von andr.k » 22. Februar 2014, 00:25
Freie Deutsche Jugend (FDJ) 1946 – 1990
Sozialistische Massenorganisation der Jugendlichen der DDR; Gründung am 7. März 1946; erster Vorsitzender war Erich Honecker; Umwandlung in Freie Deutsche Jugend e. V. am 26./27. Jan. 1990
Auf der 1. Funktionärskonferenz der KPD am 25.06.1945 wurde der Beschluss gefasst, eine einheitliche, freie Jugendbewegung zu schaffen. Bereits im Juli gestattete die SMAD die Schaffung von antifaschistischen Jugendkomitees bei den Bürgermeistereien.
Die Bildung anderer Jugendorganisationen wurde verboten.
Im Sept. 1945 konstituierte sich unter der Leitung von Erich Honecker ein Zentraler Jugendausschuss bei der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung. Im Okt. und Nov. 1945 entstanden in allen Ländern und Kreisen der SBZ Jugendausschüsse, die den jeweiligen Verwaltungen für Volksbildung unterstellt waren.
Am 07.03.1946 wurde der Antrag auf Gründung einer "überparteilichen, einigen, demokratischen Jugendorganisation" von der SMAD für die SBZ genehmigt. Dieses Datum gilt als Gründungstag des Verbandes der FDJ. Erster Vorsitzender wurde Erich Honecker.
Die erste Delegiertenkonferenz fand als I. Parlament der FDJ 1946 in Brandenburg statt. Der neu konstituierte Zentralrat setzte sich aus 46 SED-, 8 CDU-, 4 LDP- Mitgliedern und 4 Parteilosen zusammen. In das Sekretariat des ZR wurden 8 SED- Mitglieder, 4 Christdemokraten, 1 Liberaler und 2 Kirchenvertreter gewählt. Das 1947 einberufene II. Parlament beschloss die Uniformierung und die Gründung einer Kindervereinigung der FDJ. Die angestrebte kommunistische Dominanz führte zu schweren politischen Auseinandersetzungen. Auf der 11. Zentralratstagung am 28.01.1948 traten je 2 der CDU bzw. der LDP angehörende Ratsmitglieder unter Abgabe gleichlautender Erklärungen aus. Versuche von CDU, LDP und den Kirchen, eigene Jugendorganisationen aufzubauen, wurden von den sowjetischen Besatzungsorganen verhindert.
1949 wurde auf dem III. Parlament in Leipzig eine neue Verfassung verabschiedet, in der sich die FDJ als "aktiver Helfer und Reserve" der politisch fortschrittlichen Kräfte bezeichnete. Das 1952 wieder in Leipzig veranstaltete IV. Parlament erkannte die "führende Rolle" der SED ausdrücklich an und übernahm zugleich das Organisationsprinzip des demokratischen Zentralismus. Die 16. Zentralratstagung am 25.04.1957 erklärte die FDJ zur sozialistischen Jugendorganisation der DDR, die "zuverlässiger Helfer und Kampfreserve der Partei der Arbeiterklasse" sein sollte. Damit war der politische Formierungsprozess des Jugendverbandes abgeschlossen.
Die FDJ war die Jugendorganisation der SED.
Auch in den westlichen Besatzungszonen bildeten sich Jugendgruppen. Ab Herbst 1945 erhielten sie Gründungsgenehmigungen unter verschiedenen Bezeichnungen. Von 1946 bis 1948 entstand daraus die FDJ. Sie unterhielt enge Beziehungen zu der FDJ in der sowjetischen Besatzungszone über das 1949 gebildete Zentralbüro. Schnell galt sie als deren Ableger. Auf Vorschlag des Vorsitzenden Erich Honecker verzichtete die "West-FDJ" auf ein eigenes Programm und Statut und lehnte die Anerkennung des Grundgesetzes der Bundesrepublik ab. Die Bundesregierung verbot die "West-FDJ" am 26.06.1951. Die "West-FDJ" arbeitete illegal weiter. Im März 1953 nahm die Polizei bei einer Großrazzia fast die gesamte Führung fest. In Vorbereitung auf die Arbeit in der Illegalität löste die KPD im Sommer 1956 das seit 1953 in Ostberlin agierende Zentralbüro der "West-FDJ" auf. Die Mitarbeiter wurden in die Jugendabt. des in das gleichfalls in Ostberlin ansässigen ZK der KPD integriert.
Organisationsstruktur und Wahlmodalitäten sowie Kompetenzverteilung und Art der Leitung der FDJ entsprachen weitgehend denen der SED.
