Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Alles was in den Zeitraum nach der Wende gehört. Das Zusammenwachsen von zwei grundverschiedenen Systemen, Probleme, Erwartungen, Empfindungen usw.

Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 18. Mai 2010, 18:55

"Es ist nicht alles Gold was glaenzt"

"...die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen..."



- Woher habt Ihr damals Euer Wissen ueber "den Westen" bezogen ?
- Wie hat sich dieses Wissen nach der Wende bewahrheitet ?
- Welcher Gedanke hat Euch am meisten geholfen (und hilft Euch immer noch), mit diesem neuen System klarzukommen ?

Gebeten wird darum, Eure Erlebnisse mit diesem neuen Land und diesem neuen Staat nach der Wende zu berichten. [ich auch]

Berliner [hallo]
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon augenzeuge » 18. Mai 2010, 20:26

Berliner hat geschrieben:"Es ist nicht alles Gold was glaenzt"

"...die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen..."



- Woher habt Ihr damals Euer Wissen ueber "den Westen" bezogen ?
- Wie hat sich dieses Wissen nach der Wende bewahrheitet ?
- Welcher Gedanke hat Euch am meisten geholfen (und hilft Euch immer noch), mit diesem neuen System klarzukommen ?

Gebeten wird darum, Eure Erlebnisse mit diesem neuen Land und diesem neuen Staat nach der Wende zu berichten. [ich auch]

Berliner [hallo]


Nun, mein Freund, da will ich mal antworten.
Ja, woher bezog ein DDR-Bürger sein Wissen über den Westen?

Nun, ganz sicher nicht objektiv aus der DDR-Presse. Die Arbeitslosigkeit im Westen war das tägliche Thema in der DDR-Presse. Man bekam ein Bild vermittelt, das man vielleicht unter einer Brücke schlafen musste.....wenn man dort wär.

Bei den meisten war es ein Mix, einmal aus Erzählungen Bekannter, Verwandter, später Berichte aus Treffen mit Ausgereisten DDR-Bürgern. Nicht ohne Grund lies man diese nicht wieder einreisen. Nicht ohne Grund verschwanden die ersten Briefe über Eindrücke erster Tage. Aber es blieben ja die CSSR oder Ungarn für ein Treffen.

Andererseits, wenn ich von mir berichte, waren es meine Reisen durch den Ostblock, die ich, u.a. auch mit Jugendtourist, machen konnte. Goethe sagte mal: Reisen bildet.
Wie recht er doch hatte.
Dort erlebte man die Menschen, auch aus dem Westen, kam mit den Unterschiedlichsten ins Gespräch, lernte Leute kennen, die später manchmal Freunde worden. Und man konnte sich meist kein schlechtes Urteil bilden. Allerdings merkte man sofort, dass man zu Hause oft nicht die Wahrheit erfuhr. Man stellte einfach doch manches danach in Frage.

Zur zweiten Frage:
Klar war, das System war eine Ellenbogengesellschaft, kein Hätscheln, kein Führen von fremder Hand.

Meine Vorstellungen vom Westen waren definitiv viel schlechter als die dann hier vorgefundene Realität. Allerdings war das 1985. Ich kann mich nicht an einen wichtigen Punkt erinnern, den ich damals schlechter empfand, ganz ehrlich. Naja, doch einer fällt mir jetzt ein. Die in der DDR selbstverständliche Hilfe füreinander, empfand ich im Westen als unterentwickelt. Die Menschen hatte das einfach nicht nötig, sie brauchten nicht unbedingt diese Eigenschaft, denn im Job war das oft nicht erwünscht.

Das sich z.B. im Osten ein Ingenieur nicht zu fein war, auch mal den Besen zu nehmen, wenn eine gemeinsame Arbeit abgeschlossen war, das war ein Punkt, der hier naserümpfend betrachtet und dann negativ gesehen wurde. Das gehörte sich für diese Position nicht. Im Osten war das jedoch oft normal.

Mir kam das System manchmal wie der wahre Sozialismus vor. So eine soziale Absicherung hätte ich nie vermutet. Hartz4 war noch unbekannt. Das lag natürlich auch daran, dass man als 22 Jähriger nur geringe Ansprüche hatte. Was mir hier innerhalb eines Jahres gelang, hätte ich mir nicht im Traum ausmalen wollen. Allerdings weiß ich auch, dass mir vieles nach 1990 nicht so gelungen wäre, die Bedingungen waren einfach schlechter, ganz klar. Das System änderte sich.

