Die HV A hat mit der systematischen Vernichtung von zunächst ausgewählten Akten im November 1989 begonnen. Insgesamt sollen während dieser »Politik der Reißwölfe« etwa 100 Lkw beladen worden sein, die das Material aus der Zentrale der HV A in der Normannenstraße (größtenteils) zu einer Papiermühle schafften. Mit dem 15. Januar 1990, als Bürger die MfS-Zentrale besetzten, änderten sich auch für die HV A die Arbeitsbedingungen.
Nunmehr trugen kleine Gruppen von Mitarbeitern der HV A das noch verbliebene Material in wenigen Räumen zusammen und vernichteten es Tag und Nacht in Reißwölfen, wobei zuerst besonders brisante Unterlagen zerschnipselt und in Säcken eingelagert wurden.
Das Hauptaugenmerk lag dabei nicht nur auf den Akten, die Aufschluss über inoffizielle Netze vermittelten, sondern auch Aufgrundsatz-Dokumenten, die Einblicke in die Arbeitsweise der HV A und ihre Arbeitsschwerpunkte geben konnten und Karteien.
Tatsächlich sind in der ehemaligen Zentrale der HV A kaum Dokumente mit solchen Hinweisen überliefert. Trotz dieses Vernichtungsfeldzuges blieben zentrale Findhilfsmittel wie die Karteien, Datenbanken und die unter anderem für die Parteiführung zusammengestellten Informationen erhalten – ca. 13 000 der ehemals 63 000 geführten Vorgänge. Kopien bzw. Abschriften dieser Karteien haben den Namen »Rosenholz« erhalten. Ein Name, den ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus drei Bezeichnungen, die jeweils mit dem Buchstaben »R« begannen, auswählte.
Erstmalig beschäftigte sich das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Karteikarten der HV A, als die Quelle »Bob« eines amerikanischen Geheimdienstes in der HV A in die Bundesrepublik floh – und 35 Karteikarten mit sich führte.
Ein hochkarätiger Agentenfall konnte erst mithilfe dieser Mikrofilme aufgeklärt werden (also ohne entscheidende Mitwirkung von Überläufern oder von erhalten gebliebenen schriftlichen Unterlagen). Es handelt sich um den »NATO-Spion« Rainer Rupp. Recht früh war den Ermittlungsbehörden sein Deckname »Topas« bekannt geworden, aber trotz immensen Aufwands wurde bis
Januar 1993 der sich dahinter verbergende Agent nicht enttarnt. »Topas« wurde am 31. Juli 1993 festgenommen. Den Ausschlag gab die mikroverfilmte F 16 der HV A
Die HV A benutzte aber nicht nur fiktive Personendaten, sondern auch echte Identitäten. Das war beispielsweise bei der inoffiziellen Mitarbeiterin Johanna Olbrich der Fall. Sie war eine DDR-Bürgerin, die die Identität der westdeutschen Sonja Lüneburg angenommen hat. Beide wechselten die Seiten. Die echte Sonja Lüneburg war in die DDR verzogen und sah dort einem traurigen Schicksal entgegen und Olbrich nahm für ihren Einsatz in der Bundesrepublik deren Identität an. Zu beiden findet sich in »Rosenholz« jeweils eine Karteikarte....
Die echte Sonja Lüneburg stellte währenddessen Anträge zur „ständigen Ausreise“. Daraufhin wies die Stasi sie in die psychiatrische Klinik in Berlin-Buch ein. Mit Spritzen, Tabletten und Elektroschocks verpfuschte man Sonja Lüneburg zum Psycho-Wrack. https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 42997.html
Merkur hat geschrieben:Wo hast Du denn das rauskopiert?
augenzeuge hat geschrieben:Merkur hat geschrieben:Wo hast Du denn das rauskopiert?
Aus den mir vorliegenden Unterlagen der BSTU. Darf ich, ganz offiziell. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Helmut Müller-Enbergs.
Ich dachte, das wäre interessant für dich und andere.
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Mir liegt eine detaillierte Aufschlüsselung der Rosenholz Dateien vor, aber ich möchte keinen überfordern.
AZ
andr.k hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Mir liegt eine detaillierte Aufschlüsselung der Rosenholz Dateien vor, aber ich möchte keinen überfordern.
AZ
Wirklich?
augenzeuge hat geschrieben:andr.k hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Mir liegt eine detaillierte Aufschlüsselung der Rosenholz Dateien vor, aber ich möchte keinen überfordern.
AZ
Wirklich?
Müller Enbergs hat sich jahrelang mit ihnen beschäftigt. Er erklärt seitenlang wie sie zu lesen und zu verstehen sind.
