Zeitzeugen berichten 2

Wie waren die politischen Systeme der beiden deutschen Staaten zur Zeit des Kalten Krieges? Wo waren die Unterschiede? Gab es Gemeinsamkeiten?
Wie wurde die Politik auf beiden Seiten vermittelt?

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Volker Zottmann » 11. Juli 2019, 13:16

Schöner authentischer Beitrag, wo man sich doch wiederfindet.
Der Kackschmus-Text zum Schluss ist bezeichnender in der Schilderung als aller übriger Alltagstext.
Ohne diese gesülzten Zeilen gab es doch kaum einen Lebenslauf, mit dem man sich für etwas bewarb.
Die das lesen mussten, schüttelten sich selbst des öfteren, besonders wenn sie die Schreiber kannten...
Ja, so war die Zeit und das waren deren damaligen "Erfordernisse".

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 23. Juli 2019, 09:27

Wie ihre Tochter um die Erinnerung an die DDR-Künstlerin kämpft

Vor 30 Jahren starb die Malerin und DDR-Regimekritikerin Annemirl Bauer. Ihre Tochter kämpft seitdem dafür, dass sie nicht in Vergessenheit gerät.

Amrei Bauer fühlte sich betrogen. „Ich dachte, die wollen mich verarschen“, sagt sie. Neun Jahre liegt der Anruf beim Amt, der so vieles in Bewegung setzte, zurück. Amrei Bauer klingt trotzdem noch wütend, wenn sie davon erzählt. Wütend, wie auch ihre Mutter klingen konnte.

„Ich dachte: So nicht, nicht mit mir!“ Mit dem Telefonat begann ein Kampf, an dessen Ende ein Platz in Friedrichshain den Namen wechselte. Heute ist die Grünfläche am Ostkreuz nach Bauers Mutter benannt, der Frau, die ihrer Tochter beigebracht hatte, dass kleines Unrecht genauso so schwer wiegt wie großes.

Die Nachbarn erzogen Amrei Bauer mit, während ihre Mutter malte – tagein, tagaus, oft bis spät in die Nacht.

Sie malte nicht für Ruhm oder Geld, daraus machte sich die kleine Familie nie viel. Sie malte auch nicht aus Protest oder für die Sache der Frauen, obwohl viele Bilder mit politischer Botschaft daherkommen. „Es ging ihr um Gerechtigkeit“, sagt Amrei Bauer.


Eines ihrer bekanntesten Werke heißt „Der Himmel über Berlin ist unteilbar“ und zeigt die entzweite Stadt. Dass der DDR-Führung solche Bilder nicht gefielen, liegt nahe. Annemirl Bauer wurde Mitte der 80er Jahre aus dem Verband Bildender Künstler der DDR ausgeschlossen, was einem Berufsverbot gleichkam.

Bauer wollte die DDR trotz Spionage nicht verlassen

Die Staatssicherheit spionierte sie aus, verwüstete die Ladenwohnung am Helmholtzplatz und ließ es wie einen Einbruch aussehen, das erfuhr Amrei Bauer später aus der Stasi-Akte. Dennoch wollte ihre Mutter die DDR nicht verlassen, als man ihr die Ausreise nahelegte. „Es war ihre Heimat“, sagt die Tochter. „Sie hat an den Staat geglaubt und wollte ihn verändern.“

Der vollständige Beitrag hier:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/anne ... 87820.html
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 13. August 2019, 15:14

Lieber Kinderheim als Leipziger Osten!

Leipzig - Aus Angst vor Vergewaltigungen steckte ihre Mutter sie ins Kinderheim!
Uschi Brüning, die jazzigste Stimme der DDR. Schon vor der Wende im Westen gefeiert, Bühnenpartnerin von Manfred Krug, Sängerin des legendären Günther-Fischer-Quintetts.

Jetzt, kurz vor ihrem 72. Geburtstag (4. März), hat die Leipzigerin ihr Leben aufgeschrieben*. Und ihre Heimatstadt kommt dabei gar nicht gut weg...

„Meine Welt reichte über den Osten von Leipzig, gelegentliche Ausflüge zum Zoo und manche Straßenbahnfahrt nicht hinaus“, schreibt Brüning. Und das Leben rund um die Marthastraße 3 (heute Rabet) war im Nachkriegs-Leipzig gefährlich:

“Eines Tages, als ich wieder einmal allein durch unser Viertel streunte, näherte sich mir ein Sittlichkeitsverbrecher, der sich in der Gegend herumtrieb. Er lockte mich mit dem Versprechen, mir etwas Süßes zu geben, in einen Hausflur und zeigte sich“, schreibt sie.

Das damals fünfjährige Mädchen konnte entkommen, erzählte ihrer Mutter Clärchen alles. Und die war in höchster Sorge, konnte sie sich doch nicht wirklich um das: Denn seitdem Uschis Vater das Weite gesucht hatte, musste die Mutter in drei Schichten als Kaltmamsell in der Zoo-Gaststätte arbeiteten. Also schickte sie Uschi und ihre ältere Schwester Inge (10) fort, in ein katholisches Kinderheim nach Engelsdorf!

Immer wieder flüchteten die Mädchen aus dem Heim nach Hause; immer wieder wurden sie zurück gebracht und bestraft. Uschi Brüning habe Angst gehabt, dort niemals wieder raus zu kommen, zu verhungern oder „von einem Ungeheuer verschlungen“ zu werden.

„Nur wenn ich sang, ging es mir besser. Dann fühlte ich mich lebendig, konnte vergessen, wo ich war.“ Dass daraus mal eine grandiose Bühnenkarriere werden sollte, hätte sie nie gedacht: „Ich sang damals lediglich die Angst weg“, sagt Uschi Brüning.

https://www.bild.de/regional/leipzig/le ... .bild.html
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 8. September 2019, 11:25

Drei Tage an der Flut

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August im Jahr 2002: Seit Tagen habe mir ich die Berichte über die Hochwasserkatastrophe im Fernsehen angeschaut – erschüttert, wie wohl die meisten. Anfangs war noch alles wie in einer anderen Welt, bis mir ein guter Freund von seiner Freundin aus Dresden erzählte. Die Familie hatte ein Lokal, das in den Fluten versunken ist. Plötzlich war die Katastrophe nicht mehr weit weg von mir. Stattdessen wuchs der Zorn über all die, die nicht halfen – mich selber eingeschlossen. Das Schlüsselerlebnis aber war banaler: Ein Einkauf bei Hertie, ein mitgehörtes Gespräch zweier Frauen, die eine bezeichnete es als Katastrophe, dass ihr teures Kleid bereits nach einem Jahr nicht mehr modern war. Dabei verloren nur 100 Kilometer entfernt die Menschen ihr Zuhause, all ihr Hab und Gut und ihre Arbeit.
Meine Entscheidung war klar: Am nächsten Tag wollte ich ins Hochwassergebiet, um den Menschen zu helfen, die dort unermüdlich gegen das Wasser kämpften. Noch hatte ich ja ein paar Tage Urlaub, die wollte ich nutzen.

