War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Besondere Vorkommnisse in der Zeit des kalten Krieges

Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 17. Mai 2016, 16:17

Der Artikel ist für den Edelknaben Pflichtlektüre. Der denkt ja immer noch, dass man mit dem VP-Protokoll aus Berlin alles erklären kann. Aber okay, daran war ich nicht unschuldig... [flash]
AZ
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 9. Juni 2016, 10:18

Themenschwerpunkt Volksaufstand

Angebote des BStU zum 17. Juni 1953


Vor 63 Jahren entstand aus einem spontanen Streik in Berlin ein Flächenbrand, der die gesamte DDR erfasste. Die SED musste mit ansehen, wie Arbeiter und Bauern aus Unzufriedenheit gegen das sozialistische System aufbegehrten. Für die Staatspartei und ihre Geheimpolizei, die Staatssicherheit, wurde der 17. Juni zu einem Trauma, das bis zum Ende der SED-Herrschaft 1989 Spuren hinterlassen sollte.

http://www.bstu.bund.de/DE/Bundesbeauft ... -juni.html
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 16. Juni 2016, 13:35

BÜRGERiNNEN – BEWEGUNGEN, -INITIATIVEN

Aus dem Beitrag im "Arbeitskreis Geschichte sozialer Bewegungen von unten: Ost und West" zum Jahrestag des 17. Juni 1953 im Jahr 2003

Am deutlichsten Egon Bahr im RIAS am 18. Juni abends: es sei „unsagbar schwer“ gewesen, die „fast flehentlich erbetene“ direkte Hilfe verweigern zu müssen. „Es wäre ein Kleines gewesen, durch einen flammenden Aufruf Westberlin auf die Beine zu bringen, wer hätte sich versagt ? Es ist historisch, dass dies nicht geschah“ (Heym, S. 362, Hervorhebung von R.H.). Eben der Egon Bahr, der zwanzig Jahre später die Brandt’sche Entspannungspolitik organisierte. Klar, Berichte über die Streiks gab es über RIAS und NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) zu hören. Der RIAS war der meistgehörte Sender in der DDR. Aber gab es die massiven Aufforderungen, Appelle, Einmischungen ? Die Bauarbeiterdelegation, die am 16. Juni den RIAS besuchte, entschuldigte sich gleichsam: hätten Grotewohl und Ulbricht mit ihnen gesprochen (anstatt sich zu verstecken), so wären sie nicht gekommen. Ihre Forderungen sind die gewerkschaftlichen, dazu noch 1 Punkt: freie und geheime Wahlen.

Der West-Berliner Gewerkschaftsvorsitzende Scharnowski betonte den Ratschlag, die Streikenden sollten “überall Strausberger Plätze aufsuchen“ – also eben nicht zentral - und eine „disziplinierte“ Bewegung zustandebringen. Die Akten aus Volkspolizei, Staatssicherheitsdienst und Innenministerium dokumentieren ein krasses Missverhältnis zwischen dick aufgetragenen Behauptungen von provokativer Hetzpropaganda und Beweisversuchen, die entweder keine Aufforderungs-Tatbestände enthalten oder von späterer Zeit stammen. Sie stützen damit die These Manfred Rexins (Radio-Reminiszenzen, Berlin 2002, mit Erinnerungen von 38 ehemaligen RIAS-Mitarbeitern; s. auch Herbert Kundler, RIAS Berlin –Eine Radio-Station in einer geteilten Stadt, Berlin 2. Aufl. 2002; vgl. Helmut Trotnows Rezension im TAGESSPIEGEL, 3. Aug. 2002):

„Die DDR-Behauptung,der Sender hätte die Rebellion durch seine Berichterstattung erst ausgelöst, ist absolut unhaltbar. Als deutlich wurde, wie ernst es die Arbeiter mit ihren Demonstrationen gegen das DDR-Regime meinten, begab sich der amerikanische Leiter des RIAS, Gordon Ewing, in den Kontrollraum des Studios und bat die Journalisten, in ihrer Berichterstattung die ostdeutschen Zuschauer folgendermaßen anzusprechen: ‚Versucht nicht, gegen die Russen mit bloßen Fäusten zu kämpfen, provoziert nicht die russischen Truppen, verliert nicht die Nerven‘“. Eberhard Schütz im RIAS am 16. Juni abends: „Jeder einzelne muss für sich selbst wissen, ob die Umstände es erlauben, den Widerstandswillen auszudrücken, ... wissen, wie weit er gehen kann“ – nicht unbedingt Antreibertöne (Heym, S. 263).

Der vollständige Beitrag mit sehr interessanten Details hier:
http://www.idmedienpraxis.de/term/6
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 18. Juni 2016, 07:33



Den 17. Juni 1953 werde ich nie vergessen, zeigt er doch wie damals, der Wunsch nach Freiheit von den Kommunisten mit Gewalt und Panzern unterdrückt wurde.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 19. Juni 2016, 07:28

Historisches Titelblatt der „Rhein-Zeitung“ zum 17. Juni 1953

Bild
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 25. Juni 2016, 11:16

Das schäbige Gedenken an die Toten des 17. Juni | Hier versteckt Leipzig die Opfer der SED

Leipzig – Der 17. Juni ist der Tag des Volksaufstandes von 1953; der Tag, an dem sich überall in der DDR die Menschen gegen das SED-Regime erhoben – und brutal niedergeschlagen wurden.

Allein im ehemaligen Bezirk Leipzig starben an jenem Tag neun Menschen. Doch wer ihnen Gedenken will, muss lange suchen. Während die alten Stasi-Chefs in 1A-Lage auf dem Ehrenhain des Südfriedhofs Seite an Seite mit den Opfern des Faschismus liegen, sind die Toten des 17. Juni im hintersten Winkel kaum noch zu finden.

„Es ist mehr als überfällig, so lange nach der Wende die Geschichte wieder gerade zu rücken“, sagt Ex-Stadtrat Roland Mey (74), der sich sich seit 1992 bereits versucht für das Thema stark zu machen – mit mäßigem Erfolg. „Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass mit unseren Steuergeldern die Grabstätten von Ex-Stasichefs gepflegt werden, obwohl die Verantwortung der Stadt längst abgelaufen ist.“

Und Tobias Hollitzer (50) vom Stasimuseum in der Runden Ecken sagt: „Es ist absolut unangemessen, wie das Problem ausgesessen wird. Gerade in der Stadt der Friedlichen Revolution muss es einen würdigen Gedenkortes für die Toten des 17. Juni geben!“

Im Grünflächenamt schient das nun endlich angekommen zu sein. Für die „Umgestaltung der Genkanlage des Volksaufstandes“ liege bereits eine Entwurfsplanung vor. Zum sozialistischen Ehrenhain heißt es auf BILD-Anfrage: „In der Zukunft wird eine Entscheidung zum weiteren Umgang mit den Gräbern zu treffen sein.“

Der Wunsch von Hollitzer und Mey: „Die Anlage für Opfer des 17. Juni muss in eine präsentere Lage, vielleicht auf die freie Fläche neben dem Ehrenhain. Und die SED-Fürsten dürfen nicht länger zusammen mit den Opfern das Faschismus geehrt werden.“

Bilder dazu findet man hier:
http://www.bild.de/regional/leipzig/arb ... .bild.html


Den Link zu dieser Seite fand ich übrigens im Internet. Um ihn lesen zu können musste ich doch tatsächlich erst meinen " AD - Blocker " deaktivieren.. Die Journalisten belegen ihre Aussagen auch gleich mit entsprechenden Fotos.

