Die Goldene Bulle von 1356

Deutschland im Mittelalter

Die Goldene Bulle von 1356

Beitragvon pentium » 13. Juli 2015, 10:55

Das wohl wichtigste Gesetz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation hat seinen Namen von dem darauf pragenden goldenen Siegel (aurea bulla). Die Goldene Bulle legte in lateinischer Sprache das Verfahren der deutschen Königswahl fest.

In der Goldenen Bulle wird das erstmals 1273 bei der Königswahl Rudolfs von Habsburg angewandte Verfahren, den König nicht mehr "vom Volk" sondern noch von einem Kurfürstenkollegium wählen zu lassen, rechtlich verankert.
Die ersten 23 Kapitel des Gesetzeswerkes wurden Anfang 1356 in Nürnberg erlassen, die Kapitel 24 bis 31 Ende des Jahres in Metz. Die Veröffentlichung erfolgte in einer festlichen Akt am 25. Dezember 1356.
Von der Goldenen Bulle sind sieben durch Besiegelung der kaiserlichen Kanzlei beglaubigte, aber voneinander abweichenden Abschriften erhalten. Die Goldene Bulle beinhaltet kein neues Recht, sondern vereinigt schriftlich bis her nur mündlich tradiertes Gewohnheitsrecht. Die Goldene Bulle ist Teil einer Entwicklung, die sich vom Sachsenspiegel über den Schwabenspiegel und über die chaotischen Zustände des Interregnums verfolgen lässt.
Mit der Festlegung auf ein kurfürstliches Wahlkollegium von 7 Königswählern will die Goldene Bulle eine Pattsituation bei der Wahl verhindern. Für die Entscheidung war eine Mehrheit von mindestens vier Stimmen verlangt. Dem Erzbischof von Mainz kam als dem deutschen Erzkanzler eine besonder Stellung innerhalb des Kollegiums zu. Er sollte die Durchführung der Königswahl leiten, zur Wahl einladen, die Stimmen abfragen und schließlich als letzter seine Stimme abgeben. Somit kam ihm bei Stimmengleichheit die letzte Entscheidung zu.

Die sieben Kurfürsten waren die drei Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, der Pfalzgraf bei Rhein (Kurpfalz), der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und (teilweise umstritten) der König von Böhmen.

Die Stimmabgabe erfolgte nach Rang:

1. Der Erzbischof von Trier als Kanzler für Burgund.
2. Der Erzbischof von Köln als Kanzler für Reichsitalien. Seit Otto dem Großen (936) bis zur Krönung König Ferdinands I. (1531) wurde der König in der Pfalzkirche von Aachen gekrönt. Diese von Karl dem Großen gegründete Kirche lag im Territorium des Kölner Erzbischofs, so dass dieser den Kaiser zu krönen hatte.
3. Der König von Böhmen als gekrönter weltlicher Fürst und Erzschenk des Reiches.
4. Der Pfalzgraf bei Rhein. Sein Territorium lag im alten fränkischen Siedlungsgebiet, so wurde er Erztruchsess und bei Abwesenheit des Kaisers von Deutschland war er Reichsverweser in allen Ländern, in denen nicht sächsisches Recht galt. Der Erztruchsess war auch die Instanz, vor der sich der König bei Rechtsverstößen zu rechtfertigen hatte.
5. Der Herzog von Sachsen als Erzmarschall und Reichsverweser in allen Ländern, in denen sächsisches Recht galt.
6. Der Markgraf von Brandenburg als Erzkämmerer.
7. Der Erzbischof von Mainz hatte als Kanzler für die deutschen Lande den höchsten Rang und stimmte wegen der Möglichkeit des Stichentscheides durch seine Stimme als Letzter ab.

Die Goldene Bulle dokumentiert, formalisiert und kodifiziert eine sich in Jahrhunderten herausgebildete Praxis und Entwicklung hin zur Territorialisierung. Die Etablierung sowohl der weltlichen als auch der geistlichen Landesherrschaften etwa vom 11. bis zum 14. Jahrhundert und parallel dazu der schleichende Machtverlust des Königs im Zuge der Territorialisierung werden festgeschrieben.

Die Territorialisierung schreitet in den folgenden Jahrhunderten fort, im Westfälischen Frieden von 1648 wird die Aufspaltung Deutschlands in unabhängige Territorien besiegelt, die Zentralgewalt verliert noch weiter an Kompetenzen, bis sie im Jahr 1806 auch formal beendet wird.

Bis heute ist Deutschland ein Föderalstaat, in dem die Länder erheblichen politischen Einfluss nehmen.

Von der Goldenen Bulle sind heute sieben Ausfertigungen erhalten.

Das Böhmische und das Mainzer Exemplar befindet sich heute im Österreichischen Staatsarchiv in Wien.

Das Kölner Exemplar befindet sich in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt. Das Pfälzische Exemplar, befindet sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv.

Beim Trierer Exemplar im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, das aus der kaiserlichen Kanzlei stammt, liegt die Bulle mit den Resten der Seidenschnur nur noch lose bei.

Das Frankfurter Exemplar ist eine Abschrift des ursprünglichen böhmischen Exemplars, der zweite Teil hat also die gleiche Vorlage wie der zweite Teil des heutigen böhmischen Exemplars. Es befindet sich im Institut für Stadtgeschichte im Karmeliterkloster, dem früheren Frankfurter Stadtarchiv.

Das Nürnberger Exemplar, das im Staatsarchiv Nürnberg verwahrt wird, ist nur mit einem Wachs- und nicht mit einem Goldsiegel besiegelt. Es ist eine Abschrift des heutigen böhmischen Exemplars und ist zwischen 1366 und 1378 entstanden.

quelle:
http://www.regionalgeschichte.net/bibli ... bulle.html
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