von augenzeuge » 20. November 2020, 10:18
Jahr 30 nach der Wiedervereinigung: Ruht das international beachtete Projekt, zerrissene Stasi-Akten per Computer zusammenzufügen schon jahrelang? Seit 2016 sei keine Akte mehr zusammengesetzt worden, obwohl noch fast 400 Säcke Schnipsel vorliegen, so der Aufbereitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar in einer Mitteilung. „Wenn der Bundestag jetzt nicht schnell eingreift, ist das Stasi-Puzzle ist so gut wie tot“, fürchtet Historiker und Vereinsmitglied Christian Booß.
„Die Jahn-Behörde täuscht die Öffentlichkeit und das Parlament seit Jahren über den faktischen Stillstand der virtuellen Rekonstruktion“, sagte Booß weiter. Fast alle Projektexpert*innen beim Fraunhofer Institut (IPK) hätten das Team verlassen, am Jahresende geht der langjährige Projekteiter und Initiator in den Ruhestand. Der Bundestag fordert in einem Antrag vom 27. Oktober die Fortsetzung des Projektes. „Ja, sagt aber nicht wie“, so Booß. Die Software von 2012 ist inzwischen nicht mehr zeitgemäß und muss neu bearbeitet werden.
Immerhin wurden in den letzten 20 Jahren mehr als 1,5 Millionen Blätter an Stasi-Unterlagen manuell zusammengesetzt – also Material aus rund 500 Säcken. Im Testverfahren wurden bereits Inhalte aus 23 Säcken rekonstruiert, das sind rund 91.000 Seiten. Darauf weist die Pressestelle des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) auf Nachfrage hin. Es ist auch auf der Website nachzulesen.
Das Verfahren zur virtuellen Rekonstruktion hat kein Vorbild und ist weltweit einzigartig. Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, bei dem eine Technologie von Grund auf neu entwickelt wird. Das habe Zeit- und Finanzierungsplanungen gründlich verschoben, so der BStU. Das Team sei seit Februar 2019 um zehn Mitarbeiter*innen verstärkt worden. Der „E-Puzzler“ funktioniere zwar, wie das Frauenhofer Institut nachweisen konnte, allerdings sei er in der Tat nicht leistungsfähig genug.
AZ
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