Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten

Hier bitte ausschließlich Themen die sich mit der Berliner Mauer beschäftigen.

Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 30. Juli 2017, 13:36

Bild

Die Bundeswehr wollte mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen durch das Brandenburger Tor einmarschieren.. [laugh] [bloed]
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 9. August 2017, 09:37

Das Ministerium für Staatssicherheit und die Mauer

Am 13. August 1961 begann der Bau der Berliner Mauer. Am 9. November 1989 ging ihre Geschichte als eine Konsequenz der Friedlichen Revolution in der DDR zu Ende. Die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in den BStU-Archiven erlauben einen vielfältigen Blick auf die Sperranlagen und ihre zum Teil todbringenden Folgen.

Anfang der 60er Jahre flüchteten abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern. Der sowjetischen Unterstützung gewiss begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Wirklichkeit umzusetzen.

Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Das Ministerium für Staatssicherheit kümmerte sich im Auftrag der SED um alle neuralgischen Punkte: Es sicherte den Bau der Mauer ab, spürte Mauer-Kritiker und Fluchtwillige auf und sorgte, auch in den Folgejahrzehnten, für die Vertuschung von Todesschüssen durch DDR-Grenzer.

Um Schaden für das Ansehen des SED-Staates zu vermeiden, verschleierte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) die Todesfälle so weit wie möglich. Die Leidtragenden dieser Vertuschungsstrategie waren vor allem die Angehörigen der Maueropfer. Die Ungewissheit über die Todesumstände warf einen langen Schatten auf ihr Leben. Viele erfuhren erst nach der deutschen Vereinigung aus den Stasi-Akten die Wahrheit über den Tod ihrer Nächsten.

http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/DDRGe ... _node.html

Aufbruch in ein neues Leben ( Ein Beispiel )

Leo Lis wohnt mit seiner kinderreichen Familie in der DDR. Er ist Spätaussiedler aus Schlesien/Polen. Ein Teil seiner weitverzweigten Familie wohnt schon im Westen Deutschlands. Leo Lis hat Sehnsucht nach dem Rest seiner Familie, doch er erhält keine Genehmigung, mit seinen sechs Kindern und seiner Ehefrau die DDR zu verlassen. Er beschließt, es zunächst alleine zu versuchen. Bei der Flucht wird er erschossen. "Sie haben nur gesagt, dass der Vater verstorben ist. Nicht wo, nicht wie oder was. Wir durften nicht drüber reden.", erinnern sich seine Söhne heute.

Bild
Ausschnitt aus Personalausweis von Leo Lis Quelle: BStU, MfS AS 7540 Bd. VII Nr. 1 Bl. 109

Flucht und Vertuschung

Am 19. September 1969 bricht Leo Lis auf, stellt sein Fahrrad am Bahnhof in Kamenz ab und löst einen Fahrschein nach Ostberlin. Der wenig sportbegeisterte ersteht für den Folgetag ein Ticket für ein Fußballspiel in einem Stadion in Nähe der Mauer. Er plant den Aufbruch in ein neues Leben. Einen Tag später ist Leo Lis tot. Am Nordbahnhof in Berlin versucht er, die Grenze nach West-Berlin zu überwinden. 78 Kugeln werden auf ihn abgefeuert. Er stirbt an einem Brustdurchschuss noch im Sperrgebiet. Er ist 43 Jahre alt und hinterlässt seine Frau und sechs Kinder. Seine Erschießung wurde strafrechtlich nicht verfolgt.

Die kleine Habe, die Leo Lis beim Aufbruch in ein anderes Leben bei sich trug, wird akribisch aufgelistet.

Auflistung der Habseligkeiten

Was in der Familie, im Dorf, im Betrieb über den Tod geredet und gedacht wird, will das MfS kontrollieren und beeinflussen. Stimmungsberichte werden angefertigt, die Post der Familie kontrolliert und teilweise beschlagnahmt.

Sieben Tage nach dem Verschwinden von Leo Lis informieren zwei Stasimitarbeiter, getarnt als Polizisten, die Familie. Ein Teil der Habe wird ausgehändigt, Vorschriften für die Beisetzung erteilt. Die genauen Todesumstände werden verschleiert. "Wo was wie passiert ist, hat uns keiner gesagt", erinnert sich Sohn Christoph.

Das MfS hat den Toten einäschern lassen, noch bevor die Familie informiert ist. Wochen später wird die Urne übersendet. Im kleinen Kreis findet auf dem Friedhof die Beisetzung statt - in Kamenz, von wo aus Leo Lis drei Monate zuvor aufgebrochen war.


http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/DDRGe ... nn=2204334

Und natürlich alles nach Recht und Gesetz der DDR, wie bestimmte User gerne meinen... [bloed]
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 9. August 2017, 09:54

Ein weiteres Beispiel:

Zur Westverwandtschaft
Manfred Gertzki, 17. Mai 1941 - 27. April 1973


Bild
Manfred Gertzki Quelle: BStU, MfS AS 754-70 Bd. XVIII Nr. 2 Bl. 015

Manfred Gertzki scheint etabliert zu sein in der DDR. Er kommt als Diplom-Ingenieur voran, treibt in der Freizeit gerne Sport, gewinnt bei DDR-Bezirksmeisterschaften im Diskuswerfen und Kugelstoßen mehrere Preise.

Trotzdem beschließt er, in den Westen zu fliehen. Dort leben noch Verwandte von ihm. Er glaubt, durch den Spreekanal am Reichstag fliehen zu können, wähnt sich sicher durch eine selbstgebastelte kugelsichere Weste.

