17. Dezember 1963: Erstes Passierscheinabkommen

Hier bitte ausschließlich Themen die sich mit der Berliner Mauer beschäftigen.

17. Dezember 1963: Erstes Passierscheinabkommen

Beitragvon augenzeuge » 3. November 2013, 16:34

Die Mauer riss Familien, Freunde und Kollegen auseinander. Versuche seitens der westlichen Alliierten und neutraler internationaler Institutionen, humanitäre Erleichterungen zu erreichen, waren bislang gescheitert.

Alle Briefe zwischen Ost- und West-Berliner Amtsinhabern wurden ungeöffnet an den Absender zurückgeschickt - bis zu dem Tag, als Willy Brandt ein Schreiben des stellvertretenden DDR Ministerpräsidenten Alexander Abusch erhält: Brandt öffnet den Brief und begeht damit einen Tabubruch. Das weiß er und auch, dass er im krassen Widerspruch zu den "ängstlich Ostkontakte Verhinderern" in der Bonner Regierung handelt. Das Schreiben enthält das Angebot Ost-Berlins, über eine Passierscheinregelung zu reden. Brandt und seine Berater - allen voran Egon Bahr - sind entschlossen, die Chance zu nutzen, während Bundeskanzler Ludwig Erhardt vor dem "Ausverkauf Deutschlands" warnt.

Bei den West-Berliner Passierscheinstellen waren ja keine ostdeutschen Polizeiangehörigen geduldet worden. Deshalb schickte man mit Uniform und Dienstausweis legitimierte Angestellte der "Deutschen Post". Wie sich später herausstellen sollte, handelte es sich bei denen um "verkleidete" Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit.

Bis 5.1.1964 fuhren 700.000 Westberliner zu 1,2 Millionen Besuchen nach Ostberlin.....

http://www.berlin-mauer.de/videos/passi ... -1963-551/

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Re: 17. Dezember 1963: Erstes Passierscheinabkommen

Beitragvon Ordas » 8. November 2013, 17:01

Eine große Leistung von Willy Brand!
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Re: 17. Dezember 1963: Erstes Passierscheinabkommen

Beitragvon Interessierter » 22. Februar 2021, 10:42

Als sich die Mauer das erste Mal öffnete

6 interessante und beeindruckende Fotos von CNN gibt es hier:
https://edition.cnn.com/2013/12/19/worl ... index.html
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Re: 17. Dezember 1963: Erstes Passierscheinabkommen

Beitragvon Bahndamm 68 » 22. Februar 2021, 12:21

Wer es selbst nicht miterlebt hatte, kann es wohl heute auch nicht so richtig nach empfinden, die tageweise Öffnung dieses antifaschistischen Schutzwalls in Berlin. Eine Völkerwanderung von West nach Ost-Berlin und alle bepackt mit vollen Taschen. Spannung, Aufregung, Neugierde alles zusammen, verbunden mit großer Freude auf dieses kurze Wiedersehen.
Es durften aber nur Besucher aus den Westen, die in Ost-Berlin Verwandte hatten.
Was der Lauf des gesamten Lebens ist, „Gibst Du mir etwas, gebe ich Dir etwas“. Was nun die Bekannten in Pankow den Bediensteten unter dem Tisch gaben, ist nie darüber gesprochen. Jedenfalls bekam meine Tante und deren Enkelin für Freitag, Samstag und Sonntag den Einlass in das territoriale Gefängnis. Welch großes Freude mit vielen verflossenen Tränen.
Zu meinem Bedauern fuhren meine Mutter und Schwester, aus Kostengründen nur nach Berlin. Vater und ich blieben zu Haus. Eine Bahnkarte hin und zurück von Zeitz über Leipzig nach Berlin kostete pro Person 19.90 DM Ost. Sehr viel Geld für eine kleinen selbstständigen Handwerksmeister.
Die Mutter kam kurz vor Mitternacht zur Überraschung am Samstag wieder zurück. Taxi gab es wenige und zu teuer in DDR-Zeiten und so lief sie die Strecke vom Bahnhof nach Hause ca. 5km zu Fuß. Vater und ich waren stark interessiert und neugierig, was es alle so an Neuigkeiten zu erzählen gab. Doch dann musste ich ins Bett, die Tante in Berlin wartete auf mich und ich sollte zur Freude noch kommen. Vater war dagegen, des Geldes wegen. Vater war zuständig für die Beschaffung des Geldes, des Familienunterhaltes, die Mutter war zuständig für die allgemeine Wirtschaftsversorgung. Nach 2 Stunden Schlaf ging es dann mit dem Drahtesel (Fahrrad) zum Bahnhof zur Weiterfahrt nach Berlin.
Welch große Freude für das Wiedersehen. Das sind Momente, die man nicht wieder vergessen kann. Meine Tante hatte es bereits meiner Mutter gesagt, dass sie sich mächtig in den Augusttagen 1961 geärgert hatte. Ich war in meinen Schulferien bei ihr und sie schickte mich am 12. August 1961 wieder nach Hause, weil sie eine Reise nach Bayern gebucht hatte. Wenn die Tante gewusst oder geahnt hätte, dass West-Berlin zugemacht würde, dann hätte sie mich behalten und großgezogen.
Ja, hätte, hätte, Fahrradkette, diesen Spruch kannten wir zur damaligen Zeit nicht. Ich war schon ein wenig traurig über diese Situation. Es war aber der Grundstock für meine spätere Fahnenflucht. Sehr schwer war die Zeit, etwas zu planen oder milder formuliert, über ein Vorhaben im Kopf zu haben und mit keinem Menschen darüber zu sprechen, nicht einmal im eigenen Elternhaus.
Ist dies nun fehlendes Vertrauen zum Elternhaus?
1978 beim ersten Besuch meines Vaters in Berlin, sind darüber Tränen geflossen. Nicht alles konnte ich ihm anvertrauen, wer mir dabei geholfen hatte. Das der Weg des Schweigens gegenüber meinem Vater richtig war, konnte ich dann 2010 mit Sichtung meiner Stasiakte erkennen. Sie endete mit dem Fall der Mauer, mit dem Niedergang dieses Unrechtssystems.
Leider, leider glauben aber heute noch Menschen aus Überzeugung an deren Rechtsstaatlichkeit.
Können wir nicht alle froh und stolz sein, dass nicht ein Schuss in dieser Wiedervereinigungsphase gelaufen ist?
Ich schreib einfach mal ein „Recht herzliches Dankeschön“.
VG Hermann
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