Die SEW, Dependance der DDR-SPD in Westberlin?
"Sozialistische Einheitspartei Westberlin" habe ich oft während meines "Studiums" im Zuchthaus Brandenburg im SED-Zentralorgan der DDR Neues Deutschland gelesen. Einen großen Bericht von einer machtvollen Protestdemonstation in der "selbständigen Einheit Westberlin" mit riesiger Schlagzeile als Überschrift. Und als ich in der DDR noch auf freiem Fuß war und abends die Berliner Abendschau auf dem Westkanal sah, kamen manchmal auch kurze Features über einen Streik in Westberlin. Und irgendwo am Bildrand - Reporter und Kameramann mochten wohl die SEW nicht? - lief irgendwo auch eine Handvoll älterer Leute mit einem Transparent der SEW herum, des propagandistischen Ablegers der DDR-SED im Westteil Berlins, natürlich geführt aus Ostberlin. Gut, die Westberliner Parteitruppe hatte eine eigene Führung, die aber am Rockzipfel der Ostberliner Genossen hang. hp
Was verbarg sich hinter der SEW und zu welchen Aktionen war sie im Westen der geteilten Stadt Berlin wirklich fähig?
Die Sozialistische Einheitspartei Westberlins (SEW) war eine mit der SED und der DKP eng verbundene kommunistische Partei in West-Berlin. Sie ging aus den Kreisorganisationen der SED in den zwölf westlichen Bezirken Berlins hervor, welche 1959 eine eigene einheitliche Leitung erhielten.
Aus der Entwicklung der These von der Herausbildung einer sozialistischen deutschen Nation in der DDR nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 folgte die so genannte Drei-Staaten-Theorie, der die Sowjetunion seit dem Chruschtschow-Ultimatum und mit ihr die DDR und daher auch die ihnen nahestehenden Parteien im Westen folgten. Deshalb gründete die DKP auch keinen eigenen Landesverband in West-Berlin. Die SEW war damit aus der Sicht der SED und der DKP die Kommunistische Partei im dritten politischen Gebilde auf deutschem Boden.
Die Partei nannte sich vom 12. November 1962 an bis 1969 SED Westberlin, von dort an bis 1990 SEW, nach der Wende im Herbst 1989 bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1991 Sozialistische Initiative. Insgesamt war die SEW eine marxistisch-leninistische Partei und in ihren Grundsätzen der SED und der DKP (die bis in die 1990er Jahre in West-Berlin nicht existierte) sehr ähnlich. Die SEW wurde während ihrer gesamten Existenz bis zur Wende im Geheimen von der DDR-Staatsführung finanziell unterstützt, was die SEW allerdings stets bestritt. Gleiches gilt für die von der SEW herausgegebene Tageszeitung Die Wahrheit. Wahlen in West-Berlin boykottierte die SEW zunächst, bei späteren Teilnahmen wurde der Einzug ins Abgeordnetenhaus stets deutlich verpasst. Ihr "bestes" Ergebnis fuhr die SEW 1954, als sie auch in Westberlin noch SED war, mit 2,7 Prozent ein, erreichte 1971 als SEW nochmals 2,3 Prozent, bevor sie in den 80er Jahren kontinuierlich auf 0,6 Prozent im Keller sitzen blieb.
Die SEW hatte in der Gewerkschaft GEW, in der IG Metall, in der Friedensbewegung und in der Mieterbewegung zeitweise eine einflussreiche Stellung. 1980 wurde eine vom Eurokommunismus inspirierte marxistische Reformströmung um das Zirkular Die Klarheit aus der Partei ausgeschlossen; die Ausgeschlossenen traten bald darauf mehrheitlich der Alternativen Liste bei. Mit dem Ausschluss der so genannten Klarheit-Fraktion aus der SEW wurde eine Änderung der marxistischen Strategie der SEW verhindert. Der Zusammenbruch der DDR führte auch zur Auflösung der Partei respektive ihrer Nachfolgeorganisation.
Nach der Wende und der mit dem Zusammenbruch der DDR entfallenden geheimen Finanzierung musste die SEW ihre vielen hauptberuflich angestellten Mitarbeiter entlassen. Vorher hatte die SEW, obwohl in Westberlin politisch völlig unbedeutend, einen großen Apparat an hauptamtlichen Funktionären unterhalten. Die Wahrheit wurde Ende November 1989 in Neue Zeitung umbenannt und bereits im Dezember 1989 nach nur fünf Ausgaben eingestellt. Die SEW löste sich nach längerer Transformationsgeschichte Anfang 1993 auf. Ein Teil der Mitglieder stieß danach oder schon vorher zur PDS, unter ihnen Ernst Welters.
Die Jugendorganisation der SEW hieß zunächst Freie Deutsche Jugend Westberlins (FDJW) und benannte sich im Mai 1980 in Sozialistischer Jugendverband Karl Liebknecht um. An den Universitäten existierte eine eigenständige studentische Organisation Aktionsgemeinschaft von Demokraten und Sozialisten (ADS), welche in den 1970er Jahren an den Westberliner Hochschulen eine bedeutende Rolle spielte und eng mit den jeweils mehrere Hundert Mitglieder umfassenden SEW-Hochschulgruppen an der Freien Universität Berlin (FU) und der Technischen Universität Berlin (TU) sowie der Technischen Fachhochschule (TFH), der Kirchlichen Hochschule (KiHo), der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) und der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) zusammenarbeitete. Die ADSen waren vielfach aus den zuvor gegründeten Studentengewerkschaften an einzelnen Fakultäten der Freien Universität und der Technischen Universität sowie aus einigen Roten Zellen hervorgegangen. Die ADSen arbeiteten eng mit dem Sozialistischen Hochschulbund (SHB), einer linkssozialdemokratischen Studentenorganisation, zusammen. (Aus Wkipedia)
Links zur Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistische_Einheitspartei_Westberlins