Flucht und Vertuschung

"Mord am Reichstag" titeln Medien in West-Berlin, als ein junger Mann am 27. April 1973 am Spreekanal von Ost-Berliner Grenzposten erschossen wird - vor den Augen von Berlinbesuchern und Passanten. Der getötete Flüchtling ist Manfred Gertzki aus Karl-Marx-Stadt.

Das MfS ermittelt, dass er in der DDR keine nahen Verwandten mehr hat. Es verwischt alle Spuren seines Lebens. Manfred Gertzki wird am 15. Mai 1973 eingeäschert und in einem Urnengrab des Krematoriums Baumschulenweg anonym beigesetzt. Im Totenschein für den getöteten Flüchtling Manfred Gertzki wird als Familienname "unbekannt" eingetragen.


http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/DDRGe ... nn=2204334

Pfui Deibel !
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Ari@D187 » 12. August 2017, 18:49

andr.k hat geschrieben:
Dr. 213 hat geschrieben:
andr.k hat geschrieben:Ein " [bloed] " für die letzten drei Beiträge! [mundzu]


Als freie Meinungsäußerung erlaubt, für die Opfer und ihre Angehörige aber eine bodenlose Frechheit.
Schade das die Albträume nur bei den Mauerschützen bleiben und nicht genossenschaftlich auf alle
Zahnrädchen der abgetriebenen Diktatur verteilt werden.

Ich wünsche allen immer noch bekennenden Anhängern dieser Todesgrenze, daß ihnen tief in der Nacht
mal so ein zerfetztes Maueropfer an ihrem Bettchen erscheinen möge und nach dem WARUM fragt.


Herzlichst
Dr. 213


Wer soll das deiner Meinung nach sein? [ich auch]

Aus dem Threadverlauf heraus kannst u.a. nur Du gemeint sein. Ob das mit den Forenregeln 1.3.2 und/oder 1.3.4 vereinbar ist?

Ari
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon andr.k » 12. August 2017, 20:43

Ari@D187 hat geschrieben:Aus dem Threadverlauf heraus kannst u.a. nur Du gemeint sein. Ob das mit den Forenregeln 1.3.2 und/oder 1.3.4 vereinbar ist?

Ari


Die "Forenregeln" greifen wohl erst bei präziser Antwort auf meine Frage. Dazu fehlt es dem Verfasser wahrscheinlich an Schneid.
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 13. August 2017, 10:13

Wie die Stasi das erste Maueropfer Günter Litfin verunglimpft hat

Am 24. August 1961 wurde der erst 24 Jahre alte Günter Litfin beim Versuch, schwimmend den Westsektor Berlins zu erreichen, erschossen. Das MfS startete eine Verleumdungskampagne.

Bild
In den Akten der Staatssicherheit findet sich zum Fall Günter Litfin auch ein undatiertes Foto: Gedenkstein für Günter Litfin am Friedrich-List-Ufer, aufgestellt am 24.8.1962. Heute befindet sich der Gedenkstein an der Sandkrugbrücke in der Berliner Invalidenstraße. Quelle: BStU, MfS, HA IX, Fo 1673, Bild 88

Um die offensichtliche Unmenschlichkeit der Tat zu vertuschen, versuchte die Staatssicherheit das Opfer zu verleumden und zu kriminalisieren. Generalmajor Bruno Beater veranlasste eine "Ermittlung im Wohngebiet", um Informationen über den Toten zu sammeln, die sich für eine Verleumdungskampagne eignen könnten. Den Stasi-Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Informationen aus dem Ermittlungsbericht vom 25. August 1961 tatsächlich für die nun folgende Agitationskampagne verwendet wurden.

Die Gerüchte, die über Günter Litfin gesammelt wurden, fanden Eingang in ausführliche MfS-Information an Erich Honecker und Erich Mielke vom 31. August 1961. Sie landeten offenkundig auch beim Autoren einer Meldung zu Günter Litfin in der Tageszeitung der SED "Neues Deutschland" vom 1. September 1961, der die gezielt gesuchten Gerüchte über Günter Litfins Privatleben in der Zeitung verbreitete.


EIN DENKMAL FÜR "PUPPE"?

Man muß damit rechnen, daß sie „Puppe" in Westberlin ein Denkmal setzen werden. „Puppe" war der eindeutige Spitzname eines Homosexuellen, der in den einschlägigen Westberliner Kreisen gut bekannt war. Der 13. August trennte ihn von seinen „Liebhabern", und in der Hauptstadt der DDR blieb sein Gewerbe aussichtslos. Am 24. August ertappte ihn die Volkspolizei bei verbrecherischen Handlungen unweit des Bahnhofs Friedrichstraße. Seiner Festnahme entzog er sich durch einen Sprung in den Humboldthafen, wobei er den Tod fand.

Im Kreise seiner „Freunde" weinte die „Bild-Zeitung" seitenbreite Tränen greller Druckfarbe. Und der Strom der Tränen schwoll noch an, als am 29. August ein nachweislich in Westdeutschland zweimal vorbestrafter Schläger der Volkspolizei zu entkommen versuchte, weil man ihn wegen eines neuen Deliktes festnehmen wollte.

Wie gesagt, der Homosexuelle und der Schläger werden in Westberlin gefeiert, wie Menschen, denen man sonst Denkmäler zu setzen pflegt. Selbst der gewandteste Anwalt würde angesichts eines märchenhaften Honorars nicht solch gefühlvolle Worte des Mitleids und der Unschuld finden, wie die Leute um Lemmer.

