Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon Interessierter » 18. Juni 2020, 09:06

Ein gebürtiger Berliner, der heute in Lüneburg lebt, flüchtete im Jahre 1988 aus dem Ost-Teil in den Westen.

Oebisfelde l Unverhofft kommt oft: In der Grenz-Ausstellung des Burg- und Heimatmuseums Oebisfelde traf die Volksstimme-Redaktion auf einen Mann, der 1988 mit seiner Familie durch einen Tunnel von Ost-Berlin in den Westen geflohen ist. Angeregt von seiner heutigen Partnerin besuchte er auch das Museum zum Saisonausklang am Tag der Deutschen Einheit. Es ist mittlerweile 31 Jahre her, dass „Hans“ (Name der Redaktion geändert) durch einen unterirdischen Tunnel die damalige DDR unter den Grenzsperranlagen in den Westteil flüchtete. Doch immer noch ist jede Sekunde bei dem heute in Lüneburg lebenden Endfünfziger präsent. Das Burg- und Heimatmuseum in Oebisfelde besuchte er am vergangenen Donnerstag, weil seine Salzwedeler Lebensgefährtin in Oebisfelde geboren und dort zwei Jahre lang von den Großeltern mit aufgezogen wurde.

Dann erfolgte der Wegzug nach Gardelegen, doch die Besuche der über Maßen geschätzten Großeltern in der Sperrgebietsstadt Oebisfelde waren Herzenssache. Am Donnerstag besuchte das Paar, das sich vor einigen Wochen per Online-Partnersuche kennenlernte, die Grabstätte auf dem städtischen Friedhof, besichtigte dann die Allerstadt.

Eine spektakuläre Flucht

Erst in wenigen Sätzen, dann aber doch die ganze Geschichte erzählend, berichtete „Hans“ über sein Leben als Erzieher in der DDR und über die Republikflucht mit der Familie: Der Entschluss, die DDR zu verlassen, entstand bereits zwei Jahre vor der eigentlichen Flucht, beginnt „Hans“ zu erzählen. „Wer diese Belastung nicht am eigenen Leib erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, unter welchen Ängsten vor einer Entdeckung meine Frau und ich gelebt haben, dabei Nachbarn, Freunden und Arbeitskollegen ein völlig normales Alltagsleben vorgegaukelt haben“, schickt der auch heute noch als Erzieher arbeitende Museumsbesucher voraus.

Durch welchen Tunnel seine Frau, das Kind und er zwei Tage später flüchtete, das bleibt sein Geheimnis. Auch wer ihnen die Republikflucht ermöglichte, verriet „Hans“ nicht. Nur so viel gab er preis: „Ohne Beziehungen und ein unverrückbares Vertrauen, wäre das alles 1988 nicht möglich gewesen.“

In den zwei Jahren, in denen er die Flucht vorbereitete, rechnete „Hans“ nicht nur einmal damit, „dass die ganze Sache auffliegt“. Es war stets ein Abwägen zwischen notwendiger Vorsicht, zu großer Vorsicht und Leichtsinn durch Gewohnheiten. Bevor die Flucht stattfinden sollte, hat sich „Hans“ mit Beziehungen eine Schusswaffe besorgt. Es gab für mich nur die drei Möglichkeiten: „Dass unsere Fluchtabsicht entdeckt wird, wir verhaftet werden. Eine andere Möglichkeit, die ich in Betracht zog, war, dass wir bei der Flucht ums Leben kommen könnten. Und eben, dass alles gut im Westen endet.“

Kita-Gruppe im Stich gelassen

Da hätte vieles durchaus schiefgehen können, „ist es aber nicht“, bekräftigt „Hans“ unterschwellig den damaligen Entschluss. „Auf der Flucht hätte ich geschossen ! Ich wusste vom Schießbefehl, von Berichten über Republikflüchtlinge, die bei ihrer Flucht erschossen worden waren“, bricht es auch heute noch, nach 31 Jahren, überzeugt aus ihm heraus.

„Nachdem meine Frau und unser Kind im Tunnel verschwanden, gab es keine Kommunikationsmöglichkeiten mehr zwischen uns. Das Risiko war einfach zu groß, dass ich durch Kontaktversuche entdeckt worden wäre“, beschreibt „Hans“ die damalige riesengroße Anspannung. Dann, zwei Tage später, gibt es für ihn kein Zurück mehr. Mit seiner Kindergartengruppe marschiert er in Richtung Fluchttunnel. In einem für ihn günstig erscheinenden Moment verlässt er die Kinderschar und verschwindet unerkannt, flüchtet ohne Zwischenfälle in den Westen. „Es war mir völlig klar, dass ich die Kinder an Ort und Stelle sich selbst überlassen musste. Es existierte aber keine Alternative zu meiner Flucht“, erklärt „Hans“.

