Nach 20 Minuten wurde meine Zelle geöffnet. Benommen wollte ich mich erheben, aber da trafen mich die Stöcke der Polizisten, bis ich das Bewußtsein verlor. ich wühlte mich durch die Nacht. Manchmal erwachte ich im Dunklem, röchelte, spuckte Blut. Manchmal war die Zelle hell erleuchtet. Stunden wälzte ich mich, schweißgebadet. Dann hörte ich durch den Lautsprecher: "an den Tisch setzen, abwarten" Umständlich kam ich zu dem Stuhl und Tisch. Wartete.
In der Gefängnistür wurde eine Luke geöffnet. Sie reichten mir einen leeren Platikbecher, Butterbrotpapier. Mit Fettresten beschmiert. Mit einem Knall schloß sich die Luke. Ich verstand nicht: was sollte ich tun mit dem Becher und dem Papier ? Durch den Lautsprecher kam die Ansage."An den Tisch setzen und Frühstücken" Ich betrachte den leeren Becher und das leere Papier. Lief in der Zelle auf und ab. Nochmal erklang duch den Lautsprecher die Stimme: "Hin setzen und Frühstücken"
Als ich immer noch dachte, was wollen die von mir und was ist das für eine Verarschung, wurde die Zellentür geschlossen. Vier Polizisten mit Schlagstöckern stürmten auf mich zu und schlugen mir die Knüppel, wohin sie treffen konnten. Zusammengekauert saß ich neben dem Bett. Die Tür wurde verriegelt. Wieder die Lautsprecherstimme: "Setzen und Frühstücken". Ich setzte mich an den Tisch, nahm einen Schluck Tee aus dem leeren Becher. Öffnete das Brotpapier Kaute imaginäres Brot. Das Blut aus meiner Nase vermischte sich mit den Fettresten auf dem Papier. Die Luke in der Tür öffnete sich. Ich gab den Becher aus der Öffnung und legte das Blut verschmierte Papier daneben. Beides wurde abgeräumt. Die Luke schloss sich. Wurde verriegelt. Mittags bekam ich eine Schüssel durch die Luke und hatte so zu tun, als würde ich eine Suppe löffeln. Abends Brot und Tee. In der Nacht Schläge. Nach 3 Tagen wurde ich einem Vernehmer der Staatsicherheit vorgeführt.
Er fragte mich, warum ich die DDR verlassen wollte. Wegen der geschwollenen Lippen konnte ich kaum reden. "Sie müssen sich das überlegen" sagte der Vernehmer: "wir können auch anders". " Unterschreiben Sie hier und unterschreiben Sie hier, dann können Sie gehen", Ich versuchte zu erkennen was ich unterschreiben sollte. Als ich eine Erklärung unterschrieb, das ich in Zukunft harmlos sein werde, unterschrieb ich. Ich lachte. " lachen Sie ruhig" sagte der Vernehmer: "ihre Unterschrift hat Ihnen gerade das Leben gerettet". Dann musste ich wieder lachen. Der Vernehmer telefonierte nach den Polizisten. Meine persönlichen Gegenstände wurden mir ausgehändigt."Geben Sie mir meinen Ohring" sagte ich zu einem Polizisten. Der drehte sich um und murmelte: "Moment, ich hol mal die Blombenzange". Mit einem Ruck drehte er sich um und schlug mir seine Faust ins Gesicht. Ich taumelte gegen ein Gitter und brach dort zusammen.
Die Polizisten halfen mir auf. Stützten mich unter den Armen. Dann wurde ich bis zum Haupteingang geführt. Die kleine Tür im Hauptor öffnete sich, man schob ich mich auf die Straße. Knallend schlug die Tür zu. Langsam versuchte ich mich zu besinnen. Schritt um Schritt. Entfernte ich mich von diesem Ort. Friedlich war der Alexanderplatz an diesem vorweinachtlichen Tag. Auch wenn ich keine Schnürsenkel hatte, wollte ich eine Station laufen. Bis S-Bahnhof Janowitzbrücke. Luft atmen. Plötzlich stand ich vor grölenden, saufenden und fressenden Menschenmassen. Karuselle kreisten. Schlager drangen an mein Ohr. Der Weihnachtsmarkt. Auf den Boden schauend, schlürfte ich am Markt vorbei, setzte mich in die S-Bahn Richtung Grünau. Ich glotzte aus dem Fenster. Ignorierte die Gaffer, die meine blutverschmierten Sachen mussterten. Adlershof taumelte ich die Dörpeldstrasse runter. Bog in eine Querstrasse. Schloss die Wohnung auf. Endlich zu hause.
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PFUI DEIBEL und Gruß an Wolfgang ( Wosch )
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