Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

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Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. Mai 2016, 11:45

Anfang 1989 erhielt die Familie eines Freundes des Zittauer Schülers Heiko Benedict die Ausreiseerlaubnis aus der DDR. Bevor die damals 14jährigen Jungen sich – aus damaliger Sicht: für immer – trennen sollten, ergriffen sie einen Fotoapparat und zogen gemeinsam durch die Altstadt. Sie wollten dort die "schlimmsten Dreckecken" fotografieren, damit die Menschen im Westen sehen konnten, wie es in der DDR aussah. Mehr als 40 Mal drückten sie den Auslöser.

Mit dem trostlosen Zustand der historischen Innenstädte griffen die beiden Schüler instinktiv einen Aspekt der DDR-Wirklichkeit auf, an dem sich das politische und wirtschaftliche Scheitern der SED-Diktatur offenkundig manifestierte. "Am Verfall der Städte hat sich in der DDR der Protest entzündet", schrieb der Stadtplaner und langjährige Mitarbeiter der Bauakademie der DDR Jürgen Rostock 1991 im Rückblick.

Selbst Erich Honecker bedauerte später "die Vernachlässigung bestimmter Stadtkerne" und gestand ein, dass er selbst etwa in Leipzig bei den Fahrten vom und zum Flugplatz den Eindruck gehabt habe, "als wenn gerade erst das Artilleriefeuer des Zweiten Weltkrieges vorbeigegangen ist". Die Verantwortung dafür mochte der einst mächtigste Mann der DDR aber nicht übernehmen, sondern er beschuldigte seinen Bauminister, nicht die notwendigen Entscheidungen getroffen zu haben, um die Dinge voranzutreiben.

Weitere interessante Einblicke am Beispiel Zittaus, findet man hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -64/06402/
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Harsberg » 9. Mai 2016, 12:44

Die Verantwortung dafür mochte der einst mächtigste Mann der DDR aber nicht übernehmen, sondern er beschuldigte seinen Bauminister, nicht die notwendigen Entscheidungen getroffen zu haben, um die Dinge voranzutreiben.


Da muss ich aber laut lachen, wenn man an leitender Stelle im Bauwesen tätig war, und die Aussagen der leitenden Leute in den Bezirksbauämtern zu den Innenstädten hörte, war die Partei und damit auch der Minister zuständig, denn der saß ja in den zuständigen Gremien.
Aber unsere "Überkapazitäten" hatten wir in der SU im Einsatz, für Wohnungs - und Trassenbau . Da blieb für die Sanierung der Innenstädte nicht übrig.
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon steffen52-1 » 9. Mai 2016, 15:05

Das Honecker das gesagt b.z.w. überhaupt gesehen hatte, den Verfall der Städte in der DDR, bezweifle ich stark! Den ich kann mich erinnern, als er das Neubaugebiet in
den damaligen K.-M.-Stadt besuchte, wurden die (jubelten) Massen in Spalier aufgestellt und die hinteren Reihen mussten noch nicht eingepflanzte Bäumchen mit ihren Händen
halten! So das es für ihn aussah, als wäre alles schön grün! [frown] Auch wenn er eine Neubauwohnung besichtigte, wurde das Bad voll verfließt u.s.w.!!!
Er bekam das zu sehen, was er sehen sollte, mehr nicht! [laugh]
Grüsse steffen52-1
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. Mai 2016, 15:42

Sorry, ich habe versehentlich den falschen Link eingestellt; aber schon erstaunlich wie man sich zu einem Artikel äußert, ohne diesen in ganzer Länge gelesen zu haben. Den fehlenden Zusammenhang mit Zittau bemerkt man dann natürlich auch nicht und kann ebenfalls nicht die Quelle zu Honeckers Aussage lesen. [flash]

Hier der richtige Link:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -64/06402/
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Rei » 9. Mai 2016, 19:36

Schädliche Website blockiert.

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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 9. Mai 2016, 21:22

Rei hat geschrieben:Schädliche Website blockiert.

