Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Beitragvon Interessierter » 7. Oktober 2014, 10:09

Was gegen Kriegsende in Reichenberg bei Dresden Nachbarn Nachbarn antaten

Der 7. Mai 1945 war ein lauer Frühsommer-Tag. Das Reich fiel in Scherben, der Führer hatte sich eine Kugel durch den Kopf gejagt, die letzten SS-Panzer flüchteten aus dem Raum Dresden gen Erzgebirge und blieben im Müglitztal stecken – und Heinz Stapen* ging zur Arbeit. Wie es sich für einen pflichtbewussten deutschen Kraftfahrzeugführer gehört, steuerte er seinen Linienbus pünktlich wie jeden Tag von Meißen nach Dresden, damit die Leute in die wenigen unzerstörten Fabriken und Büros in der zertrümmerten Gauhauptstadt kamen, während gleich hinter ihm auf der Straße die Rote Armee einmarschierte.

Nach Schichtende parkte Stapel seinen Bus ordnungsgemäß an der Endstation auf dem Wiener Platz und lief die drei Stunden zu Fuß nach Hause gen Reichenberg. Schon als er sich seinem etwas abseits an einem Feldweg gelegenen Haus näherte, muss er gemerkt haben, das etwas nicht stimmte. Als er die Tür öffnete, fand er seine Frau vergewaltigt, den Haushalt verwüstet und geplündert.

Leute aus dem Dorf stürmten Haus der misshandelten Frau

Das besondere und bisher wenig diskutierte „Detail“ an dieser Geschichte, die eben kein Einzelfall war: Zwar waren es tatsächlich sowjetische Soldaten, die sich an Eva Stapen* vergingen, doch nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer – Nachbarn der Stolpens, die das Haus stürmten, sobald die fremden Soldaten weg waren, die die Notlage der physisch wie psychisch zusammengebrochenen Frau ausnutzten, um den Hausrat der Stapens zusammenrafften und damit verschwanden.

Und die Geschichte der Familie Stapen war da eben kein Einzelfall

http://computer-oiger.de/2014/10/04/nac ... more-30638

Derartiges hatte ich bisher weder gehört noch gelesen und hoffe, dass es entgegen der Aussage im Artikel nur ein Einzelfall war. Aber vielleicht haben ja Andere auch von solchen Vorfällen gelesen oder gehört ?

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Re: Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Beitragvon Beethoven » 7. Oktober 2014, 14:04

" ... mein Großvater und meine Mutter wurden im Stall eingesperrt. Der Offizier hielt mir seine Pistole an den Kopf und knöpfte sich seine Hose auf. Danach riss er mir die Kleider vom Leibe und vergewaltigte mich. Als er fertig war, rief er ein Kommando und fünf Soldaten kamen in unsere kleine Stube. Ich hörte noch wie ein Wagen weg fuhr. Die ganze Nacht wurde ich mehrmals vergewaltigt und meine Kinder mußten zusehen. ...
... als meine Kinder mich gewaschen hatten erzählten sie mir, dass auch meine Mutter geschändet und anschließend mit meinem Großvater im Stall ermordet wurde ..."

Mühlhäuser: sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion 1941–1945. Hamburger Edition, 2010,

Trennung

Solche Verbrechen gab es auf beiden Seiten. Traurig aber wahr.

Gruß
Die größten Vorteile im Leben überhaupt wie in der Gesellschaft hat ein gebildeter Soldat. J. W. v. Goethe

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Re: Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Beitragvon Interessierter » 7. Oktober 2014, 15:09

Es ist sicher Deiner geschätzten Aufmerksamkeit entgangen, dass es hier um die deutschen Plünderer geht.
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Re: Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Beitragvon Beethoven » 8. Oktober 2014, 08:06

Ist es nicht mein lieber Interessierter, aber worüber soll ich da diskutieren? [hallo]

Gruß
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Re: Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Beitragvon Edelknabe » 25. November 2014, 19:51

Der passt ins Thema. Aus Spiegel Special 4/1995
Im Reich der Toten
Die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen
Von Jürgen Hogrefe. Ein Textauszug:

Am 12. April verzeichnet die Chronik des Pfarrhauses von Bergen "große Aufregung". Es geht unter den 3000 Bewohnern des Heidedorfes das Gerücht von der bevorstehenden Übergabe des Konzentrationslagers um, das acht Kilometer südlich vom Ortsrand im Wald liegt.

