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Ständige Vertretung der BRD

BeitragVerfasst: 8. Februar 2020, 10:02
von Werner Thal
DER SPIEGEL - Geschichte

Ständige Vertretung der BRD

Eine Botschaft, die keine sein durfte

Vor 46 Jahren wurde in Ost-Berlin die Ständige Vertretung eröffnet. Ihr Leiter Hans Otto Bräutigam erlebte
Tränen und dramatische Fluchtversuche. Er lobte Honecker und rang jahrelang um kleine Erfolge - doch dann
verpasste er den größten Moment.

Der Stasi-Aufpasser hatte keine Manieren. Hans Otto Bräutigam grüßte jeden Morgen auf dem Weg zu seinem
provisorischen Arbeitsplatz, einem Hotelzimmer in Ost-Berlin. Von hier aus sollte Bräutigam im Frühjahr 1974
die erste diplomatische Vertretung der Bundesrepublik in der DDR aufbauen. Ein höchst sensibles Unternehmen,
deshalb saß auch eine Stasi-Beamter-(Mitarbeiter) vor dem Hotelzimmer. Und ignorierte Bräutigams Grüße.
Eisern, Tag für Tag.

Irgendwann platzte sogar dem korrekten Berufsdiplomaten der Kragen. "Richten Sie bitte Ihrem Vorgesetzten aus,
dass es überall auf der Welt üblich ist, morgens und abends einen kurzen Gruß auszutauschen. Ich würde
empfehlen, das auch in der Hauptstadt der DDR zu tun", wies Bräutigam seinen Aufpasser formvollendet zurecht.
Stoisches Schweigen. Zwei Tage später dann ein kleines Wunder: Der Wachmann antwortete freundlich mit
"Guten Morgen!" Offenbar hatte er tatsächlich seinen Vorgesetzten gefragt. [mundzu]

https://www.spiegel.de/geschichte/staen ... 63870.html

W. T.

Re: Ständige Vertretung der BRD

BeitragVerfasst: 8. Februar 2020, 10:33
von augenzeuge
Dazu ein paar Links

DDR-Soldat in StäV der BRD- wer hat Kenntnisse über den Fall?
Der Marinesoldat Andreas Obojes, der .... über drei Monate in der Ständigen Vertretung Bonns in Ost-Berlin ausharrte, bestand darauf, seine Freundin, die über die Aktion zunächst nicht informiert war, in den Westen mitzunehmen.

viewtopic.php?f=78&t=1711&p=38269

In der DDR wird das Betreten westlicher Botschaften strafrechtlich verfolgt.
viewtopic.php?f=78&t=6379&p=148217

"Obwohl die Ständige Vertretung noch gar nicht offiziell eröffnet war, kamen sofort Besucher. Der erste rief erregt: "Ich will hier raus! Stellen Sie mir sofort einen Pass der Bundesrepublik aus!" Die zweite Besucherin, eine 18-jährige Frau, erzählte, sie habe ihre Eltern seit 13 Jahren nicht gesehen, weil die bei einem Besuch im Westen vom Mauerbau überrascht worden waren. "Sie war völlig aufgewühlt, den Tränen nahe", erinnert sich Bräutigam. "Ihr Schicksal berührte mich zutiefst. Ich habe den Fall Bonn mitgeteilt und man konnte schnell helfen."

Re: Ständige Vertretung der BRD

BeitragVerfasst: 8. Februar 2020, 12:06
von zoll
Ein Kollege von mir hat einige Jahre in der StäV gearbeitet. Seine Kinder gingen in eine Westberliner Schule, eingekauft wurde auch im Osten.
Telefon und Wohnung waren seiner Meinung verwanzt. Stasi hörte immer mit, auch beim GV. Tolles Gefühl, das die Eheleute aber nach einiger Zeit ausblenden konnten.
Bewegungsfreiheit hatten sie in der gesamten DDR, aber wenig Bedarf. Ostberlin war trist, also dann doch rüber nach Westberlin und sich dort vergnügen.
Dienstlich hatte er mit DDR-Dienststellen zu tun und wurde dort immer korrekt behandelt, eben diplomatisch.
zoll

Re: Ständige Vertretung der BRD

BeitragVerfasst: 14. März 2024, 16:50
von augenzeuge
Nun sinds 50 Jahre her. [blush]

Vor 50 Jahren einigten sich DDR und Bundesrepublik auf die Einrichtung von „Ständigen Vertretungen“. Eigentlich waren das Botschaften, nur genannt werden durften sie so nicht. Auf die Bonner Vertretung in Ost-Berlin blickte oft die ganze Welt.


