Freiheit für den Beat...

Besondere Vorkommnisse in der Zeit des kalten Krieges

Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 13:46

„Freiheit für den Beat”: Vor 60 Jahren versammeln sich streng bewacht von der Stasi über tausend junge Musikfans im Zentrum von Leipzig. Der Grund dafür ist jedoch kein Konzert, sondern das Gegenteil: Kurz zuvor hat die DDR-Führung ein Auftrittsverbot für Bands der beliebten Beatmusik beschlossen. #OnThisDay
Zunächst wirkt es so, als würde sich die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) in der DDR mit der neuen Beat-Musik abfinden: Als die Partei Anfang der 1960er Jahre Jugendlichen mehr Freiheiten gewährt, gründen sich zahlreiche Beat-Gruppen. Ihre Vorbilder: die Beatles und die Rolling Stones. Leipzig entwickelt sich zum Zentrum der Beatmusik in der DDR.
Doch diese Phase der Liberalisierung hält nicht lange an – zu groß ist in der Parteiführung die Sorge vor einem Kontrollverlust. Im Oktober 1965 greift sie durch und ordnet an, den Beatbands die Spielerlaubnis zu entziehen. Der Bezirk Leipzig geht besonders rigoros vor und verbietet sogar fünf Bands komplett, darunter auch die beliebte Band „The Butlers”.
Das wollen die Beat-Fans nicht hinnehmen und rufen zu einer Protestaktion auf. Am 31. Oktober 1965 versammeln sich morgens über tausend junge Menschen in Leipzig, um friedlich gegen das Verbot zu demonstrieren. Die Reaktion der Staatsmacht ist hart: Die Volkspolizei löst die Demo gewaltsam auf und verhaftet mehr als 250 Demonstrierende. Über hundert von ihnen werden zu einem mehrwöchigen Arbeitseinsatz in einem Braunkohlentagebau verurteilt.

Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon augenzeuge » 31. Oktober 2025, 14:15

Ob da Edelknabe dabei war?
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 15:57

augenzeuge hat geschrieben:Ob da Edelknabe dabei war?
AZ


Wie kommst du jetzt auf die Idee?
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon Icke46 » 31. Oktober 2025, 16:04

pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Ob da Edelknabe dabei war?
AZ


Wie kommst du jetzt auf die Idee?


Gute Frage, ob da mit 12 Jahren sein Musikinteresse so groß war - obwohl. bei mir ging das 68 los, da war ich auch 12....
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 16:19

Beat-Demo am 31.10.1965 - Krawalle auf dem Leuschnerplatz

Anfangs hatten die Funktionäre gehofft, der aufkommenden Beatmusik offensiv begegnen zu können, schließlich war der Merseybeat Working-Class-Musik. Doch Mitte der 60er war die Toleranz schon wieder vorbei. Neben der Furcht vor westlicher Beeinflussung der Jugend waren es die schweren Ausschreitungen nach einem Konzert der Rolling Stones auf der Westberliner Waldbühne am 15. September 1965, welche die Menschen in Ost und West geschockt hatten: Die neue Musik schien Jugendliche in nicht mehr beherrschbare Monstren verwandeln zu können.
Flächendeckendes Verbot aller Beat-Gruppen

Die Antwort im Osten kam ohne Vorwarnung und gnadenlos: In der gesamten DDR wurden alle neuen Beatgruppen verboten. In Leipzig betraf das über 50 Bands, allen voran die kultisch verehrten Butlers um den umtriebigen Bandleader Klaus Renft (1942-2006).

Doch es regte sich Widerstand. Flugzettel tauchten auf: Gegendas Verbot der Beatgruppen! Protest auf dem Leuschnerplatz! Über 2.000 fanden sich am 31. Oktober 1965 ein. Die Staatsmacht demonstrierte brutale Härte. Vopos (Volkspolizisten) in Kampfmontur knüppelten gnadenlos, im Einsatz waren Hundestaffeln und Wasserwerfer.
Leipziger Beataufstand

Bei der "Schlacht auf dem Leuschnerplatz" (so im Untergrund) gab es wenig Gegenwehr, eher heillose Flucht. Nach kurzer Zeit war der Platz geräumt, es tobten wilde Verfolgungsjagden. Wen sie griffen, es waren über 250, nahmen die Polizisten vorläufig fest und warfen ihn auf Lkws. Trotz ihres rabiaten Vorgehens durften sich die Machthaber in diesem Fall des offenen oder schweigenden Wohlwollens der erwachsenen Bevölkerung sicher sein: Auf beiden Seiten der Mauer reagierte Otto Normalverbraucher fast durchweg mit völligem Unverständnis auf die neue Jugendkultur.

