Die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen West und Ost waren 1989 riesig. Doch wie fing es an? Unter welchen Bedingungen startete die DDR 1949?1989
Schürer schrieb:....die Kennzahlen zeichnen ein düsteres Bild: Über die Hälfte der Industrieanlagen war verschlissen, bei den Straßen und Bahnen sah es nicht besser aus. Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Maschinen und Gerätschaften waren kaputt. Bauern, deren Scheunen über ihren Köpfen zusammenbrachen, waren keine Seltenheit.
Doch wie kam es dazu?
1949
Dass der Osten 40 Jahre nach der Staatsgründung so viel schlechter dastehen würde als der Westen, war dabei gar nicht so vorherzusehen. Denn die DDR hatte nach dem Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich deutlich bessere Voraussetzungen als die BRD.
"Die Wirtschaft in Mittel- und Ostdeutschland war eigentlich für Friedenszeiten prädestiniert", meinte zumindest der ehemalige Mitarbeiter der DDR-Planungskommission und spätere ZDF-Journalist Fritz Schenk.
In Ostdeutschland war der modernste Teil des deutschen Automobilbaus ansässig, einschließlich der Zulieferer. Dort war auch der modernste Teil der Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik, grafischen Industrie, Maschinenbau und Verpackungswirtschaft. "Der Westen mit seiner Schwer- und Rüstungsindustrie hingegen sei weit weniger gut aufgestellt gewesen", so Schenk.
Doch politische Entscheidungen auf beiden Seiten der Grenze stellten die Startbedingungen auf den Kopf. Während die Sowjetunion horrende Reparationszahlungen für die Verbrechen des Dritten Reiches von der DDR forderte, Industrieanlagen demontierte und Eisenbahnschienen abbaute, profitierte der Westen von einem milliardenschweren Konjunkturprogramm der USA. Über 12 Milliarden Dollar wurden im Zuge des "Marshall-Plans" investiert. Er war die Initialzündung des westdeutschen Wirtschaftswunders.
Doch die Schuld an der späteren ostdeutschen Misere lag nicht alleine bei der Sowjetunion. Auch ostdeutsche Politiker trugen Verantwortung, zum Beispiel Walter Ulbricht, der starke Mann in der Anfangszeit der DDR. "Er hat sehr schnell und sehr klar erkannt, dass sein Herrschaftsgebiet nur überleben kann in engster Anlehnung an die Sowjetunion. Und so hat er die DDR dann zum wichtigsten Zulieferer der Sowjetunion gemacht", so Fritz Schenk.
Ulbricht stellte das gewachsene Industrie- und Wirtschaftsprofil um, richtete die Produktion auf den Bedarf der Sowjetunion aus: Schwerindustrie, Schwermaschinenbau, Zulieferungen für die sowjetische Rüstungswirtschaft. Das Problem dabei: Dafür fehlten dem Osten eigentlich die Rohstoffe. So begab man sich erneut in eine Abhängigkeit von der Sowjetunion...
Die DDR hatte eine Verschuldungsquote in Bezug zum BIP von knapp 28 Prozent. Die BRD wies knapp 42 Prozent aus. Staaten wie Griechenland oder Italien operieren heute mit Verschuldungsquoten von weit über 100 Prozent.
Gerhard Schürer räumte nach der Wende ein, die Schulden in seinem Papier übertrieben zu haben. Sie zwangen die DDR nicht in die Knie. Vielmehr war es die Vielzahl an Problemen und die Unfähigkeit der Wirtschaft, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Daher sagte auch Schürer im Rückblick: "Es stimmt nicht, dass die DDR pleite war, sie hat alle ihre Rechnungen bezahlt. Aber ich sag' immer: Sie war latent auf dem Weg zum Bankrott, irgendwann wäre sie wahrscheinlich zusammengebrochen."
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Wie-kapu ... 09549.htmlAZ