Was mir geholfen hat, war nicht zuletzt mein fester Wille, selbst gesetzte Ziele auch erreichen zu wollen. Aber auch meine Erziehung in der DDR, meine schikanöse Behandlung durch die Behörden der DDR während der Wartezeit auf Ausreise, hatten daran einen entscheidenden Anteil.
Geholfen hat mir, dass ich mich nicht so sehr auf Andere verlassen habe, wie ich es zuvor gewöhnt war.

Wie gesagt, das waren meine damaligen Empfindungen.

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 22. Mai 2010, 02:56

vielen Dank, Joerg. [knuddel]

Hat sonst jemand etwas zu diesem Thema zu berichten ? [ich auch]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Affi976 » 22. Mai 2010, 08:53

natürlich aus Radio, Fernsehen, Erzählungen.
Soweit man das sagen kann, kenne ich Westberlin noch als kleiner Junge ( 4 Jahre alt ). das wars aber nicht, ich konnte mich eben noch gut an den Kipper ( Lastwagen, riesen groß ) erinnern, den ich bei einem Einkauf bei Bilka in WB mal einfach so nahm und durch den Laden fuhr, die Verkäuferin schrie, da hat ein kleiner Junge einen Kipper geklaut. Für meinen Vater war klar, kann nur "meiner" sein. Und um der Verkäuferin den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat er mir den Laster gekauft. War bestimmt zu damaliger Zeit ein Haufen Geld. Der Laster hat aber noch bis in die 80er Jahre überlebt, dann haben ihn meine Neffen und Nichten hingeärmelt.
Einer meiner Trompetenlehrer war Trompeter an der Berliner Staatsoper und die sind schon ewig in den Westen gefahren und diese Geschichten hat man aufgesogen und in Gedanken sich vorgestellt, dass man selbst mal dorthin kann.
1982, also mit 23, hat´s dann auch geklappt. Und von da an wußte man spätestens, wie, was, wo man das herbekommt was man brauchte. Uns so wurde das Leben dann, auch in der Familie drauf ausgerichtet, immer Geld zu tauschen, um sich die Sachen kaufen zu können, die man nicht nur zum Spass braucht, sondern wie in meinem Fall auch zur Arbeit.
In Berlin gabs natürlich auch Ilustrierte Zeitschriften ( schwarz ) zu kaufen oder ganz offiziell im Intershop z.B. Strickzeitungen.Auch Programmzeitschriften aus dem Westen wurden kopiert und verscherbelt ( nicht von mir, das gabs nur ).
Ich hatte nie eine negative Einstellung zum Westen, in sofern hat sich bei mir nichts bewarheitet. Ich wußte, wenn man gut ist, einen eisernen Willen hat ( in meinem Beruf äußerst wichtig, sonst wär es auch im Osten nichts geworden, denn hier muß man jeden Abend Leistung bringen, da fragt keiner, wie, was, warum, wofür. Könn´se oder könn´se nicht )kann man im Westen was werden. da ich aber eine Stellung in einem Spitzenorchester hatte, kam ein Wechsel für mich nicht unbedingt in Frage.
Leider hat sich eben ein großer Teil der Ostbevölkerung von den versprochenen blühenden Landschaften blenden lassen und nicht gedacht, dass dafür auch mal der Finger gezogen werden muß.
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Heldrasteiner » 22. Mai 2010, 11:31

Diese sog. Verblendung lag mit Sicherheit auch an der schillernden bunten Welt der Werbung im Westfernsehen.
Wie sollten sich DDR-Bürger auch ein Bild von der realen Welt im Westen machen, wenn sie dort so gut wie niemals hinereisen durften? Und Verwandtenbesuche im Westen oder von Westverwandten im Osten haben auch nicht unbedingt zu einem objektiven Bild beigetragen. Da wurde doch nur der schöne Schein zur Schau gestellt.
Ich erinnere mich noch an viele meiner Landsleute, die nach der Grenzöffnung ihre "armen Brüder und Schwestern in der DDR" besuchten - die waren behängt wie die Weihnachtsbäume, liehen sich teilweise statussymbolträchtige Autos und gaben vor, daß sie in Saus und Braus leben. Dabei sah die Realität oftmals ganz anders aus: es redete niemand von der Angst vor Jobverlust, von gigantisch hohen Mieten, mangelnden Ausbildungsplätzen und gesellschaftlichen Problemen im Westen.
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 25. Mai 2010, 19:13

ABV hat geschrieben:Auch, oder gerade weil er nicht perfekt ist.


