauchswerten des Tesla gerade mal 300 Vollzyklen der Batterie (laden und entladen). Das ist in schon grotesker Weise zu niedrig angesetzt. Und es ist keine einzige Quelle auffindbar, die eine so geringe Lebensdauer der Akkus nahelegen würde.
Sven Bauer, Chef des mit rund einer Milliarde Euro Umsatz größten deutschen Akkuherstellers BMZ in Karlstein am Main, wollte es genauer wissen, hat den Akku eines Tesla Model 3 zerlegt und so oft ge- und ganz entladen, bis er kaputt war. In Wirklichkeit ginge das in dieser Form gar nicht, da die Software und Leistungselektronik das verhindern würden, aber for the sake of the argument: Bauer schaffte in seinen empirischen Versuchen 3000 Komplettladezyklen. Also Faktor 10 mehr, als Sinn annimmt. Auf ähnliche Werte kommen Tesla-Konkurrenten, die ein Model 3 zerlegt haben (Reverse Engineering). Die Berichte liegen der WirtschaftsWoche vor.
Mit einer zehnfach höheren Lebensdauer des Akkus sieht das Ergebnis der Gesamt-CO2-Bilanz, in der Sinn die Emissionen bei der Herstellung des Akku zurecht berücksichtig, natürlich vollkommen anders aus. Realistisch sind eher 1,5 Millionen Kilometer (500 KM Reichweite mal 3000 Ladezyklen), bis der Akku für den Tesla nicht mehr gut genug ist. Danach kann er jedoch problemlos im sogenannten „Second Life“, etwa als Hausspeicher für Solaranlagen oder Zwischenspeicher in lokalen Stromnetzen eingesetzt werden. Das unterschlagen Sinn und seine Mit-Autoren ebenfalls.
3. Sinn addiert den Energieaufwand für die Batterie einfach auf das Auto auf, rechnet aber umgekehrt die beim Elektroauto überflüssigen Komponenten (Verbrennungsmotor, Getriebe, Auspuffanlage etc.) nicht gegen. Ein Trick, der schon in ähnlichen „Studien“ angewandt wurde.
Auch die Materialeinsparungen, die sich durch den viel geringeren Wartungsaufwand des Elektroautos ergeben, werden nicht berechnet.
Sehr unseriös, denn die für einen Verbrenner spezifischen Teile des Diesels, die der Tesla nicht braucht, wachsen ja nicht CO2-neutral neben dem Daimler-Werk auf einem Baum. Sie haben, genau wie der Stromverbrauch durch Förderung, Raffinade und Transport des Diesels, einen ganz erheblichen Einfluss auf den Vergleich, den Sinn anstrebt.
4. Beim Stromaufwand für das Fahren des Tesla schließlich berechnet Sinn CO2-Emissionen, die um satte 16 Prozent höher liegen als die offiziellen Zahlen des Umweltbundesamtes. Warum weiß man nicht, aber auch das verschlechtert natürlich die Bilanz des Elektroautos, ist ohne wissenschaftliche Grundlage und öffnet Spekulationen Tür und Tor.
Die Studien von Paul Scherrer Institut, Fraunhofer, ICCT und Forschungsgesellschaft Für Energiewirtschaft, Agora Energiewende, um nur die allerneusten von Dutzenden zu nennen, die zu diametral entgegengesetzten Ergebnisse kommen, dürften der Wahrheit sehr viel näher sein.