Für die DDR-Presse hatte am 31.10.1965 nichts als ein"Gammler-Aufstand" stattgefunden, und so dachte auch Volkes Mehrheit. "The Butlers" wurden erst 1992 wieder gegründet. Klaus "Jenni" Renft und Mannen formierten im Laissez-faire der frühen Honecker-Ära eine neue Klaus-Renft-Combo, wurden bis zum endgültigen Verbot 1975 zur Symbol-Band der ostdeutschen Unangepassten.

Autor: Peter Matzke
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 16:22

Icke46 hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Ob da Edelknabe dabei war?
AZ


Wie kommst du jetzt auf die Idee?


Gute Frage, ob da mit 12 Jahren sein Musikinteresse so groß war - obwohl. bei mir ging das 68 los, da war ich auch 12....


War der Edelknabe langhaarig, ein Fan der Beatmusik...
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon augenzeuge » 31. Oktober 2025, 16:27

Vielleicht beantwortet der Edelknabe diese Frage besser selbst. [flash]

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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 16:30

augenzeuge hat geschrieben:Vielleicht beantwortet der Edelknabe diese Frage besser selbst. [flash]

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Vielleicht....
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon karnak » 31. Oktober 2025, 17:15

[grin] Schon mal ein paar alte Dokumentationen mit Aussagen von Bürgern und Politikern Westdeutschlands zu den Beatels und Co. gesehen. [flash] Von langhaarigen Affen ist da empört die Rede und Unterbringung in Arbeitslagern und KZ. Diktaturen setzen in solchen Zeiten des Aufbegehrens der Jugend dann natürlich noch einen drauf. [grin]
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 17:35

karnak hat geschrieben:[grin] Schon mal ein paar alte Dokumentationen mit Aussagen von Bürgern und Politikern Westdeutschlands zu den Beatels und Co. gesehen. [flash] Von langhaarigen Affen ist da empört die Rede und Unterbringung in Arbeitslagern und KZ. Diktaturen setzen in solchen Zeiten des Aufbegehrens der Jugend dann natürlich noch einen drauf. [grin]


Klar musste ja kommen....
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon karnak » 31. Oktober 2025, 17:44

Ich kann es nicht ändern, so war das nun mal in der Zeit. Im Osten war die Generation des Stalinismus prägend, im Westen die des 3. Reiches. Beiden war " Zucht und Ordnung" und ihre spezifische Leitkultur wichtig und die Bereitschaft groß, dass alles so bleibt wie in der guten alten Zeit.
Aber selbst in der Diktatur war die Veränderung nicht aufzuhalten. Die Beatels sahen im Gegensatz dazu eher wie Schwiegermutterlieblinge aus,obwohl sie mal langhaarige Affen waren. [flash]
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon augenzeuge » 31. Oktober 2025, 17:51

karnak hat geschrieben:Ich kann es nicht ändern, so war das nun mal in der Zeit. Im Osten war die Generation des Stalinismus prägend, im Westen die des 3. Reiches. Beiden war " Zucht und Ordnung" und ihre spezifische Leitkultur wichtig und die Bereitschaft groß, dass alles so bleibt wie in der guten alten Zeit.


Und beide haben es nicht vermocht, ihre folgenden Generationen so zu "briefen", dass sie entsprechend weitermachen.

Besonders die "Generation des Stalinismus" hatte sich ja die größte Mühe gegeben. [blush]

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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 18:09

Der Mann aus dem Wald hat wieder einmal eine seiner Nebelkerzen gezündet...
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 18:57

In Leipzig tauchen Flugblätter auf, die zum Protestmarsch gegen das Beatverbot aufrufen. Die Leitungen aller Schulen und Berufsschulen warnen ihre Schüler ausdrücklich davor, sich an diesem Tag in der Gegend des Wilhelm-Leuschner-Platzes sehen zu lassen. Doch erst dadurch wird der Termin allgemein bekannt. Schon damals gibt es das Gerücht, der Auflauf der Beatfans sei von einigen Scharfmachern in der Partei provoziert, um Walter Ulbrichts Reformpolitik zu torpedieren.

Am 31. Oktober 1965 versammeln sich einige Tausend Leute im Zentrum von Leipzig – die meisten von ihnen Schüler und Lehrlinge. Die Volkspolizei geht mit Hunden, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Jugendlichen vor. 279 Personen werden festgenommen, 144 von ihnen strafrechtlich verfolgt. Viele müssen einige Wochen im Braunkohletagebau schuften.