Unterste Organisationseinheit der FDJ war die FDJ-Gruppe, z. B. in einer Schulklasse oder Produktionsbrigade. Die Gruppen, z. B. einer Schule bildeten die Grundorganisation (GO). GO's wurden von einem ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Sekretär (bei größeren Grundorganisationen) geleitet. Alle Mitglieder einer GO wählten die Leitung der GO und die Delegierten der Kreisdelegiertenkonferenz. Die Kreisdelegierten wählten die Bezirksdelegierten und diese die Delegierten für das Parlament der FDJ. Die Delegiertenkonferenzen wählten ebenen bezogen die Kreisleitung, die Bezirksleitung oder den Zentralrat. Maßgebende Instanz auf jeder Leitungsebene war das Sekretariat. Sein Apparat aus hauptamtlichen Mitarbeitern wirkte auf die untergeordneten Organisationseinheiten ein.
Das Parlament - die Delegiertenkonferenz des Gesamtverbandes - wählte den Zentralrat. Er tagte dreimal im Jahr. Er hatte z. B. 1981 123 Vollmitglieder und 29 Kandidaten. Die entscheidende Arbeit leisteten das Büro und das Sekretariat des Zentralrates. Die 1. Sekretäre (Vorsitzenden) der FDJ bekleideten während ihrer Amtszeit gleichzeitig hohe Funktionen in der SED. 1. Sekretäre waren Erich Honecker (1946-1955), Karl Namokel (1955-1959), Horst Schumann (1959-1967), Günther Jahn (1967-1974), Egon Krenz (1974-1983) und Eberhard Aurich (1983-1989). Das Sekretariat hatte 1989 13 Sekretäre. Im Apparat des Zentralrates gab es folgende Abteilungen: Arbeiterjugend, Berufsausbildung, Bewaffnete Kräfte, Landjugend, Schuljugend, Studenten, Internationale Verbindungen, Jugendforschung, Kader, Kultur, Propaganda, Sport, Staat und Recht, Verbandsorgane. Das eigentliche politische Führungsorgan war das Büro des Zentralrates.
Dazu gehörten 1981 13 Sekretäre des Sekretariats, 2 Abteilungsleiter des Sekretariats, 3 Erste Sekretäre von FDJ- Bezirksleitungen, 4 Funktionäre aus FDJ- Kreisleitungen und Grundorganisationen,1 Freundschaftspionierleiter, der Generaldirektor des Reisebüros der FDJ "Jugendtourist", der Leiter der Abt. Jugend beim ZK der SED, der Leiter des Amtes für Jugendfragen beim MR, 1 Angehöriger der Politischen Hauptverwaltung der NVA, 1 Sekretär des FDGB-BuV, 1 Vertreter der Staatlichen Versicherung und der Vorsitzende der Zentralen Revisionskommission. Dem Zentralrat unterstanden direkt die 15 Bezirksorganisationen, die Gebietsorganisation Wismut und die FDJ-Organisationen in den bewaffneten Organen (Armee, Polizei). Kreisorganisationen (ca. 250) bestanden nicht nur auf territorialer Ebene (Stadt- und Landkreise), sondern auch in verschiedenen Großbetrieben, großen Verwaltungen und militärischen Verbänden, an Universitäten und Hochschulen sowie an der Akademie der Wissenschaften.
Wahlen in den Grundorganisationen fanden einmal jährlich statt, zu den Kreis- und Bezirksleitungen alle zweieinhalb Jahre und zum Parlament alle 5 Jahre.
Am 06.07.1950 wurde die FDJ in den demokratischen Block der Parteien und Massenorganisationen der DDR aufgenommen.
Bei den Wahlen konnten so auch Kandidaten der FDJ für die Einheitsliste der Nationalen Front berücksichtigt werden. Die FDJ stellte eigene Fraktionen in den Vertretungskörperschaften aller Ebenen. Die meisten FDJ-Vertreter waren gleichzeitig Mitglieder der SED und ihr in erster Linie verpflichtet. Die hauptamtlichen 1. Sekretäre von FDJ- Grundorganisationen, Kreis- und Bezirksleitungen waren stets Mitglieder der SED-Leitungen auf gleicher Ebene. Hauptamtliche FDJ-Funktionäre hatten gute Chancen zur Übernahme in den Partei- und Staatsapparat. 1952 übernahm die FDJ die Patenschaft über die Kasernierte Volkspolizei und bekundete generell die militärische Verteidigungsbereitschaft.