In Artikel 8 des Grundlagenvertrages war auch festgelegt worden, dass die „praktischen Fragen“, die mit der Einrichtung der Vertretungen zusammenhingen, zusätzlich geregelt würden.

Mit der Bezeichnung „Ständige Vertretung“ hatte sich die Bundesregierung durchgesetzt. Damit sollte demonstriert werden, dass es sich nicht um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen handelte, denn die DDR sei kein Ausland.

Einige Monate nach der Unterzeichnung nahmen die Leiter der Ständigen Vertretungen ihre Arbeit auf: Günter Gaus mit seinen rund 90 Mitarbeitern in der Ost-Berliner Hannoverschen Straße, Michael Kohl mit seinem etwa gleich großen Mitarbeiterstab in der Godesberger Allee in Bonn.

1:0 für Deutschland
Der erste offizielle Empfang dort fand zu Ehren der DDR-Fußball-Nationalmannschaft statt. Es galt, den Sieg der DDR-Mannschaft über die Nationalmannschaft der Bundesrepublik zu feiern. Michael Kohl auf die Frage des DDR-Reporters über das Zusammentreffen der Ereignisse, einerseits der Fußballsieg, andererseits die Eröffnung der Ständigen Vertretung:
„Auf der einen Seite sieht es aus wie ein Zufall, auf der anderen Seite ist es eigentlich aber auch kein Zufall, denn es ist auf beiden Gebieten das Ergebnis zielstrebiger Aufbauarbeit.“

Ein Jahr nach der Eröffnung der beiden Ständigen Vertretungen zählte Günter Gaus eine Reihe von Erfolgen seiner Ständigen Vertretung auf: So sei eine Vereinbarung über die Verbesserung der Verkehrswege zwischen der Bundesrepublik und West-Berlin getroffen worden und in den ersten vier Monaten des Jahres 1975 seien fast eine Million West-Berliner nach Ost-Berlin oder in die DDR gereist. Und:
„Bei der Rechtsschutztätigkeit kann ich Ihnen sagen, dass wir in dem Jahr seit Eröffnung der Kanzlei der Ständigen Vertretung knapp 7.000 Rechtsschutzfälle bearbeitet haben, darunter auch die Betreuung von 300 Westdeutschen und West-Berlinern, die in DDR-Gefängnissen als Untersuchungshäftlinge oder als strafverbüßende Häftlinge einsitzen. Die anderen Rechtsschutztätigkeiten erstrecken sich auf Probleme des Reiseverkehrs. Dann geht es darum, bei Erbschaftsangelegenheiten zwischen den beiden Staaten vermitteln zu helfen, es geht um das Beschaffen von Unterlagen aus der DDR, von Dokumenten, die Leute in Westdeutschland brauchen.“

Vorübergehend geschlossen
Über viele Jahre war die Ständige Vertretung in Ost-Berlin auch eine Anlaufstelle für DDR-Bürger, die das Land verlassen wollten. Nicht zuletzt durch die Berichterstattung der West-Medien drängten im Sommer 1984 immer mehr zur Ausreise Entschlossene in die Ständige Vertretung und weigerten sich, das Gebäude wieder zu verlassen. Die Vertretung musste schließen. Kanzleramtsminister Philipp Jenninger in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.

„Wir müssen um Verständnis dafür bitten, dass wir kein Hotel sind, in dem unentwegt Bürger der DDR übernachten können, aber wir wollen sie selbstverständlich nicht mit Zwang auf die Straße setzen, dies ist für uns klar.“ [denken]
Nach wochenlangen Verhandlungen konnte erreicht werden, dass die Besetzer das Haus in der Hannoverschen Straße verließen, um – die meisten an ihren Heimatorten – auf die Genehmigung ihrer Übersiedlungsanträge zu warten.

Ähnliches wiederholte sich im August 1989. Wieder schloss die Ständige Vertretung in Ost-Berlin vorübergehend. Damals ahnte noch niemand, dass rund ein Jahr später, am 2. Oktober 1990, die letzten Leiter der Ständigen Vertretungen in Berlin und Bonn ihre Häuser schließen würden – für immer.