Eigentlich ist es ein Werkzeug, um aus verschiedenen Dokumenten Zusammenhänge herstellen und letztlich Namen lesen zu können.
Natürlich nur in der Theorie, nicht das einer glaubt, ich kann die Namen alle lesen....
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Wer die Erklärung Müller Enbergs zu den Rosenholz Dateien als für die Katz bezeichnet, was will jener vermitteln?
Rupp und hunderte andere hätten es sehr gerne so gesehen.....
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Wenn du alles von ihm kennst, dann ergeben sich keine Fragen an mich. Die Aufschlüsselung von Rosenholz bedeutet nicht unbedingt eine Nameninformation. Aber das weißt du ja dann...
AZ
andr.k hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Wenn du alles von ihm kennst, dann ergeben sich keine Fragen an mich. Die Aufschlüsselung von Rosenholz bedeutet nicht unbedingt eine Nameninformation. Aber das weißt du ja dann...
AZ
Ich gehe einfach mal davon aus, dass Du Dich zum Thema Rosenholz nicht auskennst.
Unter dem Begriff »Rosenholz« werden drei Arten von Unterlagen zusammengefasst, die ursprünglich bei der HV A entstanden sind. Den größten Teil der »Rosenholz«-Unterlagen, die der Stasi-Unterlagen-Behörde heute vorliegen, bilden rund 293 000 Karteikarten aus der Personenkartei der HV A. Die HV A erfasste darin Personen, die für sie von Bedeutung waren. Intern trugen diese Karteikarten die Bezeichnung Form/Formblatt 16 (»F 16«). Sie enthalten den Namen und die persönlichen Daten einer Person sowie eine Registriernummer. In der F 16-Kartei wurden nicht nur inoffizielle Mitarbeiter (IM) der HV A verzeichnet, sondern auch Personen aus deren Umfeld und die Daten von Menschen, für die sich die HV A aus unterschiedlichen Gründen interessierte. Häufig wurden mehrere Personen unter einer Registriernummer geführt. Auch zu fiktiven Personalien wurden Karteikarten angelegt. Es ist deshalb nicht ohne Weiteres möglich, gezielt die IM in dieser Kartei zu identifizieren. Den zweiten Teil der »Rosenholz«-Unterlagen bildet die sogenannte Vorgangskartei, für
die das Formblatt 22 (»F 22«) verwendet wurde. Überliefert sind rund 57 000 Vorgangskarteikarten.
Ob und nach welchem Prinzip die CIA die F 22 bewusst nicht faksimiliert hat, also nicht der Bundesrepublik zur Verfügung gestellt hat, lässt sich nicht sagen, aber eher ausschließen. Diese Annahme geht auf den Umstand zurück, das ursprünglich 20 000 F-22-Datensätze mehr angekündigt waren als eingetroffen sind. Eine Stichprobe der »Rosenholz«-F 22 für das Registrierjahr 1987 deutet eine nahezu vollständige Rückgabe an.
Die Bedeutung und Notwendigkeit eines Abgleichs vorhandener F 22-Überlieferungen der HV A für Archivrecherchen und Forschung erschließt sich aus folgenden Beispielen:
Mitunter unterliefen Mitarbeitern der HV A Übertragungsfehler von der »Rosenholz«-F 22 in die SIRA-Teildatenbank 21. Die Erfassungskarte mit der Registriernummer XV 427/71 ist in SIRA mit XV 412/70 eingestellt.
Ohne »Rosenholz« wäre das zum einen nicht aufgefallen, zum anderen wäre eine fehlerhafte Zuordnung zu diesem Vorgang mit der Vorgangsart IMA nicht auszuschließen gewesen.
Dies wäre im Fall des Vorgangs XV 2021/67 mit der Vorgangsart IMA zu erwarten, der in »Rosenholz« sowohl in der F 16 und F 22 schlüssig ist. SIRA weist ihn jedoch mit einem Zahlendreher XV 2012/67 und ebenfalls der Vorgangsart IMA auf. Die »Rosenholz«-F 16 zur Registriernummer XV 2012/67 enthält jedoch keinen Hinweis auf eine Vorgangsart; freilich fehlt in SIRA die zutreffende Registriernummer XV 2021/67.
Weitere Fehler der HV A Zuordnung sind 1974 zu erkennen:
8 038 Karteikarten zu Personen und 1 439 zu Vorgängen wurden einzeln durchgesehen. Dabei zeigte sich eine beachtliche Fehlerquote, nach der 131 Personenkarteikarten ebenso wenig dieser Stichprobe zuzuordnen sind, wie 162 Vorgangskarteikarten, deren Registriernummern nicht korrekt erfasst waren.