Ein Freund hatte mir schon vorher erzählt, dass er mit dem Technischen Hilfswerk nach Dessau fahren würde, dort wollte ich mit. Doch der Zug war schon abgefahren, früher als geplant. Im Radio sagten sie, dass nun auch Wittenberg bedroht sei, die Stadt, in der Martin Luther einst seine Thesen an die Tür der Schlosskirche genagelt hatte, stand unmittelbar als nächstes auf der Liste des Hochwassers.
Meine Entscheidung für Wittenberg fiel aber auch aus einem anderen Grund: Von allen in Frage kommenden Städten lag sie als einzige östlich der Elbe, also auf der “Berliner Seite”. Da man damit rechnen musste, dass auch die Elbbrücken gesperrt werden, wollte ich nicht plötzlich auf deDas Technische Hilfswerk war überall präsentr “falschen” Seite des Flusses stehen.
Also Wittenberg.

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Die Stadt hatte am Bahnhof für freiwillige Helfer einen Anlaufpunkt aufgebaut, doch soweit kam ich nicht mehr. Auf der Straße hielt neben mir ein Jeep, der auf einem Anhänger Sandsäcke geladen hatte. Der Fahrer, ein höchstens 17-jähriger Glatzkopf, nahm mich mit. Er sagte, dass er sich das Auto von seinem Vater “geliehen” hätte, ohne dessen Wissen. Er hätte auch keinen Führerschein, aber die Polizei hatte im Moment auch andere Probleme. Wir fuhren über die 1.800 Meter lange Brücke über’s Wasser, direkt am anderen Ufer liegt Pratau. Der Stadtteil war jedoch von der Feuerwehr abgesperrt, sie schickten uns Richtung Westen. Es ging etwa einen Kilometer weit über eine enge Straße nach Kienberge, einem weiteren Vorort Wittenbergs. Hier musste sich mein Fahrer an eine Schlange verschiedenster Fahrzeuge anstellen: Große Sattelschlepper standen hinter kleinen Lieferwagen, sogar mit Sandsäcken beladene Pkws warteten darauf dass sie ihre Fracht abladen konnten.

Bild

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https://www.berlinstreet.de/76
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 4. Oktober 2019, 08:16

DDR-Flucht über Ungarn - Zeltlager mit Stasiterror inklusive

Im Spätsommer 1989 strömten täglich hunderte DDR-Flüchtlinge in die Auffanglager von Budapest - für die Einsatzkräfte der Malteser ein Großeinsatz. Unser Autor Airen, damals sieben Jahre alt, war unter den Geflüchteten.

https://www.spiegel.de/geschichte/ddr-f ... 89456.html
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon zonenhasser » 4. Oktober 2019, 08:55

Am Tag vor Weihnachten fuhren wir in die DDR. Wir betraten unsere Neubauwohnung, die wir vier Monate zuvor verlassen hatten. Es lag kein Korn Staub. Jemand hatte den Überbau von der Schlafzimmergarnitur abmontiert. Im Wohnzimmer lagen zwei Stapel mit Briefen. Auf dem einen stand: "Briefe von Herrn K. an Frau K.". Auf dem anderen: "Briefe von Frau K. an Herrn K.".


Das erinnert mich an folgenden Witz:

Ein DDR-Bürger schreibt an seine Oma im Westen: "Liebe Oma, die Pistole ist angekommen. Du kannst jetzt die Munition schicken." Nach einiger Zeit: "LIebe Oma, Du kannst jetzt die Tulpenzwiebeln schicken - die Stasi hat den Garten umgegraben."
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 5. Oktober 2019, 09:23

Nachbarschaft

Micha Kähne ist der Bildhauer „MK Kähne“. Er wurde 1963 in Litauen geboren, wuchs in Moskau und Berlin auf und wirkte 1989 in Prenzlauer Berg als Teil der Anarcho-Subkultur. Kähne ist einer von knapp 150 Zeitzeugen, die die Künstlerin Karla Sachse für ihr Projekt „Aufbruch 1989 – Erinnern 2019“ interviewt hat.

„Ich bin Micha Kähne. Die Jahre rund um den Mauerfall war ich im Umfeld der Berliner Anarcho-Bewegung unterwegs. Musiker, Philosophen, Künstler, Schauspieler.

Der Staat DDR spielte für uns keine Rolle. Ich würde sogar sagen, wir lebten in einer Parallelgesellschaft. Vom Staat wurde nichts mehr erwartet, Freiräume wurden erobert, Wohnungen besetzt. Materielle Sachen waren uns unwichtig, Karriere war ein Schimpfwort. Talentierte oder geniale Spinner und Außenseiter waren mir sympathisch beziehungsweise meine Freunde.

Ich selber kann mich an politische Diskussionen zum Thema DDR gar nicht erinnern, weil eh alles klar war. Ich habe auch keine Ostzeitungen gelesen. Ich wusste natürlich Bescheid über Positionen und Dissidenten. Freunde von mir waren involviert und hatten zum Teil Ausreiseanträge laufen oder waren schon ausgereist.

Mit den Behörden und der Stasi gab es ein Katz-und-Maus-Spiel, zumindest Ende der 80-er Jahre. Wir nahmen uns das, was wir wollten, und wenn wir dann aufflogen, haben wir einfach ahnungslos getan. Ich denke, die Behörden und die Stasi waren einfach überfordert, weil es schon zu viele gab, die nicht mehr mitspielten. Für uns waren regelmäßige Ausweiskontrollen auf dem Alexanderplatz eher eine Auszeichnung. Das bewies, dass man anders ist. Und irgendwie kam man sich auch gefährlich vor. Die Generation vor uns hatte es einfach schwieriger.

Ich will das jetzt nicht verharmlosen, natürlich gab es auch eine rote Linie. Wenn man die überschritten hatte, gingen tatsächlich die Türen zu. Ausbildung, Studienplatz undsoweiter. Oder eben tatsächlich Gefängnis. Es gab auch Sachen wie ein Berlin-Verbot oder eine Arbeitsplatzbindung.

Neben der territorialen Enge in der DDR war für mich die geistige Enge ein Problem. Es gab einen bestimmten Kunstkanon. Und diese Schizophrenie, dass man übers Westfernsehen wusste, was in der Welt für Kunst gemacht wurde, für Bücher geschrieben und Filme gedreht wurden. Davon ausgeschlossen zu sein, war natürlich ein Problem. Wir hatten trotzdem unseren Spaß. Fatalismus ist ein Grundgefühl, das ich mit dieser Zeit verbinde. Aber „No Future“ war ja auch in London cool.

