Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Alle Themen die eine Bezug zur Wende und Grenzöffnung haben. Persönliche Erlebnisse, Gedanken aus dieser Zeit, Dokumente und ähnliches.

Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 8. Dezember 2017, 10:56

Der 63-jährige Autor Booß, der Geschichte studiert hat, ab 1980 für den Sender Freies Berlin arbeitete und heute Forschungskoordinator in der Stasi-Unterlagenbehörde ist, hat dafür Akten des ehemaligen DDR-Geheimdienstes aus rund 1800 Strafverfahren ausgewertet.

Sein Fazit: Die Rechtsanwälte in der DDR waren weniger Interessenvertreter ihrer Mandanten als vielmehr gehorsame Justizfunktionäre, die vor allem in politischen Prozessen den Anschein eines rechtsstaatlichen Verfahrens wahren sollten. Die für DDR-Verhältnisse überdurchschnittlich gute Bezahlung sicherte ihnen eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft, was nicht unwesentlich zu ihrer Selbstdisziplinierung beitrug: Bis zum Ende der DDR akzeptierten die Juristen, dass ihnen grundlegende Anwaltsrechte wie das vertrauliche Mandantengespräch oder eine vollständige Akteneinsicht in die Verfahrensunterlagen verwehrt blieben.

http://www.fr.de/kultur/literatur/juris ... -a-1402680

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Interessierter » 8. Dezember 2017, 11:50

Da stellt sich mir die Frage, wieso Anwälte, denen man ein derartiges Verhalten nachweisen konnte, dann später hier noch ihren Beruf ausüben durften?
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon karnak » 8. Dezember 2017, 12:05

Wem man sowas nachweisen kann der darf den Beruf auch nicht mehr ausüben wenn die Bundesrechtsanwaltskammer so entscheidet. Wenn nicht dann nicht, ist doch eigentlich ganz einfach. [grin]
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Spartacus » 8. Dezember 2017, 18:25

Bei meiner ersten Verhandlung hatte ich auch noch so eine Blockflöte. Der hat während der ganzen Verhandlung nichts gesagt, nur zum Schluß meinte er,
ich solle das Urteil akzeptieren. Was für eine Pfeife. Bei meiner zweiten Verhandlung habe ich dann erst gar keinen Anwalt mehr genommen, sondern mich
selber verteidigt, so gut ich eben konnte.

Und ich war wohl gut, da der Staatsanwalt regelrechte Schreikrämpfe bekam. [flash]

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Interessierter » 8. Dezember 2017, 19:38

karnak hat geschrieben:Wem man sowas nachweisen kann der darf den Beruf auch nicht mehr ausüben wenn die Bundesrechtsanwaltskammer so entscheidet. Wenn nicht dann nicht, ist doch eigentlich ganz einfach. [grin]


Dann müßte wohl die überwiegende Mehrheit, beispielsweise von Strafverteidigern, seinerzeit Berufsverbot erhalten haben. Einfach machst nur du dir das.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon karnak » 8. Dezember 2017, 19:47

Wenn es nicht so war wird es Gründe dafür gegeben haben, zumindest unzureichende Beweislage. Rechtsstaat nennt sich sowas, mit dem 3.10.1990 gilt der für jeden, ob Dir das nun gefällt oder nicht. In diesem Land gibt es bis jetzt für keine Volksgruppe ein wie immer geartetes Sonderrecht.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Interessierter » 8. Dezember 2017, 19:59

Wenn viele in der DDR verurteilte Menschen aussagen, dass sie nur unzureichend oder gar nicht verteidigt wurden ( siehe Spartacus Beispiel ) dann ist das unzureichende Beweislast?

Da lachen ja die Bild
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon karnak » 8. Dezember 2017, 20:24

Interessierter hat geschrieben:Wenn viele in der DDR verurteilte Menschen aussagen, dass sie nur unzureichend oder gar nicht verteidigt wurden ( siehe Spartacus Beispiel ) dann ist das unzureichende Beweislast?