Und es würde sich auch schon deshalb kein Anwalt für die beiden finden lassen, weil sie neben ihren nach dem Strafgesetzbuch zu ahndenden Verbrechen, den in aller Welt gefährlichen Versuch unternahmen, die Grenze eines Staates an einer Stelle zu überschreiten, wo für jedermann sichtbar ein Überschreiten nicht möglich ist. Wer dennoch derartige von normalen Menschen nicht benutzte Wege zu den seinen macht, würde nirgendwo in der Welt damit rechnen dürfen, Blumensträuße der Anerkennung überreicht zu bekommen. Daß man in Westberlin anders darüber denkt und sowohl den Homosexuellen als auch den Schläger mit Blumen zu begrüßen gedachte, ändert nichts daran, da jedermann weiß, daß Westberlin und die Auffassungen seiner regierenden Persönlichkeiten von allem abweichen, was sonst in der Wert als Maßstab des üblichen und Normalen gilt...

I.N.

Quelle: Neues Deutschland, 1.9.1961.


http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/DDRGe ... 0.1_cid319

Erst ermordet man hinterrücks einen Flüchtling und hat dann auch noch nichts besseres zu tun, als diesen Menschen schlechtzumachen. Ganz vorne an natürlich das ND, das den ehemaligen Auftraggebern und vorbestraften Totschlägern noch heute gerne " Asyl " gewährt, um mit Buchlesungen vor dem passenden Klientel, ihre Verbrechen schönzureden.... [bloed]
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 14. September 2017, 11:18

Ergänzend zum Beitrag von AZ vom 14.8.2016 auch dieses:

Flucht durch das Minenfeld

Er ist erst 16 Jahre alt, als er allein aus der DDR flieht. Mit Vaters Kneifzange knackt Berthold Dücker die Drähte des Grenzzauns und läuft durchs Minenfeld – nach Hessen. Angekommen im Westen, spürt er statt Freiheit vor allem den Schmerz, von den Eltern getrennt zu sein.

"Die Grenze verläuft hier auf dem Höhenrücken der Thüringer Berge und macht hier einen Bogen bis hierher. Also das ist der Thüringer Zipfel, der Thüringer Balkon."

Berthold Dücker steht auf dem Wachturm von Point Alpha und weist mit seiner Linken über eine Landschaft, in der sich bis 1989 die sowjetischen und amerikanischen Streitkräfte schwer bewaffnet gegenüberstanden – bei einem militärischen Konflikt wäre hier, im hessisch-thüringischen Grenzgebiet, der dritte Weltkrieg ausgebrochen. Es war und ist die Heimat von Berthold Dücker. Zwei, drei Kilometer Luftlinie entfernt hat er seine Kindheit und Jugend verbracht.

Geismar: Ein kleines Dorf in der Nähe von Geisa. Zwischen 200 und 300 Einwohner. Hier lebt die Familie Dücker seit mehreren Generationen. Ein Bauernhaus. Landwirtschaftlicher Nebenerwerb mit drei Kühen, Schweinen, Schafen, Hühnern. Berthold ist der jüngste von drei Brüdern. Der Vater hat wie der Großvater Schuster gelernt, später im Kabelwerk von Vacha gearbeitet. Schon damals hatten viele zwei oder drei Berufe. Die Dückers sind katholisch, zu den Mahlzeiten und abends beim Zubettgehen wird gebetet. Im Haus gibt es kleine Weihwassergefäße. Der Besuch der Gottesdienste am Sonntag ist selbstverständlich - nicht Pflicht, sondern Bedürfnis.

Nach der Errichtung der Berliner Mauer erlebten die Dückers den Ausbau der Grenze mit ihren tödlichen Sperranlagen.

"Man hört natürlich permanent Geräusche. Da detoniert eine Mine. Da fand vielleicht eine Übung des Militärs statt. Dazu kommt noch, dass die Menschen fortwährend davon erzählen, wer es wieder gewagt hat, über die Grenze zu gehen – egal wie gefährlich es war, da wundert man sich nicht, warum insbesondere junge Menschen gesagt haben – ich war 16 Jahre alt – gesagt haben, das wage ich auch."
Der Vater verbietet, in der Schule aus dem Elternhaus zu erzählen

Als Berthold 1954 in die Schule kommt, gerät er wegen seines Glaubens in den Konflikt mit dem neuen SED-Staat. Eltern und Nachbarn erleben den Zwang des neuen Systems, hören heimlich Westradio: den Hessischen Rundfunk.

Der Vater verbietet dem Kind, bei Nachfragen der Lehrer irgendetwas aus dem Elternhaus zu erzählen. Berthold ist vierzehn, fünfzehn. Wie soll es in seinem Leben weitergehen? Er interessiert sich für zwei Berufswege. Einer seiner Lehrer hat in ihm die Begeisterung für klassische Musik geweckt, eine andere Perspektive wäre – Journalist. Aber soll er SED-Hofberichterstatter werden? Er weiß: Er hätte ohnehin keine Chance.

Zwei Jahre lang quält er sich mit dem Gedanken an die Flucht, zwei Jahre, in denen er nicht mit seinen Eltern und seinen Geschwistern sprechen kann. Er vertraut sich Schulfreunden an, von denen er weiß, auch sie suchen nach Wegen, die DDR zu verlassen.

Am 24. August 1964 ist es so weit. Der 16-Jährige hütet drei Kühe ganz nah an der Grenze und baut einen Weidezaun. Die Wachen der NVA dösen in der Sonne. Er spricht kurz mit ihnen. Sie kennen den Berthold, antworten schläfrig entspannt. An diesem Tag gab es keine besonderen Vorkommnisse.

"Bin nach Hause gelaufen und hab' aus Vaters Werkzeugkiste eine nagelneue Kneifzange genommen, hab' mich aufs Fahrrad dann gesetzt, bin wieder in Richtung Grenze geradelt, musste ja alles sehr schnell gehen. Ich wollte sehen, liegt die Streife da noch, wo ich sie gesehen habe, sind es noch dieselben? Da bin ich dann mit der mit Zange hierhergekommen.