Für viele meiner Freunde gab es drei Optionen, die real waren. Ausreiseantrag. Oder Kunst machen und kaum ausgestellt werden, nebenbei einen Job haben, vielleicht als Heizer. Oder sich in irgendeiner Nische als Künstler in der DDR einrichten. Der Fall der Mauer hat mir diese Entscheidung abgenommen.

Ich war damals 26 Jahre, das war ein gutes Alter für so einen Umbruch. Man war nicht festgelegt. Außerdem hatte ich schon Erfahrung mit Umbrüchen, ich bin mit 16 mit meinen Eltern von Moskau nach Berlin gezogen.

Der Kindergarten DDR hatte einfach keinen Erzieher mehr. Die Zeit nach dem Mauerfall war deshalb besonders. Ich kann mich an fast dadaistische Situationen erinnern. Als ich bei Rot über die Straße gelaufen bin, standen auf der anderen Straßenseite Polizisten mit Ost-Uniform, aber schon mit West-Mütze. Die hatten fast Tränen in den Augen, weil sie nicht wussten, wie sie mit mir umgehen sollen.

Die Freiheit und der Idealismus, die nach dem Mauerfall herrschten, waren ein Vakuum. Das war schnell vorbei. An die Stelle traten ökonomische Zwänge, politische Spielregeln und die Treuhand, die dilettantisch agiert hat.

Ich habe dann angefangen, Ausstellung in Galerien zu machen. Ich selbst bin jetzt mit den Realitäten nicht immer einverstanden. Aber ich habe das Gefühl, man kann sich dazu verhalten. Außerdem lebe ich lieber in einer komplexen Welt als in einem abgesperrten Biotop, wie es die DDR war. Ich mache auch noch politische Arbeiten.

Aber an revolutionäre Umbrüche glaube ich nicht mehr. Dazu braucht man Naivität, die ich inzwischen nicht mehr habe.“

https://leute.tagesspiegel.de/pankow/un ... /03/97812/
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 9. Oktober 2019, 08:52

Gedanken zur DDR
7. Oktober 2019 Aro Kuhrt Weblog
Anlässlich des 70. Jahrestags der DDR, den sie nie erlebt hat, habe ich den Artikel nochmal hervorgekramt.

In Diskus­sionen zur DDR gibt es oft nur zwei Meinungen: Dafür oder dagegen. Manche, die den Staat verteidigen, nennen die soziale Sicherheit an erster Stelle und dass es dort (angeblich) keine Faschisten gab und keine Kapitalisten, die die Arbeiter ausplünderten. Die Gegner führen die Überwachung und Repression an, die fehlende Freizügigkeit beim Reisen und dass die Bürger keine Rechtssicherheit hatten. Beide sind in ihren Standpunkten nicht bereit, auch wenigstens Teile der anderen Meinung zuzulassen, was eher einem Glaubensstreit ähnelt, als einer politischen Argumentation.

Ich selber kenne die DDR von zwei Positionen aus. Kurz nach meiner Geburt wurde die Mauer gebaut, für mich war sie also Normalität und “drüben” lag ein ganz anderes Land. Von meinem Kinderzimmerfenster aus sah ich, wie in diesem anderen Land ein Turm immer höher gebaut wurde, schließlich bekam er noch eine Kugel, das war sehr spannend. Aber es war wie fernsehen, irgendwo anders, unerreichbar.

Anfang und Mitte der 80er Jahre arbeitete ich in für eine Firma, die auch Künstler aus der DDR betreute. So lernte ich plötzlich die andere Seite kennen. Manchmal hielt ich mich wochenlang dort auf, zwischen Rostock und Zittau lernte ich auch den Lebensalltag kennen. Dieser Alltag unterschied sich zwar an vielen Punkten von dem im Westen, aber im Allgemeinen lief er nicht anders ab. Auch dort gingen die Leute zu ihrem Job, mit dem sie sich nicht identifizierten. Auch dort schimpften sie auf “die da oben”, wenn auch mit größerem Risiko als im Westen. Und auch dort hatten die Leute unerreichbare Träume.

Die äußeren Verhältnisse waren anders, alles war grauer, wohl weil die Leuchtreklame und die bunten Autos fehlten. Vieles in der DDR der 1980er war so, wie es in den 50ern auch in der Bundesrepublik gewesen sein muss. Unfertig, improvisiert, eher funktionell als schön. Aber deshalb nicht schlechter, auch wenn viele im Westen (und leider auch im Osten) es so gesehen haben.
Das, was an den Zuständen in der DDR kritisiert wurde, gab es natürlich. Schon wer gegenüber eines Polizisten ein zu loses Mundwerk hatte, konnte vorgeladen werden. “Staatsfeind” zu werden, war einfach, in meinem Fall reichte es schon einen Punk nur zu kennen, um dann jahrelang Einreiseverbot zu bekommen.


Hier geht es weiter:
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Nostalgiker » 9. Oktober 2019, 09:03

Ein halbwegs sachlicher Beitrag.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon zonenhasser » 9. Oktober 2019, 09:51

Vielleicht hätte die DDR noch eine Chance gehabt, wenn Ende der 70er Jahre andere, offenere Menschen an ihrer Spitze gekommen wären. Leute, die das Recht der Bürger auf eine eigene Meinung ernst genommen hätten und die sich bemüht hätten, die Wirtschaft zu reformieren. Wären die 5-Jahres-Pläne abgeschafft, Privatbetriebe zugelassen und der Handel mit dem westlichen Ausland intensiviert worden, wären die positiven Seiten der DDR, die soziale Absicherung ihrer Bürger, vielleicht finanzierbar gewesen. Wahrscheinlich aber hätte Leonid Breschnew, der große Bruder in Moskau, eine solche Entwicklung nicht zugelassen. Insofern hatte das Land schon damals keine Zukunft mehr.


Die DDR hatte nie eine Chance. Bei freien Wahlen hätten immer die gewonnen, die eine Wiedervereinigung anstrebten. Wenn es dazu - aus was für Gründen immer - nicht gekommen wäre, wären bei freien Reisemöglichkeiten die Leistungsträger immer in den Westen gegangen, und übrig geblieben wäre Der Dumme Rest.
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 18. Oktober 2019, 07:04

Zeitzeugenberichte nach Epoche

Kaiserreich
I. Weltkrieg
Weimarer Republik
NS-Regime
II. Weltkrieg
Nachkriegs­jahre
Geteiltes Deutschland
Deutsche Einheit
Globali­sierung


https://www.dhm.de/lemo/zeitzeugen
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 19. Oktober 2019, 08:45

Vor 30 Jahren Friedliche Revolution auch in Kleinolbersdorf-Altenhain

von Karlheinz Reimann, geschrieben im September 2019

Das Jahr 1989 war in der DDR ein sehr bewegtes Jahr mit bis dahin nicht vorstellbaren Ereignissen. Die Bewegung ging zunehmend von den Bürgern aus, während die Führung von Partei und Staat immer mehr in Sprachlosigkeit und Erstarrung verfiel. Die angeordnete Wahlfälschung zu den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 wollten viele Bürger nicht mehr ohne Widerspruch hinnehmen. Die Zahl der Ausreiseantragsteller stieg im Sommer 1989 sprunghaft an.

