Parteitag der FDP - Zeit für Christian Lindner, sich neu zu erfindenBesser nicht regieren als falsch regieren – seit Monaten verfolgt dieser Satz die FDP und ihren Chef. Kann der Vorsitzende der Liberalen ihn noch loswerden? Nun steht der FDP-Vorsitzende Christian Lindner mit einem kleinen Zettel vor dem Mikrofon und verkündet die Vorhaben. Lindner will sich Gehör verschaffen, er tut das mit Superlativen. Zum „Fortschrittsbeschleuniger“ pumpt er sich auf, und seine Fraktion zum „Labor für liberale Ideen“. Doch es hilft nicht, die Journalisten interessiert das kaum.
All das hätte er doch längst umsetzen können, halten sie ihm vor. In einer Regierung mit Union und Grünen. Wenn, ja wenn er in jener Nacht Ende November 2017 nicht alles hingeschmissen und diesen Satz gesagt hätte: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“Immer wieder beteuert er, wie richtig es war, aus den Jamaika-Verhandlungen auszusteigen. Weil Angela Merkel nur „den Status quo verwalten“ wollte, die Grünen „jeden Fortschritt verhindern“ und er von den Wählern der FDP für diese „rückwärtsgewandte“ Politik keinen Auftrag erhalten habe. Lindner versucht unentwegt, seine Prinzipientreue zu betonen.
Er kämpft damit gegen den Verdacht, er habe das alles nur zur Selbstprofilierung gemacht. Schließlich war er ja, kurz vor dem Rauswurf der FDP aus dem Bundestag 2013, schon mal aus einem Zug gesprungen, bevor der entgleiste. Damals trat er als Generalsekretär der Bundespartei zurück.Und doch spüren die Liberalen, dass ihnen jetzt Misstrauen entgegenschlägt. Und Verärgerung der eigenen Wähler darüber, dass ihr Hoffnungsträger lieber auf die Teilhabe an der Macht verzichtet, statt wenigstens ein paar der eigenen Interessen in der Regierung durchzusetzen.
Der offene Protest gegen Lindners Jamaika-Ausstieg mag ausgeblieben sein. Dafür schwindet das Interesse stetig. Schaut man auf die Umfragen der letzten Wochen, gibt es unter den Oppositionsparteien im Bundestag nur eine, die unter ihrem Ergebnis vom letzten September liegt: Christian Lindners FDP.https://www.tagesspiegel.de/themen/agen ... 52836.html