Das sogenannte Minenfeld war der eigentlichen Grenze etwa 50 Meter vorgelagert und ich musste nun erstmal dieses Minenfeld, diesen Doppelzaun, überwinden. Ich bin durch einen ganz kleinen, fast trockenen Bachlauf gerobbt in der Hoffnung, dass da keine Minen liegen. Ich habe erst später erfahren, dass ich durchaus auf eine Mine hätte treffen können und hab' dummerweise mit dem Schaft der Zange immer in die Erde gestochert, weil ich dachte, so könnte ich sie spüren. Dass ich sie hätte auslösen können, auf den Gedanken bin ich nicht gekommen."

Bei einem hessischen Bauern brachte er sich in Sicherheit

Mit der Zange gelingt es Dücker, die beiden unteren Drähte des Doppelzauns zu durchtrennen. Damit hat der junge Flüchtling es aber noch nicht geschafft. Vor ihm liegt gefährliches Terrain.

"Nachdem ich das Minenfeld überwunden hatte, waren da ja noch etliche Meter Niemandsland zu überwinden. Das war DDR-Gebiet noch – dort waren Drähte gespannt und Fallgräben, die hatte ich zu überwinden. Da bin ich über diesen kleinen Bachlauf, über die Wiese gesprungen und mit einem Satz über einen Stacheldrahtzaun, der schon nicht mehr DDR war, sondern das war eine ganz einfache Koppel eines Hesselbacher Bauern und bin dann dort drüben in diesen Unterstand für Kühe gelangt und hab mich erst einmal in Sicherheit gebracht."

Auf der anderen Seite, im Westen, angekommen, empfindet er den großen Schmerz der Trennung von seinen Eltern und seinen Brüdern, die beide ihren Wehrdienst bei der NVA ableisten und intensiv befragt werden.

Um sein Heimweh zu überwinden fährt Berthold Dücker zwei, drei Mal im Jahr an die Grenze, um die Häuser seines Heimatortes und den charakteristischen Kirchturm zu sehen.

Einmal allerdings wird dieser Besuch zu einem für ihn erschütterndem Erlebnis. Jenseits der Grenze sind Frauen der LPG bei der Feldarbeit. Unter ihnen ist die Stimme seiner Mutter. Er ruft nach ihr. Ihr Name hallt weit über die Felder. Kurz danach hört Berthold seinen Namen. Laut und verzweifelt. Seine Mutter weiß, dort drüben, unerreichbar, steht ihr Sohn.

Die Mutter wird von zwei Grenzsoldaten abgeführt. Anfang der siebziger Jahre vereinbaren die Bundesrepublik und die DDR den kleinen Grenzverkehr, und Berthold Dücker darf zum ersten Mal seine Eltern zu Hause besuchen. Als 1989 die Mauer fällt, ist die Mutter schon tot, der Vater erlebt das Ende der DDR noch. Mit der Einheit kehrt Dücker in seine Heimat zurück.


Nach 25 Jahren als Journalist im Münchner Merkur-Verlag im oberbayerischen Murnau übernimmt er die Chefredaktion der "Südthüringer Zeitung" und organisiert den Erhalt und Ausbau von "Point Alpha". Dieser neuralgische Punkt des Kalten Krieges gehört heute zu den wichtigsten Gedenkstätten, mit denen an die Teilung Deutschlands erinnert wird.

http://www.deutschlandfunkkultur.de/deu ... _id=316505

Alleine wenn ich nur diese eine Geschichte lese, frage ich mich, wieso ehemalige Angehörige der bewaffneten Organe heute meinen, uns dreist und unverfroren gewisse " Feinheiten " dieser menschenverachtenden Diktatur erklären zu müssen.... [denken]
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 30. September 2017, 09:57

Kreuzberg-Fotoreportage - Zwei Zeiten, ein Blick

Berlin-Kreuzberg ist einer der spannendsten Stadtteile Deutschlands. Der Fotograf Peter Frischmuth verewigte das Viertel 1982 mit der Kamera. 25 Jahre später hat er exakt dieselben Orte wieder fotografiert - und eine faszinierende Serie über den Wandel der Zeit geschaffen.

Bild



Im Dezember 1973, im Alter von 16 Jahren, war ich zum ersten Mal in Berlin. Ich werde den Blick durch das Fenster der PanAm-Maschine im Landeanflug auf den Flughafen Tempelhof niemals vergessen. Es war bereits dunkel, als das Flugzeug durch die Wolkendecke stieß. Unter mir ein helles Band aus grellem Scheinwerferlicht, das die Stadt zerschnitt. Die Mauer, der Todesstreifen - mein erster Eindruck von Berlin.

Wie kein anderer Stadtteil Berlins geriet der Bezirk Kreuzberg, und hier speziell der ehemalige Postzustellbezirk SüdOst 36, durch den Mauerbau des Jahres 1961 in eine Randlage. Bis 1961 hatte über die Spreebrücken ein lebhafter Pendelverkehr zwischen Ost- und Westberlin stattgefunden. Die Bewohner von SO 36 konnten ungehindert die Naherholungsgebiete Schlesischer Busch oder Treptower Park besuchen. Mit dem Bau der Mauer änderte sich das schlagartig. Den Bewohnern der Mietskasernen wurden ihre Naherholungsgebiete entzogen. Den ansässigen Industriebetrieben fehlten von einem Tag auf den anderen Tausende von Arbeitskräften, die bis dahin täglich von Ost nach West zur Arbeit kamen.