Sofort starten die Bürger von Bergen und Umgebung eine Rettungsaktion. Doch die Rettung gilt nicht den verelendeten KZ-Häftlingen - sie gilt ihrem eigenen Besitz. Wie auf ein geheimes Kommando beginnen die Bergener ihr Eigentum in Sicherheit zu bringen. "Überall wird gebuddelt", verzeichnet die Chronik.

Kisten mit Fleischdosen werden unter einem Hühnerstall vergraben, große Milchkannen, vollgestopft mit Speck und Wurst, landen in Gärten und hinter Schweineställen. Tafelsilber, sorgsam mit Paraffin bestäubt und in festes Tuch gewickelt, Erbsen, Zucker, Mehl und Zwiebeln wandern in die Erde.

Am 22. April um 9 Uhr morgens, Sonntag, "Jubilate", befiehlt der britische Kommandant den Einwohnern, Bergen innerhalb von zwei Stunden zu räumen. Ein Treck von eilig bepackten Handwagen, Fahrrädern und Fuhrwagen zieht in die umliegenden Dörfer, in denen die Bergener unterkommen sollen. Bergen ist von den Briten zur Plünderung freigegeben.

Noch am gleichen Tage strömen italienische und französische Soldaten aus befreiten Kriegsgefangenenlagern der Umgebung in den geräumten Ort, auch einige befreite russische und polnische Fremdarbeiter sind dabei. Durch die Häuser streifen auch die kräftigsten der freigelassenen KZ-Insassen, verzweifelt auf der Suche nach Nahrung, Kleidung und nützlichen Dingen. Der Ablauf der nachfolgenden Ereignisse bietet den Bürgern von Bergen hinfort Gelegenheit, sich selbst als Opfer zu fühlen.

"Was sich während dieser Zeit abspielte", gibt Rudolf Habermann, der spätere Gemeindedirektor von Bergen, 1949 empört zu Protokoll, "ist wohl das schrecklichste seit dem Dreißigjährigen Krieg." Zu Tausenden seien die "Unholde" durch Bergen und dann auch die umliegenden Bauerndörfer gezogen. Zunächst "waren die KZler so schlapp", erinnert sich der Bauer Julius Brandes aus dem nahegelegenen Bollersen. Aber dann wurden sie "frech", und nach acht Tagen fingen sie an "zu rauben und zu plündern", sie haben "sogar meine Feuerwehruniform mitgenommen".

Das am eigenen Leib gespürte Ungemach verzerrt den Bergenern die Wahrnehmung. Für sie sind hinfort nicht die 50000 Toten vom benachbarten KZ die Tragödie, die Bergener empfinden die Plünderung ihrer Speisekammern als die eigentliche Katastrophe. Und zu den Tätern werden - Verdrehung der Geschichte - die Insassen des KZ.

In dem seit einer Woche befreiten Konzentrationslager sterben noch täglich mehrere hundert Menschen, noch immer ist die englische Armee außerstande, die Ernährung der 60000 Insassen sicherzustellen. Doch den Landwirt Hermann Schulze plagen andere Sorgen. Er hat seinen Hof gegenüber des Kasernengeländes in Belsen. "Die KZ-Leute haben mit Russen und Polen zusammen 19 Schweine, 18 Rinder und Kälber, zwei Schafe, alle Gänse, Enten und Puten sowie 100 Hühner in drei Nächten durch Einbruch und Zerschlagen der Türen und Fenster gestohlen", schimpft der Bauer.

Die Bewohner von Bergen fühlen sich als unschuldig verfolgte Opfer. "Man nannte uns Mörder, und es soll sogar die Absicht bestanden haben, ganz Bergen aus Vergeltung niederzubrennen", empört sich der Bergener Amtsrichter Ernst von Briesen noch im Oktober 1950 in einem Aufsatz über die "Wahrheit mit Belsen".

Von Briesen, einer der wenigen Akademiker im Ort, bemüht sich um die Ehrenrettung seiner Bewohner. Sein vielfach verbreitetes Traktat kursiert bald in Haushalten und an Stammtischen. Doch der Amtsgerichtsrat hält sich wenig an die Fakten. So gerät sein Aufsatz zur Mustervorlage von Leugnung, Verdrängung und (Bergen-Belsen-)Lüge.

Er stellt darin sogar dem KZ-Kommandanten einen Persilschein aus: Kramer sei ein "anständiger Mann und redlich bemüht", alles "für die ihm anvertrauten Häftlinge zu tun". Von Briesen verschweigt, daß Kramer zuvor schon Kommandant im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gewesen war. Kramer ist im November 1945 von einem britischen Militärgericht zum Tode verurteilt worden. In diesem Verfahren kamen auch sadistische Quälereien an Gefangenen zur Sprache, für die Kramer Verantwortung trug.

