Maifeiertag in der DDR

Wie lief der Alltag in beiden deutschen Staaten zur Zeit der Teilung ab? Wie wurde gearbeitet? Was waren typische Berufe? Was wurde nach Feierabend gemacht? Wohin gings in den Urlaub?
Dies ist der Bereich zum Thema "Alltag"

"Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Berliner » 1. Mai 2010, 01:43

...wart Ihr das wirklich? [knuddel]

Was habt Ihr an diesem Tag gemacht? Was macht Ihr heute? [ich auch]

Berliner [hallo]
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Berliner » 1. Mai 2010, 01:43

Hier ein Video "der 1. Mai zur DDR-Zeit in Magdeburg":



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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon karl143 » 1. Mai 2010, 07:12

Da wir ja ein gesamtdeutsches Forum sind, meine Gedanken zum 1. Mai aus bundesrepublikanischer Sicht. Obwohl ich fast 20 Jahre in der
Gewerkschaft war, muß ich gestehen, daß ich noch nie an einer Maidemonstration teilgenommen habe. In der Kreisstadt findet auch jedes
Jahr eine statt und es befinden sich immer so ca. 300 Leute im Zug. Der 1. Mai war für mich immer ein Tag für und mit der Familie. Meißtens
war das Wetter gut und es wurden Radtouren unternommen. Heute dient er einfach nur zum ausruhen, oder um kleinere Unternehmungen zu
machen. Wäre nicht einer der Kollegen von der anderen Seite krank geworden, hätte heute eine Exkursion in das Grenzgebiet bei Sommersdorf
stattgefunden. Hier, falls er liest, nochmal gute Besserung. Ansonsten sehe ich den 1. Mail als einen der letzten Feiertage der uns
"blöden" hier im Norden noch geblieben ist. Der katholische Süden hat ja noch mehr davon. [mad]
karl143
 

Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Berliner » 1. Mai 2010, 08:39

Dann mal aus der Sicht eines Amerikaners...

..."Labor Day", wie sie bei uns heisst und im September staatfindet hat zum groessten Teil keine politischen Untertoene. Es ist einfach ein Tag, dass wir als "Arbeiter" ruhen und die Pause von der Arbeit geniessen.

Worauf das zurueckzufuehren ist, dass dieser Tag nicht so 'politiziert' wurde hier, weiss ich nicht. Wenn es in der Arbeit schlecht ging, dann wird gestreikt. Besondere Tage hatten wir dann in diesem Sinne schon, nur keine festgelegten...

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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Danny_1000 » 1. Mai 2010, 09:07

Berliner hat geschrieben:...wart Ihr das wirklich? [knuddel]....


Ja, das waren wir schon. [laugh] [laugh]
Der Film erweckt aber den Eindruck, dass bei den Demonstrationen Abertausende DDR- Bürger ihre enge Verbundenheit zum DDR- Staat ausdrücken wollten. Dieser Eindruck täuscht. Bei uns wurde zum Beispiel im Betrieb darauf eingewirkt, dass wir als Belegschaft geschlossen daran teilnehmen sollten. Wenn du so willst, war es eine freiwillige Pflichtveranstaltung, an der man aus Gewohnheitsgründen einfach teilnahm. Und als „Zuckerbrot“ gab es dann für jeden Teilnehmer nach der Demonstration eine Bratwurst und ein Bier kostenlos.

In meiner Abteilung gab es einige Mitarbeiter, die aus religiösen Gründen an den Demos nicht teilnahmen. Das wurde akzeptiert.

In den späten 80-iger- Jahren nahmen die Maifeiern bei uns mehr Volksfestcharakter an.

Heute ist es einfach nur ein arbeitsfreier Tag, an dem ich mit meiner Familie etwas unternehme.

Einen netten Gruß
Daniel
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben
dafür einsetzen, dass du es sagen darfst !
(Evelyn Beatrice Hall 1868; † nach 1939)
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon augenzeuge » 3. Mai 2010, 19:04

Ja, ich kann dem Daniel nur zustimmen. Allerdings gab es bei uns keine freie Bratwurst...... [mad]

Am Vortag wurde bereits im betrieb beschlossen, wer welche Fahne/ Plakat tragen sollte. Niemand wollte.
Auch wurde kontrolliert, wer nicht kam, das gab dann Aussprachen im Betrieb.Letztlich schadete man sich selbst, denn das wurde nicht vergessen.

