DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Alles zum Thema Geheimdienste und Sicherheit in der DDR und in der BRD

DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon Werner Thal » 27. August 2020, 12:03

DER SPIEGEL - 2/1982 - DDR-Spionage: Bierdosen für den Stasi

Ein Jahr nach gelungener Flucht in die DDR hat sich der ehemalige Stasi-Agent Erich Ziegenhain den
bundesdeutschen Behörden gestellt. Er enthüllte Interna, Bräuche und peinliche Pannen des Ost-Berliner
Ministeriums für Staatssicherheit. Jetzt (1982) wird der Rückkehrer wegen geheimdienstlicher Tätigkeit
angeklagt.


Beim deutsch-deutschen Plausch in Ost-Berlin, im "Lindencorso" Unter den Linden, ging es etwas steif zu:
Der Westdeutsche blieb zugeknöpft. "Komisch", stichelte schließlich der Gastgeber, "bei euch im Westen
denkt gleich jeder, daß hier überall die Staatssicherheit herumläuft." Der Mann mußte es wohl besser wissen,
er selbst war vom Stasi.
Dies zeigte sich auch bald im Verlauf des Gesprächs; unverhohlen meldete der Stasi-Mann Informations-
wünsche an und drohte dem Westdeutschen, der in den sechziger Jahren als Student der Freien Universität
vielfältige Ostkontakte unterhalten hatte, mit kompromittierenden Enthüllungen aus jener Zeit.
Das wirkte. Am Ende der Unterhaltung war der Gast als DDR-Agent angeworben.

Damit, Anfang der 70er, begann die langjährige Beziehung zwischen Erich Ziegenhain (West) und Gerhard Jack (Ost),
Regierungsrat im hessischen Sozialministerium der eine, Major und Bereichsleiter im DDR-Ministerium für
Staatssicherheit (MfS) der andere.
Sieben Jahre lang lieferte der Beamte aus Wiesbaden der Nachrichtenzentrale in der Ost-Berliner Normannenstraße
alles, was er so zu fassen bekam. Verschlusssachen waren nicht darunter, stattdessen war "Hainfels", so der
Agentenname des Regierungsrats, wie die Mehrheit der Ost-Berliner Westkundschafter mit dem Sammeln von Mosaik-
steinchen befaßt. Er besorgte Tagungsberichte, Statistiken, Personalaufstellungen, übermittelte Telephonlisten -
alles aus seinem Ministerium.
Später ergaben amtliche Recherchen, daß der nachrichtendienstliche Wert der Quelle "Hainfels" nur geringfügig
gewesen sein kann. Doch die Ost-Berliner ließen ihren Auftragnehmer auch da noch nicht fallen, als der mit
Bewerbungen bei zwei Bonner Ministerien gescheitert war.
Denn als im Sommer 1979 der hochgestellte MfS-Insider Werner Stiller die Fronten wechselte und dabei Dutzende
seiner im Westen aktiven Mitarbeiter verriet, wurde Erich Ziegenhain rechtzeitig gewarnt. Ihm gelang, wie
Dutzenden anderen Stiller-Geschädigter, die Flucht in die DDR.
Allerdings ist Erich Ziegenhain inzwischen längst wieder in der Bundesrepublik. Obwohl im Osten zunächst in allen
Kundschafter-Ehren empfangen und vom Leiter der MfS-"Hauptverwaltung Aufklärung", Generaloberst Markus Wolf
höchstpersönlich, mit Orden geschmückt, erlebte der verdiente Agent seine DDR-Zeit als Enttäuschung.


...und hier geht es weiter:

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Re: DDR-Spionage: Bierdosen für den Stasi

Beitragvon Werner Thal » 27. August 2020, 14:29

"Das Maß ist voll! Du hast die DDR beleidigt!"