[bravo]

das haette glaube ich keiner besser formulieren koennen, Danke Uwe! [knuddel]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon wibi » 26. Mai 2010, 21:24

Hallo zusammen,ABV er,ich schließe mich Berliner voll und ganz an.Der Egoismus ist aber schon stark ausgeprägt das stört mich immer noch.Ich behaupte aber,dass es heute immer noch Leute gibt,die lieber gesteuert und gelenkt werden wollen und deshalb mit der Westmentalität nicht klar kommen.Das sind meiner Meinung nach die Leute die sich zur Linkspartei hingezogen fühlen.
Hat jemand Zahlen von den Ostdeutschen die nach der Wende gen Westen sind und da nicht klar kamen und wieder zurück sind trotz Arbeit ??
wibi
 

Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Thueringer » 27. Mai 2010, 10:56

wibi hat geschrieben:Hallo zusammen,ABV er,ich schließe mich Berliner voll und ganz an.Der Egoismus ist aber schon stark ausgeprägt das stört mich immer noch.Ich behaupte aber,dass es heute immer noch Leute gibt,die lieber gesteuert und gelenkt werden wollen und deshalb mit der Westmentalität nicht klar kommen.Das sind meiner Meinung nach die Leute die sich zur Linkspartei hingezogen fühlen.
Hat jemand Zahlen von den Ostdeutschen die nach der Wende gen Westen sind und da nicht klar kamen und wieder zurück sind trotz Arbeit ??



Ich habe einige Leute in der Verwandschaft die wegen der Arbeit in den esten gingen und heute wieder hier sind. Die meissten beklagen das fehlen der sozialen Kontakte. "Drüben" geht jeder nach Feierabend nach Hause und fertig, der Ossi sucht immer auch private Kontakte zu den Leuten mit denen er arbeitet, das steriele Verhältnis mit Kollegen liegt Ihm wohl auch heute noch nicht. Bei der jüngeren generation sieht das schon etwas anders aus, die wachsen wohl doch schon nach den neuen regeln im Leben auf. Nur als kurze Anmerkung - ich selbst hatte einen Chef aus dem Westen, der hat uns verboten das "DU" untereinander zu verwenden, hat er das mitbekommen gab es Abmahnungen - damit kam ich auch nicht wirklich klar.
Auch muss man sagen das es eben Menschen gibt die weder Hier noch dort klar kommen. Und es wird auch immer Menschen geben die eben eine "Führung" benötigen ( nicht falsch verstehen ). Jeder Mensch hat eben einen anderen Charakter, das ist eben in der Natur ( deren Bestandteil wir sind ) nun mal so, es gibt Löwen, aber auch Schafe.

Grüße, aus Thueringen
Thueringer
 

Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Edelknabe » 6. April 2011, 06:35

Was ich in der DDR gut gelernt habe:"Springe nicht gleich los, wenn der Staat einen Furz lässt". Und genau das habe ich auf das heutige System übertragen...soll heißen umgehe deren Entscheidungen geschickt. Schade, ich kann jetzt kein konkretes Beispiel hier anhängen aber der Staat DDR war lasch in der Überwachung seiner Furze (sinngemäß ob sie einer atmete und sich daran berauschte), dagegen der Staat heute möchte, nein er will, das du an seinem Hintern schnüffelst um seine Gesetze zu atmen, aber auch bis zur letzten Endkonsequenz einzuatmen.
Der enteignet dich auf die Kalte und nimmt dir Haus und Grundstück, wenn du nicht in der Lage bist, die Gebühr für die neu verlegte Abwasserleitung oder die neu verlegte Strasse vorm Grundstück inclusive der Strassenlaternen und Gehwege zu bezahlen(das war jetzt einmal ein gutes Beispiel).
Infos aus dem Westen damals? Ich bin mit Westfernsehen aufgewachsen, solange ich denken kann...war bestimmt so 5-6Jahre jung, als meine Eltern einen Stassfurt-Patriot kauften.Und klar, Fernsehen ist nicht das wahre Leben aber doch enorm informativ, zumindest gab es damals nicht so eine Menge/Unmenge Verblödung der Masse (speziell im Westen) wie heute, auch mußte man immer zwischen den Beiträgen lesen und der Helmut Schmidt war mein Idol mit seiner glasklaren begnadeten Art, die ganzen anderen Politarschlöcher(entschuldigt) im Bundestag Maß zu nehmen.
Mein erster Eindruck vom Westen 1989..."das Einzugsgebiet vom Dortmunder Hauptbahnhof zum frühen Morgen, da dachte ich so bei mir hier sieht es doch genauso schmutzig aus wie in Leipzig um den Bahnhof herum, dazu das ganze Graffiti, was wohl noch die Fernheizleitungen zusammenhielt und verunstaltete, die in Leipzig aber noch in einem schlechteren Zustand waren.
So, erst mal genug vom Westen, dem "goldenen Westen, dem Hochglanzschaufenster mit Warmluftschacht davor für den armen Bruno, der es sinngemäß nicht schafft, die schnelle Drehtür zu bewältigen".