1982 wurde Berlin Kreuzberg zum Thema meiner Examensarbeit an der Fachhochschule Dortmund, wo ich seit 1978 Fotografie studierte. Inhalt meiner Arbeit war eine fotografische Beschreibung des Stadtteils: die Architektur der Gründerzeit, die Menschen im "Kiez" und das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen.

Die vergangenen Jahre und besonders der Fall der Mauer haben Kreuzberg SO 36 verändert. Aus seiner Randlage befreit, enden die Hauptverkehrsadern Skalitzer Straße als auch die U-Bahnlinie 1 nicht mehr als "Dead End" am Schlesischen Tor. Der Stadtteil ist in die Stadt zurückgekehrt. Nach 25 Jahren habe ich SO 36 erneut als Thema aufgegriffen. Auf meinen eigenen Spuren habe ich Orte und Menschen wieder aufgesucht. Die direkte Gegenüberstellung der Bilder zeigt die Veränderung des Stadtteils.

Weitere 20 Fotos findet man hier:
http://www.spiegel.de/einestages/kreuzb ... 49980.html
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Merkur » 30. September 2017, 17:00

Interessierter hat geschrieben: frage ich mich, wieso ehemalige Angehörige der bewaffneten Organe heute meinen, uns dreist und unverfroren gewisse " Feinheiten " dieser menschenverachtenden Diktatur erklären zu müssen.


Ich gehe davon aus, dass sie gerade bei Dir gewisse Defizite erkannt haben.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon karnak » 30. September 2017, 17:14

Interessierter hat geschrieben:
Alleine wenn ich nur diese eine Geschichte lese, frage ich mich, wieso ehemalige Angehörige der bewaffneten Organe heute meinen, uns dreist und unverfroren gewisse " Feinheiten " dieser menschenverachtenden Diktatur erklären zu müssen.... [denken]

[flash] Du liest viel und weist wenig, also verfällt man in das Bedürfnis es Dir zu erklären. Aus propagandistischen Gründen wird dieses Erklären in Rechtfertigen umgedeutet, dass macht es schwierig und mich befällt immer wieder der schwere Verdacht genau so soll es auch sein.
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Spartacus » 30. September 2017, 17:31

Merkur hat geschrieben:
Interessierter hat geschrieben: frage ich mich, wieso ehemalige Angehörige der bewaffneten Organe heute meinen, uns dreist und unverfroren gewisse " Feinheiten " dieser menschenverachtenden Diktatur erklären zu müssen.


Ich gehe davon aus, dass sie gerade bei Dir gewisse Defizite erkannt haben.


Mal davon abgesehen, wer, wenn nicht die ehemaligen Angehörigen der bewaffneten Organe, könnten uns denn die damalig Grenze / Grenzsicherung etc. erklären?
Ich würde mir eher wünschen, es gäbe mehr von der Sorte eines Karnak, der sich wenigstens nicht feige hinter dem Ofen ( oder in der Toskana) verkriecht, sondern
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Wosch » 30. September 2017, 18:04

Spartacus hat geschrieben:
Merkur hat geschrieben:
Interessierter hat geschrieben: frage ich mich, wieso ehemalige Angehörige der bewaffneten Organe heute meinen, uns dreist und unverfroren gewisse " Feinheiten " dieser menschenverachtenden Diktatur erklären zu müssen.


Ich gehe davon aus, dass sie gerade bei Dir gewisse Defizite erkannt haben.


Mal davon abgesehen, wer, wenn nicht die ehemaligen Angehörigen der bewaffneten Organe, könnten uns denn die damalig Grenze / Grenzsicherung etc. erklären?
Ich würde mir eher wünschen, es gäbe mehr von der Sorte eines Karnak, der sich wenigstens nicht feige hinter dem Ofen ( oder in der Toskana) verkriecht, sondern
Rede und Antwort steht.

Sparta

P.S. Wenn du was über die Legion wissen willst, wenn fragst du dann? Einen DDR - Volkspolizisten etwa. [flash]




Aber mal davon abgesehen, wenn ich etwas vom Zuchthaus-Regime der DDR-Knäste erfahren möchte informiere ich mich lieber bei den damals Eingesperrten als bei den ehemaligen Schergen in Uniform. Solltest Du nicht verstanden haben was ich damit meinte, so ist es auch nicht weiter schlimm.

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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon karnak » 30. September 2017, 18:11

Ich würde mich als Außenstehender um meinen gesunden Menschenverstandes bemühen, die verschiedenen Aussagen nüchtern bewerten und nicht bedingungslos auf die Geschichten anspringen die meiner prinzipiellen Überzeugung entsprechen..
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 30. September 2017, 18:12

Zitat karnak:
[flash] Du liest viel und weist wenig, also verfällt man in das Bedürfnis es Dir zu erklären.


Dein Smiley vor deiner Aussage könnte treffender nicht sein.

Abgesehen von deinen persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen, die du leider auch heute noch überwiegend durch die Stasibrille betrachtest, weißt du herzlich wenig, was so in der von dir geliebten, menschenverachtenden SED - Diktatur passierte.

Du liest wenig und weißt wenig, weißt anscheinend nicht einmal, dass " weißt " von wissen kommt...!
Du bestreitest beispielsweise Aussagen des MfS und als ich dir anbiete 56 Seiten mit Kopien des Mfs zu lesen, war dir das einfach zu viel.
Dafür liest du auf deiner Seereise lieber " Marx "... [laugh]

Was nun dein Bedürfnis mir etwas zu erklären angeht, so brauche ich Deine Erklärungen nicht, da du meistens nichts erklärst, sondern einfach ohne Beweise (nach eigener Aussage) einfach bestreitest und Zeitzeugen als Lügner hinstellst.