]

Wenn die nur ihren Eindruck in dieser Hinsicht zum Ausdruck bringen und mehr nicht festzustellen ist, natürlich. Das ein Anwalt nur unfähig oder dumm ist, eine vorsätzliche Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaft und oder Staat gegen den eigenen Mandanten nicht nachzuweisen ist gibt es keinen Grund ihm die Ausübung seines Berufes zu verweigern, so ist das nun mal, Unfähigkeit oder Blödheit ist kein Straftatbestand.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 8. Dezember 2017, 22:29

Wie will denn ein allein im Gerichtssaal sitzender "DDR-Staatsfeind" jemals die Rechtsbeugung seines in Starre verfallenen Verteidigers beweisen?
Es ist doch inzwischen bekannt, dass in unzähligen Fällen diese Pflichtverteidiger nur ihrem wahren Auftraggeber dienten. Wer will das heute noch bestreiten? [ich auch]

Gruß Volker
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Danny_1000 » 9. Dezember 2017, 06:24

Volker Zottmann hat geschrieben:Wie will denn ein allein im Gerichtssaal sitzender "DDR-Staatsfeind" jemals die Rechtsbeugung seines in Starre verfallenen Verteidigers beweisen?

Gruß Volker

Gar nicht ! Ein Rechtsanwalt spricht kein Recht und konnte demzufolge auch in der DDR kein Recht beugen.

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon karnak » 9. Dezember 2017, 07:59

Volker Zottmann hat geschrieben:Wie will denn ein allein im Gerichtssaal sitzender "DDR-Staatsfeind" jemals die Rechtsbeugung seines in Starre verfallenen Verteidigers beweisen?
Es ist doch inzwischen bekannt, dass in unzähligen Fällen diese Pflichtverteidiger nur ihrem wahren Auftraggeber dienten. Wer will das heute noch bestreiten? [ich auch]

Gruß Volker

Das wird schon so sein, zumindest war das in vielen Fällen sicher so, ich würde das gar nicht massiv bestreiten. Mir ist es allerdings schleierhaft wie auf der Grundlage von "bekannt sein" und "wer wird denn das bestreiten wollen" irgendein ein Richter oder Institution dieser Welt jemand eine Berufsberechtigung entziehen will,er müsste gegen Grundsätzliches der heutigen Rechtssprechung verstoßen, er kann nun mal nicht nach den Vorstellungen irgendwelcher Stammtisch und Gartenzaunjuristen vorgehen.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 9. Dezember 2017, 08:42

Danny, wie nennt man es, wenn ein Rechtsanwalt die Rechtsbeugung durch unzureichende Unterstützung seines Mandanten unterstützt? Und damit seinen Mandanten der staatlichen Rechtsbeugung ausliefert, obwohl er diesem das Gegenteil versichert hatte.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Kumpel » 9. Dezember 2017, 09:05

karnak hat geschrieben:............... Unfähigkeit oder Blödheit ist kein Straftatbestand.


Die Anwälte in der DDR waren sicher nicht blöd oder unfähig , sondern sie hatten sich der Staatsräson zu unterwerfen die jeden Republikflüchtling
zu einem politischen Verbrecher erklärte.
Verrat an der sozialistischen Gesellschaft war da nur eines der gebräuchlichen Bewertungen durch die Staatsanwälte. Welcher Anwalt wollte dem schon
offensiv widersprechen und damit womöglich die Staatsanwaltschaft vorführen und damit seine Karriere verbauen?
Diese Straftat rührte direkt an den Grundfesten dieses Staates. Ein Dieb oder Mörder hatte bessere Chancen auf eine Verteidigung welche diesen Namen halbwegs verdient als
einer der diesem Staat illegal den Rücken kehren wollte.
Zuletzt geändert von Kumpel am 9. Dezember 2017, 09:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon karnak » 9. Dezember 2017, 09:10

