Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945
Auszug aus:
http://wuerzburgwiki.de/wiki/Bombenangr ... %A4rz_1945Beim Bomber Command der RAF in High Wycombe – westlich von London – war inzwischen die Entscheidung gefallen, aufgrund der vorausgesagten günstigen Witterungsverhältnisse am 16. März 1945 das bis dahin noch relativ unzerstörte Würzburg als filler target für einen Flächenangriff auszuwählen. Die von vielen Fachwerkbauten bestimmte Bausubstanz und die räumliche Enge der Altstadt versprachen die Auslösung eines Feuersturms. Beauftragt mit diesem Angriff wurde die No. 5 Bomb Group, die auch beim schwersten Angriff auf Dresden am 13./14. Februar 1945 entscheidend beteiligt war. Das kleine Würzburg wurde zu einem noch höheren Anteil zerstört als Dresden.
Am 16. März 1945 starteten ab 17.00 Uhr ca. 500 Bomber des viermotorigen Typs Avro Lancaster der No. 1, 5 und 8 Bomb Group von ihren Stützpunkten zu einem Sammelpunkt westlich von London, um sich zum Flug auf die Angriffsziele Würzburg und Nürnberg zu formieren. Der Bomberstrom bewegte sich zur Täuschung der deutschen Luftabwehr auf einer gewundenen Route über die Mündung der Somme, Reims und die Vogesen auf seine Ziele zu. Der Rhein wurde südlich von Rastatt überquert. Gegen 21:00 Uhr passierten die für Würzburg bestimmten 225 Lancaster-Bomber der No. 5 Bomb Group und elf Mosquito des 627th Squadrons der Pathfinderforce (PFF) den Raum Lauffen am Neckar, um von Süden kommend ihr Ziel anzusteuern.
In Würzburg wurde bereits gegen 19.00 Uhr öffentliche Luftwarnung (Kleinalarm) und gegen 20:00 Uhr Voralarm ausgelöst. Aufgrund einer Meldung des Funk-Horchdienstes in Limburg an der Lahn an die Befehlsstelle des mainfränkischen Gauleiters wurde für die Würzburger Bevölkerung um 21.07 Uhr Vollalarm gegeben.
Mit dem Abwurf der ersten Markierungsbomben um 21.25 Uhr begann der Angriff. Als Angriffszeit H (Hour) war für Würzburg 21.35 Uhr festgelegt worden. Die Zeit über dem Zielgebiet – d. h. über der gesamten Innenstadt – wurde mit H + 7 min. = 21:42 Uhr vorgegeben. Dem Angriffszeitpunkt H ging die Zielmarkierung voraus. Hierzu wurde das Stadtgebiet kurz vorher (H - 9 min.) = 21:26 Uhr durch die 627th Squadron aus zweimotorigen Mosquito-Bombern mit grünen Leuchtbomben markiert. Die Ausleuchtung dieses abgesteckten Zielgebietes erfolgte dann durch Leuchtbomben an kleinen Fallschirmen (flares), von der deutschen Bevölkerung auch als Christbäume bezeichnet. Als Markierungspunkt für die einfliegenden Bomber wurden die Sportplätze an der Mergentheimer Straße in Höhe des Judenbühlweges bestimmt. Dieser Punkt wurde um 21.28 Uhr mit roten Zielmarkierungsbomben kenntlich gemacht. Die Bombardierung erfolgte sodann mit Zeitverzögerung in Sektoren (sector bombing). Hierzu mussten die Bomber den roten Markierungspunkt überfliegen, eine speziell für jedes Flugzeug zugewiesene Flughöhe und Flugbahn einnehmen und ihre Bombenlast zeitversetzt auslösen. Das abgesteckte Zielgebiet wurde also fächerförmig überflogen und durch die unterschiedlichen Bomben-Auslösezeiten wurde eine flächendeckende Wirkung sichergestellt. Überwacht wurde der bis ins kleinste Detail geplante Ablauf vom sogenannten master bomber. (Bei einer Marschgeschwindigkeit von 350 km/h hat ein Bomber in weniger als einer Minute das gesamte Zielgebiet überflogen)
