BRD Geschichte

BRD Geschichte

Beitragvon pentium » 12. Juni 2015, 20:42

1. Innenpolitische Grundlegung

In der unmittelbaren Nachkriegszeit bestand auf der Ebene der Besatzungsmächte und der deutschen Politik ein antifaschistischer Konsens unter Einschluss der Kommunisten. Dem Einheitsdenken der unmittelbaren Nachkriegszeit entstammen wesentliche Strukturprinzipien der Parteien- und Verbändelandschaft wie die Einheitsgewerkschaft, der einheitliche Bauernverband, die überkonfessionelle CDU und CSU, die Öffnung der SPD gegenüber neuen Schichten und die Vereinigung der nationalliberalen und linksliberalen Traditionslinien in der FDP.

Während der Blockade Berlins durch die Sowjetunion 1948/49 kam ein antikommunistischer Konsens hinzu. Auf dieser Grundlage gingen die Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder auf das Angebot der Westmächte ein, einen Staat aus den Westzonen zu bilden - zunächst als Provisorium oder Transitorium (Th. Heuss) bis zu einer gesamtdeutschen Lösung betrachtet. Die so entstandene Bundesrepublik sollte nach der von dem ersten SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher formulierten "Magnet-Theorie" so attraktiv gemacht werden, dass die Sowjets ihre Zone allein mit militärischer Macht nicht halten könnten.

Die breite sozialistische Grundstimmung der Nachkriegszeit, die bis weit in die CDU/CSU hinein reichte, wich in den fünfziger Jahren schrittweise einem Konsens über die Soziale Marktwirtschaft, die von dem ersten Wirtschaftsminister Erhard repräsentiert und vertreten wurde. Die Grundlage dafür war das "Wirtschaftswunder", d.h. die hohen Wachstumsraten seit 1951, die breiten Schichten die Möglichkeit eröffneten, sich einen nie gekannten Wohlstand zu erarbeiten.
Nach mehr als drei Jahrzehnten von Kriegen und Krisen brachte die neue stabile Ordnung zum ersten Mal wieder ein Gefühl der Sicherheit und Normalität. Nach anfänglichen Wahlniederlagen von CDU und CSU in Landtagswahlen 1951/52 bildete der Wirtschaftserfolg seit dem "Korea-Boom" bei der zweiten und dritten Bundestagswahl die Grundlage für das "Wahlwunder": 1957 erreichte zum ersten und einzigen Mal eine Partei in freien Wahlen die absolute Mehrheit. Dies schuf die Grundlage für eine hegemoniale Stellung der CDU/CSU in der Bundespolitik. Da in diesen Jahren auch die Ministerien und Verwaltungen aufgebaut wurden, sprachen Kritiker nicht ohne Grund polemisch vom "CDU-Staat".

Entgegen den liberalen Ideen Erhards blieben Staatseingriffe, Bankenmacht und korporatistische Arrangements in Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend (Abelshauser 1983). Eine weitgreifende und undoktrinäre Sozialpolitik bildete wesentliche "Integrationsklammern" (Kleßmann 1988) des neuen Staates. Den zwölf Millionen Ostvertriebenen wurde, finanziert von Vermögensabgaben, ein Lastenausgleich gewährt, der zunächst vor allem in produktive Investitionen floss.

Ein Umsiedlungsprogramm erleichterte ihnen den Weg in die Industriezentren. Im sozialen Wohnungsbau errichteten gewerkschaftliche, kirchliche und kommunle Träger mit staatlicher Hilfe Millionen Mietwohnungen. Kriegsopfer erhielten Renten. Wenige Monate vor der Bundestagswahl 1957 wurden die Altersrenten wesentlich erhöht und zugleich an die Einkommensentwicklung gebunden ("dynamisiert"), erst seitdem lagen sie überwiegend über dem Existenzminimum. Die staatliche Umverteilungsquote übertraf in den Gründungsjahren der Bundesrepublik die aller anderen westlichen Länder. Im ständigen Wettbewerb zwischen den beiden großen Parteien bildeten sich stabile Muster des Sozial- und Verteilungsstaates aus, alle Beteiligten gewöhnten sich an wachsende Erträge und staatliche Leistungen. Nach dem Stolz auf die eigene ökonomische Leistung, dem Wirtschaftspatriotismus, entwickelte sich nun der Stolz auf den Sozialstaat, Sozialpatriotismus.