Einen Ausreiseantrag zu stellen war eine Zäsur für die ganze Familie. Mit der Abgabe des Antrags wurden die Familienmitglieder zu Staatsfeinden erklärt. Es begann die Ausgrenzung durch staatliche Stellen, oft auch mit Konsequenzen für den Arbeitsplatz, für die Kinder die Stigmatisierung in der Schule mit Konsequenzen für ihre Ausbildungschancen. Wenn nach in der Regel mehrjähriger Wartezeit der Antrag endlich genehmigt wurde, musste die Familie innerhalb von Stunden die DDR verlassen.

Das meiste Hab und Gut ging verloren, zehn Pakete pro Person waren mitzunehmen erlaubt, das eigene Häuschen musste vorher zum in der DDR üblichen Spottpreis verkauft worden sein. Es war ein Abschied von Eltern, Geschwistern und Freunden auf Lebenszeit. Die Ausreise hatte eine Ähnlichkeit mit einem tödlichen Unglücksfall einer ganzen Familie. Mancher Ausgereiste hat Mutter und Vater in der DDR niemals wieder gesehen. Trotz allem sollen 1989 ca.150.000 Ausreiseanträge anhängig gewesen sein. Ein Sohn, die Schwiegertochter und die vierjährige Enkelin von uns waren im Sommer 1989 auch darunter.

Wer das nicht wollte oder konnte, musste sich in der DDR einrichten, so gut es ging. Man kann 40 Jahre Leben der Menschen in der DDR nicht auf Stasi, Knast und Mauer mit Minenfeld und Schießbefehl reduzieren - so unvergessen menschenverachtend diese Umstände und der chronische Mangel an vielem waren - und ihre Biografien abwerten, weil sie ihr Leben auch unter diesen Umständen gestalten mussten. Das Leben war vielfältiger, die kreativen Menschen haben nicht ohne Erfolg versucht, für sich das Beste daraus zu machen. Die Teilhabe an kulturellen Werten wie Theater, Konzerten, Literatur oder Kunst war finanziell für jeden problemlos. Einige materielle Vergünstigungen und besonders die Förderung junger Ehepaare seit Mitte der 1970er Jahre wurden gern angenommen. Für die Einen galt es als Beweis für die Überlegenheit des Sozialismus, für die Anderen war es ein Trostpflaster in der inneren Emigration.

Mit dem längeren Beitrag und Dokumenten, wie einer Speisekarte des Berolina Hotels aus dem Jahre 1969, sowie einer Mitteilung der "Freien Presse" Karl-Marx-Stadt vom 2. Oktober 1989 über die Abschiebung von Bürgern der DDR aus den Botschaften der BRD mit den "Zügen in die Freiheit" durch die DDR nach Hof, geht es hier weiter:

https://www.chemnitzer-geschichten.de/i ... revolution
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon augenzeuge » 19. Oktober 2019, 08:56

Interessierter hat geschrieben: Das meiste Hab und Gut ging verloren, zehn Pakete pro Person waren mitzunehmen erlaubt


Das ist falsch. Wer es clever anging, konnte sich durch Verwandte in der DDR noch einen Umzugscontainer hinterschicken lassen.

Die kauften dann noch schnell von dem Geld, was die Ausgereisten nicht mitnehmen durften, persönliche Dinge, Bücher, Haushaltswaren, Teppiche, die man anfangs im Westen auch gebrauchen konnte. Nicht ausführbare Technikartikel wie Fotoapparate ging natürlich nicht. Das erfolgte dann ggf. über den Umweg CSSR. Am Ende wurde alles vom DDR Zoll kontrolliert und verplombt.

Allerdings konnte die Lieferung des Containers schon wenige Monate dauern. Aber es ging.

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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 27. Oktober 2019, 08:55

Das Geheimnis des Wäldchens vor dem Adelsbergturm und der schwierige kommunale Neubeginn 1990

Dies ist die Geschichte des atemberaubenden Umbruchs in unseren beiden Dörfern Kleinolbersdorf und Altenhain am Stadtrand von Chemnitz in den ersten Jahren nach dem Mauerfall, wie sie sich so oder so ähnlich in vielen Ortschaften der überraschend implodierten DDR ereignet hat. Eine Geschichte von Bestandsaufnahme, anfänglicher Ratlosigkeit, Herausforderungen, Überraschungen, Schwierigkeiten und beachtlichen Erfolgen. Eigentlich nichts Besonderes, nur dass sie mit vielen Erinnerungen aufgeschrieben und als Historie gegen das Vergessen für Nachgeborene bewahrt wurde.

Wer von Kleinolbersdorf auf den Wanderwegen zum Adelsbergturm läuft, kommt zunächst an einer vorgeschobenen Waldzunge vorbei. Von hier steigt das Gelände bis zum Adelsberg mit seiner Höhe von 508 Metern nur noch wenig an. Altbürgermeister Johannes Ebert wollte hier oben ab 1930 einen Hochbehälter für die örtliche Trinkwasserversorgung von Kleinolbersdorf errichten lassen. Erste Erdarbeiten zur Bodenerkundung hatte man bereits vorgenommen. Das Vorhaben wurde Mitte der dreißiger Jahre abgebrochen und auch nach dem Ende des Krieges nicht wieder aufgenommen. Künftig sollte die gesamte Trinkwasserversorgung aus dem zentralen Leitungsnetz von Chemnitz erfolgen.

Das geheimnisvolle Bauvorhaben

Im Spätsommer 1988 rückten in diesem Wäldchen Bauarbeiter an. Als erstes wurde die gesamte Waldzunge diskret eingezäunt und ein gekrümmter Zufahrtsweg bis zur Mitte angelegt, wo auf einer Fläche 50m lang und 40m breit alle Bäume gefällt wurden. Am Zaun standen nun Schilder mit der Aufschrift: „Trinkwasserschutzgebiet. Betreten verboten!" Später kam schweres Gerät zum Einsatz. Mit Baggern und Bulldozern wurde eine Baugrube von etwa 35m Länge, 15m Breite und 4m Tiefe ausgehoben und die enormen Erdmassen seitlich aufgetürmt. Vom Ende der heutigen Straße „Zum Adelsberg" in Kleinolbersdorf über das freie Feld bis zur Baustelle schürften Bagger einen Graben, in dem man eine Trinkwasserleitung und ein Stromkabel verlegte. Die gleichen Versorgungsleitungen wurden vom „Breitenlehn" in Adelsberg und ein drittes Mal von der Gaststätte „Jägers Ruh" in Euba herangeführt.

