»Ich fühle mich kriminalisiert«Der sächsische Verfassungsschutz sammelte SPIEGEL-Recherchen zufolge illegal Daten über Vize-Regierungschef Martin Dulig. Dieser zeigte sich verwundert darüber, was der Geheimdienst genau speicherte – und was er ignorierte.
Dulig, der auch Sachsens Wirtschaftsminister ist, bezieht sich auf Details aus einem Bericht der für die Geheimdienstaufsicht zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags (PKK). Demnach hatte der Verfassungsschutz illegal Daten über Dulig gespeichert. Der SPIEGEL hatte den Bericht publik gemacht.
Der Geheimdienst speicherte unter anderem eine kritische Äußerung Duligs zum Umgang des Koalitionspartners CDU mit dem Thema Rechtsextremismus. Außerdem wertete der Verfassungsschutz offenbar Duligs Social-Media-Aktivitäten aus.Christin Melcher, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte dem SPIEGEL: »Der Verfassungsschutz ist kein Archiv, sondern ein Geheimdienst, der an enge rechtliche Grenzen gebunden ist.«
Die fortdauernde Speicherung von Informationen, welche Demoaufrufe eine Abgeordnete unterzeichnet oder an welchen Sitzungen von Ausschüssen sie teilgenommen hat, sei »definitiv rechtswidrig«, so Melcher.Der sächsische Energieminister Wolfram Günther (Grüne) schrieb auf Twitter von einem »Skandal«: »Die illegale Datensammlung über Abgeordnete und meinen Kollegen Martin Dulig ist ein weiterer Skandal in einer an Skandalen reichen Geschichte des sächsischen Verfassungsschutzes.« Zu dem Schluss kommt auch die Parlamentarische Kontrollkommission: Die Erfassung des Facebook-Postings von Dulig sei »eine gravierende Grenzüberschreitung« gewesen. Schon die Erhebung der Information sei »als rechtswidrig« zu bewerten.Auch die Linke in Sachsen empört sich über den Vorgang.
»Beim sächsischen Inlandsgeheimdienst scheint es so geordnet zuzugehen wie bei Hempels unterm Sofa«, sagt der Linken-Landesvorsitzende Stefan Hartmann, »also gar nicht«.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes geht die Datensammlung noch weiter: Im Rahmen der Kontrollen kam nun heraus, dass über viele Jahre nahezu zu allen Abgeordneten des sächsischen Landtages öffentlich zugängliche Informationen, ohne dass eine nachrichtendienstliche Relevanz zu Grunde gelegen hätte, sowie deren personenbezogene Daten, gespeichert worden waren.
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