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon augenzeuge » 6. April 2011, 15:51

Edelknabe hat geschrieben:Mein erster Eindruck vom Westen 1989..."das Einzugsgebiet vom Dortmunder Hauptbahnhof ....sieht es doch genauso schmutzig aus wie in Leipzig .... [shocked]
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Und was war dein zweiter Eindruck? Was empfandest du zuerst positiv? Gab es etwas, wo du zu dir sagtest, das hat man aber bei uns anders erzählt....wenn es das gab.... [blush]
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Edelknabe » 6. April 2011, 17:18

Jörg, ich sah meine Cousins und ihre Familien...auf den zweiten Blick und machte mir ein Bild von ihrem Lebensstandart, der aber von meinem nicht so weit entfernt war...von den Reisen in ferne Länder mal abgesehen. Logisch, es war der grenzenlose Konsum, der den Ossi überwältigte, also auch mich aber das war eine Phase, eine Eingewöhn-und als dann normal hingenommene Phase. Der Westen hatte es in dieser Hinsicht einfach drauf und ich muss dazu sagen...ich war keine 22 Jahre mehr jung sondern hatte Familie,dann zwei Kinder,neue Wohnung und großen Grundbesitz und noch als Kompott eine wunderbare ostdeutsche Datsche...eigentlich hatten meine Frau und ich zuviel um die Ohren, eine Firma mit damals bereits sechs Beschäftigten dazu und ich war so 37 Jahre noch jung, da betrachtete man schon verschiedene Dinge bereits aus einem anderen Blickwinkel.
Es war eine wilde Zeit, so eine Art Umbruchzeit...alles war erlaubt und nichts war verboten, was nicht ausdrücklich gesetzlich verboten war? Aber wer urteilte darüber, es gab nicht einen Schwanz in der Behörde, der eine klare Aussage treffen konnte, der sich festlegte? Also dachte ich..."Ihr könnt mich mal Kreuzweise und schaffte auf Teufel komm raus zur ersten Umsatzmillion", das Leben wurde eine Achterbahnfahrt und ich testete "Dreidutzend Automarken" von VW bis zum Stern, weil ich zum damaligen Zeitpunkt aber auch ein totaler Autonarr war. Heute, bin ich aber auch voll weg von den ganzen Blechkisten...nutze nur noch Europcar für längere Strecken, für den Urlaub und Anderes.
Und ich sah das, was der Osten bereits bewältigt hatte in der Geschichte...soll heißen Bettler und arme Teufel im Strassenbild stoßen mir auch heute noch auf, um nur einmal bei diesem Beispiel zu bleiben, denn da bin ich zusehr ein Kind der DDR.
So genug erstmal und ich wurde einmal in der Diskussion mit meinen Cousins, meine Cousinen damals schon als "der Rote aus dem Osten" bezeichnet? Na, damit kann ich leben, obwohl ich weder Kommunist noch Nazi bin.

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 8. April 2011, 14:04

Hallo Rainer-Maria, [knuddel]

Edelknabe hat geschrieben:Logisch, es war der grenzenlose Konsum, der den Ossi überwältigte, also auch mich aber das war eine Phase


hast Du irgendwelche "Fehlkaeufe" zu beichten ?
Gab es damals nach der Wende typische Fehlkaeufe fuer "Ossis" die zum ersten Mal den Westen sahen ? [ich auch]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon S51 » 8. April 2011, 15:08

Berliner hat geschrieben:..Gab es damals nach der Wende typische Fehlkaeufe fuer "Ossis" die zum ersten Mal den Westen sahen ? [ich auch]

Berliner [hallo]