Diese ehemalige Gaststätte war damals eine Dienststelle der Staatssicherheit, in der acht Spezialisten mit der Entwicklung und Herstellung „operativer Technik" wie akustischen Lauschanlagen im Regenschirm als Reflektor oder dem Einbau von Miniaturkameras in Damenhandtaschen beschäftigt waren. Im Sommer 1989 war in der Baugrube zur Hälfte eine Bodenplatte aus Beton von einem dreiviertel Meter Dicke fertiggestellt. Dann wurden durch die politische Entwicklung im Herbst 1989 alle Arbeiten im Wäldchen eingestellt. Bis dahin gab es in einer Baubaracke nur einen einzigen Telefonanschluss, aber bei der Deutschen Post war mit Vorrang die Projektierung einer PCM30-Anbindung des Objektes in Bearbeitung. Verbindungsoffiziere der Roten Armee in Karl-Marx-Stadt zur Deutschen Post verfügten über Kartenmaterial, in dem die Umgebung der Baustelle einschließlich Teilen von Kleinolbersdorf besonders gekennzeichnet war – als „gefährdetes Gebiet im Falle militärischer Kampfhandlungen", wie sie die verantwortlichen Mitarbeitern der Deutschen Post knapp wissen ließen.

Hier geht es weiter:
https://www.chemnitzer-geschichten.de/i ... eginn-1990
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 28. Oktober 2019, 14:10

Wie ein Stasi-Opfer seine Haft verarbeitet

Der Berliner Künstler Harry Santos führt Besucher durch das ehemalige Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen. Im Jahr 1983 war er hier inhaftiert. Sein Sohn hat darüber nun einen Dokumentarfilm gedreht.

Bild

Das ehemalige Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit der DDR ist ein weitläufiger Gebäudekomplex mit hohen Mauern, Stahltüren und vergitterten Fenstern. Heute beherbergt der Bau im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen eine Gedenkstätte. Harry Santos führt eine Besuchergruppe durch die Anlage, die er schon 1983 von innen kennenlernte, denn er saß hier als Häftling ein. Nur kurze Zeit, aber er erinnert sich noch lebhaft daran: an die Einzelzelle, an die Angst, die Verhöre.

Ein Ausreiseantrag und die Folgen


Den Besuchern in Hohenschönhausen, die ihm durch die Gebäude und Höfe des ehemaligen Gefängnisses folgen, erzählt Santos seine Geschichte. Alles fing damit an, dass er die DDR verlassen und in den Westen übersiedeln wollte. Seine Freundin war schon dort, er sollte nachkommen. Er stellte mehrere Ausreiseanträge. Als diese abgelehnt wurden, plante er mit einem Freund die Flucht. Doch die beiden jungen Männer wurden verraten und landeten im Gefängnis.

Santos wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Doch die Strafe musste er nicht absitzen, denn er wurde vorzeitig entlassen - die Bundesregierung hatte ihn freigekauft. Am 4. August 1983 verließ er die DDR und zog nach Westberlin. Doch zunächst fiel es ihm nicht leicht, sich im Westen einzuleben. Mit seiner kritischen Haltung zur DDR habe er wenig Verständnis gefunden. Gerade im linken Milieu habe man Sympathie für den Arbeiter- und Bauernstaat gehabt.

Als sechs Jahre nach seiner Ausreise die Mauer fiel, konnte sich Santos erst nicht so richtig freuen. "Ich hatte für meine Freiheit kämpfen müssen, die anderen bekamen sie umsonst", so beschreibt er sein Gefühl von damals. Doch schon bald wich das Unbehagen der Freude und dem Gefühl des Triumphs. "Wir hatten Recht behalten", erklärt er heute. "Wir hatten schon immer gesagt, dass man nicht in Unfreiheit leben kann. Wir waren die Sieger."

https://www.dw.com/de/wie-ein-stasi-opf ... /a-5908516
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 29. Oktober 2019, 14:00

Erste freie DDR-Wahl

Vor 20 Jahren durften die DDR-Bürger erstmals ihr Kreuz machen, wo sie wollten. Bürgerbewegungen und gewendete Blockflöten, die umbenannte SED und Ableger von Westparteien kämpften um ihre Stimmen. Als Wahlkampfhelfer aus dem Westen erlebte Bernhard F. Reiter die historische Abstimmung hautnah.

https://www.spiegel.de/geschichte/erste ... 50057.html
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 2. November 2019, 10:11

Wie die heutige Bezirksbürgermeisterin hinter dem Lenkrad eines DDR-Taxis in den Westen reiste – und sich der spätere Bundesgesundheitsminister auf der Autobahn Leipzig-Berlin übergab

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Wie die heutige Bezirksbürgermeisterin hinter dem Lenkrad eines DDR-Taxis in den Westen reiste – und sich der spätere Bundesgesundheitsminister auf der Autobahn Leipzig-Berlin übergab. Für sie ist es ihre schönste Mauerfall-Geschichte – sie ereignete sich allerdings schon einige Wochen vor dem 9. November 1989: Damals war Cerstin Richter-Kotowski noch keine Abgeordnete, Stadträtin oder wie heute Bezirksbürgermeisterin. Sie war aktives Mitglied der Jungen Union und gehörte deren Bundesvorstand an.

Im September 1989 klingelten der damalige Bundesvorsitzende der Jungen Union und spätere Bundesgesundheitsminister, Hermann Gröhe, und der heutige Daimler-Manager Eckart von Klaeden bei ihr an: Man müsse doch mal Kontakt zur Jugendorganisation des Demokratischen Aufbruchs in Leipzig aufnehmen. „Hast Du eine Auto? Können wir zu Dir nach Berlin kommen und losfahren?“ Über Dreilinden – die beiden Westdeutschen mit ihren Pässen, Cerstin Richter-Kotowski als West-Berlinerin mit einem Passierschein – reisten die drei Christdemokraten in die DDR ein. „Ich habe das damals im Forum Steglitz in der Passierscheinstelle beantragt“ – an den Zooladen nebenan, im Schaufenster tummelten sich kleine Hunde und Katzen, erinnert sie sich noch gut.

Bild
Cerstin Richter-Kotowski, CDU.

„Auf der Autobahn nach Leipzig hat mein Auto plötzlich am Armaturenbrett so komisch geblinkt.“ Das Trio hielt auf dem Seitenstreifen, Motor an, Motor aus – die Warnleuchte erlosch. Glücklich kamen sie in Leipzig an, trafen dort junge Leute vom Demokratischen Aufbruch und führten ihre Gespräche. Anschließend aßen sie gemeinsam im Leipziger Ratskeller, Hermann Gröhe und Eckehard von Klaeden langten kräftig zu, Cerstin Richter-Kotowski nahm nur eine Kleinigkeit zu sich. Dann hieß es – zurück nach hause. Denn das Visum lief um 1 Uhr in der Nacht ab, dann musste das Trio wieder ausgereist sein.

