DDR: Vormarsch der D-Mark

DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Werner Thal » 9. Januar 2020, 17:13

DER SPIEGEL 4/1990

DDR: Vormarsch der D-Mark

Die DDR-Bürger wollen nicht länger für Spielgeld arbeiten. Doch wie die schlappe Ost-Mark (MDN-W.T.)
hart gemacht werden kann, ist unter Bonner Finanzpolitikern heftig umstritten. Einig sind sie sich nur
im Ziel: Am besten für die DDR wäre die Übernahme der West-Mark. Sie etabliert sich ohnehin als starke
Zweitwährung in der DDR.


Ingrid Matthäus-Maier, finanzpolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, weiß, was DDR-Bürger meinen,
wenn sie vom "Einig Vaterland" singen: "Sie wollen D-Mark statt Blechgeld."
Diesen Wunsch will ihnen die Bewerberin für den Bonner Finanzministerposten schnell erfüllen. Die schlappe
Mark-Ost, so ihr Vorschlag, könnte im Verhältnis 5 : 1 in feste D-Mark getauscht, die Ostwährung danach
eingestampft werden. Nur wenn die DDR-Bürger hartes Geld in die Hand bekämen, würden sie in ihrer Heimat
bleiben.
Der amtierende Bonner Finanzminister sieht das anders. Schon eine Diskussion über einen Währungsschnitt,
durch den von heute auf morgen das Geldvermögen aller DDR-Bürger beträchtlich an Wert verlieren würde, hält
Theo Weigel für schädlich. Das Wort "Währungsreform" nimmt er erst gar nicht in den Mund. "Das", meint
der Finanzminister, "würde drüben zu einer Panik führen."
Die Sorge über neue Übersiedlerströme treibt sie alle, die sich über die Zukunft der Ost-Mark Gedanken machen.
Nicht mehr für Spielgeld arbeiten, Geld verdienen, für das man überall in der Welt einkaufen kann - solche Wünsche
stehen offenbar ganz oben auf der Wunschliste der DDR-Bürger.
Mit ihrem radikalen Vorschlag aus der vorigen Woche, die Ost-Mark schlicht abzuschaffen und statt dessen D-Mark
auszugeben, hat Ingrid Matthäus-Maier dem Thema zusätzlichen Schub gegeben. Sie hätten alles, was die Oppositions-
Politikerin geschrieben habe, sorgfältig durchgelesen, ließen Waigels Geldfachleute wissen. Das sei sehr interessant -
aber "der falsche Weg".
Die Kritik entzündet sich nicht am Ziel. Dass die DDR einen vergleichbaren Wohlstand wie der Westen nur dann erreichen
kann, wenn ihr Geld fest an die europäische Leitwährung D-Mark gebunden oder die D-Mark einzige Währung in
Deutschland wird, diese Meinung ist nicht neu und überdies weit verbreitet.
Erst die "Übernahme der D-Mark als gesamtdeutsche Währung", schrieb etwa der Ökonom Christian Watrin dem Bonner
Wirtschaftsminister Helmut Haussmann in ein Gutachten, mache den in der DDR benötigten "riesigen Zustrom an
privatem Kapital" möglich. Eine "deutsch-deutsche Währungsgemeinschaft, die schließlich in eine gemeinsame Währung
münden könnte", so ein Zehn-Punkte-Programm des Finanzministers "Zur wirtschaftlichen Gesundung der DDR", halten
auch Weigels Experten für erstrebenswert.

...und hier geht es weiter:

https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery ... f/13498655

W. T.
Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten.
Russian Military out of Ukraine
русские идут домой
Benutzeravatar
Werner Thal
 
Beiträge: 4138
Registriert: 20. Februar 2013, 13:21

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Volker Zottmann » 9. Januar 2020, 18:35

Den Geldumtausch im Sommer 1990 im Verhältnis 1:1 für die ersten 4000 Ostmark des eigenen Vermögens und des Weiteren im Tausch von 1:2 sehen immer wieder die Menschen verschieden. Selbst alle Kinder fielen unter die gleichen Bedingungen. So hatte eine normale 4-köpfige Familie schon mal 16000 DM für ebesoviele Ostmark erhalten. Selbst kenne ich kaum Arbeiter, die mehr auf der hohen Kante hatten.

Generell war der Wechsel zur DM zwingend richtig.
Da ich selbst ein Wohnhaus besaß und nie Miete zahlte, sah ich den Tausch auch entspannter, als mancher, der nun Angst vor horrenden Mieten hatte.

Der Umtausch in diesem Verhältnis war mehr, viel mehr als großzügig von der alten Bundesrepublik. Über ein offizielles Tauschverhältnis 1:3 oder 1:4, wäre ich persönlich genauso freudig gewesen. Keine Frage, dass die erste Variante auch mir mehr zusagte.
Doch nimmt man mal die Kaufkraft der Ostmark, was ich für das eingetauschte Westgeld alles erhalten konnte, hat niemand das Recht, zu jammern.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon augenzeuge » 9. Januar 2020, 19:13

Volker Zottmann hat geschrieben:Doch nimmt man mal die Kaufkraft der Ostmark, was ich für das eingetauschte Westgeld alles erhalten konnte, hat niemand das Recht, zu jammern.
Gruß Volker


Du bist einer der wenigen Ex-DDR Bürger, die heute noch in der Region dort leben und die ich kenne, die das so sehen. Sonst höre ich immer nur: ...wir wurden betrogen". [angst]

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
"Es ist manchmal gefährlich, Recht zu haben, wenn die Regierung Unrecht hat. (Voltaire)"
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 96128
Bilder: 20
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Volker Zottmann » 9. Januar 2020, 19:15

augenzeuge hat geschrieben:
Du bist einer der wenigen Ex-DDR Bürger, die heute noch in der Region dort leben und die ich kenne, die das so sehen. Sonst höre ich immer nur: ...wir wurden betrogen". [angst]

AZ

Die das sagen spinnen!