Ich habe mir vom Begrüßungsgeld beim Türken einen ganz billigen Radiowecker gekauft. Es hat mich nicht wesentlich gestört, dass mitunter auch diverser Funk hörbar war. Als irgendwann ein eifriger West-Kollege bei einem eifrigen "Kunden" ein Gerät ohne die notwendige Postzulassung sichergestellt hat, habe ich nach Feierabend, unsicher geworden, bei meiner Frühquäljaule nachgesehen.
Treffer, da fehlte auch alles, was drauf stehen sollte. Also wurden bei nächster Gelegenheit 26 DM verschämt im Müll entsorgt...
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon SkinnyTrucky » 8. April 2011, 15:12

Ich war 20 als die Mauer fiel und der erste Eindruck wild lebender Westbürger war, das sich nich viel unterschiedt....klar waren die Geschäfte voll und bunt aber man war ja auch nich dumm...nech...

...ich lebte in Lüdenscheid Brügge die erste Zeit bei Tante und Onkel, hatte superschnell ne gute Arbeit, schaffte schonmal schwarz und so, bekam einen Freundeskreis unter Punks und linksgerichteten Leuten und ließ mich nich von dem ganzen Bunt und Werbung und so beeinflussen, leb heute auch noch sehr anspruchslos....

....gearbeitet hab ich immer hart in beiden Teilen Deutschlands, wenn ich mir auch im Westen ab und an mal 'ne Auszeit gegönnt habe auf Staatskosten, denn Anfang der 90er bekam man noch richtig Kohle für's Nichtstun, das fand ich natürlich klasse....in der DDR wär man deswegen vielleicht sogar als Assi hinter Gittern gelandet und hätte kein Geld dafür bekommen....im Westen ging das aber und man soll ja Spass im Leben haben und den hatte ich dadurch....man war ja jung, nech....und wenn man nicht vermittelt werden wollte für 'nen Sommer voll Party, na dann ließ man sich kündigen und bekam 1500,-DM und verdiente ab und an schwarz wat dazu....in der Hinsicht war der Westen schon ein Paradis, alle drei Monate ging man arg durchgefeiert zum Arbeitsamt, stylte sich wild und galt als erstmal wieder unvermittelbar.... [flash]

Man hatte Spaß am Leben, konnte das Auto noch ohne Magenschmerzen volltanken und jedes Wochenende fett Party machen, auf Konzerte und Festival gehen, egal wie weit weg....und und und....und zum Leben reichte es immer....solche Auszeiten sind wichtig, bevor ich bei der heutigen Firma anfing, hab ich ja auch ein Sommer lang nur von Erspartem gelebt und den Sommer genossen und 5 Monate mal die Seele baumeln lassen, Stütze hatte ich da aber nich mehr beantragt.....jetzt beinahe 5 Jahre weiter hab ich schon wieder das Bestreben mal wieder 'ne Zeit lang Pause zu machen....muß aber nur noch wat Geld ansparen und in ein oder zwei Jahren mach ich das dann auch wieder....aber dann in Form von unbezahlten Urlaub ab und an, denn mein Festvertrag mit der Firma geb ich freiwillig nicht wieder her, denn leider sind wir in Zeiten angelangt, wo soein Vertrag nicht mehr so ohne Weiteres Selbsverständlichkeit ist.....

....also für mich ging mit dem Westen eine Welt offen, in der man sich einrichten konnte wie es halt gefällt, die ganze Welt stand im wahrsten Sinne offen für einen, kein Gegängele nach sozialistischen Vorbild aber trotzdem sozial und womöglich noch sozialer als der Osten, ja so hab ich es erlebt....und ich hab mich schnell eingelebt....das ging wirklich ohne Probleme....und was mich erwartete, das kannte man halt durch die grosse Westverwandtschaft....

groetjes

Mara
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Edelknabe » 9. April 2011, 20:34