Für den Amtsgerichtsrat von Briesen ist die Bevölkerung von Bergen "Gegenstand eines Grauenfeldzuges geworden"; für den Tod der Juden im nahen KZ sei sie ohnehin nicht verantwortlich zu machen, denn auf die "Judenverfolgung hatte das deutsche Volk nicht den geringsten Einfluß".

Die frühen Schilderungen der Plünderung Bergens lassen erkennen, daß die Herrenmenschen-Ideologie auch den Bewohnern Bergens nicht fremd war. In einschlägigem Vokabular wird die vorgebliche Quelle der "entsetzlichen Plünderei" geortet: Ein "solches Untermenschentum, wie hier gehaust hat, habe ich nicht für möglich gehalten", entrüstete sich der spätere Gemeindevorsteher Heinrich Ahrens.

Außer "dem Russen" und "dem Polen", die allein schon durch Herkunft und Volkscharakter leicht als Bösewichte gelten, sei es vor allem "der Jude", der das Unheil bringe. Zwar "ist allgemein bekannt", schreibt Bergens Gemeindedirektor Habermann im Juni 1949 über die Plünderung Bergens, "daß der Jude nicht selbst zum Diebstahl greift. Aber aus den Reihen (der) Fremden fand er genug Mittelsmänner. Diese taten sich zu Räuberbanden zusammen, um ... Einbrüche zu veranstalten, um Schweine und Rindvieh den Juden in die Hände zu spielen."

Nachdem das KZ evakuiert war, richtete die britische Armee im ehemaligen Wehrmachts-Kasernengelände von Belsen ein Lager für "Displaced Persons" (DPs) ein und legte die Leitung des DP-Camps in die Hände eines jüdischen Komitees.

Damit begann für manchen Bergener schon wieder das Unheil. "Was dieses Lager ... durch die Besitzergreifung des jüdischen Komitees an Schaden aufweist, ist unbeschreiblich", entrüstete sich der Belsener Landwirt Karl Kohrs. So sei "das mit allem Komfort eingerichtete Offizierskasino" der Nazi-Wehrmacht "ein Raub dieser Unholde" geworden.

"Die Juden" dieses Lagers, so Gemeindedirektor Habermann 1949, "bekamen reichlich viel Unterstützung durch Rassengenossen aus aller Welt". Sie seien "in ganz kurzer Zeit mit allerlei Produkten erfreut" worden, über die die einheimische Bevölkerung schon lange nicht mehr verfügt habe. Die Folge: "Tausende von jungen Frauen umlagerten die Zäune des Lagers", klagt Habermann, "und ließen sich da anheuern, um für schmutziges Geld dort zu arbeiten oder sich mit den dreckigen, schmutzigen Juden in eine Liebschaft einzulassen."

Die meisten Bewohner Bergens freilich hatten klare Vorstellungen über den künftigen Weg: Er sollte wieder zurückführen.

Bei den zweiten Wahlen zum Niedersächsischen Landtag im Mai 1951 erhielt die Sozialistische Reichspartei in Bergen mit Abstand die meisten Stimmen: 31,7 Prozent. Als die SRP 1952 als Nazi-Nachfolgepartei verboten worden war, trat die Deutsche Reichspartei (DRP) ihre Nachfolge an und wurde bei den Landtagswahlen 1955 in Bergen immer noch klarer Sieger.

Sie war mit einem "Programm der zehn Gebote" angetreten, das vierte Gebot lautete: "Du sollst Dich zum deutschen Reich und den echten Werten seiner ganzen Geschichte bekennen. Nur Emporkömmlinge leugnen ihre Vergangenheit!"

Rainer-Maria momentan ohne Worte weil, zu der Zeit noch nicht geboren. Vielleicht findet Interessierter welche über seine Landsleute?
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Re: Nach den russischen Vergewaltigern kamen die deutschen Plünderer

Beitragvon Ari@D187 » 6. März 2016, 20:19

Interessierter hat geschrieben:Was gegen Kriegsende in Reichenberg bei Dresden Nachbarn Nachbarn antaten

[...]

Die Geschichte erzählte die betroffene Familie dem Vater des Autoren als dieser 5 bzw. 6 Jahre alt war...

Ein großes Problem unseres wohlbehüteten Internetzeitalters ist die Tatsache, daß wir uns kaum in
die Lage, die Nöte und Umstände der damals lebenden Menschen hineinversetzen können.

Ari
Alles wird gut!
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