Hochwasser 1954: Solidarität in Nachkriegszeiten

Hochwasser 1954: Solidarität in Nachkriegszeiten

Beitragvon augenzeuge » 22. November 2023, 19:05

Juli 1954: Die sonst 40 Meter breite Mulde in Zwickau misst am 9. Juli ganze 400 Meter. Während im Osten die Flüsse auch andernorts über die Ufer treten, ist im Westen bereits Land unter. Passau erlebt eine Hochwasserkatastrophe. Doch trotzdem helfen sich die Menschen. Und dass, obwohl sich DDR und BRD mitten in den Nachkriegsjahren befinden.

Im Juli 1954 traf vom Süden kommend eine sogenannte Vb-Wetterlage auf die DDR: Das Besondere an diesen Vb-Wetterlagen ist, dass sie mit größeren Niederschlagsmengen verbunden sind. Denn auf der Vorderseite des Tiefs wird warme, feuchte Mittelmeerluft angesaugt und die trifft dann auf die kalte Polarluft auf der Tiefrückseite. An der Grenze dieser beiden Luftmassen kommt es oft zur Bildung stärkerer Niederschläge. Diese werden durch den Anstau an Gebirgen - wie zum Beispiel dem Erzgebirge - noch verstärkt.

Die Stadt Zwickau trifft es besonders schwer: Die Mulde, sonst 40 Meter breit, war am 09. Juli ganze vierhundert Meter breit. Die Innenstadt wird komplett überflutet, das Wasser steht bis zu 2,10 Meter hoch. Schulen, Kirchen, hunderte alter Häuser und Geschäfte stehen unter Wasser.


Auch an den Alpen stauen sich die Regenwolken und bringen tagelang schwere Niederschläge. Am 8. Juli 1954 bricht über die Stadt Passau eine Hochwasserkatastrophe herein. Ein harter Schicksalsschlag für das Passauer Handwerk: Rund ein Viertel der Betriebe befindet sich in dem vom Hochwasser überfluteten Gebiet. Die Wassermassen sind so schnell über die Drei-Flüsse-Stadt hereingebrochen, daß viele Maschinen und Vorräte nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit geschafft werden können. Frische Semmeln und Brezeln werden in Passau plötzlich Mangelware: In den drei wichtigsten Bäckereien kann nicht gearbeitet werden.

Im Neuen Deutschland wird ausführlich über die Schäden in Bayern berichtet: 1.500 Quadratkilometer überflutet, 150 Millionen DM Schaden. 20 Tote. Interessant dabei: die DDR bietet dem Nachbarstaat mitten im Kalten Krieg Hilfe an:

Sofort nach dem Eintreffen der ersten Meldungen über die Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland hat der Zentralausschuss des Deutschen Roten Kreuzes in der DDR Maßnahmen beraten, um westdeutsche Rettungsorgane in ihrer Arbeit zu unterstützen. [… ] In einem Antworttelegram hat das westdeutsche Rote Kreuz seinen Dank für die Hilfsbereitschaft ausgesprochen und mitgeteilt, dass gegenwärtig seine eigenen Kräfte noch ausreichend seien.

Neues Deutschland Sonntag, 11. Juli 1954


https://www.mdr.de/geschichte/ddr/polit ... r-100.html

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