Über den weiteren Lebensweg im Westen schweigt er, weil es ein anderer Teil seines Lebens sei.

https://www.volksstimme.de/lokal/oebisf ... eschossen-
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Re: Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon Bahndamm 68 » 18. Juni 2020, 15:43

Hallöchen Wilfried,
auch wieder eine spannende Geschichte, leider das Wichtigste fehlt in dieser Erzählung.
Tunnel ist klar, den wird es heute auch nicht mehr geben.
Aber warum kann dieser Mann heute noch nicht darüber berichten, wie alles so verlaufen ist.
Vor unseren Karnak brauch er doch keine Angst haben. Er geht bald in Rente und ist ein alter Mann. Seilschaften wird es noch geben, aber wir bekommen ihn hier im Forum schon in Griff. Setzt er dennoch eine Meldung ab, dann muss er einfach in Quarantäne hier im Forum gesetzt werden.
VG Hermann
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Re: Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon Interessierter » 18. Juni 2020, 16:52

Hallo Hermann, das siehst du richtig. Warum er nicht darüber berichten will, habe ich mich auch gefragt, aber das weiß nur er. Unseren Corona - Propheten karnak in Quarantäne stecken, das geht nur wenn er dann auch 24 Std. eine Maske tragen muss... [wink]

Worüber ich nachgedacht habe ist die Aussage des Geflüchteten, dass er geschossen hätte. Dabei bin ich persönlich zur Erkenntnis gekommen, dass jeder Vater es wohl auch getan hätte, bevor er sich selbst oder Frau und Kinder hätte erschießen lassen. Wären ja nicht die ersten Kinder und Frauen gewesen, die von den Grenztruppen erschossen wurden.
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Re: Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon Volker Zottmann » 18. Juni 2020, 17:21

Wilfried ich hätte es nicht getan, mit dem Zurückschießen.
Soweit wäre es nie gekommen, weil ich das Leben meiner Kinder und der Frau niemals riskiert hätte. Gerade wegen der Gefahr des Getötetwerdens, haben ja die meisten Menschen trotz aller Sehnsüchte auf eine Flucht verzichtet.
Er wird schon Gründe haben, wenn er es trotz dieser Gefahr tat und heute noch den genauen Fluchtweg verschweigt.

Gruß Volker
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Re: Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon augenzeuge » 18. Juni 2020, 18:19

Mit seiner Kindergartengruppe marschiert er in Richtung Fluchttunnel. In einem für ihn günstig erscheinenden Moment verlässt er die Kinderschar und verschwindet unerkannt, flüchtet ohne Zwischenfälle in den Westen.


Das verstehe ich nicht. Eine Kinderschar in direkter Grenznähe? Wer so wenig erzählt, muss sich nicht wundern, wenn die Sache angezweifelt wird.

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Re: Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon Bahndamm 68 » 18. Juni 2020, 20:15

Volker Zottmann hat geschrieben:Wilfried ich hätte es nicht getan, mit dem Zurückschießen.
Soweit wäre es nie gekommen, weil ich das Leben meiner Kinder und der Frau niemals riskiert hätte. Gerade wegen der Gefahr des Getötetwerdens, haben ja die meisten Menschen trotz aller Sehnsüchte auf eine Flucht verzichtet.
Er wird schon Gründe haben, wenn er es trotz dieser Gefahr tat und heute noch den genauen Fluchtweg verschweigt.

Gruß Volker

Hallo Volker,
ich kann dein Argument verstehen.
Ich habe hier einen Auszug der Fluchtanalyse kopiert.

Der feste Wille einen Schritt durchzuführen, vor Augen nur ein Teil der Gefahren zu erkennen. Dann kommst du in die Situation „Du oder Ich
Letztendlich hätte es aber nicht mehr funktionieren können, als ich auf der Waffe stand und später auf dem Beton-Pfeiler saß. Ich bin gedanklich jetzt wieder voll dabei und zittere leicht. Dies waren Momente im Leben, die man nicht vergessen kann.
James Bond hätte die 3,2m ohne weiteres übersprungen.
Protokoll der Flucht-Waffe.jpg
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Re: Tunnel als Fluchtweg „Auf der Flucht hätte ich geschossen !“

Beitragvon Ari@D187 » 18. Juni 2020, 21:16

Bahndamm 68 hat geschrieben:Hallöchen Wilfried,
auch wieder eine spannende Geschichte, leider das Wichtigste fehlt in dieser Erzählung.
Tunnel ist klar, den wird es heute auch nicht mehr geben.
Aber warum kann dieser Mann heute noch nicht darüber berichten, wie alles so verlaufen ist.
Vor unseren Karnak brauch er doch keine Angst haben. Er geht bald in Rente und ist ein alter Mann. Seilschaften wird es noch geben, aber wir bekommen ihn hier im Forum schon in Griff. Setzt er dennoch eine Meldung ab, dann muss er einfach in Quarantäne hier im Forum gesetzt werden.
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Angenommen, der Mann erzählt die Wahrheit, dann könnte sein Schweigen mit dem Beschaffer bzw. der Beschaffung der Schußwaffe zu tun haben. Falls es damals (1988) eine Vernehmung durch westberliner/westdeutsche Behörden gegeben hat, wird er vermutlich das illegale Mitführen/Besitz einer Schußwaffe verschwiegen haben. Merkwürdig, dass er das heute gegenüber Journalisten erwähnt und wer damals ggf. einige Hühneraugen zugedrückt hat.
Im Falle Egon Schultz war die westberliner Polizei ja informiert/involviert. Woher die verwendeten Schußwaffen der Tunnelbauer stammten, kann ich auch in dem sonst recht detailreichen Buch seines Freundes Michael Baade nicht entnehmen.

Man kann halt nur spekulieren bzw. die Erzählung so hinnehmen.

Ari
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