Der Bombenhagel traf Würzburg in drei Wellen in der Zeit von 21.25 bis 21.42 Uhr. Zuerst wurden die Dächer und Fenster in der Altstadt mit 256 schweren Sprengbomben und Luftminen (396 t) zerstört, um so die brandentfachende Wirkung der 300.000 Stabbrandbomben (582 t) sicherzustellen. Innerhalb kürzester Zeit entstand aus vereinzelten Brandnestern ein einziger flächendeckender Brandherd, der sich zu einem Feuersturm mit Temperaturen von 1500 bis 2000 °C entwickelte. Die Menschen konnten nur in provisorisch vorbereiteten Kellerräumen (Schutzraum) Zuflucht suchen, befestigte Bunker gab es kaum. Um das Auffinden dieser Schutzräume und die Rettung von Verschütteten zu erleichtern, wurden die Schutzräume und deren Ausgänge mit Beschriftungen auf Hauswänden und Schildern markiert (z.B. SR/LSR für Schutzraum/Luftschutzraum, NA für Notausgang, KSR für Kein Schutzraum). Diese Markierungen finden sich heute noch vereinzelt im Stadtbild. Um während des Großbrandes nicht verschüttet zu werden oder zu ersticken, stürzten viele Menschen ins Freie und versuchten, das Mainufer oder den Stadtrand zu erreichen. Die Feuerwehren nahmen einen aussichtslosen Kampf gegen das Feuer auf und beschränkten sich dann darauf, Wassergassen zu schaffen. Beim Anflug auf Würzburg wurde eine Lancaster von einem deutschen Nachtjäger bei Aufstetten abgeschossen, fünf weitere gingen während oder nach dem Angriff verloren. Aus den Trümmern der Stadt wurden in den Folgetagen ca. 3000 Tote geborgen, mit ca. 2000 unter Trümmern verschütteten Leichen von nicht angemeldeten Flüchtlingen wurde gerechnet.
Noch in einer Entfernung von 240 Kilometern konnten die abfliegenden Bomberbesatzungen den Feuerschein der brennenden Stadt erkennen. Gegen 2.00 Uhr morgens am 17. März 1945 kehrten die letzten Bomber zu ihren Stützpunkten zurück.
Der Abschlussbericht von No. 5 Bomb Group vom 10. April 1945 bemaß den Zerstörungsgrad der Innenstadt mit 89 (in der Altstadt blieben sechs Häuser an der Juliuspromenade und ein Haus in der Büttnergasse vermutlich durch Löschen oder Entfernen der eingeschlagenen Stabbrandbomben erhalten) und für die Randbezirke mit 68 Prozent. Überdurchschnittlich stark zerstört (85 Prozent) wurde auch der Stadtteil Heidingsfeld, da einige Bomberbesatzungen schon vor Erreichen der ersten Zielmarkierungen ihre Bomben auslösten. Der brit. Abschlußbericht nennt sogar 1207 to Bomben. Unbetroffen von diesem Großangriff blieben der Stadtteil Versbach und die Randgemeinde Veitshöchheim. Der durchschnittliche Zerstörungsgrad für Würzburg wurde somit mit 82 Prozent festgestellt. Konkret bedeutete dies 21.062 zerstörte Wohnungen und 35 eingeäscherte Kirchen in Würzburg. Zu den zerstörten Baudenkmälern gehörten unter anderem der Dom und Teile der Würzburger Residenz, darunter der Spiegelsaal (das Treppenhaus mit dem berühmten Fresko von Giovanni Battista Tiepolo blieb stehen, die für das 18. Jahrhundert kühne Deckenkonstruktion hielt sogar dem einstürzenden Dachstuhl stand). Die amerikanischen Besatzungstruppen sorgten nach Kriegsende sofort für eine bauliche Sicherung der einsturzgefährdeten Baudenkmäler. Die Menge von 2,7 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt konnten erst bis 1964 vollständig geräumt werden.
Die Einwohnerzahl Würzburgs betrug vor Kriegsbeginn ca. 108.000, Anfang 1945 werden sich dort - auch angesichts des nahen Kriegsendes (Versorgungslage, Militärdienst etc) - noch ca. 75-85.000 Menschen aufgehalten haben. Am Tag der Einnahme durch amerikanische Truppen (6. April) wurden 36.850 Stadtbewohner registriert, am Jahresende 1945 war die Einwohnerzahl wieder auf 53.000 gestiegen.
mfg
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