In den letzten Jahren meines DDR-Lebens habe ich meine Teilnahme abgelehnt, aber das hatte man nicht verstanden...ob ich denn nicht für den Frieden sei, wurde ich gefragt. Doch, entgegnete ich, aber nicht für den realen Sozialismus. Damit war das Gespräch beendet.

Heute ist der 1.Mai einfach ein offizieller Feiertag, für mich und meine Familie.
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon manudave » 3. Mai 2010, 19:06

Ich wollte immer dahin - das war der Tag des Jahres.

Da habt Ihr´
s [grins]
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon CaptnDelta » 4. Mai 2010, 06:13

Hier mal ein Dokument wie der 1. Mai 1988 in der Schuhfabrik Weissenfels vorbereitet wurde. Man beachte das Datum.

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(Quelle: irgendwo im Web vor laengerer Zeit gefunden, warscheinlich BSTU)

-Th
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Ernest » 4. Mai 2010, 10:21

CaptnDelta hat geschrieben:Hier mal ein Dokument wie der 1. Mai 1988 in der Schuhfabrik Weissenfels vorbereitet wurde. Man beachte das Datum.
-Th


Hallo Captn,

hat zwar nichts mit dem 1.Mai zu tun, nur weil ich gerade etwas von Weißenfels lese. In dieser Bude war ich mal für ein paar Wochen (1979). Besser gesagt, in dem zum Werk gehörenden FIS. Hatte dort an einer NC-Maschine gearbeitet. Liefen noch mit Lochstreifen und es sollte "getestet" werden, ob sie für unsere heimische Produktion brauchbar sind. Weißenfels war ja der Hauptbetrieb des Kombinates, wo wir auch dazu gehörten.
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Ernest » 4. Mai 2010, 10:34

Der 1. Mai ist zwar schon vorbei....aber egal.
Von der Schule aus, war es ja immer Pflicht mitzumarschieren. War auch einige male dabei.
Bin dann später aber meist bei meiner Mutter mitmarschiert, denn das ging auch. Hauptsache man war dabei.
Na und die letzten Jahre in der Schule, sagte ich nur, ich marschiere bei ihr mit, wir sind jedoch beide nicht hingegangen.
Später, nach der Lehre und der Armee hab ich mich immer ausgeklinkt. Hat auch nie jemand etwas gesagt.
Mit den Parteimitgliedern und einigen, die sie überreden konnten, hatten sie scheinbar immer genug Leute, so daß es da keine Diskussionen gab.
Kann mich aber gut daran erinnern, was für ein Theater es war, weil von den Parteileuten keiner eine Fahne tragen wollte. Jeder von denen wollte sich "drücken". Naja, aber mitgehangen, mitgefangen, trotz Meckern wurden dann welche bestimmt.

Gruß
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Stabsfähnrich » 4. Mai 2010, 10:55

Ernest hat geschrieben:Der 1. Mai ist zwar schon vorbei....aber egal.
Von der Schule aus, war es ja immer Pflicht mitzumarschieren. War auch einige male dabei.
Bin dann später aber meist bei meiner Mutter mitmarschiert, denn das ging auch. Hauptsache man war dabei.
Na und die letzten Jahre in der Schule, sagte ich nur, ich marschiere bei ihr mit, wir sind jedoch beide nicht hingegangen.
Später, nach der Lehre und der Armee hab ich mich immer ausgeklinkt. Hat auch nie jemand etwas gesagt.
Mit den Parteimitgliedern und einigen, die sie überreden konnten, hatten sie scheinbar immer genug Leute, so daß es da keine Diskussionen gab.
Kann mich aber gut daran erinnern, was für ein Theater es war, weil von den Parteileuten keiner eine Fahne tragen wollte. Jeder von denen wollte sich "drücken". Naja, aber mitgehangen, mitgefangen, trotz Meckern wurden dann welche bestimmt.

Gruß
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Hallo Herbert, das Problem war ja nicht nur, dass keiner eine Fahne tragen wollte. Das Problem war, dass nachdem sich das Ende der Demonstration abzeichnete keiner mehr da war, um die Fahne in Verwahrung zu nehmen. Alles verkrümmelte sich, der Lkw welcher die Fahnen, Banner und Transparente abholen sollte, war nicht da. Der Parteisekretär fühlte sich nicht zuständig...........und die lieben Kollegen riefen einem noch wenigstens zu, in welchem Biergarten diese zu finden sind. Fahnenträger war eine undankbare Aufgabe.
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Ernest » 4. Mai 2010, 11:18

Stabsfähnrich hat geschrieben:.........und die lieben Kollegen riefen einem noch wenigstens zu, in welchem Biergarten diese zu finden sind. Fahnenträger war eine undankbare Aufgabe.


Ja, so hatte ich es damals auch immer herausgehört. Zum anderen gab es da auch Diskussionen, weil keiner von denen in vorderster Front marschieren wollte. Und irgendwie muß die Schlepperei, zumal bei Wind auch eine Quälerei gewesen sein.
Aber du hast da eine wichtige Sache angesprochen.............der Biergarten.
Für einige bei uns war das Marschieren nur "Beiwerk". Wichtiger war das Gesellige danach. In den Klubhäusern der Betriebe, bei uns auch im Stadtpark ging es danach rund. Überall war etwas los. Das war natürlich auch Zugpferd für viele und sie haben das Marschieren dafür gern in Kauf genommen.

Im Grunde war ja das alles auch kein Problem. Hingeprügelt wurde jedenfalls keiner. Wer anderes, sprich Biergarten damit verband, ging hin, wer bezüglich Partei eine gewisse Verpfichtung hatte, ließ es über sich ergehen und wer keine Lust hatte blieb halt weg. So einfach war das. Von Druck oder Zwang habe ich als "normaler Bürger" jedenfalls nichts gemerkt. Ansonsten hätte ich wohl bezüglich 1.Mai nur schlechte Erinnerungen. Man hat sich genau wie heute gefreut, wenn dieser Tag in die Woche fiel und man frei hatte .................man hat sich geärgert, wenn es ein Sonntag war.

Gruß
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Gruß
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Rostocker » 4. Mai 2010, 17:53

Ja was tat man so am 1.Mai.Ob das Maschieren nun Pflicht war oder nicht war mir sowieso Wurst.Man sagte uns also der Meister wer nicht kommt bekommt weniger Monatsprämie die ja am ende des Jahres zu Jahresendprämie zusammengefügt wurde.Also ging ich mit einen Kollegen hin,im übrigen auch mein Kumpel.Wir grüßten auch ganz nett, so das man sah das wir anwesend waren und dann tauchten wir ab,Bevor der Demonstrantenzug los ging,saßen wir beide schon in der Gaststätte zu Möve am Stadthafen von Rostock.Mein Kumpel kannte den Kneiper der hat uns dann reingelassen,denn die Gaststätten durften erst nach der Demonstration geöffnet werden.Wir hörten dann über Radio die Ansprache und wie es losging.Ja da ging es bei uns auch los,Glas angehoben und prost gesagt.
Ja und heut zu Tage hab ich auch so meine Probleme mit den 1.Mai.Denn seit dem ich im Harz wohne ist immer am Vorabend Walburgisnacht angesagt.Und da brauch man am nächsten Tag seine Ruhe.
Gruß Rostocker
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Berliner » 6. Mai 2010, 03:46

einfach ein [knuddel] an alle die etwas geschrieben haben! [heart]

Die Geschichten waren alle sehr gut, Geschichten die wir sonst nie hatten. [rose]

Dann sind wir wohl alle gleich: Freibier ist gut, und keiner will die Fahne hochhalten. [wink]

Gruss ueber den Teich, [hallo]
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Feliks D. » 6. Mai 2010, 06:30

Berliner hat geschrieben:einfach ein [knuddel] an alle die etwas geschrieben haben! [heart]

Die Geschichten waren alle sehr gut, Geschichten die wir sonst nie hatten. [rose]

Dann sind wir wohl alle gleich: Freibier ist gut, und keiner will die Fahne hochhalten. [wink]

Gruss ueber den Teich, [hallo]
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Wie schaut es bei euch aus, hat der 1. Mai dort eine Bedeutung oder ist er ein Tag wie jeder andere?
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon CaptnDelta » 6. Mai 2010, 09:37

wolle1978 hat geschrieben:Wie schaut es bei euch aus, hat der 1. Mai dort eine Bedeutung oder ist er ein Tag wie jeder andere?

Hallo wolle1978,

Hier ist der 1ste Mai ein Tag wie jeder andere.