Auch das würde ich nicht bestreiten wollen und das war so weil man natürlich genau wusste, das Republikflüchten ist in letzter Instanz staatsgefährdend, weniger als das Ausrauben einer Sparkasse. [flash]
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Danny_1000 » 9. Dezember 2017, 10:00

augenzeuge hat geschrieben:Danny, wie nennt man es, wenn ein Rechtsanwalt die Rechtsbeugung durch unzureichende Unterstützung seines Mandanten unterstützt? Und damit seinen Mandanten der staatlichen Rechtsbeugung ausliefert, obwohl er diesem das Gegenteil versichert hatte.
AZ

Man sollte schon klar trennen: Rechtsbeugung ist ein Begriff aus der Juristerei und klar definiert. Und ein Anwalt konnte nunmal keine Rechtsbeugung begehen, wie der Volker hier unterstellt.

Ich habe mit einem tatsächlichen Opfer des DDR- Systems seine Stasi- Akte gemeinsam gelesen. Nach meiner Auffassung damals hat sich der Anwalt sehr wohl schäbig gegenüber seinem Mandanten verhalten. Er hat nämlich nichts zu seiner Verteidigung getan und ihm nur geraten, das Urteil anzunehmen.

Was Du zu Recht anprangerst, sind also Verstöße gegen die Moral, Ethik oder den Ehrencodex von Anwälten und war aber nach dem Beitritt der DDR kein Grund, Anwälten die Zulassung zu entziehen.

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 9. Dezember 2017, 10:05

Danny_1000 hat geschrieben:
Volker Zottmann hat geschrieben:Wie will denn ein allein im Gerichtssaal sitzender "DDR-Staatsfeind" jemals die Rechtsbeugung seines in Starre verfallenen Verteidigers beweisen?

Gruß Volker

Gar nicht ! Ein Rechtsanwalt spricht kein Recht und konnte demzufolge auch in der DDR kein Recht beugen.

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Vielleicht schlecht ausgedrückt? Der Rechtsanwalt konnte aber mehr der Anklage dienen, indem er passiv blieb.

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. Dezember 2017, 11:52

Es handelte sich hier eindeutig um eine wissentlich herbeigeführte, grobe Pflichtverletzung durch Anwälte, die nicht die Interessen ihrer Mandanten vertraten, indem sie ihre Mandanten nicht verteidigten, sondern sich entsprechend den Interessen oder Vorgaben dieser SED - Diktatur andienten.

Dadurch wurden Menschen ins Gefängnis gebracht, Existenzen zerstört und Familien zerrissen, nur weil sie von verbrieften Menschenrechten gebrauchmachen wollten. [raus]
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Olaf Sch. » 9. Dezember 2017, 12:12

man kann es auch so sagen: Staatsanwalt, Richter, Rechtsanwalt, Polizei/Stasi und Strafvollzug alles aus einer Hand. Gegen den "Delinquenten"
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Danny_1000 » 9. Dezember 2017, 13:39

AkkuGK1 hat geschrieben:man kann es auch so sagen: Staatsanwalt, Richter, Rechtsanwalt, Polizei/Stasi und Strafvollzug alles aus einer Hand. Gegen den "Delinquenten"

@Akku,
es geht noch kürzer: "Diktatur des Proletariats", so nannte sich das Ganze, um es auch historisch richtig einzuordnen.

Und dieser Diktatur hatten sich auch die Organe der "Rechtspflege" unterzuordnen. Andernfalls hätten sie am längsten in diesem Bereich ihre Brötchen verdient.
Es mit heutigen Maßstäben zu vegleichen ist einfach am Thema vorbei.

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon karnak » 9. Dezember 2017, 13:56

[grin] Diktatur, dass stimmt schon, so ist das in einer Solchen, muss so sein damit sie nicht untergeht und welches System tut das schon freiwillig. Das mit der "Diktatur des Proletariats " damit solltest Du Dich Dich noch mal befassen, in welchen Zusammenhang diese Definition verfasst wurde, einfach so im Wortklang verwendet lässt Du Dich von denen missbrauchen die sehr genau wissen was es bedeuten soll und davor eine elende Angst haben. [hallo]
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Danny_1000 » 9. Dezember 2017, 14:18

@Karnak
Da hast Du natürlich nicht ganz unrecht ! Mir ging es auch mehr darum darauf hinzuweisen, dass in einer Diktatur nun mal insbesondere im politischen Bereich die meist ungeschriebenen oder schwammig formulierten Regeln der Diktatoren gelten und nicht das, was auch in der DDR- Verfassung (siehe z.B. § 27 Meinungsfreiheit) stand.