Hier geht es weiter:
https://leute.tagesspiegel.de/steglitz- ... -uebergab/
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon zonenhasser » 2. November 2019, 10:24

„Er hakte das Abschleppseil aus und ließ uns auf der Straße der sowjetischen Befreiung stehen.“

Richtig: Bild
Auf der Autobahn mussten sie wieder auf dem Standstreifen halten: Die beiden Männer hatten sich im Leipziger Ratskeller den Magen verdorben und übergaben sich über die Leitplanke.

Bild
Wohl die "Tote Oma" nicht vertragen.
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 3. November 2019, 12:11

Da ich schon immer gerne lange Briefe zu meiner Verwandtschaft schrieb und meine Briefe immer gerne gelesen wurden, begann ich nach dem Fall der Mauer Geschichten aus dem Leben zu schreiben. Schon mit 16 Jahren wollte ich meine Memoiren schreiben, ob da viel zusammengekommen wäre, möchte ich heute bezweifeln. Nach dem Fall der Mauer hatte ich Zeit und begann mit einer Familienchronik sie beginnt mit meinen Urgroßeltern. Eine zusammengestellte Ahnentafel beginnt 1651. Ende der Chronik ist der Fall der Mauer 1989. Damit sie viele lesen können habe ich mich entschlossen sie im Internet zu veröffentlichen.

Meine Kindheit in der Deutschen Demokratischen Republik
von Christel Dux

Meine Eltern heirateten 1948 im Februar am Valentinstag. Ich bin ein echte Berlinerin. Im Dezember 1948 in Berlin-Köpenick geboren, lebe ich heute noch in diesem Bezirk. Mein Leben und das meiner Vorfahren habe ich in einer Familienchronik aufgeschrieben die ich auch im Internet veröffentlicht habe.
Wie ich meine Kindheit in Berlin verlebte in den Jahren vor dem Mauerbau möchte ich hier einmal berichten. Es fällt mir schwer alles das was ich damals so erlebte in einer Kurzfassung zu bringen. Dennoch werde ich es versuchen.

Im Sommer gingen wir öfter zu einer Bekannten in den Garten und ich durfte mit ihren großen Hund Teddy, ein Bernhardiner, spielen. Am Anfang hatte ich natürlich Angst vor diesem großen Hund, er war aber harmlos, und dann setzte mich Frau Stark auf den Hund, der mich gemütlich durch den Garten trug, von nun an war er mein Freund. Natürlich gab uns Frau Stark auch Obst mit besonders viel Johannisbeeren. Mein Vater machte dann immer Obstweine daraus.

Einmal wollte Papa Hagenbuttenwein herstellen, statt aber alles richtig mit einem Gärröhrchen zu verschließen, ließ er sich beeinflussen und machte den Weinkrug fest zu, wie ihm gesagt wurde. Der Wein begann zu gären und gären, es gluckerte immer ziemlich gefährlich im Weinkrug. Es sollte auch nicht lange dauern, dann gab es in der Nacht einen Knall, und der Weinkrug zersplitterte vollkommen. Der Wein floss in Strömen durch die Küche, es stank erbärmlich nach Suff, und überall lagen Körner verstreut. Die Reinigungsarbeiten hörten nicht mehr auf.

Mein Vater nahm mich manchmal mit in den Keller wenn er Wein abfüllte. Einmal durfte ich auch am Schlauch nuckeln. Papa und ich nuckelten immer abwechselnd und bald waren wir beide ziemlich voll. Wir schlichen die Treppe hinauf.
Der Schlüssel passte auf einmal nicht mehr und wir klingelten. Mutti öffnete um schimpfte uns aus. Artig setzten wir und an den Tisch, ich nahm meine Gabel und merkte nur noch wie ich langsam rechts von meinem Stuhl fiel. Mutti brüllte: “Um Gottes Willen du hast das Kind betrunken gemacht!” An mehr kann ich mich nicht mehr erinnern, nach den Erzählungen meiner Mutter war Papa auch ganz schön blau. Ja, aber es schmeckte auch zu gut, man konnte nicht aufhören zu trinken. Noch oft sind bei Feierlichkeiten die Männer auf einmal verschwunden, man fand sie immer im Keller. Nur ich, ich durfte nicht mehr mit in den Keller, Wein und Keller war für mich von nun an verboten.

Der Aufstand 1953

1953 kaufte Papa ein Motorrad, eine BMW und einen Beiwagen. Unsere erste Reise führte uns zu einem Bauernhof im Harz.
Begann eine Reise zogen sich meine Eltern adrett an. Sie hatten sich Ledermäntel gekauft und wir hatten alle drei eine Motorradmütze (aus Leinen) auf. Lächerlich, wenn man bedenkt wie heute die Motorradfahrer ausgestattet sind, sogar Fahrradfahrer haben einen Helm auf, und wir mit unseren Leinenmützen, aber damals trug jeder Motorradfahrer eine Leinenmütze und einen Ledermantel und eine Motorradbrille.

Als wir am 16. Juni 1953 von einem Spaziergang zurückkamen, wurden wir schon erwartet und die Bäuerin sagte uns, wir sollen sofort Nachrichten hören, in Berlin wäre etwas los. Aufgeregt gingen meine Eltern in ihr Zimmer, schalteten das Radio ein, und wir hörten von einem Volksaufstand in Berlin. Die Bauarbeiter der Stalinallee, die neue Prunkstraße des Staates, demonstrierten gegen eine höhere Arbeitsnorm, alle anderen Bauarbeiter solidarisierten sich. Für den 17.6.1953 wurde zum Generalstreik aufgerufen.
Wie nun allgemein bekannt ist, wurde der Aufstand, mit Hilfe der Russen, blutig niedergeschlagen. Wir fuhren gleich am nächsten Tag nach Hause, man sprach schon von Krieg. Ich habe gelesen mindestens 1.400 Personen wurden wegen “faschistischer Provokation”, zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Zum Glück gab es kein Krieg, es wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, dass hieß für uns am Abend durfte niemand mehr auf die Straße.

Der vollständige Beitrag hier:
https://www.berlinstreet.de/1504
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon augenzeuge » 3. November 2019, 12:18

Das wird ja noch besser....

....und gleich von der ersten Klasse an wurden wir politisch geschult. Es gab nur ein Motto: “Der Imperialismus will Krieg, und die Amerikaner sind Imperialisten”.
(War später auch noch so)

Schließlich mussten wir jeden Monat eine Petition unterschreiben, in der wir erklärten, nicht nach Westberlin zu fahren, keinen Kontakt mit Westberlinern zu haben oder aufzunehmen. Also auch keine Post aus dem feindlichen Teil des Landes und keine Besuche zu Verwandten im Westen. Wir hatten aber Verwandte drüben die wir auch regelmäßig besuchten.
Uns wurde auferlegt alle zu melden die sich nicht daran hielten. Auch Familienangehörige, wie Eltern, Oma, Tante, sollten wir denunzieren.