AZ

Re: Ständige Vertretung der BRD

BeitragVerfasst: 14. März 2024, 17:01
von augenzeuge
Da hatte sich das MfS wohl geirrt...... [shocked]

Kontrolle eines Mitarbeiters der StäV an der GÜST Invalidenstraße: 23. Dezember 1976

Information Nr. 895/76 über die Durchführung einer Kontrollhandlung gegenüber einem Mitarbeiter des Verwaltungs- und technischen Personals der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR am 22. Dezember 1976 an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße

Am 22. Dezember 1976, gegen 17.30 Uhr wurde an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße der Bürger der BRD, [Name], geboren am [Tag] 1937 in Berlin, zurzeit wohnhaft in 102 Berlin, [Adresse], Mitarbeiter [Name] der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR [Funktion] Dienst-Pass-Nr. […], der sich in Begleitung seines [Alter] Sohnes befand, mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen […], an der beabsichtigten Weiterreise nach Westberlin gehindert und aufgrund des Vorliegens von Verdachtshinweisen der Begehung einer Rechtsverletzung einer Kontrolle unterzogen.Wie dem Ministerium für Staatssicherheit bekannt ist, hat [der Mitarbeiter] unter Missbrauch seines Status der Kontrollbefreiung Bürger der DDR ungesetzlich nach Westberlin ausgeschleust.Der gegenüber [dem Mitarbeiter] am 22. Dezember 1976 durchgeführten Kontrollhandlung lagen gleichfalls diesbezügliche dringende Verdachtshinweise zugrunde. Zum Zwecke der Durchführung der Verdachtskontrolle wurde [Name] mit seinem Pkw für die übrigen Reiseströme unauffällig in die von außen nicht einsehbare Zollkontrolleinrichtung der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße eingewiesen. [Name] kam dieser Aufforderung ohne Zögern nach. Nachdem [Name] erklärt worden war, dass diese Maßnahme zur Klärung eines Sachverhaltes erforderlich ist und die Ständige Vertretung der BRD in der DDR davon in Kenntnis gesetzt wird, verblieb er ohne eine diesbezügliche Aufforderung mit seinem Sohn im Pkw.Durch die zuständigen Organe des Ministeriums für Staatssicherheit wurde umgehend der Stellvertreter des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, Genosse Nier, verständigt, der unverzüglich die Ständige Vertretung der BRD in der DDR von der Hinderung des [Name] an der Weiterreise nach Westberlin informierte.

Gegen 18.00 Uhr erschienen drei Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, unter ihnen der Persönliche Referent von Gaus, Christian Nakonz, und der Leiter der Rechtsabteilung der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Hoesch, an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße und baten den Leiter der Dienststelle der Passkontrolle um Auskunft über die Gründe des Festhaltens [des Mitarbeiters].Sie wurden daraufhin über das Vorliegen von Verdachtshinweisen auf die Begehung einer Rechtsverletzung des [Mitarbeiters] unter Missbrauch seiner Immunitäten als bevorrechtete Person in Kenntnis gesetzt und gebeten, Herrn [Name] aufzufordern, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und in Gegenwart der Mitarbeiter der Ständigen Vertretung, den Kofferraum seines Pkw zu öffnen.In der Folgezeit konsultierten sich die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD und in der DDR mehrmals mit Gaus, wodurch die Realisierung der Verdachtskontrolle erheblich verzögert wurde.Die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung protestierten gegen die Durchführung einer Kontrollhandlung und bezeichneten die Maßnahmen der zuständigen Organe der DDR als »Festnahme« des [Mitarbeiters].

Gegen 19.50 Uhr erklärten die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR ihr und [des Mitarbeiters] Einverständnis zur Durchführung der Kontrollhandlung, und [der Mitarbeiter] öffnete selbst den Kofferraum seines Pkw. Nach der Öffnung des Kofferraumes wurde festgestellt, dass sich in diesem Fall der Verdacht des Vorliegens einer Rechtsverletzung nicht bestätigte.[Dem Mitarbeiter] wurde um 19.55 Uhr erklärt, dass seine Weiterreise gestattet wird. Er nahm jedoch davon Abstand und reiste in Begleitung seines Sohnes in die Hauptstadt der DDR, Berlin, zurück. Der Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, Hoesch, protestierte nochmals gegen die Maßnahme der zuständigen Organe der DDR und brachte zum Ausdruck, dass sich die Ständige Vertretung der BRD in der DDR weitere Schritte vorbehalten werde.Es ist festzustellen, dass von den zuständigen Organen der DDR die vorgenannte Maßnahme aufgrund des Vorliegens von dringenden Verdachtshinweisen einer Rechtsverletzung erfolgte und bei der Durchführung derselben die Immunität von [Name] als bevorrechtete Person strikt beachtet wurde.

https://www.ddr-im-blick.de/jahrgaenge/ ... enstrasse/

AZ