Am 24.07.1952 beschloss der MR der DDR den Aufbau eines Arbeitsdienstes für Jugendliche zwischen 17 und 18 Jahren, der sich "Dienst für Deutschland" nannte. Geplant war u. a. der Bau von Übungsplätzen und Straßen, die im Rahmen der militärischen Aufrüstung der DDR benötigt wurden. Auf Grund schlechter Vorbereitung kam es in den Arbeitsdienstlagern zu unhaltbaren Zuständen. 1953 wurde der Arbeitsdienst eingestellt.
Auf dem VI. Parlament 1959 wurde der Verband als "sozialistische Jugendorganisation" bezeichnet. Auf den Parlamenten wurde vor allem zu Produktionssteigerungen und zur Steigerung der Arbeitsproduktivität aufgerufen. Schwerpunktaufgaben wurden seit 1948 zu "Jugendobjekten" erklärt, z. B. der Bau einer Wasserleitung zur Maxhütte in Unterwellenborn, der Bau der Talsperre Sosa und die Trockenlegung der Wischewiesen im Bezirk Magdeburg. Unter den zahlreichen Initiativen erwiesen sich die Jugendobjekte und die Bewegung der Messen der Meister von Morgen (MMM) als besonders wirksam. Wenn auch auf den nachfolgenden Parlamenten Statuten und Aufgabenstellungen modifiziert wurden, blieb doch das Grundprinzip für die gesamte Tätigkeit der Jugendorganisation die Erfüllung von Beschlüssen der SED.
Die Aktivitäten des Jugendverbandes zur Steigerung der Produktion, zur Stärkung der Landesverteidigung und zur Mitgliederwerbung für die SED wurden durch Kampagnen angeregt und gesteuert, z. B. Friedensaufgebot und Thälmannaufgebot. Oft stand ein festlicher Höhepunkt am Ende derartiger Aufgebote, z. B. ein "Nationales Jugendfestival" oder "Fest des Roten Oktober".
Der Jugendverband war an allen allgemeinbildenden Schulen, den Universitäten, Hoch- und Fachschulen sowie in den Lehrwerkstätten und Berufsschulen präsent. Der Organisationsgrad von Schülern, Lehrlingen und Studenten in der FDJ war höher als bei jungen Berufstätigen. Die FDJ-Organisationen in den Bildungseinrichtungen hatten für Ordnung, Disziplin und möglichst gute Lernergebnisse zu sorgen. Die FDJ-Mitglieder nahmen innerhalb verschiedener Zirkel seit 1950 am FDJ-Schuljahr teil, das später FDJ-Studienjahr hieß. Ein Ziel der Zirkelarbeit war der Erwerb des Abzeichens "Für gutes Wissen" in den Stufen Bronze, Silber und Gold. Die Bedingungen zum Erwerb des Abzeichens wurden mehrmals modifiziert. Gefragt wurde nach politischem Wissen und politischen Ansichten im Rahmen des Marxismus-Leninismus. Um die "sozialistische Wehrerziehung" zu unterstützen, wurden für die Schüler der POS-Klassen 8 bis 10 die "Hans-Beimler-Wettkämpfe" organisiert. Die Besten des Wettbewerbs wurden mit dem "Hans-Beimler-Ehrenzeichen" ausgezeichnet.
Für die Sicherung von Jugendtreffen und Massenaufmärschen hatte sich die FDJ "Ordnungsgruppen" geschaffen. Sie waren 1959 erstmals auf Beschluss des VI. Parlaments gebildet worden. Mitglieder konnten FDJ-Mitglieder ab 16 Jahre werden. Sie wurden von den Bezirks- und Kreisleitungen berufen und geführt. 1980 wurde der "Zentrale Ordnungsgruppenverband der FDJ" als ständige ehrenamtliche Formation gebildet.
Hauptamtliche Sekretäre von Grundorganisationen und Mitarbeiter von Kreisleitungen erhielten zunächst eine dreimonatige Sonderausbildung an Sonderschulen des Zentralrates. Die höchste Ausbildungseinrichtung der FDJ war die Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" beim Zentralrat der FDJ in Bogensee. Das einjährige Direktstudium war für hauptamtliche Funktionäre aller Ebenen vorgeschrieben.
Die FDJ verfügte über die Verlage "Neues Leben", "Kinderbuchverlag" und "Junge Welt". Der Verlag "Junge Welt" gab die gleichnamige Zeitung heraus, die ab Jan. 1947 als Wochenzeitung und ab März 1952 als Tageszeitung erschien. Sie war das wichtigste Organ des Verbandes.
