Die Hallstein-Doktrin

Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Merkur » 14. Oktober 2012, 18:44

Die Hallstein-Doktrin war ein auf der Bonner Alleinvertretungsanmaßung beruhendes außenpolitisches Interventionsprogramm, mit dem die westdeutsche Regierung dritte Staaten von der Herstellung allseitiger normaler Beziehungen zur DDR abzuhalten versuchte.
Die Hallstein-Doktrin besagte, dass die Bundesregierung keine diplomatischen Beziehungen zu Staaten herstellen bzw. die diplomatischen Beziehungen zu Staaten abbrechen werde, welche die DDR anerkennen. Voll angewendet wurde die Hallstein-Doktrin 1957 gegen Jugoslawien und 1963 gegen Kuba, als diese Staaten diplomatische Beziehungen mit der DDR aufgenommen hatten.
Die Hallstein-Doktrin basierte auf der Anmaßung der damaligen Bundesregierung, sie allein besäße die völkerrechtliche Legitimation als deutscher Staat aufzutreten und sie allein sei der staatliche Repräsentant des ganzen deutschen Volkes. Mir stellen sich dahingehend folgende Fragen:

1. War die Erpressung anderer Staaten mit möglichen Saktionen bei der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zur DDR ein Akt gegen die deutschen Landsleute in der DDR ?
2. War die Hallstein-Doktrin eine völkerrechtswidrige Intervention der BRD-Regierung in die Angelegenheiten dritter Staaten und eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen ?
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon andr.k » 14. Oktober 2012, 21:50

Da fällt mir spontan die Koko ein… Die/der Koko hat das mit Sicherheit bestimmt nicht interessiert…

Gruß Andreas
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Icke46 » 14. Oktober 2012, 22:01

Find ich ja originell - Walter Hallstein war also Chef der KoKo [laugh] . Ich sehe schon, die Biographie von Alexander Schalck-Golodkowski muss von Grund auf neu geschrieben werden [wink] .

Aber zur Hallstein-Doktrin: Was mich im nachhinein daran erheitert, ist ja, dass die intelligenten Staatsführer in Afrika speziell diese Doktrin sehr zu ihrem Nutzen (oder zu dem ihres Landes oder auch zu beidem) genutzt haben - einfach, weil man dem jeweils andern deutschen Staat mit Anerkennung des jeweiligen Gegenstaates winken konnte, um so noch mehr herauszuholen.

Anerkannter Meister in der Beziehung war wohl Präsident Sékou Touré aus Guinea.

Meine Güte, wenn ich mir überlege, was dieser Schwachsinn beide deutsche Staaten gekostet hat...

Aber, nun ja - mittlerweile ist es Geschichte.

Gruss

icke
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon andr.k » 14. Oktober 2012, 22:15

Stimmt, sehr originell. [laugh] Aber im Endeffekt haben doch beide deutsche Staaten ihr Ding gemacht.
Wahrscheinlich musste man so handeln um die "Kosten" für die eigene "Sicherheit" zu decken…

Grüße Andreas
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Interessierter » 15. Oktober 2012, 09:49

Zu Frage 1 könnten ja ehemalige Bürger der DDR konkrete Beispiele nennen.

Zu Frage 2 kann ich persönlich nur sagen, daß es sich um eine Frage handelt in denen sich selbst Experten des Völkerrechts nicht einig sind.
Ich persönlich fand diesen Link sehr interessant

http://books.google.de/books?id=CAlXw6q ... 3F&f=false

der aber auch bei mir zu keiner endgültigen und sicheren Meinung führte.

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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon augenzeuge » 15. Oktober 2012, 16:23

Merkur hat geschrieben:
1. War die Erpressung anderer Staaten mit möglichen Sanktionen bei der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zur DDR ein Akt gegen die deutschen Landsleute in der DDR ?


