Rechtsextremistische Terrorzelle - Großgermanen in U-HaftSie fantasieren von Odin und Walhall. Zwölf Rechtsextreme sitzen in Haft. Der Vorwurf: die Planung von Anschlägen. Wer sind die Mitglieder der „Gruppe S.“?Es ist spät am Donnerstagabend, als Thomas N. auf seinem Facebook-Profil eine Botschaft teilt. „Widerstand ist der einzige Weg! Wir bleiben unbeugsam“, schreibt er. Der 35-Jährige verbreitet dort viel, berichtet von gefährlichen Chemtrails, die die Luft vergiften, kritisiert den sogenannten Schuldkult der Deutschen und ihrer Vergangenheit und teilt die Auffassung der Reichsbürger, die Bundesregierung sei illegal im Amt.
Über die Antifa schreibt Thomas N.: „Es wird Zeit diesen Dreck zu beseitigen.“ Der Spruch vom Widerstand stammt von einer Fanseite für die rechtsextreme Vereinigung „Wodans Erben Germanien“. Thomas N. teilt sie, es ist sein vorerst letzter Post. Am nächsten Morgen gegen sechs Uhr nimmt die Polizei ihn fest.Thomas N., ein Handwerker aus Minden in Westfalen, ist einer von 13 Rechtsextremisten, deren Wohnungen die Bundesanwaltschaft am vergangenen Freitag durchsuchen lässt und die sie anschließend festnehmen lässt. Die eingesetzten Beamten suchen nach Waffen und konkreten Hinweisen auf Anschlagspläne. Sie vermuten, auch Sprengstoff finden zu können. Der Vorwurf: Die Männer im Alter zwischen 31 bis 60 Jahren sollen sich als rechtsterroristische Gruppe zusammengeschlossen und Anschläge auf PolitikerInnen, Muslime und Geflüchtete geplant haben. Zwölf sitzen nun in Untersuchungshaft.
Seit September 2019 habe das Kernquintett sich als Terrorgruppe zusammengefunden, teilt die Bundesanwaltschaft mit. Über Chatgruppen – eine davon trug den Namen „Der harte Kern“ – sei man miteinander vernetzt gewesen, habe dort über die geplanten Anschläge diskutiert, etwa auf Moscheen oder PolitikerInnen. Die Männer hätten Fotos von selbst gebauten Waffen ausgetauscht und entsprechende Baupläne diskutiert. Die acht anderen Männer sehen die ErmittlerInnen als Unterstützer: Sie sollen bereit gewesen sein, die Attentate zu finanzieren, Waffen zu beschaffen. Oder an künftigen Attentaten mitzuwirken.
Ihr gemeinsames Ziel: die Herbeiführung „bürgerkriegsähnlicher Zustände“.Bei der Recherche über diese Männer stößt man auf Reichsbürger und Bürgerwehren, Kameradschaften, Odin und Walhalla, Holocaustleugner, AfD-Funktionäre, Hetzer und Männer mit Mordfantasien. Die „Gruppe S.“ ist ein Albtraum jeder Sicherheitsbehörde. Die Suche nach ihr beginnt bei dem mutmaßlichen Kopf der Gruppe, nach dem die Ermittler sie auch benannt haben: Werner S.
„Widerstand ist der einzige Weg! Wir bleiben unbeugsam. Wir werden kämpfen müssen, wir werden uns in Walhall treffen“Werner S. ist vor ein paar Jahren in Bayern aufs Land gezogen, er hat sich ein altes, grau gestrichenes Bauernhaus gekauft, das etwas zurückgesetzt an der Hauptstraße in Mickhausen liegt, einem 1.000-Seelen-Dorf im Landkreis Augsburg. Zu seinen Nachbarn hat er offenbar nicht viel Kontakt. Der Bürgermeister, der selbst nicht weit entfernt wohnt, weiß am Telefon nicht viel über den Mann zu berichten. Er sei unbekannt im Dorf, nicht in den Vereinen aktiv, nicht am Stammtisch. „Keiner hat mitbekommen, was er gemacht hat“, sagt er.
Vor mehreren Monaten wurde S. als sogenannter Gefährder eingestuft, berichtet der Spiegel. Der Bayer, ein gelernter Restaurator, ist einer der jüngsten Zugänge: Die Polizei erhöhte die Zahl der rechtsextremen Gefährder, denen Anschläge zuzutrauen sind, im vergangenen Jahr von bundesweit 33 auf 53.
Im Internet kann man nachvollziehen, was den 53-jährigen Werner S. umtreibt. Bei Facebook nennt er sich „Werner Schmidt“, er hat knapp 200 Freunde, darunter viele Männer mit Neonazi-Symbolik, auch einen AfD-Funktionär, ein Vorstandsmitglied des Kreisverbandes Börde in Sachsen-Anhalt.
Ein Facebook-Freund von ihm schreibt Mitte Dezember: „Die Zeit ist nahe an der die Geister der Ahnen sich erheben und mit und für Germaniens Freiheit zu streiten.“ Werner S. antwortet: „Bereit Kamerad!!“
„Werner Schmidt“ ist nicht Werner S.’ erster Facebook-Account, mindestens einer wurde Ende 2019 gelöscht. S. und seine Freunde machen sich darüber lustig, dass sie aus dem sozialen Netzwerk verbannt werden. S. schreibt: „Ein Witz, aber warte noch ein wenig, dann laufen diese Cretinos ohne Hände herum.“ Am Ende postet er ein Emoji mit gekreuzten Schwertern. An anderer Stelle schreibt er: „Keine Freiheit ohne Kampf.“Der längere, interessante Beitrag geht hier weiter:
https://taz.de/Rechtsextremistische-Ter ... /!5661227/