Besonders dem letzten Absatz dieses Artikels kann ich mich voll und ganz anschließen.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 5. Juli 2016, 13:01

Der Weg in die Krise:
Zur Vorgeschichte des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953


Der Weg in die Krise der DDR nimmt seinen Anfang, als die SED im Juli 1952 beschließt, dass ab sofort der "Sozialismus planmäßig aufgebaut" werde. Dieser neuen Richtung der SED-Politik gehen zwei Treffen der SED-Führung (Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht, Otto Grotewohl) Anfang April 1952 mit Stalin in Moskau voraus. Stalin erklärt bei den Gesprächen unter anderem, dass die Westmächte, "welche Vorschläge auch immer wir zur deutschen Frage machten, ihnen nicht zustimmen und sowieso nicht aus Westdeutschland weggehen würden". Deshalb müsse die SED-Führung nun endgültig "ihren eigenen Staat gründen". Zwar müsse die Propaganda für die Einheit Deutschlands fortgesetzt werden – aber nur, "um die Politik der Amerikaner zu entlarven". Die SED, so Stalin, solle die bisherige Kasernierte Volkspolizei zu einer 300.000 Mann starken Armee ausbauen; die "pazifistische Phase" der DDR sei beendet. Daneben sei die bisherige Demarkationslinie zwischen Ost- und Westdeutschland als Grenze zu betrachten, deren militärischer Schutz zu verstärken sei. Und schließlich verlangt Stalin den forcierten Ausbau sozialistischer Strukturen in der Industrie ("Volkseigene Betriebe") und vor allem in der Landwirtschaft ("Produktionsgenossenschaften").

II. SED-Parteikonferenz in Ost-Berlin, 9.-12. Juli 1952


Schon unmittelbar nach ihrer Rückkehr beginnt die SED-Führung die Moskauer "Empfehlungen" umzusetzen. Unter lang anhaltendem Beifall der Delegierten und Hochrufen auf das SED-Zentralkomitee wird schließlich auf der II. SED-Parteikonferenz vom »9.-12. Juli 1952« der planmäßige "Aufbau des Sozialismus" zur "grundlegenden Aufgabe" erklärt. Dies entspreche dem "Willen der Volksmassen". Die deutsche Einheit soll es nur unter sozialistischem Vorzeichen geben – und unter Führung der SED: "Der Sturz des Bonner Vasallenregimes ist die Voraussetzung für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands."


Den vollständigen Bericht über

Zentralisierung - Das Verschwinden der Länder
Militarisierung
Sozialer Krieg gegen den Mittelstand
Kollektivierung der Landwirtschaft
Der Kampf gegen die Kirche

untermauert mit interessanten Statistiken findet man hier:
http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-e ... -die-krise
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 8. September 2016, 09:15

Ein Zeitzeugenbericht aus dem Jahre 2001:

17. Juni, mein Schicksalstag

In seinen Träumen verfolgt ihn diese Szene: Er ist zum Tode verurteilt, soll hingerichtet werden. Kurz davor wacht er auf. Der Traum ist geknüpft an Erinnerungen an einen Tag, der ohne sowjetische Hilfe schon heute vor 48 Jahren das Ende der SED-Diktatur bedeutet hätte. Manfred Plöckinger, 69, war einer der Ost-Berliner Bauarbeiter, die am 17. Juni 1953 auf die Straße gingen, um gegen das SED-Regime zu protestieren. Hunderttausende zogen überall in der DDR und Ost-Berlin durch die Straßen, bis der Volksaufstand blutig niedergeschlagen wurde. Gegen elf Uhr wurde das Foto am Brandenburger Tor aufgenommen (oben), auf dem Plöckinger inmitten von Kameraden marschiert. Das Bild wurde ihm zum Verhängnis. Ein Stasi-Mann hielt es ihm sechs Monate später unter die Nase. Plöckinger hatte die Wahl: Entweder, du machst bei uns mit, oder du gehst dafür in den Knast.

Plöckinger ging in den Knast, wie so viele andere auch. Nach zwei Jahren im Gefängnis Rummelsburg war er wieder frei, aber krank: Tuberkulose, eine entzündete Bauchspeicheldrüse. An den Schäden seiner Gesundheit trägt er bis heute. Und an den Erinnerungen, die ihn nie wieder loslassen. Manfred Plöckinger ist Vorsitzender der „Vereinigung 17. Juni 1953“ und lebt heute in Bayern. Seinen Schicksalstag verbringt er in Berlin, wie jedes Jahr.

BZamsonntag: Herr Plöckinger, stört es Sie, dass der 17. Juni kein Feiertag mehr ist?

Stören ist übertrieben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich jahrelang kaum einer darum gekümmert hat, sondern an den Wannsee zum Baden ging. Es stört mich aber, wenn es heißt, der 17. Juni, der missglückte Aufstand. Der ist nicht missglückt.

Was haben Sie erreicht?

Wir haben der Weltöffentlichkeit gezeigt, dass wir nicht unter diesem kommunistischen Regime leben wollen. Außerdem haben wir die Menschen anderer Ostblock-Staaten beeinflusst, die Ungarn, die Tschechen.

Fühlen Sie sich als Held?

Nein, absolut nicht. Aber wir hatten Helden am 17. Juni. Das waren die russischen Soldaten, die sich damals geweigert haben, auf uns streikende Arbeiter zu schießen. 41 von ihnen wurden dafür standrechtlich erschossen. Wie viele Menschen beim Volksaufstand insgesamt starben, weiß man nicht, ich schätze 250.


Waren Sie sich damals der Gefahr bewusst?

Nein, ich war ja schon bei den Demonstrationen am Tag vor dem 17. Juni dabei. Da liefen wir von meiner Baustelle an der Stalinallee, heute Frankfurter Allee, zur Friedrichstraße. Die Volkspolizei hielt sich abseits, beobachtete nur.

Haben Sie damit gerechnet, dass auf Sie geschossen würde?

Am 17. Juni schon. Ich war seit sechs Uhr morgens unterwegs, gegen halb zehn traf ich am Alexanderplatz ein. Da fuhren Mannschaftswagen der Rotarmisten auf. Und die Nachricht ging um, dass ein junger Mann an der Humboldt-Uni von einem russischen Panzer niedergewalzt worden war.

Hat Ihnen das Angst gemacht?


Nein, wir waren wütend, umso entschlossener. Und denken Sie: Ich hatte ja als 13-Jähriger das Kriegsende und den Kampf um Berlin gesehen. Und so viele Leichen. Man lebte in gefährlichen Zeiten, wir haben uns von den Panzern nicht abhalten lassen.

Wie kamen Sie zum Brandenburger Tor?