Wie der Ex-Agent Erich Ziegenhain beim Stasi die Ausweise aus der DDR bewerkstelligte

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Re: DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon augenzeuge » 15. Oktober 2023, 14:49

Da der Werner sich schon lange nicht mehr angemeldet hat, räum ich hier mal etwas auf und ergänze. Ich hoffe mal, dass sich da nicht nur 2 User drüber freuen. [blush]

Zusammenfassung
Spiegel, 1982
Ein Ex-Agent enthüllt Interna aus dem Ost-Berliner Ministerium für Staatssicherheit Ein Jahr nach gelungener Flucht in die DDR hat sich der ehemalige Stasi-Agent Erich Ziegenhain den bundesdeutschen Behörden gestellt. Er enthüllte Interna, Bräuche und peinliche Pannen des Ost-Berliner Ministeriums für Staatssicherheit. Jetzt wird der Rückkehrer wegen geheimdienstlicher Tätigkeit angeklagt.

Es begann in Ostberlin Anfang der 70er Jahre
»Komisch«, stichelte schließlich der Gastgeber, »bei euch im Westen denkt gleich jeder, daß hier überall die Staatssicherheit herumläuft.« Der Mann mußte es wohl wissen, er selbst war vom Stasi.

Dies zeigte sich auch bald im Verlauf des Gespräches; unverhohlen meldete der Stasi-Mann Informationswünsche an und drohte dem Westdeutschen, der in den sechziger Jahren als Student der Freien Universität vielfältige Ostkontakte unterhalten hatte, mit kompromittierenden Enthüllungen aus jener Zeit. Das wirkte. Am Ende der Unterhaltung war der Gast als DDR-Agent angeworben.


Sieben Jahre lang lieferte der Beamte aus Wiesbaden der Nachrichtendienst-Zentrale in der Ost-Berliner Normannenstraße alles, was er so zu fassen bekam. Verschlußsachen waren nicht darunter, statt dessen war »Hainfels«, so der Agentenname des Regierungsrats, wie die Mehrheit der Ost-Berliner Westkundschafter mit dem Sammeln von Mosaiksteinchen befaßt. Er besorgte Tagungsberichte, Statistiken, Personalaufstellungen, übermittelte Telephonlisten - alles aus seinem Ministerium.

Später ergaben amtliche Recherchen, daß der nachrichtendienstliche Wert der Quelle »Hainfels« nur geringfügig gewesen sein kann. Doch die Ost-Berliner ließen ihren Auftragnehmer auch da noch nicht fallen, als der mit Bewerbungen bei zwei Bonner Ministerien gescheitert war.

Denn als im Sommer 1979 der hochgestellte MfS-Insider Werner Stiller die Fronten wechselte und dabei Dutzende seiner im Westen aktiven Mitarbeiter verriet, wurde Erich Ziegenhain rechtzeitig gewarnt. Ihm gelang, wie Dutzenden anderer Stiller-Geschädigter, die Flucht in die DDR.

...............................

Die Hoffnungen verflogen
Schon nach einigen Monaten Aufenthalt in der DDR waren unsere ohnedies nur spärlichen Hoffnungen verflogen. Wir mußten abgeschieden in Leipzig wohnen. Statt befriedigender Arbeit und Anerkennung gab es immer nur Orden. [flash]

Statt daß ich, wie versprochen, als ehemaliger Kundschafter integriert wurde, mäkelte mein Führungsoffizier Gerhard Jauck vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) auf einmal an meiner Leistung herum, stempelte das in Jahren beschaffte Material als »wertloses Zeug«. Er beschied mich schlicht: »Für dich wird sich in der DDR keiner ein Bein ausreißen.«

Bald war das Gesprächsklima mit meinen MfS-Bekannten irreparabel gestört. Die reservierte Haltung einiger Kontaktleute deutete uns überdies an, daß wir bereits zu Hause abgehört wurden. Der Stasi schien erfahren zu haben, was wir insgeheim längst planten: Wir wollten zurück in den Westen.