Da bist du dann sehr dicht beim Verklären statt Erklären und beim Verhöhnen von Zeitzeugen/Opfern.

Das nur als Erwiderung zu deinen Ausführungen und Unterstellungen bezüglich meiner Person. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon karnak » 30. September 2017, 18:24

Interessierter hat geschrieben:
Was nun dein Bedürfnis mir etwas zu erklären angeht, so brauche ich Deine Erklärungen nicht, da du meistens nichts erklärst,

[grin] Wenn wir schon beim beweisen sind, dass mit dem Nichterklären zu belegen dürfte Dir verdammt schwer fallen. Was die Rechtschreibung angeht, ich haue meine Texte mittlerweile von der Relaxliege aus ins Tablet, am PC geht mir das zu sehr auf's Kreuz, angeblich klärt sich das mit der Rechtschreibung dort von selbst, klappt scheinbar nicht immer. Aber Hauptsache man weiß um was es geht. [hallo]
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon augenzeuge » 30. September 2017, 18:47

karnak hat geschrieben:, ich haue meine Texte mittlerweile von der Relaxliege aus ins Tablet


Mach mal ein Bild, ich krieg das nicht wirklich entspannt hin.... [hallo]

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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon karnak » 30. September 2017, 18:53

Die Heidrun ist in den Westen geflogen, da ist es schwierig mit dem Foto.
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon augenzeuge » 30. September 2017, 18:55

karnak hat geschrieben:Die Heidrun ist in den Westen geflogen, da ist es schwierig mit dem Foto.


Ok, ich vergaß das man im Osten den Selbstauslöser ja noch nicht kennt..... [laugh]

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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon karnak » 30. September 2017, 19:10

[zunge] Dann hat das Relaxliegen liegen aber nicht die Wirkung auf dem Foto da meine Arme nicht so lang sind. Außerdem fotografiere ich auch mit dem Tablet das zu fotografieren wäre.
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon karnak » 1. Oktober 2017, 06:39

Merkur hat geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass sie gerade bei Dir gewisse Defizite erkannt haben.

Warst Du eigentlich gestern im Fernsehen?
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Spartacus » 1. Oktober 2017, 13:24

karnak hat geschrieben:
Merkur hat geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass sie gerade bei Dir gewisse Defizite erkannt haben.

Warst Du eigentlich gestern im Fernsehen?


Meinst du bei ZDF Info, Mysteriöse Kriminalfälle der DDR?

Ich habe beide Folgen aufgenommen und schaue sie mir erst heute an. [hallo]

LG

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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 7. Oktober 2017, 10:47

Mauer-Bilder - Grenzgänger mit Kamera

Als Soll-Bruch-Stelle hat der Fotograf Karl-Ludwig Lange den Berliner Grenzstreifen porträtiert- zu DDR-Zeiten, 1990 und heute. Die visuelle Zeitreise entlang der Mauer macht deren Irrsinn deutlich - und den Wandel des wiedervereinten Berlin.

Bild
Stillstand: Wo früher der französische Sektor endete, rattert heute die S-Bahn drüber: Der S-Bahnhof Wollankstraße in Wedding 1976...

In den Sechzigerjahren wurden ganze Straßenzüge entlang des Grenzstreifens abgerissen, zum Beispiel an der Bernauer Straße.
Erst 1968 wurde die sogenannte "Mauer der 3. Generation" aus Beton und mit aufgesetztem Rohr gebaut. Die offizielle DDR-Bezeichnung für diese 3,75 Meter hohe Mauer lautete "Vorderes Sperrelement feindwärts". Vor der Mauer standen Beleuchtungsmasten, dann folgte eine Grenzstreifenstraße, der sogenannte "Kolonnenweg". Dieser Weg ist noch heute vielerorts als betonierte Straße auf dem Mauerstreifen zu sehen.

Panzersperren und Beobachtungstürme sind hingegen fast vollständig verschwunden. An einigen Stellen, wie im bereich des Nordbahnhofs, befinden sich noch teile der rückwärtigen Mauer, die den Grenzstreifen ("Handlungsstreifen") "freundwärts" befestigte.

106 Kilometer Beton-Mauer wurden 1990 abgerissen, über 300 Wachtürme und 127 Kilometer Signal- und Sperrzäune. Nur wenige Reste der Mauer blieben erhalten, etwa an der Bernauer Straße oder an der Mühlenstraße in Friedrichshain ("Eastside Gallery")

Aber dennoch ist die Mauer im Stadtbild präsent. Nicht etwa, weil ein "Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer" schon umgesetzt wäre, oder weil an die mindestens 125 Menschen (nach manchen Angabe sogar 260) erinnert werden soll, welche an der Berliner Mauer zwischen 1961 und 1989 ums Leben gekommen sind.

Nein, es handelt sich eher um juristische Probleme: Die Eigentumsverhältnisse der seinerzeit enteigneten Mauergrundstücke sind oft umstritten. So ist vielerorts eine Brachlandschaft entstanden, welche die Stadtstruktur noch immer beeinträchtigt.

Weitere 17 Fotos hier:
http://www.spiegel.de/einestages/mauer- ... 50080.html
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 17. Oktober 2017, 12:27

Honeckers "Gesellenstück": Der Bau der Berliner Mauer

Es wird mehr als ein Treffen in Ulbrichts Sommerfrische am Döllnsee. Erich Honecker, seit 1958 als Sekretär im Zentralkomitee der SED auch für Sicherheitsfragen zuständig, weiß, warum Ulbricht die Spitzen des Staates am 12. August 1961 zu sich bittet: Die "Operation Rose" soll wenige Stunden später starten, die totale Abriegelung der Grenze nach West-Berlin wird Honeckers "Gesellenstück".