Wir wurden förmlich von Panzern dorthin getrieben, sie fuhren Unter den Linden hinter uns her. 3000 waren wir am Tor, einige von uns holten die rote Flagge runter, da wurde schon geschossen. Wir konnten nur nach vorne in Richtung Sektorengrenze, hinter uns kamen die Panzer plötzlich von allen Seiten.

Wie kamen Sie da wieder raus?


Ich bin über die Grenze gelaufen, rannte um mein Leben, als einer neben mir in den Unterleib getroffen wurde. Geschossen hat in dem Fall kein Russe, sondern ein Deutscher von der KVP, dem Vorläufer der NVA.

Weiter geht es hier:
http://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/ ... icksalstag
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 8. September 2016, 09:44

Aber wir hatten Helden am 17. Juni. Das waren die russischen Soldaten, die sich damals geweigert haben, auf uns streikende Arbeiter zu schießen. 41 von ihnen wurden dafür standrechtlich erschossen.


Wahnsinn.... [angst]

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 12. September 2016, 12:26

Auf der Webseite von Kurt Höller fand ich das Nachstehende:

Hier ein Auszug aus der Biographie meines Großvaters, Karlheinz Oehler (14.12.1915 - 07.02.2006), zum Nachkriegsgeschehen in der DDR, im Buchhandel erhältlich unter dem Titel Befreit und Ausgerottet (ISBN 3 86118 086 3). Er hat in seinem Erlebnisbericht über die Vernichtung des Bürgertums und des freien Bauern in der Sowjetischen Besatzungszone von 1945-1953 geschrieben. Als Auszug angeführt sei hier das Kapitel um den 17. Juni 1953 in Jena.

Kapitel 7: Der 17. Juni & Flucht nach Berlin

Dann kam es zu den Ereignissen um den 17. Juni 1953. Ich hatte schon erwähnt, daß die Bevölkerung immer selbstbewußter und das System immer unsicherer wurde. Für uns lag schon seit Wochen etwas in der Luft, wenn auch die Ereignisse am 17. Juni in ihrer dramatischen Wucht doch unerwartet kamen. Am 16. Juni abends hörten wir zu Hause im Radio von den Ereignissen in Berlin, vom Marsch der Hennigsdorfer Stahlarbeiter und den sich anschließenden Demonstrationen. Wir waren wie elektrisiert. Die Telefone gingen, um die Lage zu besprechen, ohne daß wir aber zu konkreten Entscheidungen kamen. Am nächsten Morgen suchte ich von der Kanzlei aus politische Freunde auf, um unser Vorgehen zu besprechen. Vorher hatten mich von den umliegenden Dörfern aus Bauern angerufen, die ebenfalls Richtlinien für Aktionen haben wollten. Wir vereinbarten, daß die Bauern zusammengetrommelt werden sollten, um mit ihren Traktoren am Holzmarkt in Jena aufzumarschieren.

Das hatte ich aber nicht erwartet: Als ich auf dem Rückweg zu meiner Kanzlei am Holzmarkt war, um die vorbereiteten Aktionen abzuwarten, kamen bereits lange Demonstrationszüge der Zeisswerke, der Schottwerke, voran die Professoren so wie das Reichsbahnausbesserungswerk. Alles strömte auf dem Holzmarkt zusammen, die Dinge nahmen ihren Lauf. Es wurden Reden gehalten, aber nichts war vorbereitet oder organisiert. Ich schreibe heute, am 17. Juni 1996, aber die Ereignisse von damals stehen mir wie gestern vor den Augen. Ich berichte nur, was ich selbst miterlebt habe. Die Masse setzte sich nunmehr zum Gerichtsgefängnis und zum Amtsgericht in Bewegung. Unterwegs wurde noch das Haus des FDGB, in der Nähe des Johannistores gestürmt. Vor dem Gefängnis erschien ein Mannschaftswagen mit Volkspolizei. Die Polizisten wurden heruntergezogen, sie zogen zum großen Teil freiwillig ihre Uniformen aus, die dann durch die Menge flogen. Der Einsatzwagen wurde umgekippt.

Dann war plötzlich ein langer Rammbock da, mit dem das Tor zum Gefängnis aufgebrochen wurde. Aus den umliegenden Häusern, die von Rotarmisten belegt waren, schauten die Russen verwundert und interessiert dem Treiben zu, ohne einzugreifen, da offensichtlich ein Eingreifbefehl noch nicht vorlag, denn die Ereignisse kamen auch für die Besatzungsmacht zu unerwartet. Im Gefängnis leisteten die Justizbeamten keinerlei Widerstand und gaben freiwillig die Schlüssel zu den Zellentüren heraus.

Die Gefangenen, alle aus politischen bzw. wirtschaftspolitischen Gründen inhaftiert, wurden im Triumphzug herausgetragen. Sie wurden mit Blumen empfangen. Woher die so plötzlich kamen war mir unerklärlich. Es handelte sich fast ausschließlich um Mandanten, die ich verteidigt oder noch zu verteidigen hatte. Sie erkannten mich und fragten, was sie nun tun sollten. Ich war mir auch nicht im Klaren, wie die Dinge weiterlaufen würden und empfahl ihnen, sich zunächst in Sicherheit zu bringen und von der Bildfläche zu verschwinden. Anschließend wurde noch das Gefängnis des Staatssicherheitsdienstes gestürmt und die dort vegetierenden Häftlinge befreit. Dabei war ich aber selbst nicht anwesend. Ich zog mich in meine Kanzlei zurück, wo ich mit einigen Männern, die mir politisch vertraut waren, beriet, wie der Verlauf der Dinge gelenkt werden könne.


Weiter mit dem Zeitzeugenbericht hier:
http://www.kurtl.de/buch.htm
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 12. September 2016, 14:47

Solche Zeitzeugenberichte gefallen dem Edelknaben immer. Mir auch.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 24. September 2016, 07:07

Peter F.: „Ich lag nackt in einer nassen Zelle“

Die Neugier trieb ihn. Der Wunsch nach Veränderung. Und der Wille nach Frieden. Wie Zehntausende zog Peter F. mit seinen Kollegen am 17. Juni zur Leipziger Straße. Er wurde verhaftet, misshandelt, gefoltert. Und man versuchte, ein abenteuerliches Geständnis von ihm zu erpressen. Am Tag des Deutschen Volksaufstandes ist Peter F. sechzehn Jahre alt. Ein schmächtiger Bursche, Schaufensterdekorateur-Lehrling im Kaufhaus des Kindes am Hackeschen Markt. „An Arbeit war an diesem Tag überhaupt nicht zu denken. Wir wollten alle nur so schnell wie möglich zum Potsdamer Platz und zur Leipziger Straße.“

Mit seinen Kollegen marschiert er los. „Ich sah einen brennenden Kiosk. Da spürte ich, das wird nicht friedlich ausgehen.“ Als es anfängt zu regnen, stellt sich Peter F. in einem Abbruchhaus unter. Als sowjetische Panzer auffahren, will Peter F. über den Hof flüchten. Und läuft direkt einem Kommando Volkspolizisten in die Arme, die sich dort verbergen. „Man legte mir Handschellen an, brachte mich ins Untersuchungsgefängnis Magazinstraße. Mit fünfzehn anderen wurde ich völlig nackt und ohne Wasser und Essen in einen Keller gesperrt.“ Aber sie können auf dem Boden liegen. „In der Nacht zum 4. Tag ließ man 30 Zentimeter Wasser in die Zelle laufen.“ An Schlafen war nicht mehr zu denken.