In die Irre führt die in der SIRA-Teildatenbank 21 verzeichnete Registriernummer XV 31117/82, die offenkundig fehlerhaft ist, da eine so hohe Vorgangszahl in diesem wie auch keinem anderen Jahr beim MfS, geschweige bei der HV A erreicht worden ist. Die zutreffende Angabe lautet XV 3117/82.
Manch eine Registriernummer ist in der SIRA-Teildatenbank 21 doppelt eingestellt, wie die zum Vorgang X 489/72, die jeweils unterschiedliche Bezüge haben und in einer Variante mit der »Rosenholz«-F 22 übereinstimmen. Offenkundig enthält der zweite Datensatz eine unzutreffende Registriernummer, deren wirkliche durchaus ermittelbar ist. (Solche Eingabefehler liegen auch bei Archivsignaturen vor.) Folglich dürfte sich hinter den statistisch ermittelten 874 Abweichungen zwischen »Rosenholz«-F 22 und den Einträgen in der SIRA-Teildatenbank 21 noch eine erheblich größere Dunkelziffer befinden.
Beispielsweise liegt der Nachname »Wendt-Riedel« so vor, wobei »Wendt« bzw. »Riedel« jeweils in der alphabetischen Folge in der Kartei abgelegt wurden. Die Karteikarte, auf der »Riedel« mit einem Unterstrich versehen wurde, enthält zusätzlich den Vermerk »Hinweiskarte«. Dieser Vorgehensweise bei Doppelnamen ist es zu verdanken, dass in »Rosenholz« überhaupt Namen im Buchstabenraum »La« bis »Li« vorhanden sind, der sonst vollständig fehlt. Beispielsweise wäre der Doppelname der Zielperson »Lehmann-Brauns«, also einer Person, über und gegen die die HV A Material sammeln wollte, nicht in »Rosenholz« enthalten, wenn dieser nicht auf zwei Karteikarten ausgefertigt worden wäre, und eine Karteikarte mit dem Teilnamen »Brauns« folglich im Buchstabenbereich »B« eingestellt wurde.
»Pirat« wurde aufgetragen, wenn es sich um einen Vorgang des HVA-Offiziers Werner Stiller handelte, für den in der »SIRA-Teildatenbank 21« insgesamt 71 Vorgänge verzeichnet
sind. Stiller ist am 18. Januar 1979 in den Westen übergelaufen.
Bei »Lawine« handelt es sich um Vorgänge seines Kollegen Werner Teske, der einen Übertritt in die Bundesrepublik erwogen hatte, entsprechende Vorbereitungen aber wieder abbrach. Dennoch wurde er zum Tode verurteilt und 1981 hingerichtet. Für ihn sind 40 Vorgänge in der »SIRA-Teildatenbank 21« enthalten.
In der Summe müssten mindestens 111 F 16-Karteikarten den Aufdruck »Pirat« oder »Lawine« aufweisen. Es war zu vermuten, dass damit Personen gekennzeichnet worden sind, die
westlichen Nachrichtendiensten bekannt geworden sein könnten.
augenzeuge hat geschrieben:AZ
P.S.
andr.k, du darfst gern ergänzen.
andr.k hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:AZ
P.S.
andr.k, du darfst gern ergänzen.
Soll dass jetzt ein Kopierwettberwerb werden?
Zum Inhalt:
1. Die Arbeit des MfS mit Sira - Informationsauswertung
2. Überlieferung und Rekonstruktion der Daten des Sira - Systems
3. Weitere Informationen
Interessierter hat geschrieben:Ende 1998 gelang es dem Stasi-Unterlagen-Archiv, die verschiedenen Puzzleteile der Datenbank "SIRA" des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) zusammenzufügen.
augenzeuge hat geschrieben:Interessierter hat geschrieben:Ende 1998 gelang es dem Stasi-Unterlagen-Archiv, die verschiedenen Puzzleteile der Datenbank "SIRA" des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) zusammenzufügen.
Schön, dass dies Wolf, Mielke, Kratsch und Co noch miterleben durften.
AZ
Merkur hat geschrieben:Was hat Kratsch damit zu tun?
Merkur hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Interessierter hat geschrieben:Ende 1998 gelang es dem Stasi-Unterlagen-Archiv, die verschiedenen Puzzleteile der Datenbank "SIRA" des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) zusammenzufügen.
Schön, dass dies Wolf, Mielke, Kratsch und Co noch miterleben durften.
AZ
Was hat Kratsch damit zu tun?
augenzeuge hat geschrieben:Das alles kann einen Kratsch als Ex-Chef der Spionageabwehr nicht kalt gelassen haben.
AZ
. Gleiches gilt für Rupp oder Spuhler.
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