Es gibt Männer, die gerne mal die Rolle tauschen. Und zum Beispiel Frauenkleider tragen. Schweighöfer hat in seinem neuen Film rollenbdingt die Sache ausprobieren müssen. Und sagte, daß das eine unerwartet wertvolle Erfahrung war. Eine interessante, positive Erfahrung, mit der er in dieser Form nicht gerechnet hat.
Wenn ich so manche Ost-West-Diskussion höre, kommt mir unwillkürlich Schweighöfer in den Sinn. Ostler fühlen sich auf den Schlips getreten. Und Westler genauso. Hardlinern, die als gelernte DDR-Bürger auf ihre DDR-Identität bestehen und den Westen/Westler gerne ablehnen (nicht selten ähnlich arrogant, wie es x- Westler mit dem Osten tun), empfehle ich "Schweighöfer".
Genau, wie ich eingefleischten Westlern ähnliches empfehle, die der Meinung sind "...in den Osten fahre ich doch nicht freiwillig, alles alte Stasi-Seilschaften...".
Nicht, daß die Herrschaften sich das kleine rote Cocktail-Kleid der Frau aus ihrem Kleiderschrank holen sollen.
Um in dieser Verkleidung dann weiterhin in den PC zu starren und eifrig weiter die bekannten Vorurteile zu pflegen.
Nein: ich meine, daß es ganz interessant ist, wenn man sich konsequent für 20 Minuten in die jeweils andere Rolle versetzt, in die das Schicksal einen nun mal gesteckt hat.
Um dann genau zu durchdenken, wie man wohl gelebt hätte. Und wer man evtl. gewesen wäre.#
Für mich persönlich gilt dann z.B. die Frage:
-wäre ich in der Bürgerbewegung gelandet?
-hätte ich mich in Thüringischen Kleinstädten bei gefährlichen Vorwende-Demos von der Volkspolizei zusammenknüppeln lassen?
-oder wäre ich selbst eher der Volkspolizist gewesen?
-wie hätte ich mich wohl entwickelt, wenn mein Vater überzeugter Kommunist gewesen wäre? Und meine Mutter treue Parteigängerin?
-wäre es nicht ganz natürlich, daß ich als Kind meiner Eltern: meinen Eltern geglaubt hätte? Was hat denn ein Kind in den ersten 10 Jahren anderes, als seine Eltern?
-hätte mich das Westfernsehen beeindruckt? Oder angewidert?
Ich weiß es nicht.
Ich denke mal, daß sich Micha Wolf in Stuttgart als Sohn einer Unternehmersfamilie entspannt zurückgelehnt hätte, wenn er von der Leipziger Messe kommend, endlich die grell beleuchtete Grenze passiert hätte.
Und mit seinem Benz über die glatten bundesdeutschen Autobahnen fahrend gedacht hätte: "...ein echter Saustall ist das da drüben.."!
"Zusammenwachsen".
Das kann man bei sich selbst am besten dadurch befördern, in dem man sich konsequent in die Rolle jeweils anderen Deutschen hineinversetzt. In seine Biographie. Und das konzentriert und ehrlich.
Das rote Kurze der Gattin kann im Schrank hängen bleiben.
Es wird zu dieser kleinen Meditation nicht benötigt...