von Dille » 25. April 2015, 19:31
Will ich mal auch noch ein paar Gedanken beitragen : ich hab' das ja in meinen früheren Beiträgen schon geschrieben, ein Kommilitone aus unserem Zimmer in Dresden (mein SemSek) hat sich in den Mit- 60er Jahren insofern "geoutet", als er uns deutlich sagte, daß wir in seinem Beisein bittschön auf Westradio verzichten mögen, weil...
Er hat sich in dem Sinne nicht als IM "dekonspiriert", aber wir wußten gut, was gemeint war mit jenem "weil....", und es war deutlich für uns, daß er damit nicht eine persönliche Aversion gegen "Westradio" meinte, sondern uns einen gutgemeinten "Rat" gab....
Desweiteren schrieb ich auch schon desöfteren, daß in meinem damaligen Ruderclub in Berlin (Medizin Köpenick/ BTB Zentrum) "Mobbing" (so würde man es heute nennen) an der Tagesordnung war -- wer nicht in den Kreis der Stamm- Ruderer zu passen schien, wurde gnadenlos "gemobbt", wir wollten zumindest am Wochenende auf Wanderfahrten halbwegs sicher sein, auch ungeschminkt unsere Meinung so heraussprudeln zu lassen
Weiteres Beispiel : ich war Anfang der 80er- Jahre (mit meinem grünen Paß) wieder in Berlin- Köpenick regelmäßig zu Besuch bei meinen Eltern/ Verwandten/ Freunden, und montags war im ev. Gemeindehaus in Berlin- Köpenick (Am Generalshof) ein regelmäßiger Gesprächskreis, ich war neugierig und wollte da mal hingehen. Ich habe mich selten so unwillkommen, abgelehnt, mißtrauisch beäugt gefühlt, wie an jenem Abend. Jegliche Gespräche erstarben, als ich (unbekanntes Gesicht) in den Raum kam, es kam ein verkrampftes Gespräch auf, ich versuchte meine Herkunft und Beweggründe zu erklären, konnte mit Pfarrern aus der Vergangenheit aufwarten, mit meiner Konfirmation in der St. Laurentius Kirche -- es half alles nichts. Ich habe mich wieder getrollt, es war schlicht frustrierend (für mich).
Dann noch eines : 1980 war ich dienstlich in Chile, in der Nach- Allende Zeit also unter Pinochet. Da die armen Software- Entwickler immer nur nachts an die Fernmeldeanlagen konnten, habe ich tagsüber und Abende in Santiago zugebracht, auch in der Hotelbar, auch in Restaurants beim Essen. Und natürlich kommt man dabei mit Menschen ins Gespräch -- mir ist lebhaft im Gedächtnis geblieben (und auch in meinem Tagebuch niedergeschrieben) daß sich für mich überraschend niemand beim Gespräch mit mir über z.B. die Allende- Zeit mal 360 ° umdrehte und die Umgebung musterte.
Warum ist mir das so aufgefallen ? Weil ich das in einer Diktatur (Pinochet) bei Un- Themen (und das war Allende) so erwartet hätte. Warum habe ich das so erwartet ?? Wohl weil mir das aus meiner Vergangenheit noch so erinnerlich war, es meiner Erwartungshaltung aus eigener Erfahrung entsprach.
Soviel von mir dazu, daß man "..gar nicht wußte...", natürlich wußte man, sicherlich nicht den Fachterminus "IM". Sicherlich hat auch @Karnak recht, daß in den 80er- Jahren manches anders eingeordnet wurde. Wenn man unter dem Druck der Realität (jedoch nicht aus liberalerer Haltung) Wohnblocks mit Westfernsehen verkabelte, macht es wenig Sinn, mir die gelbe Karte für's Deutschlanfunk hören anzudrohen. Ähnlich mag es mit Witzen aussehen. Relativ sicher bin ich mir allerdings, daß mir im Gemeindehaus Köpenick auch 1988 noch immer mit eisiger Ablehnung begegnet worden wäre.
Ich glaube Akku oder Steffen schrieb noch was zu regionalen Unterschieden : das will ich unterstützen, ich habe Auszüge aus der Stasi- Akte meines Kumpels aus der Nähe von Dresden nach seiner Flucht gelesen -- und war erschrocken, wie man darin in einer Aktennotiz für Berlin auch eine Verbindung zu mir hergestellt hat, so im Ton "..der Dille könnte auch "geschleust" werden..". Berlin hat das offensichtlich nicht zu ernst genommen, jedenfalls bin ich 3 Monate später (aber auf ganz anderem Weg) auch nach München verzogen, und prompt findet sich dann weitere 3 Monate später eine Aktennotiz in der Akte meines Kumpels, "..seht ihr (in Berlin), ha'm wa euch das nicht gleich gesagt.." (das klang beinahe etwas schadenfroh).
Während sich in meiner Akte keinerlei Hinweis darauf findet, daß man in Berlin meine Kontakte durchforstet hätte und irgendwelche "Kandidaten" im Visier hatte. Will sagen, es scheint natürlich auch so zu sein, daß gewisse Kreisdienststellen auch Langeweile hatten, oder sich in Dresden und/ oder Berlin profilieren wollten -- und Berlin dann abgewinkt hat, möglicherweise aus Erfahrung mit all den Wichtigtuern......, in meinem Fall allerdings fälschlich.
So @Interessierter, um Dich nun noch zu pampern, direkt zum Thema : ich bin für Offenhalten der Akten, im jetzigen Umfang und Eiferer sollten keinen Zugang auf x- beliebige Akten erhalten können, wenn das deutsche Parlament beschließt (bzw. beschlossen hat), daß für einen Zugang zum Beamtenstatus eine Anfrage (und eine Negativauskunft) bei der BStU erforderlich ist, dann ist das rechtens, aber weder Zeitungen noch irgendwelche sensationlüstige Eiferer sollten Zugriff auf derart persönliche Daten bekommen -- Betroffene natürlich jederzeit auf ihre eigen Akten.
Gruß, Dille