Ich denke nicht. Zumindest haben es viele nicht so gesehen. Gerichtet waren sie ausschließlich gegen die polit. Führung der DDR, die ihrem Volk nicht die Bewegungsfreiheit und das freie Ausüben des polit. Willens einräumte, wie es völkerrechtlich gefordert war. Andererseits, gerade die vielen anderen Maßnahmen zur Unterstützung der Deutschen in der DDR haben sich wohl im Bewusstsein tiefer verankert als diese Sanktionen. Viele Deutsche in der DDR wollten keinen separaten Staat, die Masse sah sich damals immer noch als ein Volk, eine Nation.
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Merkur » 15. Oktober 2012, 18:14

augenzeuge hat geschrieben: Gerichtet waren sie ausschließlich gegen die polit. Führung der DDR, die ihrem Volk nicht die Bewegungsfreiheit und das freie Ausüben des polit. Willens einräumte, wie es völkerrechtlich gefordert war. AZ


Haben solche Maßnahmen der Alliierten nicht auch die Bewegungsfreiheit der DDR-Bürger eingeschränkt ?
Die Politik der Nichtanerkennung der DDR (Hallstein-Doktrin) bezog sich auch auf die Anerkennung der Reisepässe der DDR, daher brauchte bis 1970 jeder Bürger der DDR um ins westliche Ausland reisen zu können ein sogenanntes „Temporary Travel Document“ (TTD). Die Vergabe der TTDs folgte politischen Vorgaben.
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon augenzeuge » 15. Oktober 2012, 18:27

Merkur hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben: Gerichtet waren sie ausschließlich gegen die polit. Führung der DDR, die ihrem Volk nicht die Bewegungsfreiheit und das freie Ausüben des polit. Willens einräumte, wie es völkerrechtlich gefordert war. AZ


Haben solche Maßnahmen der Alliierten nicht auch die Bewegungsfreiheit der DDR-Bürger eingeschränkt ?
Die Politik der Nichtanerkennung der DDR (Hallstein-Doktrin) bezog sich auch auf die Anerkennung der Reisepässe der DDR, daher brauchte bis 1970 jeder Bürger der DDR um ins westliche Ausland reisen zu können ein sogenanntes „Temporary Travel Document“ (TTD). Die Vergabe der TTDs folgte politischen Vorgaben.


Natürlich war man mit dem DDR-Pass eingeschränkt. Das sollte politisch motivierte Reisende treffen. Natürlich nicht ok, aber damals Mittel der Politik.
Die einfachen DDR-Besucher wurden allerdings nicht auf den Privatreisen aufgehalten, sie ließen sich schnell und einfach einen BRD-Pass ausstellen und reisten an ihren Wunschort.

Übrigens hatten auch Westberliner Umständlichkeiten im Reisen zu ertragen. Um z.B. nach Israel zu reisen mussten sie einen westdeutschen Pass haben, den sie nach DDR-Recht aber gar nicht haben durften, was sollten sie tun?
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon HPA » 15. Oktober 2012, 19:47

Naja Hallstein Doktrin...wann wards ad acta gelegt? 1972.

Immer noch besser als die Wandlitzinsassen,welche sich jeden ihrer außen+innenpolitischen Schritte durch Anruf bei Mutti in Moskau haben absegnen lassen .Soviel zur "Souveränität" der DDR.

axso Merkur,wenn du schon von wikipedia plagierst,dann bitte korrekt.
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Dille » 15. Oktober 2012, 21:24

Merkur hat geschrieben:Haben solche Maßnahmen der Alliierten nicht auch die Bewegungsfreiheit der DDR-Bürger eingeschränkt ?
Die Politik der Nichtanerkennung der DDR (Hallstein-Doktrin) bezog sich auch auf die Anerkennung der Reisepässe der DDR, daher brauchte bis 1970 jeder Bürger der DDR um ins westliche Ausland reisen zu können ein sogenanntes „Temporary Travel Document“ (TTD). Die Vergabe der TTDs folgte politischen Vorgaben.


