"Sohne... denk dran, Freiheit, die ich meine" - Worte die ich nie vergesse.
Täglich das Gleiche. Nur an den Wochenenden etwas Ruhe. 30-Mann-Zelle. Ein stinkender Kübel für alle. Nur die Starken kommen dran, er läuft über. Die schwachen kübeln. Ich arbeite an einem alten Gasofen. Der Husten quält. Ich habe Heimweh. An den alten Stanzmaschinen verlieren des Öfteren Mitgefangene ihre Finger. Die Maschinen schlagen nach. Mir schmerzen die Arme. Ich melde mich krank.
Der Arzt ist da. Hat neben seiner Tätigkeit in der Stadt hier Sprechstunde. Hose runter - zwei Sanis halten mich an den Oberarmen fest. Der Arzt jagt mir eine Spritze ins Gesäß. Es schmerzt und brennt. Am nächsten Tag kann ich kaum laufen. Ein Schließer schreit mich an und schlägt mir mit dem Knüppel auf den geschwollenen Po. Die Welt dreht sich. Mitgefangene erzählen, mir ich hätte drei Tage in Ohnmacht gelegen.
Nostalgiker hat geschrieben:Zum Glück geht es aber nicht nach dir.
Da fällt mit ein, wolltest du nicht mal selber Teil dieses Schreckensapparates werden? Mit dieser Information kokettierst du doch gelegentlich.
Die mir schon bekannte grüne Minna steht mit offener Seitentür auf dem Hof. Mehrere Bewacher mit Schulterriemen, Schaftstiefeln, stehen auf dem dunklen Hof, bellende, kurz gehaltene Schäferhunde an der Leine, welche geifernd bedrohlich nahe kommen. Der Blick geht zurück zu den düsteren Gitterfenstern mit den die Blicke abwehrenden Milchglasblenden. Zwei Mann mit vorgehaltener Maschinenpistole drängen zum Einsteigen. Die Tür zum roten Klinkerbau öffnet sich.
Pummel, die Hände kurz geschlossen. Ein rothaariger stämmiger Typ mit Tausenden von sympathischen Sommersprossen im Gesicht und den kräftigen Armen betritt den Hof. Ich will...
"Einsteigen!!"
Ein plötzlicher Hieb mit dem Kolben der MP treibt mich rasend vor Schmerz in eines der vergitterten engen Transportzellen. Ein Schlag oder mehrere. Mein Bein gehorcht mir nicht. Später ist es öfter bis zum Knie taub. Pummel kommt gefesselt in den anderen Käfig. Die Bewacher sitzen mit den Maschinenpistolen in Griffposition auf der Querbank. Der Hund hechelt und knurrt. Die auf den Rücken gefesselten Hände schmerzen bis zu den Schultern. Grinsen der Vopos.
Der LKW setzt sich in Bewegung. In der ersten Kurve fliege ich von der Bank. Ich kann mich nicht festhalten. Das Bein gehorcht immer noch nicht. Wir fahren. Keine Kurven. Ich habe eine stabile Haltung gefunden. Irgendwann wieder Unruhe. Kurven. Halten, fahren. Vertraute Geräusche, ein Tor öffnet sich. Riegel fallen ins. Schloss. Der Gitterkäfig öffnet sich.
"Raus! Raus!!"
Ein enger, düsterer, aber wie immer ähnlich rot verklinkerter Backsteinhof. Gitter. Der letzte Blick. Pummel, mit väterlichem Blick, im Drahtverschlag. "Rein da!"
Der übliche ekelige Gestank nach Bohnerwachs und miefiger Plaste. Keine Gesichter. Eigenartige Drähte in Armhöhe an den Wänden. Reißleinen für die Bewacher bei Bedrohung. Am Ende eine schwere offene Holztür. Das übliche Schloss. Riegel. Neu, eine Klappe in der Tür. Kein Gesicht. Die Stimme aus dem Hintergrund: "Rein da!"
Die Tür fällt krachend zu. Allein.
karnak hat geschrieben:Wann um Himmelswillen soll es denn zu diesem dramatische Gefängnisaufenthalt gekommen sein? Und was ist eigentlich eine fingierte Familienzusammenführung?
karnak hat geschrieben:Was wollen wir nun machen ich habe Deine DDR und die manchmal hier beschriebene Bundesrepublik in ihren unerträglichen Zuständen nie erlebt und so kommen wir da nicht zusammen.
Biographisches
1947 geboren in Dalldorf auf dem großelterlichem Bauernhof
1954-1962 Besuch der Polytechnischen Grundschule Dalldorf, dann Oberschule Gröningen
1962 Bäckerlehre in Schwanebeck und Halberstadt
1964 erster Fluchtversuch in Berlin-Ost
März 1964 zweiter Fluchtversuch im Harz, sieben Monate Haft
1965 versuchter Ausbruch und erneuter Fluchtversuch, vier Jahre und zehn Monate Zuchthaus Brandenburg und Rummelsburg
1970 Kontakte zu den "Helfenden Händen" Hamburg
1974 fingierte Familienzusammenführung und Ausreise mit Frau Anita und Sohn Christian nach Hamburg
1976 Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister, Anstellung in der Fachklinik Aukrug
seit 2003 Erwerbsunfähigkeitsrente und wohnhaft in Aukrug
karnak hat geschrieben:Das sind also Überhöhungen die mein Stirnrunzeln verursachen, nicht schlecht. Und was haben jetzt Überhöhungen in einem Zeitzeugenbericht zu suchen?
karnak hat geschrieben:Das sind also Überhöhungen die mein Stirnrunzeln verursachen, nicht schlecht. Und was haben jetzt Überhöhungen in einem Zeitzeugenbericht zu suchen?
Nostalgiker hat geschrieben:Nach Lesart Einiger sind "Überhöhungen" und "geschärft(es)" in Zeitzeugenberichten nur der Glaubwürdigkeit dienlich denn es dient dem anprangern und nicht einer sachlichen Auseinandersetzung und Aufarbeitung.
Das ist nicht in ihrem Sinne, sie halten noch nicht einmal andere Sichten auf die DDR aus. Da werden die "Toleranten" ganz schnell sehr Intolerant und Diffamierend mit ihren haltlosen Unterstellungen.
Also alles wie immer, nichts Neues bei denen.
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