Dann beginnen die Verhöre. „Man wollte mir einreden, ich sei vom amerikanischen Geheimdienst bezahlt worden, um mit zwei 20-Liter-Kanistern Benzin wichtige Funktionsgebäude der Reichsbahn und der Volkspolizei anzuzünden. Dafür sei mir ein Fahrrad versprochen worden.“ Er muss sich ein Hawaii-Hemd anziehen, eine Texas-Krawatte umlegen, neben zwei Kanister stellen. Ein „Beweis-Foto“. Tage später werden solche Aufnahmen in den Ost-Zeitungen abgedruckt. „Nach zehn Tagen verhörte mich ein Volkspolizist. Als ich ihn fragte, wann wir nach Hause könnten, sagte er mir, ,ein Zuhause gibt es für euch verseuchtes, amerikanisches Gesindel nicht mehr. Ihr landet wie Kadaver auf dem Müllplatz der Geschichte.‘ Da bekam ich Todesangst.“

So überraschend das Martyrium begann, so plötzlich endete es auch. „In der Dämmerung wurden wir rausgerufen. Dann wurde mir ein Zettel vorgelegt. Ich sollte unterschreiben, dass ich von der Volkspolizei aus einer randalierenden Menge gerettet und wohl umsorgt worden wäre.“ Er unterschreibt, kommt frei. „Meine Mutter dachte, ich sei im Westen gewesen. Von der ganzen Geschichte habe ich bis heute kaum jemandem erzählt.“ Deshalb möchte er auch nicht, dass sein vollständiger Name gedruckt wird. „Noch bis in die 80er Jahre zitterte ich beim Anblick eines Volkspolizisten.“ Und tief in ihm ist das Trauma auch heute noch nicht vollständig verarbeitet.

http://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/ ... ssen-zelle
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 15. November 2016, 11:25

Magdeburg

Bild
Magdeburg, 17. Juni 1953: Demonstranten stürmen das Volkspolizeikreisamt. Eine Delegation der Aufständischen spricht vom Balkon des Gebäudes zu den Demonstranten.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft (BStU-Kopie)

Wie jeden Morgen begibt sich der 20-jährige Horst Linowski am 17. Juni 1953 zur Arbeit in seinen Betrieb: die Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) Ernst Thälmann in Magdeburg. Wie die meisten DDR-Bürger hat der Kranführer schon am Vorabend im West-Radio die Nachrichten über Streiks und Demonstrationen in Ost-Berlin gehört.

Gegen sieben Uhr, eine Stunde nach Schichtbeginn, treten in seinem Betriebsteil die Arbeiter in den Streik. Sie versammeln sich vor dem Werktor und ziehen gemeinsam in die Innenstadt. Unterwegs schließen sich immer mehr Menschen an. Vor dem Gefängnis in Sudenburg kommt es zu einer großen Ansammlung. Die Massen fordern, wie in anderen Städten auch, die Freilassung der politischen Gefangenen.

Der Versuch, das Magdeburger Gefängnis zu stürmen, schlägt fehl, denn gegen 13 Uhr erscheinen sowjetische Panzerfahrzeuge. Die werden von den Demonstranten mit einem Steinhagel empfangen. Das Militär feuert mit Maschinengewehren über die Menschenmenge. Die Fahrzeuge rücken langsam vor und räumen den Platz vor dem Gefängnis. Monate später, im Oktober 1953, wird ein am Sturm auf das Gefängnis beteiligter Arbeiter vom Bezirksgericht Magdeburg zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Totaler Ausnahmezustand in Magdeburg

Nach dem gescheiterten Sturm auf die Vollzugsanstalt kehrt Horst Linowski in seinen Betrieb zurück, zieht sich um und macht sich auf den Heimweg. Gegen Abend will er sich die sowjetischen Truppen anschauen, die in den Grünanlagen der Stadt Stellung bezogen haben. Ihm fällt ein Flugblatt in die Hände, auf dem die Besatzungsmacht den Ausnahmezustand verkündet. Impulsiv zerreißt er das Stück Papier. Ein sowjetischer Soldat beobachtet den widerspenstigen jungen Mann dabei und fordert ihn auf, mitzukommen. Horst Linowski nimmt sein Fahrrad. Im selben Augenblick fällt dicht hinter ihm ein Schuss: Der Sowjetsoldat nimmt an, er wolle fliehen.

Horst Linowski wird verhaftet. Es beginnt eine absurde Irrfahrt durch die Gefängnisse der Volkspolizei und der Besatzungsmacht. Ihm werden die Teilnahme an einer Demonstration und ein Fluchtversuch zur Last gelegt. Während der nächtlichen Vernehmungen wird er schwer misshandelt. Schließlich unterschreibt er ein Schuldgeständnis. Am 4. Juli 1953 steht der Gefangene vor einem Sowjetischen Militärtribunal. Ein Zeuge sagt aus, der Angeklagte habe Plakate mit der Mitteilung über den Ausnahmezustand und eine Fahne abgerissen. Aufgrund dieser Beschuldigung wird Horst Linowski zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt. Er verbüßt seine Strafe in der berüchtigten Strafanstalt in Bautzen. 1960 wird er aufgrund eines Gnadenerlasses des Staatsrats vorzeitig entlassen – sechs Monate und 16 Tage vor dem Ende seiner Haftzeit.

Mehrere Arbeitsunfälle während der Inhaftierung und die darauf folgende schlechte ärztliche Behandlung hinterlassen bei Horst Linowski schwere gesundheitliche Schäden. Doch noch viel belastender ist das Schweigen, das sich nun über die letzten siebeneinhalb Jahre seines Lebens senkt. Wie jeder DDR-Häftling musste er nämlich bei seiner Entlassung unterschreiben, dass er über die Erlebnisse im Gefängnis strengstes Stillschweigen bewahrt. Und so kann Horst Linowski mit keinem Menschen über seine Leidenszeit sprechen. Selbst seiner Frau erzählt er erst nach der Hochzeit von seiner Vergangenheit. Die staatlichen Behörden und Betriebsleitungen sind selbstverständlich über seine Vergangenheit informiert. Er steht fortan unter Beobachtung, so dass ein beruflicher Aufstieg ausgeschlossen ist.