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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon andr.k » 9. Mai 2016, 22:28

Interessierter hat geschrieben:Sorry, ich habe versehentlich den falschen Link eingestellt;



Du kennst sonst, außer was in deinen "Links" steht, nix weiter von den Innenstädten der DDR? [denken]

[flash]
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 10. Mai 2016, 19:00

Ich muss mal Harsberg zustimmen!
Es gab fast kein Reparatur-Baumaterial mehr. In Karstädt, wurden bis 1986 etwa 3. Wahl Fußbodenfliesen gegen hohe Bezahlung an Kleine Baubetriebe OHNE Bilanzierung abgegeben. Dass Heißt , diese Fliesen hatten entweder Blasen in der Glasur oder Riss bis zueinem Drittel der Fliesenlänge. Diese Fliesen III. Wahl, 10 x 20 cm kosteten 47 Pfennige pro Stück.
Zusätlich reichte ich Apfelsekt und diverse Tüten West-Bohnenkaffee. Am etwa 1987 wurde auch dieser Handel unterbunden. Aller Ausschuss wurde Waggonweise in die Sowjetunion verbracht.

In Neubrandenburg wurden WBS-70 Wohnungen mit PVC ausgelegt, immer so, dass der Belag in den Hohlkehlen 6 cm als Scheuerleiste hochgeführt wurde. Eine recht passable saubere optisch ansprechende Lösung.
Ich habe das im WBK in Quedlinburg als Neuerervorschlag einführen wollen. Denkste! Die Auskunft vom Kombinat war abschlägig, weil die PVC-Kapazitäten nicht vorhanden waren, je Raumbreite und -Länge etwa 12 cm Material aufzuschlagen. Man hätte alle Scheuerleisten mit Leunit zu ziehen sparen können und die gesamte Malerei der Gipsleisten wäre entfallen.... Im Bezirk Halle waren also alle Reserven schon um 1975 rum ausgereizt.

Da braucht sich niemand wundern, dass dann der Altbausubstanz überhaupt keine Beachtung mehr geschenkt wurde.

Gruß Volker
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Rei » 10. Mai 2016, 21:13

augenzeuge hat geschrieben:
Rei hat geschrieben:Schädliche Website blockiert.

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Nee,vielleicht hat es was gegen diese "Links"
Kann es Dir ja mal borgen. [ich auch]
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 10. Mai 2016, 21:17

Nein, ich störe mich daran nicht. [grin]

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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Interessierter » 31. Oktober 2016, 12:47

Das Wunder von Görlitz | Auferstanden aus Ruinen

Vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bewahrt geblieben, gilt Görlitz als ein Kleinod Europäischer Städtebaukunst – ein Ensemble von der Gotik über die Renaissance, Barock und die Gründerzeit mit über 4000 Einzeldenkmälern.
Durch glückliche Umstände ist die Görlitzer Altstadt uns heute noch fast unverändert erhalten. Selbst der Baupolitik der DDR gelang es nicht, die Altstadt zugrunde zu richten. Görlitz verfügt über das größte und besterhaltene Gründerzeitviertel Deutschlands. Als sich 1989 die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik öffnete, zeigten sich in der Innenstadt von Görlitz graue Fassaden, baufällige Häuser und leer stehende Quartiere. Doch hinter diesem trostlosen Anblick verbarg sich bis auf wenige Ausnahmen eine strukturell vollständig erhaltene Stadt mit Altstadt und Gründerzeitvierteln.

Bild

Der schlechte Zustand der Altstadt war das Resultat der Wohnungsbaupolitik der DDR. Um die Wohnungsnot der 1970er Jahre zu beseitigen, wurden der Stadt Görlitz 6.000 Neubauwohnungen zugeteilt. Die neuzeitliche Entwicklung der Stadt nach Süden brachte die Altstadt immer mehr in eine Randlage. Ab 1978 sollte diesem Trend mit dem im Norden der Altstadt gelegenen Neubaugebiet Königshufen entgegengewirkt werden. Da 90% der Baukapazität in den industriell gefertigten Neubau flossen, konnten zeitgleich nur kleinste Maßnahmen zur Erhaltung der Altbausubstanz ausgeführt werden.

