augenzeuge hat geschrieben:Du hast recht, Beethoven. Das war mal so...in der Theorie. Ich habe diese Zeit nicht real erlebt, aber aus Erzählungen habe ich nie gehört, dass eine Frau unbedingt arbeiten wollte und der Mann es ihr verboten hatte. Von den Lehrerinnen in Bayern, die wie ein Geistlicher leben mussten, weiß ich nichts.
Aber es ist noch heute ein Problem, wenn man an einer katholischen Einrichtung arbeitet, und man sich scheiden lassen möchte oder muss. Dann kann man tatsächlich den Job verlieren. Unabhängig der Schuldfrage.
AZ
Na ja da hat der @Beethoven mal wieder nur die Hälfte gelesen und die Hälfte dann falsch verstanden. Also ein kleiner Erklärbär:
Lehrerinnenzölibat
1880 wurde der Lehrerinnenzölibat im Deutschen Reich per Ministererlass eingeführt. Er untersagte Lehrerinnen zu heiraten; auf eine Missachtung folgte die Kündigung. Im Großherzogtum Baden wurde der Beamtinnenzölibat 1888 eingeführt.[1] Er entzog einer Beamtin bei Heirat den Beamtenstatus, machte die Stelle somit kündbar, gleichzeitig erlosch der Anspruch auf Ruhegehalt.
Aus heutiger Sicht erscheint es schwer verständlich, dass die bürgerliche Frauenbewegung mit dem Lehrerinnenzölibat auch emanzipative Aspekte verknüpfte: Im Zuge der bürgerlichen Frauenbewegung hatten sich Frauen am Ende des 19. Jahrhunderts den Zugang zum Besuch mittlerer und höherer Bildungseinrichtungen und zu einer Reihe qualifizierter Berufe erkämpft, meist im pädagogischen und sozialen Bereich. Ob Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren waren, stand für Frauen aus der Arbeiterklasse außer Frage. Für die bürgerliche Frauenbewegung blieb dies vorerst ungeklärt. Auf Familie zu verzichten, um sich bewusst beruflicher Erfüllung zu widmen, galt durchaus als emanzipative Entscheidung. Der Lehrerinnenzölibat brachte damit die „innere Berufung“ zum Ausdruck und prägte das Berufsethos der Lehrerinnen.
Gleichzeitig gab es Versuche, den Lehrerinnenzölibat auch mit religiösen Werten symbolisch aufzuwerten. So schrieb die langjährige Vorsitzende des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen, Maria Johanna Schmitz, die sich schon in der Weimarer Nationalversammlung für den Lehrerinnenzölibat ausgesprochen hatte:
„Die Lehrerin – wie wir sie gewünscht und erzogen haben – soll sich mit ganzer Kraft ihrem Beruf widmen. Sie soll ausscheiden aus dem Beruf, wenn sie erkennt, daß sie in die Ehe eintreten und einen anderen hochwertigen Beruf ergreifen soll. Sie soll, solange sie in der Schule steht, ungeteilt sein. Und sie soll aus diesem Erleben heraus die Fähigkeit haben, den Lehrberuf auch als Lebensberuf zu sehen, sich ihm für immer zu weihen, und sie kann das um so mehr, wenn sie in der katholischen Kirche steht, die ihr in der Lehre von der gottgeweihten Jungfräulichkeit einen herrlichen Fingerzeig, ja eine Verklärung für diese Ganzheitsaufgabe des Berufes gibt. Es ist eine soziale Tat unseres Vereins, wenn er von seinen Mitgliedern erwartet, daß gerade sie, die Volkserzieherinnen, nicht Ehe und Schuldienst miteinander verbinden. Sie sollen vorleben, was sie als soziale Entwicklung erwarten: die Wiedergewinnung der Frau ungeteilt für Familie… Unser Ideal ist die Verbindung christlicher Jungfräulichkeit mit dem Lehrerinnenideal. Die ist in einer Zeit, wo ein heiliger Radikalismus dem Radikalismus der Gottlosen gegenübergestellt werden muß, so zeitgemäß wie je“
– Katholische Frauenbildung 1955, S. 80 f.
Viele Frauenrechtlerinnen, wie etwa Maria Lischnewska, setzten sich allerdings auch für eine Aufhebung des Heiratsverbotes ein.
In Artikel 128 II der Weimarer Reichsverfassung 1919 wurde der Lehrerinnenzölibat auf Antrag der SPD mit Zustimmung von DDP, DVP und USPD abgeschafft: „Alle Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte werden beseitigt.“ Schon im Oktober 1923 wurde er aus arbeitsmarktpolitischen Gründen wieder eingeführt: Die Personalabbauverordnung erlaubte die Entlassung verheirateter Beamtinnen, um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Stellen für Männer zu sichern. Unverheiratete Lehrerinnen mussten eine „Ledigensteuer“ – einen zehnprozentigen Lohnsteueraufschlag – bezahlen. Da sie auch weniger verdienten als gleichrangige männliche Lehrer, konnte eine Heirat schon aus finanziellen Gründen eventuell als erstrebenswert erscheinen. Die Personalabbauverordnung galt bis 1951 (außer in der DDR); erst danach konnten Lehrerinnen eine Familie gründen und weiterhin beruflich tätig sein.
Im Dienstrecht des Landes Baden-Württemberg bestand trotzdem noch bis 1956 die Regelung, dass eine Lehrerin im Fall der Heirat ihre Stellung zu quittieren hatte. Darum gab es besonders an Grundschulen noch viele unverheiratete Lehrerinnen.
Das Bundesarbeitsgericht hob die Zölibatsklausel mit Urteil vom 10. Mai 1957 auf.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lehrerinnenz%C3%B6libatFazit: Von Bayern steht hier nichts...gut Baden fängt auch mit B an. Wobei, woher soll ein alter Militärsmann sich mit solchen Zivilkram auch auskennen, noch dazu teilweise vom "Klassenfeind"...
pentium