Für die meisten folgte nach der Schule eine solide Berufsausbildung, danach für Männer mindestens 18 Monate „Ehrendienst" in der NVA (oder einem anderen bewaffneten Organ) oder drei Jahre Wehrdienst für ein beabsichtigtes Studium. Prekär und gewissensbelastend war der Dienst an der Grenze. Schießbefehl? Immerhin, "auf Untervierzehnjährige durfte nicht geschossen werden", erinnert sich der Grenzsoldat Lutz Rathenow (7). Nach Überwinden der Zulassungshürden ein Studium, für Arbeiter- und Bauernkinder meist finanziell sorgenfrei mit Stipendium. Später ein ziemlich sicherer Arbeitsplatz um jeden Preis, denn Arbeitslosigkeit durfte es in der DDR politisch nicht geben.
Nicht selten wurden beachtliche Arbeitsergebnisse in Forschung, Entwicklung und Produktion erbracht, auch trotz mancher Erschwernisse durch das Embargo des Westens. Das Sozialwesen gewährte Brille, Zahnersatz und Krankenhausbehandlung fast kostenlos, wobei der chronische Mangel an vielem auch in der medizinischen Versorgung spürbar war. Zur Unterstützung der Familie gab es Haushalttag und Babyjahr, für junge Ehepaare Kredite zum „Abkindern". Diese sozialen Wohltaten waren durch die weniger effiziente Wirtschaft der DDR auf Dauer nicht zu finanzieren und führten letztlich neben Rüstungsausgaben und dem defizitären Wohnungsbauprogramm zur Staatsverschuldung. Sie konnten aber besonders unter Erich Honecker angesichts der ständig wachsenden Zahl von Ausreiseanträgen nicht zurückgenommen werden. Mancher trauert diesen sozialen Wohltaten in der DDR noch heute nach, ohne die ökonomischen Auswirkungen realistisch zu bedenken.
Die neu errichteten Plattenbauwohnungen waren durch nichtkostendeckende Mieten für den Staat defizitär, dies immer mehr, je mehr Wohnungen gebaut wurden. Der Erhalt oder Bau eines Eigenheimes war mangels Material und mangels privat verfügbarer Handwerksleistungen - die Handwerksgenossenschaften wurden durch staatliche Aufträge meist restlos ausgelastet - uneffektiv, langwierig und führte ohne verfügbare Privilegien oft an die Belastungsrenze der Familien.
Altbausubstanz war vielerorts dem Verfall preisgegeben. Nach 40 Jahren Sozialismus glichen vielerorts Altbauviertel in mitteldeutschen Städten eher einer Ruinengegend am Ende des Krieges, wie historische Bilder der Sendung "MDR-Zeitreise" zeigen. Viele Altersheime, aber auch Krankenhäuser befanden sich in einem beklagenswerten Zustand, weil es für notwendige Renovierungenr an Material und Arbeitskräften fehlte. Vielerorts waren die Betriebe mangels Investitionen veraltet und ausgezehrt, das Land und Flüsse ökologisch belastet. Ressorcen wurden ohne Veratwortung für künftige Generationen verbraucht.
Zum Leben in der DDR gehörten überwiegend ein viele Jahre lang "erwarteter" Trabbi, Urlaub oft an der Ostsee mit FKK - ein erkämpftes Freiheitsgefühl in der DDR - oder auch Bergwandern in der Hohen Tatra. Einmal die deutsche Zugspitze oder den Bodensee zu sehen, war der Reisefreiheit als Rentner vorbehalten. Wo irgendwie möglich, war mit den erwähnten Anstrengungen eine „Datsche" die ersehnte Freizeitnische für das absolut Private. Rente für Frauen mit 60 und Männer mit 65.
Man musste in der DDR selbst tatkräftig und kreativ sein, um in der chronischen Mangelwirtschaft für private Zwecke etwas Eigenes zu gestalten oder zu erhalten. So wurde beispielsweise im Jahresurlaub in den durchgerosteten Skoda S100 in Eigenleistung ein neuer Boden eingeschweißt oder ein Altbau mit (gestohlenem) "Kehrzement" in "Feierabendarbeit" wieder instand gesetzt. Das individuelle Leben war oft strapaziös und zeitraubend. Östliche Biografien unterscheiden sich daher von westlichen meist erheblich, sind mangels verfügbarer Dienstleistungen durch anstrengende Eigenleistungen, mehr Improvisation und zeitaufwändige Strapazen geprägt, aber für die Menschen aus der DDR nicht weniger wertvoll.
Ein Vierteljahrhundert nach der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands 1990 und "dem Zusammenwachsen dessen, was zusammen gehört" (Willy Brandt), sollte die sprachlich meist falsch verwendete und sachlich überholte Formulierung „ehemalige DDR" der Vergangenheit angehören. Auf dass Deutschland auch in diesem Sinne eins werde! Für die im wiedervereinigten Deutschland aufgewachsenen Menschen wird dieser Sprachgebrauch ohnehin ungewohnt sein - für sie ist Deutschland längst eins geworden.
Den ganzen Beitrag Die " ehemalige " DDR findet man hier:
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