Willkommen in der Vergangenheit: In der Presse beginnt eine Kampagne gegen Langhaarige, Beatfans, Gammler, junge Christen und politisch Andersdenkende. Das 11. Plenum des ZK beendet 1965 jegliche Hoffnung auf eine liberale Kultur- und Jugendpolitik. Walter Ulbricht greift eine Zeile der Beatles auf und fragt: „Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nu kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen.“ Nun gibt die Partei also wieder den Takt an.
https://www.jugendopposition.de/themen/ ... nd-gammler
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon Icke46 » 31. Oktober 2025, 19:56

pentium hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:[grin] Schon mal ein paar alte Dokumentationen mit Aussagen von Bürgern und Politikern Westdeutschlands zu den Beatels und Co. gesehen. [flash] Von langhaarigen Affen ist da empört die Rede und Unterbringung in Arbeitslagern und KZ. Diktaturen setzen in solchen Zeiten des Aufbegehrens der Jugend dann natürlich noch einen drauf. [grin]


Klar musste ja kommen....


Nun ja, was Westdeutschland angeht, hat er durchaus recht, wobei es dabei wohl auch ein Land/Stadtgefälle gab. Hier bei uns im Dorf gab es nur eine Handvoll, und die waren natürlich der Abschaum, Ich hatte ja „nur“ lange Haare. zwei Jungs bei mir gegenüber haben dass voll durchgezogen, lange Haare und dazu Hippiekluft. Da gab es mächtig Geraune, in welchen Sielen die beiden enden werden. Zu allem Überfluss war der Vater gewissermaßen der Dorf-Held, was der so alles auf die Beine gestellt hat.

Nun ja, und das mit den Sielen: Von einem der beiden weiß ich nichts, aber der andere hat die Tochter eines örtlichen Landschaftsbauers geheiratet und später den Betrieb übernommen - und mit 53 Jahren ist er gestorben. Ich habe immer noch die Todesanzeige im Kopf, allein wegen dem Einleitungsspruch „Und wir dachten, wir hätten noch so viel Zeit…..
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 31. Oktober 2025, 20:14

Icke46 hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:[grin] Schon mal ein paar alte Dokumentationen mit Aussagen von Bürgern und Politikern Westdeutschlands zu den Beatels und Co. gesehen. [flash] Von langhaarigen Affen ist da empört die Rede und Unterbringung in Arbeitslagern und KZ. Diktaturen setzen in solchen Zeiten des Aufbegehrens der Jugend dann natürlich noch einen drauf. [grin]


Klar musste ja kommen....


Nun ja, was Westdeutschland angeht, hat er durchaus recht, wobei es dabei wohl auch ein Land/Stadtgefälle gab. Hier bei uns im Dorf gab es nur eine Handvoll, und die waren natürlich der Abschaum, Ich hatte ja „nur“ lange Haare. zwei Jungs bei mir gegenüber haben dass voll durchgezogen, lange Haare und dazu Hippiekluft. Da gab es mächtig Geraune, in welchen Sielen die beiden enden werden. Zu allem Überfluss war der Vater gewissermaßen der Dorf-Held, was der so alles auf die Beine gestellt hat.

Nun ja, und das mit den Sielen: Von einem der beiden weiß ich nichts, aber der andere hat die Tochter eines örtlichen Landschaftsbauers geheiratet und später den Betrieb übernommen - und mit 53 Jahren ist er gestorben. Ich habe immer noch die Todesanzeige im Kopf, allein wegen dem Einleitungsspruch „Und wir dachten, wir hätten noch so viel Zeit…..


Wie alt waren wir damals? Außerdem sind die langen Haare und die Gammler im Westen nicht das Thema oder wurden da auch die Bands verboten und die Jugendlichen in die Braunkohle geschickt? Ich denke nicht, es gab den Beatclub in der ARD...
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon Icke46 » 31. Oktober 2025, 21:54

pentium hat geschrieben:
(….)

Wie alt waren wir damals? Außerdem sind die langen Haare und die Gammler im Westen nicht das Thema oder wurden da auch die Bands verboten und die Jugendlichen in die Braunkohle geschickt? Ich denke nicht, es gab den Beatclub in der ARD...



Nun ja, der Vergleich Ost-West ist in dem Zusammenhang durchaus interessant. Auch, dass Du zum Beispiel das Wort Gammler benutzt, ist auch ein Relikt aus der Zeit, damals wurde jeder, der nicht brav gescheitelt im Perlon-Hemd zum Unterricht kam, zum Gammler.