Der "Tag der Arbeit" ("Labor Day") ist hier am ersten Montag im September. Es ist das letzte verlaengerte Wochenende im Sommer, von daher wird da normalerweise noch mal richtig "die Sau rausgelassen". Am naechsten Tag geht meist die Schule wieder los (ist aber regional auch verschieden), und die Youngsters muessen wieder zurueck an ihr Universitaet. Ach ja, die Football-Saison beginnt auch um die Zeit. Ansonsten ist der Feiertag eher ein Zeichen dafuer, das wieder ein Sommer vorbei ist.

-Th
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Re: "Der erste Mai, immer dabei!"...

Beitragvon Berliner » 2. Mai 2011, 20:27

den Tag haben wir verpasst, doch trotzdem passen mehr Erlebnisse hier in dieses Thema rein.

Vielleicht will noch jemand hier erzaehlen, "wie es damals war". [ich auch]

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Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Interessierter » 1. Mai 2012, 08:45

Wie wurde eigentlich der Maifeiertag in der DDR begangen und was waren die Unterschiede zum Maifeiertag in der Bundesrepublik? Der bedeutendste war vielleicht, daß es in der DDR Pflicht war daran teilzunehmen und hier nicht. Hier war es wohl ausschließlich von den Gewerkschaften erwünscht. Es war auch keine Pflicht sich eine Mainelke zu kaufen und hier marschierten auch keine Kampftruppen.
Als " Lehrling " wurde man zu meiner Zeit zwar gleich vom Betriebsrat angesprochen, doch in die Gewerkschaft einzutreten, aber mitmarschiert bin ich meiner Meinung nach nur ein einziges Mal. Es war einfach ein zusätzlicher freier Tag und jeder konnte sich diesen individuell gestalten.

Sicherlich haben sich in beiden Teilen Deutschlands wohl auch im Lauf der Jahre die Form der Veranstaltungen verändert, oder?

Einen interessanten Link mit div. Videos von den Maifeiertagen in der DDR kann man beim MDR hier finden:

http://www.mdr.de/damals/archiv/buendelgruppe2888.html
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon SkinnyTrucky » 1. Mai 2012, 09:11

Interessierter hat geschrieben:Der bedeutendste war vielleicht, daß es in der DDR Pflicht war daran teilzunehmen und hier nicht.


Ich weiss garnicht ob das Pflicht war Interessierter, ich war jedenfalls nie auf soeinen Maiaufmarsch und habe doch knapp 20 Jahre DDR-Liveerfahrung....

....auch in den näxten 20 Jahren war ich nie auf einer Demo oder so....

Ich hab aber etliche Love-Parades und CSD-Umzüge mitgemacht....allerdings auf anderen Daten....und dadrüber zu berichten wäre offtoppic....

Und heute....naja, ich sitz lekker in der Sonne bei Rom und les ein spannendes Buch....

groetjes

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon bruno » 1. Mai 2012, 09:21

in erfurt traf man sich auf dem südring, da stand man ewig herum bis es dann endlich
los ging. man "marschierte" den juri-gagarin-ring bis richtung gewerkschaftshaus,
da stand die ehrentribüne, und gleich danach war die demo vorbei.
einmal, da war ich noch schüler, "marschierte " die fussballmannschaft von
fc rot-weiss erfurt vor uns her (hatten am tag vorher in rostock 0:2 verloren),
dass war das grösste was mir damals passieren konnte.
in der lehre und dann als geselle hat man sich im anschluss der mai-demo im
betrieb zu bier und bratwurst getroffen.
die mainelke hat 50 pfennige gekostet und galt ein paar wochen später zum
pressefest (ging 3-tage) auf der iga (heute ega) als eintrittskarte.
bruno
 

Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Danny_1000 » 1. Mai 2012, 10:43

Zunächst mal war der 1.Mai für die meisten, arbeitenden DDR- Bürger ein zusätzlicher Feiertag. So viele hatten wir nämlich nicht.

Nach der offiziellen Maidemonstration (meist in der nächst größeren Stadt) traf man sich mit Kollegen, Freunden u.a. zum gemütlichen Beisammensein oder ging auf’s Volksfest . Die Betriebe spendierten ihren Mitarbeitern die obligatorische Bratwurst mit Getränken.

