Michael G., in der DDR wegen staatsgefährdender Hetze und Diversion (Brandstiftung in einer LPG) zu lebenslanger Haft verurteilt und nach Verbüßung von 9 Jahren und 10 Monaten am 5. Juni 1971 in die BRD entlassen, betätigte sich in der BRD 1973/74 gemeinsam mit ebenfalls aus der Strafhaft der DDR entlassenen Personen als »Fluchthelfer«.
1973 und 1975
Liefen gegen ihn mehrere Ermittlungsverfahren in der BRD, darunter wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.Anfang 1976 bot er der Illustrierten »Quick«, dem Landesamt für Verfassungsschutz in Hamburg sowie dem Bundesnachrichtendienst an, eine an den Grenzsicherungsanlagen der DDR befestigte Splittermine vom Typ SM-70 zu beschaffen. Das Angebot des BND, 2.500 DM dafür zu zahlen, lehnte er als unzureichend ab. Schließlich schloss er einen Vertrag mit dem Magazin »Der Spiegel«.
In der Nacht zum 1. April 1976 drang G. am »Großen Grenzknick« im Sicherungsabschnitt 12 des III. Grenzbataillons, Grenzregiment 6, Schönberg, ca. 30 bis 40 Meter in das den Sicherungsanlagen vorgelagerte Gebiet der DDR ein. Der ebenfalls aus der DDR-Haft in die BRD entlassene Lothar L. sicherte ihn vom BRD-Territorium aus mit einer Signalleine.
G. schlich sich mit entsprechendem Werkzeug und einer zusammensteckbaren Leiter bis zum Grenzsicherungszaun ca. 50 Meter südlich der Grenzsäule 231 und baute unter Nutzung der Leiter eine Splittermine vom Typ SM-70 vom Zaun ab.
Vom »Spiegel« erhielt er einschließlich seiner Lebensgeschichte dafür ein Honorar von 12.000 DM. Die Veröffentlichung erfolgte in »Der Spiegel« Nr.16 vom 12. April 1976.
Am 22. April 1976 traf bei G. ein Schreiben der »Arbeitsgemeinschaft 13.August e. V. «Vorsitzender Dr. Rainer Hildebrandt ein, in dem der Vorsitzende des Vereins sein Interesse bekundete, in den Besitz einer SM-70 zu gelangen.
Er würde dafür eine größere Geldsumme in Aussicht stellen. Schon in der nächsten Nacht begab sich G.,
mit einer Pistole bewaffnet, zusammen mit seinem Helfer Lothar L., erneut zu dem ihm bekannten vorgelagerten Gebiet der DDR. Dort demontierte er ca. 150 Meter östlich der Grenzsäule 231 zwischen 22 und 24 Uhr eine Splittermine SM-70.Auf dem Rückweg tauchte plötzlich ein Streifenfahrzeug der Grenztruppen der DDR auf. G. ließ alles fallen und flüchtete.
Später kehrte er zurück und holte die SM-70, die er nach Hamburg auf sein Grundstück brachte. Am 26. April flog G. nach Berlin zur »Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V. « und schloss dort mit Dr. Rainer Hildebrandt einen Vertrag über den Verkauf der SM-70, in dem es heißt: »Die ›AG 13. Aug. e. V.‹ erwirbt am heutigen Tage von Herrn Michael G. ein zweites demontiertes SM-70-Aggregat und erstattet ihm dafür 3.000,-DM (dreitausend), ferner die bevorstehenden Transport-und Reisekosten. « Weiter hieß es dort: »Die AG verpflichtet sich, eine öffentliche Sammlung für das SM-70-Gerät zugunsten des Herrn G. durchzuführen. Sofern dabei Beiträge eingehen, die insgesamt 3.000.- DM übersteigen, stehen diese Herrn G. zu.
Gartenschläger hatte die Absicht, in der Nacht zum 1. Mai 1976 eine dritte SM-70 abzubauen, um sie vor der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn aufzustellen. Mit dieser Aktion wollte er Druck auf die DDR ausüben, um die Freilassung des Bruders seiner Freundin Birgit M. und des Fluchthelfers Helmut D. aus der Strafhaft der DDR zu erzwingen. Er hatte bereits wegen dieser Forderung bei der Ständigen Vertretung in Bonn angerufen und außerdem die Zahlung eines Geldbetrages von 15.000.- DM verlangt. Nach Bekundungen von Rainer Hildebrandt hatte G. überdies »von einer anderen Stelle« ein Angebot in fünfstelliger Höhe für eine SM-70 der Grenzsicherungsanlagen der DDR.
Am 30. April fuhr G. in Begleitung zweier Helfer (Lothar L. und Wolf-Dieter U.) mit dem BMW seiner Freundin (BMW OD-DP 21) nach Bröthen bei Lauenburg/Elbe und stellte das Fahrzeug in einer Waldschneise in der Nähe des »Großen Grenzknicks« ab.
Gartenschläger war mit einer Pistole »Espana Star«, Kal. 7,65 mm (Nr. 1094483), L. mit einer Pistole »Bernadelli« Kal. 7,65 mm und U. mit einer abgesägten Schrotflinte »Savage« bewaffnet. Als Werkzeug hatte G. einen Seitenschneider, einen Ringschlüssel, einen Drahthaken und Angelschnur bei sich.
Nachdem sich alle drei Gesicht und Hände geschwärzt hatten und G. eine in der Nähe versteckte Leiter geholt hatte, begaben sie sich in Richtung Grenzsäule 231, d. h. zu jener Stelle, in deren Nähe G. bereits die zwei verkauften SM-70 abgebaut hatte. L. und U. bezogen zur Sicherung unmittelbar an der Staatsgrenze getrennt Stellung.
In Kenntnis des Vorhabens, ohne jedoch Ort und Zeit zu wissen, waren auf DDR-Seite weiträumige Sicherungsmaßnahmen durch Kräfte der Einsatzkompanie der HA I / Äußere Abwehr im Bereich des »Großen Grenzknick« angelaufen. Das Ziel der Maßnahmen bestand darin, G. und beteiligte Helfer nach dem Betreten des DDR-Territoriums festzunehmen. Die Ereignisse verliefen bedauerlicherweise anders. Als G. sich dem Grenzzaun näherte, hörte er ein Geräusch.
Er schoss sofort mit seiner Pistole. Dadurch kam es zu einem Feuerwechsel, bei dem G. tödlich getroffen wurde.
Die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Schwerin kam nach fast fünfmonatigem Prozess 2000 zu der Auffassung, dass die drei angeklagten ehemaligen Angehörigen der Sicherungskompanie der HA I freizusprechen waren.
Der Staatsanwalt zog später seine Revision zurück.Quelle:
http://www.mfs-insider.de/SachbuchPDF/M ... wehr12.pdfAK