Und nein, in die Braunkohle geschickt wurde man nicht, andererseits haben sich die Ausbildungsbetriebe nicht unbedingt um die Schüler, die wegen ihrer Unbotmäßigkeit mehrere Fünfen im Abschlusszeugnis hatten, gerissen.

Und der Beatclub: Da hatte der Mike Leckebusch bei Radio Bremen in den ersten Jahren schwer zu kämpfen, nach dem Start mit der legendären Ansage von Wilhelm Wieben „Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat-Musik nicht mögen, bitten wir um Verständnis …“
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 1. November 2025, 09:52

Icke46 hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
(….)

Wie alt waren wir damals? Außerdem sind die langen Haare und die Gammler im Westen nicht das Thema oder wurden da auch die Bands verboten und die Jugendlichen in die Braunkohle geschickt? Ich denke nicht, es gab den Beatclub in der ARD...



Nun ja, der Vergleich Ost-West ist in dem Zusammenhang durchaus interessant. Auch, dass Du zum Beispiel das Wort Gammler benutzt, ist auch ein Relikt aus der Zeit, damals wurde jeder, der nicht brav gescheitelt im Perlon-Hemd zum Unterricht kam, zum Gammler.

Und nein, in die Braunkohle geschickt wurde man nicht, andererseits haben sich die Ausbildungsbetriebe nicht unbedingt um die Schüler, die wegen ihrer Unbotmäßigkeit mehrere Fünfen im Abschlusszeugnis hatten, gerissen.

Und der Beatclub: Da hatte der Mike Leckebusch bei Radio Bremen in den ersten Jahren schwer zu kämpfen, nach dem Start mit der legendären Ansage von Wilhelm Wieben „Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat-Musik nicht mögen, bitten wir um Verständnis …“


1965 war ich elf Jahre alt...Ich bezweifle jetzt mal mein damaliges Interesse an Beatmusik, das kam erst so mit 13...14 Jahren. Mir fehlte einfach der Zugang, das große Radio im Wohnzimmer beherrschten meine Eltern. Ab und zu konnte ich mir das Sternchen (Transistorradio) meiner großen Schwester greifen. In der AG Junge Funker war auch nichts mit Beat-Musik hören...Wie gesagt, das kam erst später, mit dem eigenem Radio. Vergleichen? Gut ich durfte einmal von der Schule wieder nach Hause und mir eine andere Hose anziehen, der Genosse Lehrer hatte was gegen meine Jeans. Aber so richtig vergleichen...Im Westen gab es ja keine SED und das 11. Plenum....
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon Ari@D187 » 1. November 2025, 10:35

Ist wohl eine Generationenfrage. Bei „Freiheit für den Beat“, frage ich mich z.B., was er denn wohl verbrochen hat, der Beat aus der Schweiz?

Ari
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Re: Freiheit für den Beat...

Beitragvon pentium » 1. November 2025, 11:35

Berichterstattung des MfS

Spätestens seit dem Frühjahr 1965 hatte Erich Honecker, dem durch die Einsetzung Kurt Turbas als Leiter der Jugendkommission des ZK durch Ulbricht sein altes Arbeits- und Einflussfeld der Jugendpolitik genommen worden war, Munition zum Gegenangriff gesammelt. Systematisch ließ er die den ZK-Abteilungen Sicherheit sowie Staat und Recht zugehenden Informationen über Vorkommnisse mit Jugendlichen sammeln. Am 11. Juni erhielt er einen zusammenfassenden »Bericht über das Auftreten von kriminellen und gefährdeten Gruppierungen Jugendlicher in der DDR«, den er aber erst am 7. Juli dem ZK-Sekretariat zur Beschlussfassung vorlegte, als sich Ulbricht bereits im Urlaub befand. Der Bericht unterstellte aufgrund von gefälschten Statistiken, dass die Jugendkriminalität angestiegen sei – »ein ausgesprochener Schwindel«, wie 1970 John Lekschas, Direktor der Sektion Rechtswissenschaften der Humboldt-Universität, feststellte, als er die Vorlage nochmals überprüfen sollte. Dennoch diente das Papier als Begründung für die Aufforderung an staatliche Einrichtungen, Maßnahmen zu ergreifen.78

Während in der Berichterstattung der ZAIG vorerst keine unmittelbaren Wirkungen dieses Beschlusses des ZK-Sekretariats sichtbar werden, reagiert die Volkspolizei zumindest im Bezirk Leipzig, der von Honeckers alten FDJ-Verbündeten Paul Fröhlich als SED-Sekretär gelenkt wird, sofort:

Bereits am 30. Juli 1965 eröffnete die Leipziger Volkspolizei ein Ermittlungsverfahren gegen den Manager der Beatgruppe um Klaus Renft, die sehr populären »Butlers«. »Die Akte ist befristet bis zum 15.10.65 exakt zu bearbeiten«, vermerkte der Hauptmann der Volkspolizei Döring auf dem Eröffnungsbeschluss.79 In dem Verfahren wurde auch umgehend ein Strafbescheid gegen die Musiker selbst verhängt, weil sie faktisch als Berufsmusiker arbeiteten, ohne über die entsprechenden Genehmigungen zu verfügen.80 In den dem Ermittlungsvorgang zufließenden Berichten schlagen sich ungeschminkt die spießbürgerlichen Aversionen gegen eine Jugendkultur nieder, die als fremd, unbotmäßig, hedonistisch und unangepasst abgelehnt wird: »Nach Einschätzung der Dinge muss gesagt werden, dass der Dank der Jugendlichen für die dargebotene Musik nichts mit Beifall zu tun hat, sondern es sich hierbei, durch die dargebotene Musikschau, um eine aufgeputschte in Extase [sic!] geratene jugendliche Masse handelte. Die Jugendlichen benahmen sich während der gesamten Musikveranstaltung wie rasend.«81
https://www.ddr-im-blick.de/jahrgaenge/ ... tung-1965/

Ende Oktober tauchten in Leipzig Flugblätter auf, die »Weg mit dem Verbot der Beatkapellen« forderten.97 Schließlich wurden am 25. Oktober in der Messestadt Handzettel gefunden, die nicht nur gegen das Verbot der Gruppen protestierten, sondern zur Demonstration aufriefen: »Beat-Freunde! Wir finden uns am Sonntag, den 31.10.1965, 10 Uhr, Leuschnerplatz zum Protestmarsch ein.«98 In Kooperation mit der Kriminalpolizei begann das MfS sofort die Ursprünge zu untersuchen. Doch statt, wie in solchen Fälle üblich, die Streuung der Nachricht augenblicklich einzugrenzen, um sie gar nicht erst »öffentlichkeitswirksam« werden zu lassen, wurden Lehrer an Leipziger Schulen, Lehrausbilder in Betrieben und FDJ-Funktionäre über die Flugblätter unterrichtet und beauftragt, die Schüler und Lehrlinge ausdrücklich vor einer Teilnahme an der Demonstration zu warnen.99 Das vollkommen unübliche Verfahren erfüllte seinen Zweck: Am Sonntag liefen Hunderte Jugendliche, vorwiegend Schüler und Studenten, sie erwartenden, mit Schlagstöcken und Wasserwerfern ausgerüsteten Polizisten in die Arme. Insgesamt werden 264 Personen100 festgenommen, vorwiegend Lehrlinge und Jungarbeiter. Massiv wird gegen sie die von Honecker geforderte Strafe der Zwangsarbeit in Lagern in der Braunkohle verhängt. Braunkohle statt Sibirien: Dem nicht mit den Erfahrungen des sowjetischen Exils der 1930er Jahre ausgestatteten Politbüromitglied Honecker schien das Prinzip der Arbeitsbesserungslager, wie die Lager des Gulag offiziell genannt wurden, sehr zu gefallen.

Die ZAIG berichtete über die Leipziger Vorgänge mehrfach. Im Vorfeld über die auftauchenden Flugblätter.101 Die über die fortlaufenden Ermittlungen berichtenden Informationen konnten indes den ersehnten Beweis feindlicher Fremdsteuerung der Jugendlichen in keiner Form erbringen.102 Die den Ereignissen folgenden Informationen geben Auskunft über die festgenommenen Jugendlichen, die das in der Propaganda vermittelte Bild von den »Arbeitsbummelanten und asozialen Elementen«103 klar widerlegen und deutlich werden lassen, dass die sich am 31. Oktober 1965 geradezu schüchtern am Leuschnerplatz einfindenden Jugendlichen überwiegend junge Arbeiter und Lehrlinge waren. Es waren keine asozialen oder feindlichen Elemente, sondern die nachwachsende Generation der Arbeiterklasse, die nun die brutale Härte der Arbeiter- und Bauernmacht zu spüren bekam (Informationen Nr. 968/65 u. 971/65). Endlich gelang es auch, die Urheber des zur Demonstration aufrufenden Flugblattes zu ermitteln:104 Es waren Oberschüler, denen selbst bei intensivster Suche kein anderes umstürzlerisches Vorhaben zugerechnet werden konnte als ihre Liebe zur Beatmusik.
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pentium
 
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