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon augenzeuge » 9. Januar 2020, 19:18

Volker Zottmann hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
Du bist einer der wenigen Ex-DDR Bürger, die heute noch in der Region dort leben und die ich kenne, die das so sehen. Sonst höre ich immer nur: ...wir wurden betrogen". [angst]

AZ

Die das sagen spinnen!

Gruß Volker


Genau. Deshalb wählen sie auch häufig AfD. [angst]
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
"Es ist manchmal gefährlich, Recht zu haben, wenn die Regierung Unrecht hat. (Voltaire)"
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 96128
Bilder: 20
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon karnak » 9. Januar 2020, 22:17

Volker Zottmann hat geschrieben:Den Geldumtausch im Sommer 1990 im Verhältnis 1:1 für die ersten 4000 Ostmark des eigenen Vermögens und des Weiteren im Tausch von 1:2 sehen immer wieder die Menschen verschieden. Selbst alle Kinder fielen unter die gleichen Bedingungen. So hatte eine normale 4-köpfige Familie schon mal 16000 DM für ebesoviele Ostmark erhalten. Selbst kenne ich kaum Arbeiter, die mehr auf der hohen Kante hatten.

Generell war der Wechsel zur DM zwingend richtig.
Da ich selbst ein Wohnhaus besaß und nie Miete zahlte, sah ich den Tausch auch entspannter, als mancher, der nun Angst vor horrenden Mieten hatte.

Der Umtausch in diesem Verhältnis war mehr, viel mehr als großzügig von der alten Bundesrepublik. Über ein offizielles Tauschverhältnis 1:3 oder 1:4, wäre ich persönlich genauso freudig gewesen. Keine Frage, dass die erste Variante auch mir mehr zusagte.
Doch nimmt man mal die Kaufkraft der Ostmark, was ich für das eingetauschte Westgeld alles erhalten konnte, hat niemand das Recht, zu jammern.

Gruß Volker

Nun ist " großzügig " natürlich ein unglückliches Wort, im Rahmen einer Wiedervereinigung, selbst im Rahmen eines Beitritts ist es nicht sonderlich förderlich das so zu verwenden. Es hat schon was von Besatzern, Siegern, Kolonialisierern die sich " großzügig " geben. Es war einer der Preise und Kröten die man zu schlucken hatte wenn man die Einheit wollte. Das war nun eine die die BRD Alt zu schlucken hatte, sie hat ja schließlich freiwillig den Beitritt zugestimmt. Ansonsten hast Du natürlich recht, finanzökonomisch war dieser Umtauschkurs abenteuerlich und für den Ex DDR Bürger in jedem Fall ein Gewinn.
Laie, Experte,Dilettant
(alle Fachrichtungen)
Benutzeravatar
karnak
 
Beiträge: 29274
Bilder: 0
Registriert: 5. Februar 2012, 13:18

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Nostalgiker » 9. Januar 2020, 22:50

Der allgemeine Umstellungssatz zur Währungsunion am 1. Juli 1990 betrug:
1:1
- für Personen bis 14 Jahre für bis zu 2.000 Mark der DDR Kontoguthaben
- für Personen bis 60 Jahre für bis zu 4.000 Mark der DDR Kontoguthaben
- für Personen ab 60 Jahre für bis zu 6.000 Mark der DDR Kontoguthaben

- Soweit die Guthaben die bevorzugt umzustellenden Beträge überstiegen, erfolgte die Umstellung im Verhältnis 2:1.

- Guthaben, die nach dem 31. Dezember 1989 entstanden waren, wurden zu einem Umtauschkurs von 3:1 umgetauscht.

- Löhne, Gehälter, Renten, Mieten und Pachtkosten wurden im Verhältnis 1:1 umgestellt.


Quelle: Bundesbank Faktenblatt
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
Benutzeravatar
Nostalgiker
 
Beiträge: 14092
Registriert: 28. August 2012, 12:36

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Volker Zottmann » 9. Januar 2020, 23:03

- Guthaben, die nach dem 31. Dezember 1989 entstanden waren, wurden zu einem Umtauschkurs von 3:1 umgetauscht.

Tatsächlich? Ist mir neu.
Meinen teuer aufgebauten B 1000 habe ich für nur noch 9000 Ostmark im Frühjahr 1990 an den Mann bringen können. Das Geld wurde ebenfalls 1:2 getauscht.(DM:Mark) Ich bekam 4500 DM gutgeschrieben.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Nostalgiker » 9. Januar 2020, 23:12

Unter "neu entstandenen Guthaben nach dem 31.12.1989" ist zu ein Neu eröffnetes Konto zu verstehen.

Eine Mehrung von Guthaben auf einen bereits vorhandenen Konto war davon nicht betroffen.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
Benutzeravatar
Nostalgiker
 
Beiträge: 14092
Registriert: 28. August 2012, 12:36

Re: DDR: Vormarsch der D-Mark

Beitragvon Volker Zottmann » 9. Januar 2020, 23:13

Danke! [super]
Volker Zottmann
 


Zurück zu Geschichte BRD/DDR

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron