augenzeuge hat geschrieben:......und konnte so immer lesen, wer Westbesuch hatte und was die beruflich gemacht haben,fand es immer interessant.
Inwieweit das kontrolliert wurde, weiß ich nicht.....aber IM's werden das schon erfasst haben...
SkinnyTrucky hat geschrieben:Ja Karl, selbst Eigenheime hatten das....aber es blieb leer.....und nun nich denken, das wir nie Besuch hatten he....
groetjes
Mara
icke46 hat geschrieben:Zu der Frage mit den Einfamlienhäusern:
nach §14 in
http://www.verfassungen.de/de/ddr/meldeordnung65.htm
waren die Hausbücher in jedem Haus in Gemeinden über 5000 Einwohnern zu führen. Von daher sollte das eigentlich auch für Einfamilienhäuser gelten, zumindest nach dem Gestzbuch - ob es so war, entzieht sich meiner Kenntnis .
S51 hat geschrieben:Später bei der Polizei habe ich Hausbücher kontrolliert, wenn es darum ging, wo und wie lange bekannte Einbrecher sich im Bereich aufhielten. Das war dann theoretisch wichtig für Alibis oder Weg-/Zeitdiagramme aber aus eigener Erinnerung habe ich dem immer ein gesundes Mißtrauen entgegengebracht. Bei Nachprüfungen hat es dann eigentlich auch fast nie gestimmt. Doch konnte man anhand der Eintragungen dann recht gut peilen, wer wen gedeckt hat oder das zumindest versuchte.
Berliner hat geschrieben:...
Gab es auch andere Gruende oder ein bestimmtes Konzept hinter der Fuehrung dieser Buecher ?
Danke,
Berliner
S51 hat geschrieben:Von der Theorie her war das Prinzip Hausbuch für Kontrollfreaks schlüssig. Man, sprich der Staat hätte im Nachhinein immer feststellen können, wer sich wann wo aufhielt. Der Grund für diese spätere Kontrolle war dafür nicht wichtig.
Praktisch ist es wie mit allen anderen Gesetzen auch. Die wirken bei jenen, die sich an Gesetze halten und Sanktionen daraus deshalb nicht fürchten müssen. Bei jenen jedoch, die sich sowieso nicht daran halten, eben nicht oder allenfalls durch dummen Zufall. Den jedoch sollte man nie unterschätzen.
S51 hat geschrieben:Dazu muss man anmerken, dass viele dieser Täter ihre Aufenthaltsorte immer mal wechselten, um sich auch der Kontrolle zu entziehen.
Das liest sich nicht nur nüchtern und trocken, war es auch. Also eher nicht wie im Film.
Berliner hat geschrieben:...gab es Faelle wo Taeter tatsaechlich in der DDR untertauchen konnten ? Das stelle ich mir schwierig vor... [...Berliner
S51 hat geschrieben:Bitte, die DDR nicht gedanklich nach O. Wells Vorbild formen.
Berliner hat geschrieben:...war es nicht ein Ziel der sozialistischen Erziehung, dass sich die Menschen fuer ihre Gesellschaft interessiern und ggf. auch ein Vebrechen melden sollten ?
gab es nicht einen nicht unbetraechtlichen Teil der Bevoelkerung, die sich aktiv daran beteiligte dem Staat mit Informationen aus der Gesellschaft zu versorgen, u.a. auch ueber vermeintliche Verbrechen ?
Wenn Du mir sagst, dass die DDR kein Staat wie im Buch "1984" war, dann stimmt das. Die Frage waere dann, "wie hat sich die DDR von z.B. der Bundesrepublik unterscheidet, wenn es darum ging Informationen zur Aufklaerung eines Verbrechens zu sammeln ?"
...
Berliner
S51 hat geschrieben:- Ziele müssen nicht erreicht werden. Nicht komplett und manche eben nur in der Theorie. Ich habe in der Praxis "Herr Wachtmeister, haben sie schon gehört..." zwischen Ost und West keinen wesentlichen Unterschied erlebt.
- Dieser "nicht unbeträchtliche Teil der Bevölkerung" hatte mit meiner Klientel so gar nichts zu tun. Allenfalls über die K I bekamen wir Unterstützung oder durch unsere Befragungen.
- Der eigentlich einzige Unterschied bestand darin, dass es noch viel weniger öffentliche Mitteilungen, Fahndungsaufrufe oder vergleichbares in der DDR gab. Kriminalität kam offiziell fast nicht vor. Beispielsweise gab es kein "XY-Unbekannt". Informationen gab es durch unsere Arbeit jedoch auch durch das MfS. Gerade bei öffentlichkeitswirksamen Straftaten wie Einbrüchen, Sexualtaten haben sie oft parrallel zu uns ermittelt und uns durch die K 1 dann Informationen zugearbeitet. Wesentlicher Unterschied war auch, dass die DDR ja keine wirklich offene Gesellschaft war. Irgendwann also traf ein Täter immer auf uns.
S51 hat geschrieben:Ich möchte dies ergänzen.
Anders als in der Bundesrepublik konnte ein Täter unsere Arbeit bestenfalls daran vor der Festnahme erkennen, dass ihm "Klinkenputzer" bei den Befragungen immer näher kamen. Da ich aber je nach Person, mit der ich mich unterhielt, keineswegs immer die tatsächlichen Gründe für diese oder jene Frage mitteilte, manchmal in einem Wust von Fragen nur ein kleines Detail wirklich wichtig war, hatte er immer viele Denkmöglichkeiten. Das wiederum provozierte bei ihm Fehler. Darauf haben dann Ermittler wie ich irgendwie gelauert.
Das war natürlich zeitintensiv.
Es gab so gut wie keine öffentliche Begleitung unserer Arbeit. Wenn etwas in den Zeitungen stand (einige meiner Kunden haben es bis auf die letzte Seite der Wochenpost "geschafft"), dann immer nachträglich und ohne Details.
Da brauchte es keine Orwellschen Verhältnisse und auch keineswegs eine flächendeckende Überwachung oder ähnlichen Schmarrn. Die Tatsache, dass wir jeden Tatort bearbeitet haben, bestimmte Ansatzpunkte oft überprüften und unsere Arbeit für die Täterkreise unkalkulierbar war, machte erfolgreich. Sinnbildlich gesprochen: Ein paar Krümel bleiben immer. Wer viel sucht, findet den einen oder anderen und einer kann schon reichen...
S51 hat geschrieben:Berliner hat geschrieben:...gab es Faelle wo Taeter tatsaechlich in der DDR untertauchen konnten ? Das stelle ich mir schwierig vor... [...Berliner
Was sollte daran schwierig gewesen sein? Bitte, die DDR nicht gedanklich nach O. Wells Vorbild formen. Über 90 % der Bevölkerung war in dem was sie wann tat durch den Staat nicht beeinflusst. Dass man irgendwo gemeldet war, hieß nicht, dass man dort auch wirklich wohnte. Man konnte auch bei Verwandten oder, besser noch, bei Bekannten unterkommen, von denen die eigenen Familienmitglieder bestenfalls vielleicht nur den Spitznamen kannten.
So ähnlich lief es hier bei Tätern, die vor allem Eigentumsstraftaten begingen. Dazu brauchte und gab es für den Verkauf und Handel mit geklauten Waren eine Art Subkultur mit Bekannten da und dort. Das war kein Untertauchen wie im Film, weil man immer irgendwann wo auflief. Den Zusammenhang herzustellen war aber dann die Kunst an der Sache.
Unsere Kunden waren eher nicht jene, die als Vorbilder hätten dienen können. Das wußten sie auch und sahen keinen Grund, uns die Arbeit so leicht wie möglich zu machen. Irgendwie verständlich. Man kriegte sie alle, irgendwann, aber das konnte auch schon mal dauern.
Vermißte sind ein anderes Feld aber auch so etwas gab es in der DDR.
manudave hat geschrieben:...Da fällt mir spontan der 1.Mai ein - da war die Zahl sicher umgekehrt.
Auch wenn es manch einer nicht wahrhaben will, der Staat hat ganz sicher bei JEDEM in irgendeiner Form etwas beeinflusst.
Berliner hat geschrieben:...gab es tatsaechlich eine Abteilung des MfS, die sich alleine mit "normalen" Verbrechen befasst hat ? Wenn nicht, was war das Hauptinteresse des MfS daran, diese Verbrechen aufzuklaeren ?
...Dann bist Du also auch ein Fan von Polizeiruf 110 ?
Gruss ueber den Teich,
Berliner
S51 hat geschrieben:Dabei hatten wir immer auch fallweise Rücksprache mit den jeweiligen Diensthabenden der Kreisdienststelle des MfS bei schweren Straftaten wie Serieneinbrüchen, vermissten Kindern oder Jugendlichen, möglichen Tötungsdelikten, Vergewaltigungen aber auch gemeldeten 213-ern, sprich Republikfluchten, die im schweren Fall (zusammen mit anderen Personen, mit Waffen, besonderer Technik) auch an das MfS abgegeben werden mussten und Wirtschaftsstraftaten. Ich kann nur sehr allgemein antworten, dass es dort Fachbereiche hierfür gab und dort Bereiche für Stimmungsbilder in der Gesellschafft, in Kirche und oppositionellen Kreisen zuständig waren, bei schweren Straftaten gesondert ermittelten. Ihr Vorteil waren die IM, wodurch sie Informationen aus den verschiedensten Bereichen bekamen, die sie viel schneller aktivieren konnten als wir Zeugenaussagen vor Ort mühsam zusammenholen konnten. Bei solchen Vorgängen wie Vermisstenanzeigen konnten sie also schneller mehr als wir an Hinweisen erhalten und verarbeiten. Manchmal gute Hinweise, oft freilich nur sehr allgemeine Tipps. Jedoch besser als nichts.
S51 hat geschrieben:Hauptinteresse des MfS dabei war, keine Unruhe und vor allem keine ungünstige Stimmung in der Bevölkerung entstehen zu lassen.
S51 hat geschrieben:Polizeiruf 110? Ich gebe zu, ich habe als Kind und Jugendlicher zwar gerne Tatort oder den Polizeiruf gesehen. Jedoch nicht seit meiner praktischen Zeit. Das machte mir und der Familie einfach keinen Spaß, weil man eigentlich ständig an sich halten musste, um nicht loszumeckern. Man merkt einfach, wann etwas halbwegs real ist und wann es meistens reine Dramaturgie, sprich Spinne ist. Seit dem schau ich mir so etwas nicht mehr an, weder Polizeiruf, noch Tatort und schon gar keine dieser neuen Serien...
Bekannte und Kollegen haben mir mal den Spitznamen "Grawe" oder so ähnlich verliehen. Sie sagten, der wäre so wie ich... Ich bin mir freilich nicht sicher, ob das nun ein Lob war.
Berliner hat geschrieben:...
hat das MfS in der Regel einen Fall komplett uebernommen, oder gab es auch eine Zusammenarbeit, wo nur Informationen ausgetauscht wurden ?
...Berliner
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