Bild


Mehr als ein Treffen in der Sommerfrische


Sonnabend, 12. August 1961: Offiziell hat Walter Ulbricht für diesen Nachmittag zu einem "Beisammensein" geladen. Das Wetter ist prächtig, die Stimmung gut. Solche Zusammenkünfte im Gästehaus des Ministerrates am Döllnsee rund 80 Kilometer von Berlin sind nicht selten.

Ungewöhnlich ist die Liste der Eingeladenen. Die Spitzen des Staates sind versammelt: das Politbüro, viele Minister, Mitglieder des Staatsrates, der Bürgermeister von Ost-Berlin. In aller Eile sind sie zusammengerufen worden. Auch Erich Honecker, damals der für Sicherheitsfragen zuständige Sekretär im Zentralkomitee der SED, ist anwesend. Im Gegensatz zu vielen anderen Gästen weiß er, worum es gehen soll:

Seit Wochen steht die gesamte politische Führung um Walter Ulbricht unter enormem Druck: Immer mehr Flüchtlinge verlassen das Land, die meisten über die noch offene Sektorengrenze von Ost- nach West-Berlin.

Ulbricht weiß, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Er muss eine Lösung finden. Über Monate haben Gespräche mit dem sowjetischen Partei- und Staatschef Nikita Chruschtschow und seinen Militärs stattgefunden. Jetzt ist die Zeit reif, den Plan zum Mauerbau in die Tat umzusetzen.

Seit Tagen schon werden rund um Berlin unauffällig Einheiten von der Volkspolizei und NVA in Stellung gebracht - für den Fall, dass es zu Aufruhr und Widerstand kommen sollte. Es steht viel auf dem Spiel, das Ziel der "Operation Rose" soll bis zuletzt geheim bleiben. Und so ruft Walter Ulbricht seine Gäste erst gegen 22.00 Uhr zu einer "kleinen Sitzung". Nun erfahren die Gäste den wahren Grund der Zusammenkunft: Die massive Abwanderung aus der DDR soll gestoppt werden, die totale Abriegelung der Grenze nach West-Berlin steht unmittelbar bevor. Die Anwesenden sollen zustimmen, vorher dürfen sie den den Ort des Treffens nicht verlassen. Es gibt keine Gegenstimmen.

Zu weit schon fortgeschrittener Stunde hat Walter Ulbricht dann erklärt, was jetzt passieren wird. Und er hat begründet, warum und weshalb. Sein Hauptargument war, der Gegner bereite eine Aggression gegen die Deutsche Demokratische Republik vor, wir müssten uns davor schützen und diesen Maßnahmen zuvorkomme. Er endete mit dem Satz: 'Und jetzt empfehle ich Ihnen, dass Sie wieder schnell nach Berlin fahren, denn sonst kommen Sie in die Truppenkonzentration der Nationalen Volksarmee.'
Hellmut Müller, damals FDJ-Funktionär Geschichte Mitteldeutschlands


Honecker ist zu diesem Zeitpunkt längst im Ost-Berliner Polizeipräsidium, der Einsatzzentrale für diese Nacht. Von hier aus setzt er als Einsatzleiter der Aktion Ulbrichts Befehle für die Kampfgruppen, Polizei, MfS und NVA in Kraft. Eine Woche zuvor hat er im Polizeipräsidium unweit des Alexanderplatzes bereits einen Einsatzstab mit acht Mitarbeitern platziert. In der Nacht zum 13. August, kurz nach 01.00 Uhr beginnt die "Operation Rose": Die Straßenlaternen entlang der Grenze gehen auf östlicher Seite aus, die U- und S-Bahn-Verbindungen zwischen Ost- und West-Berlin werden gekappt, Fenster in Gebäuden zugemauert ... Über 20.000 Bewaffnete sind im Einsatz, um den Übergang in den Westteil der Stadt auf einer Länge von mehr als 160 Kilometern zu versperren.

Für Erich Honecker war dies wohl sein Gesellen- oder Meisterstück im Umgang mit den bewaffneten Kräften und mit den Leitern der technischen Infrastruktur. Er hatte dort das Sagen, und alle Blicke waren auf Erich Honecker ausgerichtet.
Hellmut Müller, damals FDJ-Funktionär Geschichte Mitteldeutschlands


Mit der perfekten Umsetzung der "Operation Rose" beeindruckt Erich Honecker seinen politischen Ziehvater Ulbricht und auch die sowjetische Führung.

Ich denke, das hat ihm insbesondere in Moskau große Lorbeeren verschafft, weil auch Moskau selbstverständlich in Sorge war, ob dieser dreiste Akt der Absperrung Berlins wirklich 'friedlich', also ohne Gegenmaßnahmen des Westens vonstatten ginge.
Joachim Jauer, damals ZDF-Korrespondent in der DDR Geschichte Mitteldeutschlands


Den Bau des "antikapitalistischen Schutzwalls", der 28 Jahre lang eine Stadt und ein ganzes Land teilen sollte, und viele Menschenleben fordert, verteidigt Erich Honecker bis an sein Lebensende als "notwendig".

http://www.mdr.de/zeitreise/ddr/honecke ... au108.html
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon augenzeuge » 17. Oktober 2017, 13:13

verteidigt Erich Honecker bis an sein Lebensende als "notwendig".