Von den Angestellten in Betriebsleitungen erwarteten ihre SED- Partei- Chefs, dass sie an der Demo teilnahmen. Dort galt dann das Prinzip: Sehen und gesehen werden. Den einfachen Mitarbeitern war es aber freigestellt - noch dazu wenn sie auswärts wohnten – an der offiziellen Veranstaltung teilzunehmen.
Bei uns zum Beispiel gab’s im Betrieb jedes Mal eine Maitombola. Schon aus diesem Grunde kamen eigentlich sehr viele Mitarbeiter.

Den Politzirkus, wie auf einigen der MDR- Videos dargestellt, gab’s in der Form eigentlich nur in Berlin. In allen anderen, größeren Städten fanden erheblich abgespecktere Versionen ohne das militärische Säbelrasseln statt.

Daniel
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon HG82 » 1. Mai 2012, 10:49

nach meinen eltern war es keine pflicht und ich soll dich interessierter mal fragen was denn die strafe für das nichtteilnehmen gewesen sein soll

wenn jemand einer pflicht nicht nachkommt muss er ja auch eine strafe erhalten und wo stand denn das mit der pflicht eigentlich genau
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Merkur » 1. Mai 2012, 12:24

Es war in der DDR definitiv keine Pflicht für die Bürger am 1. Mai an den Demonstrationen teilzunehmen. Aber in der Grundausage des @Interessierten offenbart sich das alte Problem der Verdrehung von Tatsachen durch Unwissenheit oder Systematik.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Interessierter » 1. Mai 2012, 12:29

HG82 hat geschrieben:nach meinen eltern war es keine pflicht und ich soll dich interessierter mal fragen was denn die strafe für das nichtteilnehmen gewesen sein soll

wenn jemand einer pflicht nicht nachkommt muss er ja auch eine strafe erhalten und wo stand denn das mit der pflicht eigentlich genau


Erst einmal schönen Gruß von meiner Oma an Deine Eltern und du sollst Ihnen sagen, daß sie es mir so erzählt hätte, da sie es von ihrer Schwägerin aus Güstrow wüßte. Wer an einem anderen Ort arbeitete mußte angeblich dann sogar an dem Ort seines Arbeitsplatzes an der Maifeier teilnehmen und nicht in Güstrow oder irgendwo Info geben, daß er an seinem Wohnort teilnehmen würde.

Da Daniel schon beim " Politikzirkus " erkannt hat, das es nicht überall gleich war, so wirst Du auch sicher analog dazu erkennen, daß es auch mit anderen Dingen nicht überall gleich sein mußte und schon gar nicht in den 40 Jahren des Bestehens der DDR.

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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Interessierter » 1. Mai 2012, 12:45

Merkur hat geschrieben:Es war in der DDR definitiv keine Pflicht für die Bürger am 1. Mai an den Demonstrationen teilzunehmen. Aber in der Grundausage des @Interessierten offenbart sich das alte Problem der Verdrehung von Tatsachen durch Unwissenheit oder Systematik.


Merkur falls Du es noch nicht bemerkt haben solltest, dieser Thread dient zum Austausch von Meinungen und nicht um Unterstellungen wie Unwissenheit und Systematik mit Falschinformationen zu unterstellen. Ich habe lediglich nur das geschrieben, was die Verwandschaft aus Güstrow erzählte. Also ich weiß es von Zeitzeugen. Wenn dem nicht so war, lasse ich mich gerne belehren.

Da aber in dem von mir eingestellten Link selbst der MDR dieses schrieb:

Die Teilnahme an den Mai-Demonstrationen war Pflicht in der DDR. Mit einer Mischung aus Druck und Verlockungen versuchte der Staat Massen zu mobilisieren. Anfangs gab es für Teilnehmer gratis Bockwurst, später sogar 5 Mark Prämie. Gegen Ende der DDR bekam der politische Feiertag mehr und mehr Volksfest-Charakter mit Rummel und Imbissbuden.

laufen Deine Unterstellung ins Leere und Du solltest diese Unterstellungen einmal dem MDR schreiben. Ein bischen mehr Gelassenheit täte Dir besonders am Maifeiertag wirklich gut.

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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Alfred » 1. Mai 2012, 13:45

Interessierter,

nur weil der MDR was mitteilt , muss dies nicht stimmen.

Ich kenne keinen Fall, wo es Pflicht war am 1.Mai zur Demo zu gehen. Weder bei mir , noch in meinem Freundes und Bekanntenkreis.

Was passierte denn, wenn man nicht zur Demo ging ?

