An der Gedenkfeier für den von Neonazis getöteten Werner Weickum nahmen 60 Menschen aus vielen gesellschaftlichen Gruppen teil.
Eppingen. Als Werner Weickum am Eppinger Bahnhof von einer Gruppe junger Neonazis langsam und brutal ermordet wurde, war er 44 Jahre alt. Die Tat und der anschließende Prozess haben Wunden in der Stadtgesellschaft hinterlassen, fanden überregional Beachtung – unter anderem berichtete die TAZ –, und die "Zeit" listet Weickum bis heute in ihrem Dossier "156 Schicksale", in dem es um Opfer rechter Gewalt geht. Die Tat, die vor 25 Jahren geschah, ist in Eppingen ein Thema, an dem manche lieber nicht rühren wollen, während andere lieber noch offensiver daran erinnern würden. Um das Anbringen einer Gedenkplakette am Eppinger Bahnhof wird bis heute gerungen. Und auch darüber, ob Weickum von offizieller Seite als Opfer rechter Gewalt gesehen wird: Im Verfassungsschutzbericht für das Tatjahr 1996 ist das nicht der Fall; bei der Amadeu-Antonio-Stiftung hat man hingegen keinen Zweifel an einer durch rechte Ideologie motivierten Tat.
Die Täter, zehn damals 16 bis 23 Jahre alte junge Menschen aus Eppingen und der Region, wurden 1997 wegen Mordes, Beihilfe oder unterlassener Hilfeleistung vom Heilbronner Landgericht verurteilt – die beiden Haupttäter zu lebenslanger Haft, die inzwischen verbüßt ist, die übrigen Angeklagten zu Jugendstrafen von bis zu achteinhalb Jahren. Sie hatten den aus Stebbach stammenden, in der Tatnacht stark betrunkenen Elektriker zuerst zu einem Fahrdienstleiterhäuschen gelockt, ihn dort niedergeschlagen und mit Springerstiefeln malträtiert. Von "Stiefeltritten ins Gesicht", berichtete damals auch die RNZ. Weil die Täter Weickum 200 Mark raubten und später auch noch die Pin seiner Scheckkarte aus ihm herausprügelten, bevor sie ihn schließlich mit einem Müllsack erstickten und seine Leiche nahe Schloss Neipperg versteckten, wird die Tat von manchen als Raubmord gesehen.
Die rund 60 Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung am Montag sehen das anders und wollen auch deshalb weiterhin daran erinnern. Denn die zehn Jugendlichen waren schon vorher in Eppingen als Neonazis bekannt, als "Bahnhofsclique", und standen zum Tatzeitpunkt teilweise unter Bewährungsauflagen. Ihr Anführer, der nicht nur wegen seines Berufes "Metzger" gerufen wurde, hatte gerade eine Haftstrafe abgesessen.
Die Gruppe hatte bereits 1994 ein Schulfest des Hartmanni-Gymnasiums und eine Veranstaltung des Jugendzentrums aufgemischt und systematisch Mitschüler tyrannisiert. Daran erinnerte am Montag Lennart Dröge vom Antifaschistischen Arbeitskreis Eppingen, der gemeinsam mit der Initiative "Eppingen ist bunt" die Gedenkfeier am Bahnhof organisiert hatte. Damals sei alles verharmlost und die Täter von manchen zu Opfern widriger sozialer Lebensumstände gemacht worden, hat Dröge, selbst noch Schüler, recherchiert. Tatsächlich aber sei die extrem rechte Szene zu dieser Zeit schon ein lange brodelndes Problem in der Stadt gewesen, und um "Metzger" habe sich ein Führerkult und ein Milieu entwickelt, in dem "Gewalt normalisiert und heroisiert wurde". Davon berichtete seinerzeit auch die TAZ-Prozessreporterin Beate Flemming: Die Wohnung zweier Gruppenmitglieder sei Eingeweihten als "Führerhauptquartier" bekannt gewesen, in dem auch Kampfhunde gezüchtet wurden.
https://www.rnz.de/nachrichten/sinsheim ... 08406.html
Gerade in einer Zeit, in der extremistische, gewaltbereit Chaoten permanent Schlagzeilen machen, ist es wichtig zu erinnern.