In der Schule mussten wir dann einen Aufsatz schreiben, warum es in der Deutschen Demokratischen Republik kein Obst außerhalb der Saison gibt. Es wurden die Wetterverhältnisse vorgeschoben. Ich schrieb dann voller Frust, dass es im Westen alles gibt und hier nichts. Außerdem wäre in Westberlin das Wetter nicht anders als bei uns. Das war dann auch eine glatte Fünf, meine Eltern wurden in die Schule bestellt und zur Rede gestellt, was mein Vater aber noch lachend hinnahm.


Das konnte nichts werden.... [flash]
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 5. November 2019, 13:01

GastarbeiterInnen in der DDR
Gekommen, um zu bleiben


Von vietnamesischen Vertragsarbeitern zu chilenischen Geflüchteten: Welche Erfahrungen haben MigrantInnen in der DDR gemacht? Was denken sie heute?

Doan Hoang Mai, 58 Jahre alt, kam 1981 aus Hanoi nach Rostock. Die Mutter einer Tochter arbeitet als Steuerfachangestellte.

„Im März 1985, nach einem Praktikum im „Hotel Neptun“, wurde mir eine Stelle als Servicekraft angeboten. Die Hotelleitung wollte mich anstellen, aber das hat die Abteilung für Ausländerbetreuung vom Hafen nicht erlaubt.

Die Auswirkungen der Wende habe ich erst gespürt, als mir 1990 gekündigt wurde. Auch einige Deutsche kamen nicht mehr zur Arbeit, sie waren in den Westen gegangen. Im Wohnheim lagen Listen mit Namen der Personen, die nach Vietnam ausgewiesen werden sollten. Ich war schwanger und wollte später zurückfliegen, doch dann erhielt ich eine Aufenthaltserlaubnis.

Ich bin mit meinem Mann und meinem Kind in eine eigene Wohnung gezogen und habe 2001 eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten erfolgreich abgeschlossen.

Leben wir in Freiheit?

Doch dann kamen 1992 die Ausschreitungen in Lichtenhagen. Ich habe bis 1990 selbst im Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen gelebt. Von den rassistischen Ausschreitungen 1992 haben mir Freunde erzählt. Wir konnten nicht mehr sorglos aus dem Haus gehen und gewöhnten uns an, öffentliche Plätze und Menschenmengen zu meiden.

Bild
Doan Hoang MAi Foto: privat

Dieses Ereignis hat mich nachhaltig beeindruckt. Bis heute fahre ich abends nicht mit der S-Bahn, der Straßenbahn oder mit dem Bus, weil ich mich nach den Ausschreitungen nicht mehr sicher gefühlt habe. Wir haben uns damals häufig abends mit dem Auto abgeholt oder sind zu Hause geblieben.

Wieder hatte ich das Gefühl, kein selbstbestimmtes Leben führen zu können, weshalb ich mich oftmals fragen musste: Leben wir nun in Freiheit? Bis heute sage ich zu meiner erwachsenen Tochter, dass sie zwar die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, jedoch wegen ihres asiatischen Aussehens aufpassen soll.


Wir fühlen uns noch immer nicht ganz anerkannt. In Vietnam gelten wir als „Auslandsvietnamesen“, weil wir ausgewandert sind. In Deutschland werden wir gesellschaftlich und politisch bis heute als Ausländer behandelt. Obwohl wir seit über dreißig Jahren hier leben, dürfen wir nicht wählen, weshalb wir uns häufig fragen, ob wir überhaupt vollwertige Bürger sind.“

Weitere Zeitzeugenberichte von ehemaligen " Gastarbeitern " in der DDR findet man hier:
https://taz.de/GastarbeiterInnen-in-der-DDR/!5635386/

Das ist einfach nur traurig und beschämend.
Interessierter
 

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 9. November 2019, 09:54

Der menschliche Geist ist ein unzuverlässiger Zeuge. Er vergisst, er verdrängt, er formt und färbt. Das gilt um so mehr für Zeiten geschichtlicher Umwälzungen. Was habe ich gedacht, als 1989 die Mauer fiel? Was gehofft? Vieles gerät in der Rückschau durcheinander.

Tagebücher aus solchen Zeiten sind deshalb mehr als persönliche, sentimentale Begleiter, sie sind immer auch ein Stück Zeitgeschichte.

Im Deutschen Tagebucharchiv in Emmendingen und im Berliner Tagebuch- und Erinnerungsarchiv in Treptow lagern diese Erinnerungsstücke. Tausende Dokumente, die von Schicksalen, Tränen und Träumen berichten. In Zusammenarbeit mit den Archiven haben wir einige dieser Dokumente ausgewählt und uns mit den Autorinnen über ihre Aufzeichnungen unterhalten. Durch Klicken auf eines der Portraits gelangen Sie direkt zu den Gesprächsprotokollen:

https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/ ... aren-frei/

Es sind nicht nur schöne Erinnerungen, die in den Gesprächen hochkamen. In den Interviews, die wir persönlich und per Telefon führten, berichten die Autorinnen von Freude, von durchwachten Nächten vor dem Fernseher, vom ersten Döner.

Sie erzählen aber auch von verlorener Arbeit, verlorenen Freunden und Entfremdung. Sie erzählen vom Leben. So wie es damals war.
Interessierter
 

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Merkur » 9. November 2019, 10:13

Interessierter hat geschrieben:Der menschliche Geist ist ein unzuverlässiger Zeuge. Er vergisst, er verdrängt, er formt und färbt. Das gilt um so mehr für Zeiten geschichtlicher Umwälzungen. Was habe ich gedacht, als 1989 die Mauer fiel? Was gehofft? Vieles gerät in der Rückschau durcheinander.


Mal sehen, was Zeitzeuge Volker dazu sagt.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Kumpel » 9. November 2019, 10:32

Ein Zeitzeuge der nach bestem Wissen und Gewissen erzählt ist allerdings allemal glaubwürdiger wie manch selbst ernannter Historiker bei dem eine gewisse ideologische Prägung durch schimmert.
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2019, 10:37

Kumpel hat geschrieben:Ein Zeitzeuge der nach bestem Wissen und Gewissen erzählt ist allerdings allemal glaubwürdiger wie manch selbst ernannter Historiker bei dem eine gewisse ideologische Prägung durch schimmert.


---> siehe Hubertus Knabe als exzellentes Beispiel für diese Behauptung.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon zonenhasser » 9. November 2019, 10:47

Nostalgiker hat geschrieben:
Kumpel hat geschrieben:Ein Zeitzeuge der nach bestem Wissen und Gewissen erzählt ist allerdings allemal glaubwürdiger wie manch selbst ernannter Historiker bei dem eine gewisse ideologische Prägung durch schimmert.

---> siehe Hubertus Knabe als exzellentes Beispiel für diese Behauptung.