Den Fehler, den einige hier nach meiner Meinung immer wieder machen ist die falsche oder fehlende historische Einordnung. Das aber sollte man tun, wenn man sich seriös und ohne Schaum vor dem Mund mit der damaligen Zeit auseiander setzen will. Da bleibt dann immer noch genügend Raum für den einen oder anderen Empörungslinkeinsteller. Zu mehr reicht’s aber leider oftmals nicht.

Danny
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Kumpel » 9. Dezember 2017, 15:01

Danny_1000 hat geschrieben:Den Fehler, den einige hier nach meiner Meinung immer wieder machen ist die falsche oder fehlende historische Einordnung.


Das liest sich gut , aber wie sieht denn diese falsche historische Einordnung konkret aus?
Ich denke schon vor 1989 wurde die politisch motivierte Justiz der DDR korrekt eingeordnet. Hatte man doch das Gegenpart in Westeuropa zum Vergleich.
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Wosch » 9. Dezember 2017, 15:28

Danny_1000 hat geschrieben:@Karnak
Da hast Du natürlich nicht ganz unrecht ! Mir ging es auch mehr darum darauf hinzuweisen, dass in einer Diktatur nun mal insbesondere im politischen Bereich die meist ungeschriebenen oder schwammig formulierten Regeln der Diktatoren gelten und nicht das, was auch in der DDR- Verfassung (siehe z.B. § 27 Meinungsfreiheit) stand.

Den Fehler, den einige hier nach meiner Meinung immer wieder machen ist die falsche oder fehlende historische Einordnung. Das aber sollte man tun, wenn man sich seriös und ohne Schaum vor dem Mund mit der damaligen auseiander setzen will. Da bleibt dann immer noch genügend Raum für den einen oder anderen Empörungslinkeinsteller. Zu mehr reicht’s aber leider oftmals nicht.

Danny



Man kann das doch eigentlich viel präziser formelieren, nämlich:
"Rechtsanwälte in der DDR wurden schon vor'm Studium auf ihre politische Ergebenheit zum unrechtmäßigen Regime aussortiert und erwartete von ihnen ihre berufliche Tätigkeit getreu den von den SED-Unrechtsvorgaben opportunistisch zu gestalten. Da diese studierte (meistens waren es SED-Parteimitlieder) "Hüter des Rechts" zumindest vom Kopf her, nicht ganz blöd gewesen sein dürften stellt sich mir die Frage warum man sich so missbrauchen ließ indem man treu und brav seinem staatlichen Auftraggeber auf Kosten der "Delinquenten" ohne ernsthaften Widerspruch hinterher hechelte? Im Wissen das die politischen Urteile eh schon vor der Verhandlung meistens schon fest standen spielten sie Dank ihrer regimefreundlichen Ergebenheit das Alibi für den Rest der Welt, was ihnen aber wegen ihrer hilflosen Schauspielkunst im Gerichtssaal in der Regel nicht gelang.
Sie hatten den Namen den sie führten nicht verdient, arbeiteten (wenn's sein musste oder wenn's sich lohnte mit der Stasi zusammen, liebten Frau, Kinder und Enkelkinder - zumindest so lange es die eigenen waren. Sie hatten nie jemanden geschadet, für die Urteile waren sie ja nicht zuständig Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, wer nicht so tickte wie gefordert brauchte bald selber juristischen Beistand, doch welchen Kollegen sollte er sich annehmen bei [hallo] dem Wissen das er hatte?

Die bekanntesten und "Besten" waren doch allesamt bei der "Firma", nich @danny?
Schönen Gruß aus Kassel.