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Re: BRD Geschichte

Beitragvon pentium » 14. Juni 2015, 16:51

2. Einbindung in westeuropäisch-atlantische Strukturen

Schon vor der Gründung der Bundesrepublik waren die westlichen Besatzungszonen in den Marshall-Plan und die auf ihm fußenden europäischen Handelsstrukturen einbezogen worden. In den folgenden Jahren wurde die Politik der Westintegration konsequent weitergeführt, ohne Rücksicht auf die immer rigider werdende Teilung Deutschlands. Dies war der Kern der Außenpolitik des ersten Bundeskanzlers Adenauer. Die Bundesrepublik sollte fest im westeuropäischen und atlantischen Zusammenhang verankert und auf diese Weise sowohl gesichert wie vor nationalistischen Sonderwegen bewahrt werden. Adenauer war bereit, gegenüber dem Westen Vorleistungen zu erbringen und weitreichende Kompromisse zu schließen, um damit Verbesserungen zu erreichen. Mit diesem pragmatischen Vorgehen gelang es ihm, der westeuropäischen Einigung Schubkraft zu geben und die Bundesrepublik als Partner in die europäische und atlantische Staatengemeinschaft zu führen (Europapolitik).

Im Petersberger Abkommen 1949 erreichte Adenauer das Ende der westlichen Demontagen. Die Bundesrepublik trat gleichzeitig in die Ruhrbehörde ein und sanktionierte so eine Sonderkontrolle des Kerns der deutschen Industrie. 1952 entstand mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) eine supranationale europäische Struktur, mit der einerseits die deutsche Schwerindustrie kontrolliert wurde, in der aber andererseits die Bundesrepublik als gleichberechtigter Partner mit Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten zusammenwirkte. Im Jahr 2002 lief dieser Vertrag aus. Weitergehende europäische Projekte wie die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG), in der deutsche Truppen ohne direkte NATO-Beteiligung aufgestellt werden sollten, scheiterten indes am französischen Widerstand. Stattdessen wurde die Bundesrepublik 1955 mit den Pariser Verträgen Partner in der Westeuropäischen Union (WEU) und der NATO (Äußere Sicherheit/ Verteidigung/NATO), der sie alle künftigen Truppen unterstellte. Sie verzichtete auf eigene atomare, biologische und chemische (ABC-) Waffen und erlangte die Souveränität - abgesehen von Viermächte-Zuständigkeiten für Berlin und Gesamtdeutschland. Bestandteil des Vertragspakets war ein Abkommen mit Frankreich über die endgültige Abtrennung des Saarlandes (Land Saarland), das mit einem "europäischen Statut" unter französischem Einfluss verbleiben sollte. Als das saarländische Volk dieses Modell mit großer Mehrheit in einer Abstimmung ablehnte, gelangte das Saarland 1957 an die Bundesrepublik zurück.

In der Konferenz von Messina 1955 vereinbarte die Bundesrepbulik mit Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die 1957/58 gleichzeitig mit der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) ins Leben trat. Die EWG wurde von beiden großen Parteien getragen, die FDP lehnte sie als zu protektionistisch ab. Sie hat als Keimzelle der EG bzw. EU langfristig große Bedeutung gewonnen, indem sie Westeuropa einen stabilen ökonomischen Unterbau gab und Unternehmen ebenso wie Konsumenten einen großen Markt öffnete.

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Re: BRD Geschichte

Beitragvon pentium » 18. Juli 2015, 15:35

3. Kalter Krieg und Verfestigung der Teilung Deutschlands

So phantasievoll, konstruktiv und kompromissbereit Adenauer seine Politik nach Westen gestaltete, so inflexibel, desinteressiert und verständnislos war er gegenüber dem Osten. Jedes sowjetische Angebot wurde mit Misstrauen betrachtet, Kompromisse mit der Sowjetunion oder der DDR galten als unmoralisch. Befürworter von Verhandlungen mit dem Osten wurden kommunistischer Sympathien bezichtigt. Dies traf im westlichen Deutschland auf Befürchtungen und Sicherheitsängste der Bevölkerung. "Sicherheit" und "keine Experimente" waren zentrale Slogans der Regierung in den Wahlkämpfen.