Im November 1989 überschlagen sich die Ereignisse überall in der DDR. Nach dem Fall der Mauer am 9. November war Nichts mehr wie es war. Im politischen Wendeherbst formierte sich Widerstand. Gegen das System. Und gegen die Bausünden die 40 Jahre sozialistische Planwirtschaft hinterlassen hatten. Es waren engagierte Görlitzer Bürger, die neben den Ruf nach Freiheit den Ruf stellten nach dem Erhalt ihrer Stadt. "Schluss mit Stadtmord" forderten die Demonstranten damals.

Bild Bild

Fotorückblick: Grau und verrußt von den Abgasen, heruntergewirtschaft, vom Verfall bedroht und vom Mangel an Baumaterial gezeichnet, präsentierte sich Görlitz zu DDR Zeiten. Aufnahmen mit Dank an das Ratsarchiv Görlitz, Sammlung H.B., KHS

http://images.google.de/imgres?imgurl=h ... 6&biw=1280

So sieht es heute dort überwiegend aus:
Bild
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Zicke » 31. Oktober 2016, 15:17

Das Leipzig Album ist erschienen:
hier kann man schon ein paar Einblicke sehen.
https://www.facebook.com/Leipzigalbum/p ... =3&theater
Menschen, die keinen Arsch in der Hose haben, müssen nicht zwangsläufig schlank sein.

Meine Rechtschreibfehler könnt Ihr Samstags ab 17 Uhr bei Rewe gegen eine lecker Senfgurke tauschen.
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 31. Oktober 2016, 16:01

Ein interessantes Album Zicke, Danke dafür.
Habe viele Ecken, auch außerhalb der Innenstadt wiedererkannt.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon wandersmann » 10. Januar 2018, 19:52

Ich bin 1967 geflohen . Ich bin in Dresden - Friedrichstadt auf gewachsen . Die Trümmer die damals standen, waren auch noch 1990 vorhanden . Und wenn ich dann immer die Kritik von den Genossen hier im Forum lese ,Kohl hat uns blühende Landschaften versprochen . Da kann man nur noch mit den Kopf schütteln . Übrigens diese Trümmer und die verfallenden Häuser sind alle heute saniert . Wenn es dieses Paradies der Arbeiter noch heute geben würde ,dann würde es heute platt sein . Dann wären es heute Schießplätze für die NVA .
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Re: Der Verfall historischer Innenstädte in der DDR

Beitragvon ratata » 11. Januar 2018, 11:05

wandersmann hat geschrieben:Ich bin 1967 geflohen . Ich bin in Dresden - Friedrichstadt auf gewachsen . Die Trümmer die damals standen, waren auch noch 1990 vorhanden . Und wenn ich dann immer die Kritik von den Genossen hier im Forum lese ,Kohl hat uns blühende Landschaften versprochen . Da kann man nur noch mit den Kopf schütteln . Übrigens diese Trümmer und die verfallenden Häuser sind alle heute saniert . Wenn es dieses Paradies der Arbeiter noch heute geben würde ,dann würde es heute platt sein . Dann wären es heute Schießplätze für die NVA .


Wenn die Bürger wüssten wie blauäugig damals die Politiker der alten Bundesrepublik waren als sie hier in der damaligen DDR sich mit den Funktionären der Bezirke , Kreise trafen .

Erst nach den Wahlen im Mai 1990 ging ihnen ein Auge auf .

Wer wusste denn schon damals , wie verzweigt die ganzen Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden waren . Noch heute gibt es solche Verhältnisse . Zusehen an alte verfallene Häuser . da gibt es zwar Anweisungen wie damit umzugehen ist , aber die Kommunen weigern sich diese durchzusetzen . MfG ratata
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