Eine Woche vor Ostern 1980 starteten wir den ersten Anlauf, über Ungarn. Mit allen wichtigen Papieren und den nötigsten Textilien im Wagen ging es zur CSSR-Grenzübergangsstelle Zinnwald. Dort aber schien man uns schon zu erwarten. Sofort wurde die Fahrspur gesperrt, eine intensive Fahrzeugkontrolle begann.


Frech trumpfte Ziegenhain auf:
Lassen Sie sofort die Durchsuchung einstellen! Sie wissen wohl offenbar nicht, wen Sie vor sich haben! Ich bin Träger des Vaterländischen Verdienstordens und des Kampfordens sowie weiterer hoher Auszeichnungen, ich werde dafür sorgen, daß man gegen Sie ein Verfahren einleitet!«


»Genosse, was wollen Sie eigentlich mit den Paßbildern in Ungarn?« Ich antwortete ihm: »Sie wissen sicher nicht, daß ich aus der BRD komme. Ich habe vor, mir in Ungarn einen Bundes-Paß machen zu lassen!« Ritter wurde bleich, verlangte die Paßbilder und ließ uns weiterfahren.


In Budapest erreichten wir zwar unbeobachtet die Botschaft, aber die Vertretung der Bundesrepublik zeigte sich kaum weniger hilflos als wir selber. .....So fuhren wir ab und versuchten es auf dem Rückweg in der Prager Botschaft. Wir kamen frühmorgens unbemerkt herein, denn die Überwachung des Gebäudes durch örtliche Dienststellen setzte erst um neun Uhr morgens ein. Doch mehr als die Ablieferung eines Hilfegesuchs konnten wir auch hier nicht ausrichten.
Uns war nun klar: Der Schlüssel zu unserer Ausreise lag nur in der DDR.

Am 23. 4. 1980 teilte ich dem Oberst telephonisch mit, daß ich soeben den Staatsratsvorsitzenden in einem Schreiben um eine Ausreisegenehmigung ersucht hätte. Es gebe für mich auch kein Zurück mehr, weil ich eine Politik der Unterdrückung und Ausplünderung der DDR-Bevölkerung nicht mehr mittragen wolle. Dies sei nicht der Sozialismus, wie ihn sich die Arbeiterklasse erträumt, allenfalls eine traurige Parodie.
[flash]

Wie es weiterging....siehe Link:
https://www.spiegel.de/politik/das-mass ... 0014335274

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Re: DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon zoll » 17. Oktober 2023, 11:16

Eine spannende Geschichte. Dazu noch ein entsprechendes Drehbuch und ein abendfüllender Film könnte entstehen und Anhängern von Sozialismus und Gewaltherrschaft die andere Seite der Medaille vor Augen zu halten.
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Re: DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon augenzeuge » 17. Oktober 2023, 16:05

Gute Idee. Für einen Film sollte der Stoff reichen. [wink]

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Re: DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon pentium » 17. Oktober 2023, 16:32

augenzeuge hat geschrieben:Gute Idee. Für einen Film sollte der Stoff reichen. [wink]

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Was soll das für ein Film werden? Sicher ein Langweiler.....
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Re: DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon augenzeuge » 17. Oktober 2023, 16:37

pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Gute Idee. Für einen Film sollte der Stoff reichen. [wink]

AZ


Was soll das für ein Film werden? Sicher ein Langweiler.....


Das kommt aufs Drehbuch an. Lass das mal die Babylonmacher machen, dann kommst du von der Glotze nicht mehr weg. [super]

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Re: DDR-Spionage: Das Leben des Stasi Agenten Erich Ziegenhain

Beitragvon pentium » 17. Oktober 2023, 16:38

augenzeuge hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Gute Idee. Für einen Film sollte der Stoff reichen. [wink]

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Was soll das für ein Film werden? Sicher ein Langweiler.....


Das kommt aufs Drehbuch an. Lass das mal die Babylonmacher machen, dann kommst du von der Glotze nicht mehr weg. [super]

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Lass mal. Wenn da der Zeitgeist mit schreibt ahne ich nichts gutes...
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