DDR-Psychotherapie: Anpassung, Widerstand und Stasi - Freud blieb bis zum Schluss verboten"Angst" - das klingt zu negativ, befand der Zensor. Also verbot man den Psychotherapeuten der DDR, ihre Tagung 1987 unter dieses Thema zu stellen. Etwas positives, optimistisches müsse dazugestellt werden: Der Zensor schlug "Angst und Mut" vor. Man einigte sich auf "Angst und Angstbewältigung". Ein Kongressbericht konnte jedoch nirgends erscheinen. Psychotherapie in der DDR - "Das war immer eine Gratwanderung zwischen Anpassung und Widerspruch", meinte der Arzt und Psychologe Dieter Seefeldt auf dem 25. Potsdamer Psychotherapie-Symposium in der Heinrich Heine-Klinik Potsdam-Neu Fahrland. Seefeldt leitet dort die Psychosomatische Abteilung.
Suizid war kein TabuthemaManchmal gab es auch Überraschungen mit den Kontrolleuren. 1981 wurde das Tagungsthema Suizid erstaunlicherweise genehmigt, obwohl der Selbstmord im Sozialismus ein Tabu war und in der Todesursachen-Statistik nicht mehr vorkam.
Im Westen ist kaum bekannt, dass sich in der DDR eine Psychotherapie entwickelt hatte, die sich von der in der Bundesrepublik anerkannten wenig unterschied. Für Patienten wie Therapeuten war sie eine Art Freiraum. Wenn man bestimmte, oft rein formale Zugeständnisse machte, war erstaunlich viel möglich.In einem Zeitzeugen Gespräch blickte die Avantgarde der ostdeutschen Psychotherapeuten zurück. Zum Beispiel Siegmar Scheerer, der dem Vorstand der regionalen Fachgesellschaft Frankfurt/Oder angehörte. Als er im Ambulatorium eine PsychotherapieAbteilung einrichten wollte, erhielt er zwar keine staatliche Unterstützung. Aber die Vorgesetzten, Kreis- wie Bezirksarzt, ließen ihn gewähren: "Herr Scheerer, Sie können machen, was Sie wollen, Hauptsache, der Laden läuft."
Nur befördert wurde er nie. Und Reisen ins "kapitalistische Ausland", die Bundesrepublik eingeschlossen? Als Seefeld einmal von dort eine Einladung bekam, verweigerte man ihm die Reisegenehmigung und legte ihm nahe, sich mit Krankheit zu entschuldigen. "Das wirst Du doch nicht etwa tun?" fragte seine Tochter empört.Er tat es nicht. Zwar passierte ihm nichts, aber Professor wurde er erst, als es die DDR nicht mehr gab. Und
Michael Geyer, Direktor der Leipziger Universitätsklinik für Psychotherapie, fand in einer Stasi-Akte ein Papier von 1986 mit dem Titel "Vorbeugende Verhinderung einer eventuellen Berufung an die Medizinische Akademie Erfurt." Darin wird auf seine vielen Kontakte zu Ärzten und Wissenschaftlern hingewiesen, die die DDR verlassen hätten oder verlassen wollten "beziehungsweise bereits anderweitig operativ angefallen sind".
Mit dem interessaten Bericht geht es hier weiter:
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/ ... 51434.html