Berliner mein junger Freund, ich wollte nocheinmal hin zu den Fehlkäufen nach der Wende 1898, die ich zu beichten habe. Ist auch eine gute Denke für junge Leute, es besser zu machen.
Ich war und bin ein Autonarr, heute gereifter und kommt das richtige Teil...werde ich wohl noch einmal schwach werden. Aber es gibt heute nur Allesmischmasch, sie unterscheiden sich nicht groß, die ganzen Modelle...so meine persönliche Meinung.Und ich habe viele Modelle gefahren im Laufe der Zeit.
So 1992 herum suchte ich eine neue Automarke und kam zufällig mit einen jungen Vertreter von Mercedes-Benz in Kontakt und der überließ mir völlig kostenlos einen Benz für 14-Tage Urlaub in Reit im Winkel.
Es gibt da den guten Satz:" Mit Speck fängt man Mäuse". Ich jedenfalls war die Maus und bestellte einen PS-starken Benz für drei Jahre im Leasing(Kilometerleasing)...obwohl und jetzt kommt das Aber, ich damals das Geld hatte und in Bar, um einen gebrauchten guten Benz kaufen zu können.
Nein, ich Idiot wollte einen niegelnagelneuen für über 60Tausend DM und legte mit Anzahlung in drei Jahren über 50 Tausend DM hin. Wo ich den Wagen abgab, da meinte der Verkäufer voll Respekt...der ist ja voll in Schuss und liese sich mit Wert wirklich gut weiterverkaufen".
Ich Vollidiot und damals hätte mich der Gebrauchte(selbes Modell) vielleicht maximal 20Tausend DM gekostet aber nein, ich war die Maus...wie oben geschrieben.
Das war einmal ein gutes Beispiel für einen aber auch vollen Fehlkauf...eines ehemals Ostdeutschen gelernten DDR-Bürger.
Und trotzdem...ist der Benz das Auto...unter den Autos, Türe zu und du fährst in deinem eigenen Wohnzimmer, eine Laufruhe...göttlich und das macht dann 100 Tausend Euro Werbegelder...hört ihr, ihr kleinen Verkäuf...er von MB für die gute Werbung vom Rainer-Maria.
Denn irgendwie muss ich ja die Kohle von damals wieder hereinbekommen? Und herzlich gelacht und leckt mich....denn selbst ist der gute Verkäufer, der die dumme Maus findet.

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Edelknabe » 9. April 2011, 20:37

Wende 1898...der war wirklich gut. Natürlich muss es 1989 heißen...das nur für den Schüler.

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon SkinnyTrucky » 9. April 2011, 21:45

Hahahaha RMR, ja schon irgendwie bescheuert 50.000 hinzublättern für etwas, watte dann doch nach 3 Jahren wieder abgiebst....da hättse auch Taxi für fahren können, hättste auch in 'nem Benz gesessen und hättst sogar noch ein Chauffeur dazu bekommen..... [laugh]

Aber Fehlkäufe haben wir doch alle mal getätigt....hab auch schonmal was zu essen gekauft, was mir dann nich geschmeckt hat.... [flash]

groetjes uit Chiasso

Mara
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon augenzeuge » 9. April 2011, 21:46

Edelknabe hat geschrieben:Und trotzdem...ist der Benz das Auto...unter den Autos....
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Bist du den mal im Winter in den Bergen gefahren...mit seinem Heckantrieb.....da sind kleine Berge schon mal ein Hindernis.... [angst]
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Edelknabe » 9. April 2011, 22:05

Mara, was ist Geld? Geld ist dazu da um ausgegeben zu werden. Ich lernte Leute kennen, die gaben mir damals in den 90zigern jeden Monat zig Tausend DM, nur um ihre Kohle gewinnbringend in einer aufstrebenden kleinen ostdeutschen Firma anzulegen. Die frasen ihr "eigenes im Darm" vor Geiz, die waren so dumm und geizig, geiziger geht es garnicht?
Aber so ist der Mensch und was war ein Benz, das ist ne Blechkiste, im Sekundentakt zusammengeschraubt von irgendwelchen Leiharbeitern im Hungerlohn.
Jörg...fuhr ich im Winter aus meiner Tiefgarage konnte es schon mal passieren, das der Hinterradantrieb dir einen Streich spielte....er rutschte einfach zurück und ich muss sagen:" Immer Schwein gehabt, das es keine Delle am Heck gab".
Der Trabant schlug sie wirklich Alle...mit seinem Frontantrieb.

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 9. April 2011, 23:44

Hallo S51, vielen Dank. [rose]

S51 hat geschrieben:Also wurden bei nächster Gelegenheit 26 DM verschämt im Müll entsorgt...


hat Dir Deine DDR-Erziehung dieses starke Rechtsgefuehl beigebracht ? [ich auch]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 9. April 2011, 23:48

Hallo Mara, [knuddel]

SkinnyTrucky hat geschrieben:....also für mich ging mit dem Westen eine Welt offen, in der man sich einrichten konnte wie es halt gefällt, die ganze Welt stand im wahrsten Sinne offen für einen, kein Gegängele nach sozialistischen Vorbild aber trotzdem sozial und womöglich noch sozialer als der Osten


Der letzte Satz ist schon erstaunlich. Das waere ein gutes Streitthema: "Inwiefern war der Westen noch sozialer als der Osten ?". [shocked]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 10. April 2011, 00:12

Hallo Rainer-Maria, [knuddel]

Edelknabe hat geschrieben:Nein, ich Idiot wollte einen niegelnagelneuen für über 60Tausend DM und legte mit Anzahlung in drei Jahren über 50 Tausend DM hin. Wo ich den Wagen abgab, da meinte der Verkäufer voll Respekt...der ist ja voll in Schuss und liese sich mit Wert wirklich gut weiterverkaufen".