Erst nach der Friedlichen Revolution 1989 bricht Horst Linowski sein Schweigen. Im Rahmen von Schülerprojekten und als ehrenamtlicher Verbandsfunktionär des Bundes der Stalinistisch Verfolgten (BSV) trägt er dazu bei, dass die Erinnerung an die Opfer des SED-Regimes nicht verblasst.

http://www.jugendopposition.de/index.php?id=2870

Die Opfer dieses verbrecherischen SED - Regimes dürfen nie vergessen werden.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 19. Dezember 2016, 11:41

Der Volksaufstand am 17. Juni und die Lehrer Klaus Jacob und Erhard Kaden

"Es war so eine Art Wunschtraum, der ganz schnell geplatzt ist". Die Juniereignisse 1953 im lebensgeschichtlichen Kontext zweier christlicher Lehrer

Die bundesrepublikanische Literatur seit den sechziger Jahren charakterisierte den Aufstand des 17. Juni 1953 vor allem als "proletarische Erhebung".1 Die wenigen im Be­wußt­sein der Deutschen bewahrten Bilder protestierender Arbeiter in der Berliner Stalinallee verfestigten diese Auffassung. Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt, daß Aufständische aus nahezu allen Bevölkerungsgrup­pen beteiligt waren, so daß nun meist von einem "Volksaufstand" die Rede ist.2 Unter den Akademikern nahm besonders die technische Intelligenz eine führende Rolle ein.3 Während sich, so Hubertus Knabe, Akademiker "insbesondere im Kultur- und Wissenschaftsbereich, von der Erhebung distanzierten und meist sogar bereitwillig für die Propaganda der SED einspannen ließen, beteiligten sich Studenten, Ärzte oder Lehrer an der Basis durchaus aktiv an den Protesten".4 An vielen Orten kam es "zu Unterrichtsausfällen, die manchmal streikähnlichen Charakter trugen"5.

Immerhin rund zehn Prozent aller Lehrer seien zwischen dem 17. und 19. Juni nicht zum Unterricht erschienen. Andere hätten sich passiv verhalten und – wie im Nach­hinein von der SED gerügt – ihre Schüler nicht daran gehindert, sich den Protesten anzuschließen. In einigen Städten übernahmen Lehrer auch Verantwortung für weiterführende Maßnahmen. So setzten etwa Görlitzer Lehrer ihren Studiendirektor6 ab und stellten einen Forde­rungskatalog auf, der u. a. die "Einsetzung einer neuen Schulleitung" und die "freie Ausübung des Religionsunterrichts" verlangte. In Bitterfeld gehörte der Lehrer WILHELM FIEBELKORN zum überbetrieblichen Streikkomi­tee.

Weiter mit der damaligen Situation zweier christlicher Lehrer, geht es hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -47/04703/

Schon erschreckend, wie beispielsweise damals christliche Lehrer aus dem Schuldienst entfernt wurden, ganz gleich ob sie Verbindungen zur Jungen Gemeinde hatten oder nicht.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Nov65 » 19. Dezember 2016, 13:48

In den Endsiebzigerjahren war es uns Lehrern-ich kann nur von einem Land-Kreis und nur von "meiner" Schule sprechen- untersagt, mit einem Pastor Gespräche zu führen. Schon damals war uns bewusst, dass man uns nicht traute und eine strenge Grenze zwischen Bildungswesen und Kirche zog.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Huf » 19. Dezember 2016, 20:53

Anfang der 70er hatte ich eine Deutschlehrerin an der POS so etwa 7./8.Klasse, die von mir wusste, dass ich nach dem Willen meines Stiefvaters streng kirchlich erzogen werden sollte. Sie suchte das persönliche Gespräch mit mir und riet mir, zu handeln nach meinem Gefühl...(ein Stück gewährte Toleranz, so nahm ich das damals wahr.)
Über 30 Jahre später traf ich allerdings beruflich in einer fast Notsituation diese ehemalige Lehrerin wieder... Wir hatten die entspannte Gelegenheit, über "damals" zu sprechen...und haben wohl beide genugtuende, nein, nicht selbstherrliche, sondern eher bestätigende Antworten auf damals nicht beantwortbare Fragen erhalten. Mich hat das sehr berührt.

VG Huf [hallo]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 10. Januar 2017, 10:38

Der bekannte Ex-Fluchthelfer, Arzt und Publizist Dr. Burghart Veigel (*1938), hat zum neuen Jahr der Bundes-Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur einen hohen Betrag gestiftet. Mit 20.000 Euro soll jeweils am 17. Juni, dem Gedenktag an den Aufstand in Mitteldeutschland von 1953, alljährlich ein Preis dotiert werden. Mit der Wahl des Datums wird in Erinnerung gerufen, das damals über eine Million Menschen ihren Protest gegen die kommunistische Herrschaft in der gesamten DDR auf die Straßen und Plätze trugen und das Ende der SED-Herrschaft, freie Wahlen und die Einheit Deutschlands forderten.

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Der Preis soll Persönlichkeiten, Organisationen oder Projekte auszeichnen, die in herausragender Weise die Aufarbeitung historischer Erfahrungen aus Unfreiheit und Diktatur vorantreiben. Erstmals 2017 sollen damit das Engagement für Freiheit, Demokratie und Zivilcourage im vereinten Deutschland und in Europa gewürdigt und die Fortsetzung einschlägiger Projekte ermöglicht werden. Für die Vergabe von Nachwuchspreisen für den Bereich Aufarbeitung der Diktatur sind jedes Jahr weitere 5.000 Euro vorgesehen.

Veigel betonte anlässlich der großzügigen Stiftung den Wert kritisch-historischer Aufarbeitung für die Demokratie: „Mit dem Preis sollen Persönlichkeiten und Institutionen ausgezeichnet werden, die durch ihre Auseinandersetzung mit Diktaturen und deren Folgen das Bewusstsein für die Werte der Demokratie fördern und uns mahnen, Respekt vor dem Menschen zu haben“, zitiert die Bundesstiftung den einstigen Fluchthelfer auf ihrer Seite.

https://17juni1953.wordpress.com/

Ein Tag der schon damals aufzeigte, dass die Bürger dieses Kommunistische Regime nicht wollten. Ohne sowjetische Panzer hätten die mutigen Bürger schon damals die Wiedervereinigung durchgesetzt.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 24. Januar 2017, 12:13

17. Juni: Geheimnisse und Lügen

Wie die Rote Armee am 17. Juni 1953 in Buna-Leuna Ulbrichts Macht rettete – und die Ehe meiner Eltern. Eine beinahe wahre Geschichte

Von Thomas Knauf
12. Juni 2003 Quelle: (c) DIE ZEIT 12.06.2003 Nr.25

An die dramatischen Tage im Juni 1953 habe ich ( der Autor ) nur vage Erinnerungen. Wie ein Kind einen Film für Erwachsene erinnert, dessen Handlung es nicht begreift, aber seine Bilder und Töne nach unbewussten Gefühlsmustern abspeichert. Später reihen sich die frühen Erinnerungsfetzen im Vor- und Rückwärtsgang in die gelogenen Passagen des niemals fertigen Lebensfilms ein. Mit den Jahren verschwimmen die Grenzen zwischen Erlebtem, Erfundenem und Erlesenem, die unscharfen Kindheitsbilder treten mit einer Deutlichkeit hervor, die beim Eintreffen auf die Netzhaut nicht klarer gewesen sein kann. Deshalb vermag ich heute über die Ereignisse vor 50 Jahren zu schreiben. Als Kind des Kalten Krieges wurde ich zum Streitobjekt eines Zeitstückes, das wie Bertolt Brechts Kaukasischer Kreidekreis Privates mit Politischem vereint.