Und der Satz " Mit einer Mischung aus Druck und Verlockungen versuchte der Staat Massen zu mobilisieren." sagt ja, dass man es "versuchte". Sprich es wurde nur versucht, funktioniert hat dies nicht.
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Dille » 1. Mai 2012, 14:09

Für uns war es als Schüler (Grund-/ Oberschule) definitiv Pflicht, an der machtvollen Kampfdemonstration teilzunehmen, und zwar Pflicht nicht in dem Sinne des obigen Fragestellers, daß sogleich "Strafen" drohten bei Nicht- Teilnahme. Aber Pflicht war es in dem Sinne, daß eben von jedem das "Bekenntnis zu unserem A&B- Staat" erwartet wurde und man sich als Schüler unbequemen Fragen seines z.B. Klassenlehrers stellen mußte. Diese Teilnahme an diesen albernen Veranstaltungen galt eben als "gesellschaftliche Arbeit" und war neben den fachlichen Leistungen beispielsweise wichtiges Kriterium zum Zugang zur EOS oder später auch zum Studium. Diese Zusammenhänge sollten auch Merkur bekannt sein. ("...sich nicht klar zu unserem Staat bekennen, aber dann seine Vorzüge geniessen wollen...")
Ähnlich subtil waren dann später die Mechanismen in meiner Arbeitsstätte, vollständige Teilnahme an derartigen Veranstaltungen war z.B. Teil des "Kampfes um den Staatstitel", bei Abwesenheit wurde dann rumgedruckst mit "Stellplatz nicht gefunden" oder "Oma/ Kind erkrankt", seine ehrliche Überzeugung, warum ich zu einem solchen Kaspertheater nicht gehen wolle, konnte man eben in seinem Betrieb auch nicht sagen, ohne dies dann bei mehr oder weniger passender Gelegenheit (z.B. mögliche Beförderung) wieder auf's Butterbrot geschmiert zu bekommen.
Ganz lustig war es noch bis 1961, da konnte man sich am Stellplatz zeigen (= Anwesenheit feststellen lassen) und dann in kleinen Grüppchen sich verdrücken, vorzugsweise nach West- Berlin in's Kino ("Ost- Besucher 1:1").
All dies ist auch wieder nur eine Wahrheit, die sehr stark davon abhing, wie wurscht es demjenigen war, der da "registrierte", da gab es eben, wie man in Berlin sagt, immer "so'ne und solche".

Aber ganz so eiapopeia, wie es Merkur darstellt, war es nun -- zumindest zu meiner Zeit -- nicht.

Gruß, Dille
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 1. Mai 2012, 14:18

Zum 1. Mai wurden die Arbeiter stark genötigt an der Demo teilzunehmen. Man drohte schon bei Nichtteilnahme,dass z.B. einem Urlaubswunsch über den FDGB nicht entsprochen wurde. Und man drohte denjenigen, die sich weiterqualifizieren wollten, die vom Betrieb zum Studium delegiert werden wollten, hier Ablehnungen bzw. keine Unterstützung an.

Oder es kam die Frage, wie sollen wir sie beurteilen, wenn sie zur Familienfeier in die BRD reisen möchten? Also, es gab ne Menge Dinge, die damals in dieser Beziehung praktiziert wurden. Dies heute zu negieren ist einfach nur lachhaft, die meisten Menschen wissen es besser.


Nachtrag: Diese Dinge beruhen auf eigenen Erlebnissen, sie wurden nicht erfunden.

AZ
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Huf » 1. Mai 2012, 16:24

Merkur hat geschrieben:Es war in der DDR definitiv keine Pflicht für die Bürger am 1. Mai an den Demonstrationen teilzunehmen.


Diese Aussage von Merkur ist formaljuristisch definitiv richtig.

Zureffend beschreiben die User danny, dille und AZ die wahrhaft praktizierten Abläufe jener Zeit. Und das wissen alle in der ehemaligen DDR gelebten Menschen.
Aus heutiger Sicht würde ich auch nicht ausschliessen, dass es höhere Kreise innerhalb der DDR gegeben hat, in denen diese moralisch auferlegte Pflicht nicht empfunden, jedoch mit vorauseilendem Gehorsam praktiziert wurde, damals in der DDR...

VG Huf [hallo]
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Re: Maifeiertag in der DDR

Beitragvon Alfred » 1. Mai 2012, 16:35

AZ,

nach der Logik muss ja Frau Merkel eine der besten Demo - Teilnehmerinnen gewesen sein.

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