Für ihn war sie auch notwendig....wie man gesehen hat. [blush]

AZ
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Volker Zottmann » 17. Oktober 2017, 18:14

Mal zum Fachlichen:
Die erste Mauer sieht auch aus, als ob die ein Dachdeckergehilfe baute. Krumm und schief, spiegelten alle geschossenen Fotos aber auch damit den Zustand der gesamten DDR. Genauso krumm, verdreckt, ungepflegt. Armselig eben!
An Honeckers Stelle hätte ich mich geschämt.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Interessierter » 24. Oktober 2017, 16:28

Mauerbau in der "Freiheit" 1961 "Endlich ist die Hintertür zu!"

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Ausgabe der "Freiheit" vom 14. August 1961

"Endlich! Es war höchste Zeit!", "Darauf haben wir schon lange gewartet": Schlagzeilen, die klingen wie nach dem Gewinn einer Fußball-Weltmeisterschaft. Gemeint war allerdings die Schließung der Grenzen zwischen Ost- und Westberlin - wohlgemerkt aus ostdeutscher Sicht. Die SED-Bezirkszeitung "Freiheit", Vorläufer der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung, berichtete am Montag, 14. August 1961 über die Reaktionen auf die Grenzschließung am 13. August. Der Tag, der symbolisch für den Mauerbau steht, erscheint mit Blick auf die Ausgabe der Freiheit in einem sehr einseitigen Licht. Die Perspektive der DDR und der Sowjetunion mag aus heutiger Sicht fast schockieren, aber illustriert die damalige Situation in der gleichgeschalteten Presse sowie der Politik. Was aber das Volk wirklich dachte, lässt sich daraus kaum ablesen.

Ost-Mächte werfen Westen Kriegstreiberei vor

Auf der Titelseite druckte die Zeitung eine Erklärung der Warschauer-Vertrags-Staaten (Warschauer Pakt), der von gescheiterten Friedensbemühungen seitens der Ostblock-Staaten berichtet. Die Sowjetunion hatte als Voraussetzung für einen Friedensvertrag auf Westberlin als entmilitarisierte Zone bestanden.

Laut der gedruckten Erklärung der Warschauer-Vertrags-Staaten hätten die "Westmächte [...] die von Friedensliebe getragenen Vorschläge der sozialistischen Länder mit verstärkten Kriegsvorbereitungen, mit der Entfachung einer Kriegshysterie und mit der Androhung militärischer Gewalt" beantwortet. Damit erklärten die Ostblock-Staaten die Verhandlungen für gescheitert. Ein Beschluss des Ministerrats geht noch einen Schritt weiter: "Die Erhaltung des Friedens erfordert, dem Treiben der westdeutschen Revanchisten und Militaristen einen Riegel vorzuschieben."

Das ist eine Rechtfertigung der Grenzschließung. Die Logik dahinter: Dort drüben die Kriegstreiber und hier die friedliebenden Sozialisten. Hinter den Kulissen allerdings hatte die Regierung unter SED-Chef Walter Ulbricht ganz andere Probleme. Gut ausgebildete DDR-Bürger verließen in Scharen das Land. Ulbricht wollte die Abwanderung der Fachkräfte stoppen. Seine Bitte an die Sowjetunion: Die Berlin-Frage muss geklärt werden. Im August 1961 war es soweit.

https://www.mz-web.de/mitteldeutschland ... ---3030818

[flash]
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon augenzeuge » 24. Oktober 2017, 16:50

Was aber das Volk wirklich dachte, lässt sich daraus kaum ablesen.


Ich habe nie in einer DDR Zeitung gelesen, was man wirklich dachte. Diese Aussagen und psychischen Sprüche sind mir noch gut bekannt. Man wendete sie noch in den 80er Jahren massiv an, um Ausreisewillige zurückzudrängen.

Interessant ist, wenn man weiß, dass man damit die Jugend Jahrzehnte versuchte politisch zu erziehen, am Ende hat es nichts genützt. Überzeugt wurden die wenigsten.

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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Nov65 » 25. Oktober 2017, 16:55

Volker Zottmann hat geschrieben:Mal zum Fachlichen:
Die erste Mauer sieht auch aus, als ob die ein Dachdeckergehilfe baute. Krumm und schief, spiegelten alle geschossenen Fotos aber auch damit den Zustand der gesamten DDR. Genauso krumm, verdreckt, ungepflegt. Armselig eben!
An Honeckers Stelle hätte ich mich geschämt.

Gruß Volker

Bei meinen Besuchen von aufzugebenden Garnisonen der Sowjetarmee habe ich deren Bauten in nächster Nähe gesehen. Ich glaube, da durfte jeder maurern oder alle hatte nicht die geringste Ahnung wozu ein eine Maurerschnur und eine Wasserwaage da sind.
Beim Mauerbau in Berlin waren absolute Amateure am Werk, keine DDR-Facharbeiter.
Honecker und schämen? Das ging gar nicht. Ehre war nicht sein Ding. Das war bürgerlich und nicht proletarisch.
Gruß, Andreas
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Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Oktober 2017, 21:20

Dein letzter Satz gefällt mir außerordentlich, Andreas. [grins]

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: 55 Jahre Mauerbau

Beitragvon Werner Thal » 25. Mai 2019, 17:02

DER SPIEGEL ONLINE - EINESTAGES

Mauerbau Die unsichtbare Todeszone

Die Mauer (in Berlin-W.T.) kannte jeder. Doch wo während des Kalten Krieges die eigentliche Grenze
zwischen West- und Ost-Berlin verlief, wussten nur die wenigsten. Vielen Menschen wurde dies zum
Verhängnis - darunter fünf Kindern, die vor den Augen herbeieilender Retter ertrinken mussten.

und hier kann man weiterlesen:

https://www.spiegel.de/einestages/50-ja ... 47297.html
Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten.
Russian Military out of Ukraine
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