Kunst der Werktätigen: Waschen ohne Seife, kochen ohne Zutaten

Die DDR war noch keine vier Jahre alt, als vielen klar wurde, dass ihr schwerer Geburtsfehler – SED-Diktatur statt freier Wahlen – trotz mancher Hoffnungen nicht zum Wohle des werktätigen Volkes gereichte, nur zum Nutzen der Intelligenz und Parteispitze. Die tragischen Ereignisse im Juni 1953 waren die Folge einer Reihe von Verordnungen des Ministerrats zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Im April beschloss die Regierung, allen Bürgern, die nicht in der unmittelbaren Produktion tätig waren, die Lebensmittelkarten zu streichen.

Am 28.Mai wurde die Neuregelung der Grundversorgung wieder aufgehoben, dafür beschloss man die Erhöhung der Arbeitsnorm in den Betrieben bei gleichem Lohn. Am 11. Juni propagierte die Regierung den "Neuen Kurs", ohne die Normerhöhung zu kommentieren. Am 15. Juni hob sie den Beschluss vom Mai wieder auf. Am 16. Juni lasen die Werktätigen im Gewerkschaftsorgan Tribüne, dass "die Beschlüsse über die Erhöhung der Normen in vollem Umfang gültig sind". Am gleichen Tag riefen in Berlin die Arbeiter des VEB Bau-Union zum Streik auf und marschierten von der Stalinallee zum Haus der Ministerien. Dort entwickelte sich am 17. Juni der Arbeiteraufstand zum Volksaufstand oder, wie es in DDR-Schulbüchern hieß, zum "konterrevolutionären Putschversuch".

Ich war damals kaum drei Jahre alt und wohnte zwischen Leuna und Buna, den größten Chemiefabriken Mitteldeutschlands. Mein Vater arbeitete als technischer Zeichner im Buna-Werk, meine Mutter war Hausfrau. Unser Nachbar Herr Jordan war Redakteur des Betriebsrundfunks, seine Frau Sekretärin beim FDGB. Wir verkehrten mit ihnen, wie man so sagt. Oft saßen die Erwachsenen beieinander, tranken Wermut und diskutierten über Kommunismus, Kunststoff, Koreakrieg – Vokabeln, die schon ein Dreijähriger im DDR-Kindergarten lernte. Mein Vater fluchte über die Russen, die er nicht leiden konnte, weil sie alles, was der Krieg im Werk nicht zerstört hatte, demontierten und die besten Ingenieure wegen Sabotage nach Sibirien schickten.

Genosse Jordan schwor auf das "Paradies der Werktätigen", obwohl er nie dort gewesen war. Mein Vater war dort, im zweiten Kriegswinter erfroren ihm vor Stalingrad zwei Zehen. In einem Punkt aber wurden die Streithähne einig, sie mochten Ulbricht nicht, den sie nur den "Spitzbart" nannten. Mutter und Tante Inge sprachen über andere Dinge: Kochen ohne Zutaten, Wäschewaschen ohne Seife, Liebesfilme und wie man keine Kinder kriegt. Genossin Jordan fand, dass für den Aufbau des Sozialismus Kinder ein Hindernis wären, weshalb sie sich beim Frauenarzt ein Ramses-Pessar einsetzen ließ. Meine Mutter vertrug die Dinger nicht, "sonst wäre ihr das mit mir nicht passiert". Mein Vater war stolz, dass ich "passiert" war, und Onkel Peter schenkte mir oft Schokolade, die er als Intelligenz-Zulage erhielt.

Weiter geht es hier:
http://www.zeit.de/2003/25/17_Juni/komplettansicht

Ein interessanter Zeitzeugenbericht über die damalige Situation in der dortigen Gegend, wie ich finde.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 31. März 2017, 10:54

17. Juni 1953: Die Lügen der Chronisten

"Putsch der Faschisten": Wie linke Literaten den ersten antikomunistischen Volksaufstand der Welt denunzierten

Erich Mielke stellte am 31. August 1989 in einer Dienstbesprechung die bange Frage: "Ist es so, daß morgen der 17. Juni ausbricht?" Die Anspielung auf den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 war nicht zufällig. Denn dieses Datum markierte das zentrale Trauma, das die DDR-Führung während ihrer 40jährigen Herrschaft nur verdrängen, aus objektiven Gründen aber nie überwinden konnte. Damals war offenbar geworden, daß trotz 99prozentiger Zustimmung bei den "Volkswahlen", des verordneten Jubels bei Massenaufmärschen und der endlosen Meldungen über begeisterte Planerfüllungen in den Betrieben, die SED-Politbürokraten die verhaßten Satrapen der russischen Besatzer geblieben waren. Allein die russischen Panzer hatten Ulbricht und Genossen 1953 gerettet.

Stasi-Minister Mielke war wohlinformiert darüber, daß sich an dieser Ausgangslage nichts geändert hatte und die Regierung bei einer neuen weltpolitischen Lage vom eigenen Staatsvolk hinweggefegt werden würde. Und die Weltpolitik war längst in Bewegung geraten. Die SED konnte sich nicht mehr sicher sein, ob Gorbatschow nochmals russische Panzer auffahren lassen würde!

In der DDR hat eine freie Diskussion über den 17. Juni und seine Bedeutung nie stattgefunden. Die Akten verschwanden oder wurden unter Verschluß gehalten, und eine ergebnisoffene Forschung hätte geradewegs ins Gefängnis geführt. Nachdem die russische Besatzungsmacht am Nachmittag des 17. Juni die Machtfrage geklärt hatte, legte das "Neue Deutschland" auch die Sprachregelung fest, die, von einigen Modifizierungen abgesehen, bis 1989 gültig blieb. "Zusammenbruch des faschistischen Abenteuers", triumphierte das SED-Zentralorgan am 19. Juni.

In der DDR-Literatur, einst als authentische "Gegenöffentlichkeit" hofiert, blieb der Ertrag ebenfalls mager. Publizistisch waren die DDR-Autoren ebenfalls nur Getriebene und fühlten sich der angegriffenen SED-Führung näher als den Protestierenden. In Umkehrung eines bekannten Goethe-Ausspruches konnten sie von sich sagen, an diesem Tag nicht bzw. nur als Objekte dabeigewesen zu sein! Ihr Verbandshaus in Berlin-Mitte lag nur ein paar Steinwürfe vom "Haus der Ministerien" entfernt, wohin die Bauarbeiter der Stalinallee zogen, um von der DDR-Regierung Rechenschaft zu verlangen. Die Demonstranten rüttelten auch an der verschlossenen Tür des Schriftstellerhauses, so daß die versammelten Autoren sich für einen Verteidigungskampf von Stockwerk zu Stockwerk rüsteten. Der Verbandssekretär Kurt Barthel (genannt "Kuba") geriet in Panik. Die Fama geht um, er habe hilfesuchend bei Brecht angerufen, doch der habe nur gespottet: "Kuba, Deine Leser kommen!"