Die internationalen Beziehungen der FDJ waren vielfältig und umfangreich. Sie war seit 1948 Mitglied des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ) und seit 1949 Mitglied des Internationalen Studentenbundes (ISB). Beide Organisationen waren weltweite Dachverbände der kommunistischen und prokommunistischen Jugend- und Studentenorganisationen. Die FDJ tauschte Gastdelegationen aus, vor allem mit dem sowjetischen Komsomol. Dazu gehörte auch ein regelmäßiger Austausch von "Freundschaftszügen". Seit 1973, nach der internationalen Anerkennung der DDR, wurden auch häufiger Kontakte zu nichtkommunistischen Jugendverbänden aufgenommen.
Mit der sozialistischen Arbeiterjugend der Bundesrepublik kam es zum Abschluss von Arbeitsvereinbarungen und im Sommer 1989 auch zu Gesprächen mit dem Deutschen Jugendring über Möglichkeiten des innerdeutschen Jugendaustausches. Größere Freundschaftstreffen wurden mit ausländischen Jugendlichen aus befreundeten Staaten und Organisationen veranstaltet. Am bedeutendsten waren die "Weltfestspiele der Jugend und Studenten", veranstaltet vom Weltbund der Demokratischen Jugend. 1951 fanden die 3. und 1973 die 10. Weltfestspiele mit Zehntausenden ausländischen Teilnehmern in Berlin (Ost) statt.
Die FDJ-Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" in Bogensee bildete im Laufe der Jahre mehrere tausend Funktionäre ausländischer Jugendverbände aus. Sie kamen in erster Linie aus Staaten der Dritten Welt. In diese Staaten entsandte die FDJ "Brigaden der Freundschaft", die dort an Entwicklungsprojekten arbeiteten.
Eine Einrichtung des Zentralrates war das Jugendreisebüro der DDR "Jugendtourist". Es nahm am 01.01.1975 seine Arbeit auf und wurde aus dem Staatshaushalt finanziert. Das Reisebüro plante und kalkulierte in- und ausländische Reiseprogramme für Jugendliche und verteilte die Reisen auf die Bezirke. Es erarbeitete Betreuungsprogramme für jugendliche Reisegruppen aus der Bundesrepublik und dem Ausland. Oft erhielten FDJ-Mitglieder eine Auslandsreise als Auszeichnung.
Die Finanzierung der Aktivitäten und des hauptamtlichen Personals der FDJ konnte nicht nur über Mitgliedsbeiträge, die sich nach der Höhe des Einkommens richteten, gedeckt werden.
Neben den staatlichen Aufwendungen wurde auch das "Konto junger Sozialisten" herangezogen. Es wurde 1974 aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses von MR und Zentralrat der FDJ in allen Staatsbetrieben, Staatsorganen und staatlichen Einrichtungen errichtet.
Dem Konto wurden Erlöse aus den Initiativen der FDJ-Mitglieder an der Arbeitsstätte in Höhe von 5 Prozent des erreichten finanziellen Nutzens bzw. der eingesparten finanziellen Mittel zugeführt. Dazu kamen Einnahmen, die durch Übererfüllung des Plansolls in Jugendobjekten und durch die Arbeit von Jugendbrigaden entstanden waren. Aus den Summen, die die Betriebe auf ihren Konten ansammelten, führten sie vierteljährlich Anteile an die gleichnamigen Konten beim zuständigen Rat des Kreises sowie beim Amt für Jugendfragen beim MR der DDR ab. Die Höhe der beim Betrieb verbleibenden und der abzuführenden Anteile wurde jährlich auf Vorschlag des Zentralrates der FDJ durch den Finanzminister der DDR festgelegt.
Vermögensverwaltungsgesellschaft der FDJ war die Jugendheim GmbH. Sie wurde im Febr. 1947 gegründet. Sitz war Potsdam. Die Zweigniederlassungen in Weimar, Halle, Schwerin, Dresden und Berlin wurden 1951 aufgelöst. Geschäftsgegenstand der Jugendheim GmbH war der Erwerb und die Verwaltung von Grundstücken für Jugendheime, Jugendschulen und Erholungsheime.
Ab Mitte 1991 stellte die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit ein.
Auf der 13. Tagung des Zentralrates am 24./25.11.1989 trat die von Eberhard Aurich geleitete FDJ-Führung zurück. Nach dem Brandenburger Kongress am 26./27.01.1990 wurde der Verband umorganisiert und ein neues Sekretariat unter der Leitung von F. Türkowsky eingerichtet. Die Verbandsbezeichnung lautete fortan "fdj".
Quelle: Bestände des Bundesarchivs
AK
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.