Das ist schon viel Geld...gab es damals bestimmt oft. Die "Ossis" hatten doch das Geld von der Waehrungsunion, oder ?

Gibt es sonst jemand, der eine solche, stolze Summe fuer einen Fehlkauf ausgegeben hat ? [ich auch]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon SkinnyTrucky » 10. April 2011, 10:23

Berliner hat geschrieben:"Inwiefern war der Westen noch sozialer als der Osten ?". [shocked]


Tjaaa Duane, ein Beispiel hab ich ja schon gebracht.....zum Nixtun gab es damals richtig Kohle und man konnte sich unbeschwert in der Sonne rekeln.....ich hab's genossen(genossen kommt nich von Genosse)

groetjes uit Chiasso, wo ich mir gleich mal die Inliner anziehe und üben werde....

Mara
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon S51 » 10. April 2011, 12:59

Berliner hat geschrieben:...hat Dir Deine DDR-Erziehung dieses starke Rechtsgefuehl beigebracht ? [ich auch]

Berliner [hallo]


Indirekt vielleicht. Es war eher die Befürchtung bei einem zufälligen Kollegenbesuch "erwischt" und als ostzonaler Dauersünder von eifrigen Kollegen angezählt zu werden. Aus heutiger Sicht übertrieben. Damals hat man eigentlich vorzugsweise nicht an das Schlechte sondern mehr an das schlechtest Mögliche in allem geglaubt.
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon augenzeuge » 10. April 2011, 13:31

S51 hat geschrieben:
Berliner hat geschrieben:...hat Dir Deine DDR-Erziehung dieses starke Rechtsgefuehl beigebracht ? [ich auch]

Berliner [hallo]


Indirekt vielleicht.


Das war vielleicht eine politische Erziehung in der Armee. Eine allgemeine DDR-Erziehung war das mit Sicherheit nicht.
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon S51 » 10. April 2011, 14:33

augenzeuge hat geschrieben:[...Das war vielleicht eine politische Erziehung in der Armee. ...