Ach @Merkur -- das ist ja 'ne ganz olle Kamelle ---- Jugoslawien und Finnland hatten die DDR doch anerkannt, konnte ich als DDR- Bürger etwa wegen westlicher Beschränkungen dorthin nicht fahren ??? Nee -- die mußten eben ihre Grenzen nicht so bewachen wie eine DDR, deshalb durften wir da nicht hin.

Wie oft habe ich diesen Keks schon gehört --- wegen "der anderen" immer.

Gruß, Dille
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Dille » 15. Oktober 2012, 22:11

Na, noch 'ne Zugabe : dieser Alleinvertretungsanspruch hat den DDR- Bürgern ganz im Gegenteil erweiterte Reisemöglichkeiten beschert, im sozusagen "kleinen Grenzverkehr" konnte man unter Vorlage des DDR- Reisepasses an der Grenze problemlos und kostenlos ein Ersatzpapier ausgestellt bekommen, das z.B. zur Aus-/ Einreise nach Österreich berechtigte. Habe ich mit meinen Eltern desöfteren praktiziert.

Bei Hinterlegung des DDR- Reisepasses hat man auch problemlos einen bundesdeutschen Reisepaß ausgestellt bekommen, mit dem man (unter Beachtung der Visa- Vorschriften des jeweiligen Reisezieles) problemlos in der Welt herumgondeln konnte. Kenne ich ebenfalls genügend Fälle -- einziger "Nachteil" : bei Rückkehr in die DDR konnte man nicht so mit seinen Reise- Erlebnissen hausieren gehen......., denn offiziell war man ja nur beim Onkel in Wanne- Eickel.

Und noch einen zum Alleinvertretungsanspruch : die DDR hat bis 1972 (Grundlagenvertrag) alle DDR- Flüchtlinge seit 1949 UND deren Abkömmlinge als ihre Staatsbürger reklamiert, insgesamt rund 3 1/2 Mio. Menschen, entgegen deren offensichtlichem Willen. Erst mit dem Grundlagenvertrag hat man alle diese Personen aus der angemaßten DDR- Staatsbürgerschaft "entlassen", alle bis zum 31.12.1971. (ich fiel um 8 Wochen darunter, andere eben auch erst nach 23 Jahren)

Der Unterschied war also, daß die Bundesrepublik niemanden gegen seinen Willen zum Bundesbürger erklärt hat (so grausam hätte ja sonst auch die DDR nicht sein können, und gerade die Hilflosesten, die Rentner, dahin fahren lassen können), aber jeder, der den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu leben, hatte eben dieses verbriefte Recht.

Gruß, Dille
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon augenzeuge » 16. Oktober 2012, 07:59

Dille hat geschrieben:Bei Hinterlegung des DDR- Reisepasses hat man auch problemlos einen bundesdeutschen Reisepaß ausgestellt bekommen, mit dem man (unter Beachtung der Visa- Vorschriften des jeweiligen Reisezieles) problemlos in der Welt herumgondeln konnte. Kenne ich ebenfalls genügend Fälle -- einziger "Nachteil" : bei Rückkehr in die DDR konnte man nicht so mit seinen Reise- Erlebnissen hausieren gehen......., denn offiziell war man ja nur beim Onkel in Wanne- Eickel.
Gruß, Dille


Gut, dass du das nochmals erklärt hast, ich hatte es 3 Beiträge zuvor leider etwas kurz erwähnt. So kenne ich die Praxis auch.
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Re: Die Hallstein-Doktrin

Beitragvon Transitfahrer » 16. Oktober 2012, 13:14

Merkur hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben: Gerichtet waren sie ausschließlich gegen die polit. Führung der DDR, die ihrem Volk nicht die Bewegungsfreiheit und das freie Ausüben des polit. Willens einräumte, wie es völkerrechtlich gefordert war. AZ


Haben solche Maßnahmen der Alliierten nicht auch die Bewegungsfreiheit der DDR-Bürger eingeschränkt ?
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Davon waren wieviele Bürger der DDR betroffen? [ich auch]
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