Oh, dann werde ich gleich mal seinen heutigen Beitrag verlinken und im passenden Thread einstellen.
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
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Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 18. November 2019, 11:19

„Dieser Stolz ist geblieben“

Die Wende habe ich verschlafen. Ich war damals zum Arbeiten in Berlin. Abends kam ich erledigt und kaputt vom Schneideraum des Klassiklabels Eterna ins Hotel, das große am Alex. In den Nachrichten habe ich gerade noch Schabowski gesehen. Ich habe das aber nicht ernst genommen. Ich habe gedacht, ja, dann kann ich ja irgendwann beantragen, auch mal nach Westdeutschland zu fahren und bin ins Bett gegangen. Erst als ich am nächsten Morgen aufgewachte, hab ich im Radio von dem Wahnsinn erfahren.

Die Wochen davor hatte es ja schon überall gebrodelt. Die Demonstrationen … Ich habe in Dresden erlebt, wie die Züge von der Prager Botschaft nach Westdeutschland fuhren. Wir lebten damals in einem Zustand permanenter Aufregung. Man wusste nicht, wo das alles hinführt. Manchmal musste ich eine Tablette nehmen, um schlafen zu können.

„Ich hatte keine Eile“

Ich bin dann vom Hotel zur Arbeit. Na ja, so richtig gearbeitet haben wir nicht an dem Tag. In der Mittagspause ging ich zum Brandenburger Tor, und da habe ich das dann gesehen: Die Leute auf der Mauer, der blaue Himmel, irre. Rüber bin ich aber nicht. Ich hatte keine Eile. Ich wusste, es kann jetzt nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Erst zwei Wochen später, als ich wieder dienstlich in Berlin war, bin ich über die Grenze, und habe mir den „VEB Deutsche Schallplatten“ , in dem ich arbeitete, einmal von der anderen Seite angesehen. Die kannte ich bis dahin nur als Spiegelbild in den Fenstern des Reichstages.

Bild Bild

Später bin ich mit einem Kollegen den Ku’damm entlanggebummelt. Ich habe vieles wiedererkannt. Es sah dort ja oft noch aus wie vor 1961. Damals war ich oft in West-Berlin. Ich hatte dort Bekannte und einen Cousin. Vom Begrüßungsgeld habe ich den ersten Döner meines Lebens gegessen. „Auf einmal ist man wieder richtig stolz, DDR-Bürger zu sein“, notierte ich damals in mein Tagebuch.

„Das große Nichts“


Die DDR war ja so ein verdruckstes Land. Wer aufmuckte, der wurde bestraft. Und dass die Leute selber gesagt haben: „Das wollen wir nicht mehr!“, das hat mich beeindruckt. Dieser Stolz ist geblieben, auch wenn ich heute, wenn ich an Dresden denke, an die AfD und den ganzen Mist, manchmal glaube, dass man eigentlich keinen Grund hat, stolz zu sein. Das stimmt mich alles eher traurig.

Es ist im Osten natürlich etliches schief gelaufen.


Es ist viel zerschlagen worden damals, und es haben sich auch viele Westdeutsche Sachen unter den Nagel gerissen. Wir waren ja auch viel zu blöd. Wir wussten gar nicht, wie das alles funktioniert. Da ist viel Unrecht passiert.

Für mich persönlich hatte der Fall der Mauer erstmal schwierige Konsequenzen. Kurz vor meinem 50. Geburtstag wurde Eterna dicht gemacht. Danach das große Nichts. Der Kollegenkreis war weg, auch mein Selbstwertgefühl, weil ich dachte: Was ich kann, wird nicht gebraucht. Ich hatte Kirchenmusik studiert, jahrelange Berufserfahrung als Schnittmeisterin und wurde dann eingestuft als Bürohilfskraft. Ich habe eine ABM gemacht, einen Computerlehrgang, noch eine ABM. Dann wieder lange nichts. Furchtbar.

Zum Weiterlesen hier runterscrollen:
https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/ ... aren-frei/
Interessierter
 

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Interessierter » 20. November 2019, 12:32

Kindheit und Jugend in der DDR

Bild
© Copyright Christel Dux
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1984-0726-501 / CC-BY-SA 3.0


Da ich ( der Autor ) schon immer gerne lange Briefe zu meiner Verwandtschaft schrieb und meine Briefe immer gerne gelesen wurden, begann ich nach dem Fall der Mauer Geschichten aus dem Leben zu schreiben. Schon mit 16 Jahren wollte ich meine Memoiren schreiben, ob da viel zusammengekommen wäre, möchte ich heute bezweifeln. Nach dem Fall der Mauer hatte ich Zeit und begann mit einer Familienchronik sie beginnt mit meinen Urgroßeltern. Eine zusammengestellte Ahnentafel beginnt 1651. Ende der Chronik ist der Fall der Mauer 1989. Damit sie viele lesen können habe ich mich entschlossen sie im Internet zu veröffentlichen.

Meine Kindheit in der Deutschen Demokratischen Republik

Meine Eltern heirateten 1948 im Februar am Valentinstag. Ich bin ein echte Berlinerin. Im Dezember 1948 in Berlin-Köpenick geboren, lebe ich heute noch in diesem Bezirk. Mein Leben und das meiner Vorfahren habe ich in einer Familienchronik aufgeschrieben die ich auch im Internet veröffentlicht habe.
Wie ich meine Kindheit in Berlin verlebte in den Jahren vor dem Mauerbau möchte ich hier einmal berichten. Es fällt mir schwer alles das was ich damals so erlebte in einer Kurzfassung zu bringen. Dennoch werde ich es versuchen. Zunächst noch etwas Geschichte, Historie die einige Monate vor meiner Geburt passierte. Meine Eltern lebten im Ostsektor, Köpenick war und ist ein Ostbezirk.
Während im Osten das Leben eintönig weiter ging, änderte sich 1948 einiges im Westen.

Mit dem interessanten Beitrag geht es hier weiter:
https://www.berlinstreet.de/1504
Interessierter
 

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Volker Zottmann » 20. November 2019, 13:18

Das ist mal wieder ein neuer Baustein der Erinnerungen, genau nach meinem Geschmack!

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Zeitzeugen berichten 2

Beitragvon Nostalgiker » 20. November 2019, 14:34

Volker Zottmann hat geschrieben:Das ist mal wieder ein neuer Baustein der Erinnerungen, genau nach meinem Geschmack!

Gruß Volker


Klar dass das für dich Neu sein muß.
So als privilegiertes SED Nomenklaturakaderkind welches in den 50ger Jahren mit dem Dienstwagen der Mutter nach Berlin chauffiert wurde um dann dort vom korrupten Stasi-Onkel geklaute Westbonbons in Empfang zu nehmen müssen solche Geschichten aus dem realen leben in der DDR aus der Zeit bis 1961 ein regelrechter Schock sein.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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