Schon beim Petersberger Abkommen hatte der SPD-Oppositionsführer Schumacher deutsche Gleichberechtigung angemahnt. Auch der EVG und den Pariser Verträgen stimmte die SPD nicht zu. Für die Verhandlungsführung des Bundeskanzlers war diese Opposition zu Hause nicht ungünstig, ließ sie ihn doch als gemäßigteren Vertreter Deutschlands erscheinen.

Als die UdSSR 1952 und nochmals 1955 das Angebot einer Wiedervereinigung mit freien Wahlen unter der Bedingung der Neutralität Deutschlands machte, polarisierte sich die Debatte um die Außenpolitik. Die mit den Westverträgen verbundene Wiederbewaffnung und das Streben nach Atomwaffen 1958/59 riefen Kriegsängste hervor.
Aggressive Äußerungen wie die Forderung Adenauers nach einer Neuordnung Osteuropas oder Straußsche Überlegungen zu einem Präventivschlag gegen den Osten verstärkten diese Ängste noch. Nicht nur die SPD, sondern auch viele FDP-Politiker und der Minister für gesamtdeutsche Fragen, J. Kaiser (CDU), wollten das sowjetische Angebot ausloten. Adenauer brachte gleichwohl eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag für den NATO-Beitritt und die Wiederbewaffnung zustande. Er versuchte Verhandlungen mit der UdSSR zu hintertreiben und kündigte immer wieder an, die wachsende Überlegenheit des Westens werde die Wiedervereinigung bringen ("Politik der Stärke"). In der Praxis war die Wiedervereinigung aber für die Regierung Adenauer "im besten Fall eine sekundäre Angelegenheit", entscheidend blieb immer der sacro egoismo des Weststaates (Besson 1970: 129, 152). Auch die Wellen von Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Wiederbewaffnung 1950/53 ("Ohne-mich-Bewegung") und gegen die Atomrüstung in Deutschland 1958/59 ("Ostermarsch-Bewegung") konnten an der Aufrüstung im Herzen Europas nichts ändern. Zwar erhielt die Bundesrepublik keine Atomwaffen, wie das Strauß als Verteidigungsminister geplant hatte. Dies war aber weniger das Verdienst der Demonstranten als des Unwillens der Westmächte, dem geteilten D Massenvernichtungswaffen anzuvertrauen. Stattdessen wurde die Bundeswehr konsequent in die NATO integriert, die sich strategisch und taktisch auf amerikanische Atomwaffen stützte. In Mitteleuropa entstand das dichteste Waffenarsenal der Welt.

In den folgenden Jahren schien jedoch nicht der Westen, sondern der Osten stärker zu werden. Mit dem spektakulären Sputnik-Start 1957 wurde ein sowjetischer Vorsprung in der Raketentechnik deutlich. In der nuklearen Hochrüstung entwickelte sich das "Gleichgewicht des Schreckens", der einen Nuklearkrieg zum allseitigen Selbstmord gemacht hätte. Unter der dynamischen Führung Chruschtschows versuchte die UdSSR ihre neue Stärke auszunutzen, die DDR zu stabilisieren, deren Anerkennung durchzusetzen und die Westmächte aus Berlin zu verdrängen. Als der amerikanische Präsident Kennedy daraufhin nur die Sicherung Westberlins und der freien Zugänge dorthin als "essentials" definierte, baute die DDR die Berliner Mauer und vollendete damit die Teilung Deutschlands. Eine Wiedervereinigung gegen die UdSSR ließ sich also nicht erreichen, die Bundesregierung musste sich dieser Tatsache beugen. Dies galt gleichermaßen für die SPD-Opposition. Sie musste erkennen, dass eine Wiedervereinigung auf Jahrzehnte irreal geworden war und Europa in zwei Blöcken organisiert war.

Deutschland war gespalten, aber in der Bundesrepublik waren die Grundlagen für ein stabiles demokratisches Gemeinwesen gelegt worden. Das deutsche Nationalgefühl wurde europäisch überformt, der Staat durch die Einbindung in stabile europäische und atlantische Zusammenhänge gezähmt und neu orientiert worden. Ein besonderer Beitrag dazu war das Abkommen mit Israel über deutsche Zahlungen zur "Wiedergutmachung". Es wurde nicht mit der Mehrheit der Regierungsparteien, sondern mit den Stimmen der SPD und großer Teile der CDU ratifiziert. Für die geistige Neuorientierung war die Übernahme dieser Verantwortung ein wichtiger Schritt, dem Entschädigungen für andere Opfer des Nationalsozialismus folgten.

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