Kriminalität von FlüchtlingenDer Anstieg der Kriminalität in den letzten Jahren wird von AfD-Anhängern immer mit dem Zuzug von Flüchtlingen in Verbindung gebracht. Natürlich wächst mit dem Zuzug von einer Million Menschen auch die Zahl derer, die sich etwas zuschulden kommen lassen. Das wäre auch der Fall gewesen, wenn 2015 nur EU-Bürger zu uns gekommen wären. Die Polizeidirektion Hannover hat zur Aufklärung der Bevölkerung die Zahl der Delikte veröffentlicht, die 2016 von Flüchtlingen begangen worden sind. Sie beträgt 11.489 Straftaten. Wenn man sie ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Flüchtlinge setzt, die sich im Berechnungszeitraum im Großraum Hannover aufgehalten haben, ist die Zahl der Straftaten niedriger als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Das belegt auch der Bericht des Bundeskriminalamts von 2016, den Innenminister Thomas de Maiziére vorgestellt hat. Demnach liegt auch in ganz Deutschland die Zahl der von Flüchtlingen begangenen Straftaten unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Zudem sind die meisten der von Flüchtlingen begangenen Straftaten keine schweren Verbrechen. So machten Vermögens- und Fälschungsdelikte (Pässe!) sowie Schwarzfahren fast ein Drittel der Straftaten (32 Prozent) aus, Diebstahl ein weiteres Drittel (33 Prozent). Bei den Diebstahldelikten hat sich die Zahl im Vergleich zu 2014 allerdings verdoppelt. Zu bedenken ist zudem, dass in vielen Fällen Flüchtlinge selbst die Opfer sind. Verunsicherte und angsterfüllte Bürger lassen sich durch solche Zahlen freilich schwerlich in ihrer Angst und ihrer Sorge beschwichtigen. Dafür sorgen schon die Medien, die über jedes spektakuläre Verbrechen, das von einem Flüchtling begangen wird, bundesweit berichten. Dann kocht der Zorn in Teilen der Bevölkerung hoch, befeuert vor allem auch durch die Hass-Tiraden in den sozialen Medien des Internet. Dennoch gibt es zur beharrlichen Aufklärung durch Fakten keine Alternative.
Angst essen Seele aufWenn eine Gesellschaft politisch nach rechts rückt, ist immer Angst im Spiel. Angst ist ein Ur-Gefühl des Menschen, das man kaum durch rationale Argumentation besänftigen kann. Die Menschen haben verstärkt Angst vor Terroranschlägen, vor Kriminalität und – vor allem in Ostdeutschland – vor dem Zuzug von „Fremden“. Der unbändige Hass, der vor allem der Kanzlerin bei Kundgebungen auf den Marktplätzen im Osten der Republik entgegenschlägt, speist sich aus dem Gefühl, „im eigenen Land zu Fremden zu werden“, wie die gängige Parole von AfD und Pegida lautet.
Wie irrational diese Angst vor „Überfremdung“ ist, kann man daran ermessen, dass sie dort am größten ist, wo der Anteil von Flüchtlingen – also von „Fremden“ – am kleinsten ist. Wer es nicht wie die Großstädter im Westen unseres Landes seit Jahren gewohnt ist, mit Menschen aus fremden Kulturkreisen umzugehen, wird schon durch wenige Menschen, die anders aussehen, sprechen, beten usw., in Unruhe versetzt.
Alte Rechnungen
Unter den Hasserfüllten auf den ostdeutschen Marktplätzen sieht man auch viele Silberköpfe. Man kann vermuten, dass es Menschen sind, die zur Zeit der DDR im besten Alter waren und zu den Nutznießern des Systems gehörten. Wenn sie den westdeutschen Eliten, zu denen sie kurioserweise auch Angela Merkel zählen, vorwerfen, sie entwerteten ihre Lebensleistung, ist da etwas Richtiges dran: Für Führungskader der ehemaligen Staatspartei SED ist in Gesamtdeutschland tatsächlich wenig Verwendung, zumindest nicht auf dem Felde ihrer originären Kompetenz.
Oft verbirgt sich hinter dem herausgebrüllten Hass die mangelnde Selbstachtung derer, die den Aufbau Ost nicht aus eigener Kraft stemmen mussten, weil ihnen der reiche Westen mit über einer Billion Euro Aufbauhilfe unter die Arme griff. Deshalb kann man in Ostdeutschland so selten den Stolz erleben, den Tschechen, Polen, Slowaken und Ungarn empfinden, wenn sie berichten, wie sie die sozialistische Tristesse ihres Landes in ein schmuckes Paradies verwandelt haben.AusblickTrotz des momentanen Rechtsrucks muss es uns nicht bange sein um unsere Demokratie. Über 80 Prozent der Deutschen bevorzugen Parteien, deren demokratische Substanz außer Frage steht. Der demokratische Willensbildungsprozess im Parlament hat zudem etwas Zivilisatorisches an sich: Er verstrickt widerspenstige Parteien, die einst mit Protestgestus oder populistischer Schlagseite angetreten sind, so ins tägliche demokratische Handwerk, dass sie sich über kurz oder lang demokratisieren. Das konnte man beispielhaft an den Grünen erleben, die heute in ihrer staatstragenden Haltung nur schwer zu überbieten sind. Derselbe Mechanismus hat auch die stalinistischen Anwandlungen ehemaliger SED/PDS-Kader abgeschliffen. Sarah Wagenknecht, die in ihren ersten Bundestagsreden noch die Mauer gerechtfertigt und zynisch über deren Opfer gelästert hat, hält heute in edlen Theatersälen Reden über Goethes „Faust“.
Die AfD wird sich über kurz oder lang in zwei Parteien aufspalten: in einen nationalliberalen, gemäßigt rechten Flügel, der in die Regierungsverantwortung drängt, und in einen außerparlamentarischen radikalen Flügel, der weiterhin sein rassistisches Weltbild pflegt. Rückblickend werden wir dann wieder mehr Gefallen an unserem demokratischen System finden, weil es eine entscheidende Bewährungsprobe erfolgreich bestanden hat.https://starke-meinungen.de/blog/2017/0 ... #more-7235Meiner Meinung nach eine treffende Aussage, der ich nur beipflichten kann.