Erst, als "es gefahrlos war, schwärmten die Schriftsteller aus" (S. Heym), agitierend, schreibend, Resolutionen verabschiedend. Vereinzelt übten sie Kritik an "Überspitzungen" der SED-Politik, doch vor allem wollten sie dem politischen Bewußtsein der Massen auf die Sprünge helfen. Selbst ein aufmüpfiger Zeitgenosse wie Erich Loest, der 1956 für acht Jahre ins Zuchthaus gesteckt wurde, fiel als Konsequenz aus den Ereignissen nur eine aufgeklärt-nachsichtige Erziehungsdiktatur von Partei und Regierung ein. Unter dem Titel "Elfenbeinturm und Rote Fahne" schrieb er: "Sie müssen aufmerksam auf das lauschen, was die Massen denken, sprechen, wollen, sie müssen gewissenhaft und liebevoll bemüht auf diese Gedanken, Gefühle und Wünsche eingehen und sie behutsam und geschickt in die Richtung lenken, die den Massen den größten Nutzen bringt." Fast keinem Schriftsteller war bewußt, was die historische Stunde tatsächlich geschlagen hatte.

Der Schriftsteller Karl Grünberg warnte, ." Er warnte vor dem Glauben, der Bestand der DDR sei nun gesichert: "Ich meine, wir sind längst nicht über den Berg, denn auf sowjetischen Bajonetten kann man nicht lange sitzen."

Ohne das Eingreifen der Sowjetfreunde wäre es uns sehr, sehr bescheiden gegangen." Bei freien Wahlen würde die SED nur zehn Prozent der Stimmen erhalten. Die Funktionäre lebten in einer "selbstgewählten splendid-isolation, in der sie ihre Wünsche und Ideen für die Wirklichkeit nehmen. Etwas ähnliches habe ich schon einmal 1932/33 erlebt, wo wir uns auch allerlei über den wachsenden revolutionären Willen der Massen vorgaukelten. Anscheinend ist nichts gelernt worden."


Die sozialen Konflikte in der DDR konnten von den polischen Rahmenbedingungen nicht losgelöst werden, und daß politisch freie DDR-Brüger umgehend auch die Lösung der offenen deutschen Frage herbeigeführt hätten, kann als absolut sicher gelten. Das DDR-Gebilde wäre vom Erdboden verschwunden, die deutsche Teilung binnen Tagen aufgehoben worden.

Angesichts der globalen Kräfteverhältnisse aber konnte der 17. Juni nicht gelingen. Die Amerikaner fürchteten eine militärische Konfrontation mit den Russen und weigerten sich zum Beispiel, den Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter, der zu diesem Zeitpunkt in Wien weilte, mit einer Militärmaschine nach Berlin einzufliegen und ihn eine auf russisch verfaßte Ansprache an die Soldaten der Roten Armee verlesen zu lassen.

Der moralische Gewinn hingegen, der sich noch nach fast fünfzig Jahren aus diesem Ereignis ziehen läßt, ist enorm. Das Klischee, die Deutschen seien durchweg autoritätshörig, politisch desinteressiert und auf machtgeschützte Innerlichkeit versessen, wurde durch den Aufstand widerlegt. Dieser frühe Aufstand gegen die zweite deutsche Diktatur war zugleich der erste innerhalb des roten Imperiums! Der 17. Juni 1953 ist ein Datum, an das sich voller Stolz erinnern läßt!

http://www.webarchiv-server.de/pin/arch ... 00ob17.htm

Dieser Tag hat sich, wie kein anderer Tag, in mein Herz eingebrannt und ich gedenke jedes Jahr der Deutschen, die an diesem Tag ihr Leben ließen und derer, die später durch Willkürurteile hingerichtet oder zu langen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. [rose]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 15. April 2017, 10:19

Johanna Kalex

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Dresden, Winter 1982. Angeregt durch ein Vorbild aus Polen, ruft Johanna Kalex mit 17 Jahren zu einer Friedensdemonstration an der Ruine der Dresdner Frauenkirche auf. Sie entwirft ein Flugblatt, auf dem steht, man möge sich am 13. Februar 1982 an der Frauenkirche versammeln und ein Kreuz aus Kerzen aufstellen. Uhrzeit: zehn Minuten vor 22 Uhr, dem Beginn der Bombenangriffe von 1945. Pikant: Am selben Tag gibt es bereits eine hoch offizielle staatliche Kundgebung. Johanna Kalex ruft die Gegenveranstaltung nicht nur zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens ins Leben, sondern auch aus Protest gegen die Aufrüstung. Sie und eine Freundin lassen heimlich mehrere Tausend Exemplare des Aufrufs in der Druckerei der Sächsischen Zeitung herstellen und verteilen die Flugblätter in Dresden.

Das alles bleibt der Staatssicherheit nicht verborgen. Johanna Kalex wird noch vor der geplanten Demonstration festgenommen und unter massivem Druck verhört. Man droht der nun 18-Jährigen mit elf Jahren Haft. Hilfe bekommt sie vom Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider und vom Superintendenten Christoph Ziemer, die sich schützend vor sie stellen und mit Stasi und SED verhandeln. Ihr würde nichts passieren, sagt man ihr, wenn es am 13. Februar 1982 zu keiner Konfrontation zwischen Demonstranten und Polizei käme.

An diesem Tag organisiert die Kirchenleitung in der Dresdner Kreuzkirche ein Friedensforum, um so die Leute von der Frauenkirche fernzuhalten und den offenen Konflikt mit der Staatsmacht zu verhindern. Johanna Kalex und ihre Freunde werden in dessen Gestaltung einbezogen, dürfen aber nichts Wesentliches mitbestimmen. Trotz der Gegenmaßnahmen der Kirche folgen rund 8.000 Menschen aus der ganzen DDR dem Aufruf von Johanna Kalex, pilgern zur Frauenkirche und schmücken die Ruine mit Blumen und Kerzen. Selbst die Westmedien sind da und berichten von diesem ersten großen und öffentlichen Treffen der Friedensbewegung in der DDR.

Johanna Kalex selbst kann nur die Berichte im Deutschlandfunk hören, denn Freunde fahren sie zu ihrem Schutz direkt von der Kreuzkirche nach Hause zu ihren Eltern. Mit einer derartigen Resonanz ihres Aufrufs hat sie nicht gerechnet; selbst 200 Demonstranten wären ihr schon viel vorgekommen.

Auch danach bleibt die Gruppe um Johanna Kalex eine der aktivsten in der DDR-Opposition. Sie organisiert eigenständig Friedenswerkstätten und vertritt radikale pazifistische Positionen, die sich kaum mit der gemäßigten kirchlichen Friedensarbeit vertragen. Die Aktivisten werfen den Kirchenleuten zu große Kompromissbereitschaft gegenüber dem SED-Regime vor.

