Die Berliner erwiesen sich als unbeugsam
Apropos Berliner: Sie waren einerseits schnelllebig und trinkfest, andererseits aber machten sie jedem Besucher klar, dass sie sich nie wieder einem Tyrannen beugen würden. Selbst die Weltkrise im Mauerjahr 1961 konnte uns nicht von derben Späßen abhalten.
Einer meiner Beobachtungsposten war ein Erkerzimmer über dem schmuddeligen „Café Kölln“ am Grenzübergang Checkpoint Charlie; heute ist in diesem Haus das Mauermuseum untergebracht. Aus meinem Fenster hatte ich einen guten Blick auf die DDR-Kontrollposten. Eines Abends erspähte ich einen weißen Mercedes 220 mit Ost-Berliner Nummernschild, und wer saß am Steuer? Der „Sudel-Ede“ – Karl-Eduard von Schnitzler, der in seinem Hetzprogramm im DDR-Fernsehen – „Der Schwarze Kanal“ – seine Polemiken gegen die Bundesrepublik mit Ausschnitten aus westdeutschen Fernsehsendungen zu belegen versuchte.
Schnitzlers Frau, die wunderbare ungarische Schauspielerin Marta Rafael, musste wohl an jenem Tag auf Tournee gewesen sein – denn „Sudel-Ede“ kam augenscheinlich in der Absicht, unter West-Berlins einsamen Herzen zu wildern. 16 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gab es hier viele partnerlose Frauen in den besten Jahren, weil die Männer, die zu ihnen gepasst hatten oder hätten, im Krieg gefallen waren. Und wo fanden sie abends Zerstreuung? In Ballhäusern wie dem „Resi“ in der Hasenheide, einem Etablissement mit tanzenden Fontänen, 200 Tischtelefonen und Rohrpost zu allen Gästen. Dorthin steuerte Schnitzler seinen Mercedes. Eine Horde frecher West-Journalisten setzte ihm nach, entschlossen, seine Schürzenjagd zu vereiteln. Wir verteilten uns im Ballsaal, riefen unentwegt seine Tischnummer an und baten ihn per Rohrpost zum Tanz, so dass es ihm nicht gelang, einsame West-Herzen zu brechen. Wutentbrannt fuhr er in den Osten zurück; wir hingegen feierten im „Café Kölln“ unseren persönlichen Etappensieg im „Kalten Krieg“.
http://www.kath.net/news/32572Hallo Jörg,
er traute sich doch mit dem Ostberliner Nummernschild, nur der Benz war vom Klassenfeind, wer hat der hat
Schönen Gruß aus Berlin