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Wosch » 12. Dezember 2017, 09:55

Wäre ja eigentlich ein interessantes Thema, scheinbar aber doch nicht interessant genug.
Soll ja auch Einige gegeben haben die den Sprung von "Hüü" nach "Hott" unbeschadet überstanden hatten, sich an einige ihrer früheren Episoden aber nicht mehr erinnern können. Ist da was dran, oder liege ich gar falsch?

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 12. Dezember 2017, 19:24

Da ist ganz sicher was dran. Aber erwarte doch bitte nicht ein Statement von jenen, die es vielleicht betreffen könnte.... [hallo]

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Wosch » 12. Dezember 2017, 23:30

augenzeuge hat geschrieben:Da ist ganz sicher was dran. Aber erwarte doch bitte nicht ein Statement von jenen, die es vielleicht betreffen könnte.... [hallo]

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Von "DENEN" erwarte ich es auch gar nicht und das sich hier lieber über Kokolores unterhalten wird ist eben so.
Danke aber für den Versuch einer Erklärung.

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Nov65 » 13. Januar 2018, 12:45

Natürlich müssen wir die Handlungen von DDR-Bürgern, speziell den Menschen, die dichter am/im Staatsapparat oder sogar in "bewaffneten Organen"arbeiteten,immer vor dem historischen Hintergrund bewerten. Aber das heisst doch keinesfalls, dass menschenunwürdige Handlungen zu entschuldigen wären. Jeder, der in seiner Arbeit/Dienstverrichtung vom Regime abhängig war, konnte kein offener Opponierer sein, ohne bestraft zu werden. Aber er konnte menschenwürdig in seiner Arbeit und gegenüber dem Mitmenschen sein. Ich habe eine für eine Familie brisante Situation erlebt, wie Juristen sein konnten. Da hielt sich ein Rechtsanwalt in seinem Engagement sehr deutlich zurück. Ein Dagegenhalten zusammen mit der betroffenen Familie hätte sein Berufsende bedeutet. Als die Familie Berufung einlegte, erhob die Staatsanwaltschaft Protest gegen das zu "milde" Urteil. Es gab eine Berufungsverhandlung und ein deutlich höheres Strafmaß.
Nach der Wende waren alle Staatsanwälte und Richter belastet. Deshalb schickte ich den Direktor eines Kreisgerichts umgehend nach Hause. In der Zeit der Wende war das noch hemdsärmelig möglich. Danach hatten wir den Rechtsstaat....
Übrigens: Etliche werden sich an ihre Berufsschulzeit vor `89 erinnern. Ein Fach hieß Sozialistisches Recht. Muss ich noch mehr sagen?
Grüße von Andreas
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 13. Januar 2018, 17:35

Nov65 hat geschrieben:Übrigens: Etliche werden sich an ihre Berufsschulzeit vor `89 erinnern. Ein Fach hieß Sozialistisches Recht.
Grüße von Andreas


Oh, ja, jetzt wo du es sagst. Schreckliche Veranstaltung. Ständig dieses Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis, welche man verschweigen musste. [flash]
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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Spartacus » 14. Januar 2018, 14:04

augenzeuge hat geschrieben:
Nov65 hat geschrieben:Übrigens: Etliche werden sich an ihre Berufsschulzeit vor `89 erinnern. Ein Fach hieß Sozialistisches Recht.
Grüße von Andreas


Oh, ja, jetzt wo du es sagst. Schreckliche Veranstaltung. Ständig dieses Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis, welche man verschweigen musste. [flash]
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Genau hieß es: Betriebsökonomik / Sozialistisches Recht

Ich habe gerade mal nach geschaut und ich hatte da im Abschlusszeugnis eine 4. [flash]

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Re: Die Mitschwimmer- Juristen in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 14. Januar 2018, 14:27

Betriebsökonomik / Sozialistisches Recht
In welcher Zeit wurde das unterrichtet? In meiner Berufsschule bis 1969 bestimmt nicht. Ist eine spätere "Errungenschaft", oder?

Gruß Volker
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