Nachdem Bischof Johannes Hempel die Aktivisten im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Linie der Kirche als „Schafe im Wolfspelz“ bezeichnet hat, nennt sich die Gruppe fortan Wolfspelz. Wolfspelz hält Kontakte zu anderen Oppositionsgruppen in der DDR, aber auch in Polen und der CSSR (Charta 77).

https://www.jugendopposition.de/zeitzeu ... anna-kalex

Auch hier sind es wieder mutige junge Menschen, die aufbegehren.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Wosch » 17. Juni 2017, 16:57

Auf Grund des heutigen geschichtstraechtigen Datum's moechte ich Diejenigen, die es uebersehen, vergessen oder einfach fuer nicht wichtig gehalten haben koennten, daran erinnern, dass im Jahre 1953 sich die Buerger der DDR gegen das von der Sowjetunion eingesetzte und gestuetzte stalinistische Regime erhoben hatten und deswegen mit brachialer Russen-Gewalt daran gehindert wurden ihre Forderungen durchzusetzen.
Ehre sei den dabei Getoeteten, Ermordeten, den Verurteilten und danach Hingerichteten.

Wosch.
Ich bin stolz darauf, noch nie den "Melde-Button" benutzt zu haben!
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon steffen52 » 17. Juni 2017, 20:36

Es ist ein wichtiges Datum! Hätte die Russen nicht eingegriffen wäre die Geschichte der Damaligen anders aus gegangen. Leider musste man fast 40 Jahr darauf
warten, bis es so ist wie es halt Heute ist!!!!Zum Glück. [freu]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Ari@D187 » 17. Juni 2017, 22:21

Durch den Lauf der Geschichte waren die Russen anwesend und vertraten ihre Interessen.

Die Hauptforderungen der "Demonstranten" waren größtenteils völlig unrealistisch.

Ari
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 18. Juni 2017, 08:23

Ari@D187 hat geschrieben:Durch den Lauf der Geschichte waren die Russen anwesend und vertraten ihre Interessen.

Die Hauptforderungen der "Demonstranten" waren größtenteils völlig unrealistisch.

Ari



Was war denn unrealistisch? [ich auch]

Eher doch die irrsinnigen Einschnitte die der Ziegenbart dem Volk auferlegte. Die Normerhöhungen wurden ja im Nachhinein teilweise wieder runtergefahren.
Unrealistisch war doch viel mehr, dass die DDR von selbsternannten "Hobbypolitikern" zum Sprung am "Klassenfeind" vorbei gelenkt wurde. Dass der Sprung, des Überholens ohne Einzuholen ein 40-jähriger Rohrkrepierer wurde, ahnte damals keiner.
"Schuster bleib bei Deinen Leisten!" Diese Volksweisheit hätten die Hilfsgesellen und Lehrabbrecher mal beherzigen sollen, uns wäre viel erspart geblieben.

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon HPA » 18. Juni 2017, 08:28

Das Forderungen nach Freiheit und Demokratie unter der Russenknute als unrealistisch einzustufen waren, ist ja nun nichts neues. Was die mit dem Rollenlassen der Panzer auch trefflichst unter Beweis stellten.

Interessant auch die damalige Propaganda der Besatzer und ihrer Vasallen: faschistischer Putsch mit CIA Hilfe

Diese Propaganda für gewisse ihnen nicht genehme Ereignisse in souveränen Staaten haben sich die Russen bis heute erhalten. [flash]
HPA
 

Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon karnak » 18. Juni 2017, 09:59

Volker Zottmann hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben:Durch den Lauf der Geschichte waren die Russen anwesend und vertraten ihre Interessen.

Die Hauptforderungen der "Demonstranten" waren größtenteils völlig unrealistisch.

Ari



Was war denn unrealistisch? [ich auch]

Eher doch die irrsinnigen Einschnitte die der Ziegenbart dem Volk auferlegte. Die Normerhöhungen wurden ja im Nachhinein teilweise wieder runtergefahren.
Unrealistisch war doch viel mehr, dass die DDR von selbsternannten "Hobbypolitikern" zum Sprung am "Klassenfeind" vorbei gelenkt wurde. Dass der Sprung, des Überholens ohne Einzuholen ein 40-jähriger Rohrkrepierer wurde, ahnte damals keiner.
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Gruß Volker

Was bitte schön sind denn HobbyPolitiker? Ansonsten erinnert mich die Einlassung wer ein Land führen sollte ein bisschen an die AUrfassung von Alfred Tetslaff [flash]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Sirius » 18. Juni 2017, 11:24

Zu der Thematik des Themas gibt es den Film "Tage des Sturms", der meiner bescheidenen Meinung nach die Stimmung der Zeit gut dargestellt hat. Auch bei den Requisiten und der sonstigen Ausstattung des Films, den Drehorten hat man sich Mühe gegeben. Im Film wurde übrigens auch der "Bayern-Fimmel" mancher Genossen - nach dem Alles Schlechte aus Bayern kommen muss - gut pointiert dargestellt; auch hier im Forum kürzlich zu lesen.

Hier gibt es ihn auf Youtube, leider ist der Ton leise:



P.S. Jetzt muss ich zum Schluß noch mal klugscheißern. Tetzlaff wird meiner Meinung nach mit "z" geschrieben. Z wie Zone, von der ja Alfred hin und wieder sprach. [flash]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 18. Juni 2017, 11:30

Selbst Alfred Tetzlaff hat bei allem Jux doch Wahrheiten ausgesprochen, oder?
Und Hobbypolitiker sind für mich wie beschrieben jene, die nicht mal einen Berufsabschluss hatten, geschweige denn ein Studium. Hilfsarbeiter, die langsam in ihre Rolle wachsen sollen, können keine Landesgeschicke richten. Zumal sie schnell noch ihre eigene Herkunft vergaßen und Ihresgleichen, nämlich die eigene Arbeiterklasse kollektiv einsperrten. Die DDR funktionierte nur durch die äußeren (Gewalt)zwänge und zerbrach am Dilletantismus der eigenen "Planwirtschaft".

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Ari@D187 » 18. Juni 2017, 11:47

Volker Zottmann hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben:Durch den Lauf der Geschichte waren die Russen anwesend und vertraten ihre Interessen.

Die Hauptforderungen der "Demonstranten" waren größtenteils völlig unrealistisch.

Ari



Was war denn unrealistisch? [ich auch]

Eher doch die irrsinnigen Einschnitte die der Ziegenbart dem Volk auferlegte. Die Normerhöhungen wurden ja im Nachhinein teilweise wieder runtergefahren.
[...]

Die Reduzierung der Normerhöhungen wird oft als Kernforderung (in Berlin) angeführt.

Im Land waren es wohl eher folgende Forderungen:

- Rücktritt der Regierung (unrealistisch, weil nicht im Interesse der russischen Besatzungsmacht)
- Freie Wahlen in ganz Deutschland (wohl in Anlehnung an die Stalinnote(n))
- Abzug der Besatzungsmächte (völlig unrealistisch, acht Jahre nach Beendigung des Krieges und wohl ebenfalls eine Reaktion auf die Stalinnote(n))

Gruß
Ari
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 18. Juni 2017, 11:52

Das stimmt schon Ari, was Du anführst.
Diese Forderungen (Wünsche) bestanden aber all die 40 DDR-Jahre. Doch unmittelbar vor dem Volksaufstand kam der Tropfen, der das Fass überlaufen ließ, und das waren nun mal die damals unrealistischen Normerhöhungen.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

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