Nein, Augenzeuge, die Armee war daran unschuldig. Das erste, was ich bei der Einberufung zu hören bekam, war der prophetische Satz "mit Disziplin haben sie es aber nicht so..."! Nur, weil ich mit der Bagage über den Platz abgekürzt habe. Der Satz hat mich dann drei Jahre verfolgt. weiß auch nicht warum.
Als US (Unteroffiziersschüler) bekam man Sätze zu hören wie "... könnt machen was ihr wollt, laßt ihr euch erwischen, seid ihr drann..." in der Taktikausbildung. In den drei Jahren habe ich eine Art doppeltes Leben geführt, wie nie wieder. Einerseits ein absolut dienstlich korrekter Uffz, andererseits gab es bei besonderen Einsätzen eigentlich nur ganz, ganz wenige dieser Regeln, die ich einzuhalten hatte. Nicht stiften gehen, keinen ohne Grund ..., Zeiten einhalten, Orte einhalten, Auftrag erfüllen, das war es eigentlich schon. Wie, das war meine Sache.
Natürlich hätte man mich "stückeweise an alle dienstlichen Kreuze genagelt", wäre etwas schiefgegangen. Das war mir immer durchaus klar. Ich war in der Hackordnung ja ganz unten.
Bei Polsenz ja, da ging es nach Recht und Gesetz. Natürlich. Doch hatte es wohl seinen Grund, dass man mich nach Karlshorst versetzt hat, wo mindestens 80 % aller Leute mit denen ich zu tun hatte, auf dem Standpunkt stand "Hier Karlshorst, nicht DDR, hier gelten unsere Regeln...". Ich weiß nicht, inwieweit es auf mich auch zutraf aber jene, die einige Jahre dort durchhielten, galten bestenfalls als unkonventionelle Polizisten. Jedoch auch als überproportional erfolgreich.
Nach der Wende dachte ich schon, jetzt bei Preußens korrekter Gloria gelandet zu sein. Der Theorie zu Folge war es auch so.
An die ersten Schichten beim Streifendienst Verbrechensbekämpfung (Umgangssprachlich Zivi) erinnere ich mich aber noch recht gut. Unser Chef "Sascha" erklärte mir denn auch folgende Einsatzmaximen: "Linien sind keine Mauern", "In jeder Farbe ist ein bischen Grün", "Regeln sind dazu da, zu wissen, wie man die Sache zu erklären hat". Dachte, er will mich verar... Die erste Einsatzfahrt hatte denn auch etwas von Dienstvorschriftsweltuntergang. Nicht nur vom Aussehen her. Aber wir haben gleich zwei Einbrecher geschnappt. Die haben tatsächlich nach der Polizei gerufen, als wir sie schon plattgemacht hatten. In der Nacht darauf erst Automarder (die wollten uns ihre geklauten Teile verkaufen!) und dann zwei Diebe. So konnte es gerne weiter gehen. Da war die Welt wieder schön. Daran konnte man sich durchaus gewöhnen. Eigentlich bestand gar kein so großer Unterschied.
Nein, für die Spur Korrektheit war eher die Familie verantwortlich. Die stregen Regeln, die man eigentlich über die gesamte Zeit gelebt hat.
Für die Rückversicherei war wiederum schon die DDR aber auch das bundesdeutsche System verantwortlich. Obwohl ich nach wie vor das Gefühl habe, dass man im DDR-System eher noch die zweite und dritte und vierte Chance zu erwarten hatte als heutzutage.
Inzwischen bin ich ich natürlich die Korrektheit in Person. Hat letztens meine Tochter einem ehemaligen Kollegen bestätigt, als er sie fragte, ob der Papa immer noch bei ... fährt. Dass sie dabei so komisch gelacht hat, habe ich nicht verstanden.
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon augenzeuge » 10. April 2011, 16:32

Ok, war ne gute Erklärung. [crazy]

Aber man wirft doch kein Geld weg....was man legal bekommen hat. Hättest es im schlimmsten Fall auch spenden können. Bring das nur nicht deiner Tochter so bei. Mach ich auch nicht. [grins] In dem Sinne.....
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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 11. April 2011, 18:46

Hallo Mara, [knuddel]

SkinnyTrucky hat geschrieben:Tjaaa Duane, ein Beispiel hab ich ja schon gebracht.....

stimmt genau, Danke. [grins]

SkinnyTrucky hat geschrieben:groetjes uit Chiasso, wo ich mir gleich mal die Inliner anziehe und üben werde....


werde glatt neidisch... [peinlich]

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon SkinnyTrucky » 11. April 2011, 18:56

Worauf biste neidisch Duane, das ich nach lang Palaver endlich den Finger gezogen habe und angefangen bin mit dem, was ich halt schon sehr lange vorhab.....?????

Wenn's klappt mit den Wochenenden frei zu bekommen, dann fahr ich dieses Jahr einmal mit bei der Skatenight Münster.....kuhl wah....da kannste dann erst richtig neidisch drauf sein....

Mara goes sporty...oder so, hahahahaha..... [flash]

Und ich sach dir....et klappt schon ganz gut mit dat Skaten....mir fehlt nur ein bisken die Condition.....

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Re: Der DDR-Bürger und die Wahrheit über den Westen

Beitragvon Berliner » 11. April 2011, 20:00

Hallo S51, vielen Dank. [rose]

S51 hat geschrieben:Nein, für die Spur Korrektheit war eher die Familie verantwortlich. Die stregen Regeln, die man eigentlich über die gesamte Zeit gelebt hat.


ich bin der Meinung, dass kein Staat "Moral" lehren kann. Die Familie ist fuer mich deshalb sehr, sehr wichtig. In der Familie lernt man mMn wie man sich zu verhalten hat und wie man das Leben zu verstehen hat.

S51 hat geschrieben:Obwohl ich nach wie vor das Gefühl habe, dass man im DDR-System eher noch die zweite und dritte und vierte Chance zu erwarten hatte als heutzutage.


Das ist interessant, was Du sagst. Eigentlich haette ich von einem kommunistischen System Haerte erwartet. [denken]

Wieso hat man in der DDR mehr Chancen bekommen ? Ist man mit den Menschen doch toleranter umgegangen, oder gab es einen anderen Grund ? [ich auch]

Danke, [hallo]
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