von pentium » 21. Januar 2024, 16:03
Erster Staatschef der Kommunisten
Wladimir I. Lenin gilt als Inbegriff des kommunistischen Revolutionärs und Wegbereiter des Sozialismus. Vor 100 Jahren verstarb der Begründer der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) im Alter von 53 Jahren. Er nutzte Terror und Gewalt, um das alte Herrscher- system zu stürzen. Trotz seiner oft skrupellosen Methoden hat seine Lehre bis heute Anhänger.
Von Lukas Ossenkopp
Mit Lenins Tod am 21. Januar 1924 war der Mythos vom siegreichen Revolutionär in der Welt, eine Ikone der Revolution und des Sieges über die alten Mächte. Da war es machtpolitisch nur konsequent, dass sein designierter Nachfolger Josef Stalin die enorme Popularität des Sowjetgründers zur Durchsetzung seines Herrschaftsanspruchs nutzte. Entgegen dem letzten Willen des Verstorbenen wurde ein Mausoleum auf dem Roten Platz errichtet, in dem man den Leichnam einbalsamierte und aufbahrte – und bis heute erhält.
Genau wie Lenins Körper überdauerten auch seine Lehren, später als „Leninismus“ bezeichnet, die Jahrzehnte. Entwickelt hatte sie der Revolutionär aus den Theorien von Friedrich Engels und Karl Marx, ging dabei aber einen eigenen Weg: Im feudalistischen Russland seiner Zeit gab es fast nur quasi-leibeigene Bauern, de facto aber keine Arbeiterklasse. Lenin aber wollte die Entwicklung eines Proletariats samt eines revolutionstauglichen Klassenbewusstseins, wie Marx es beschrieb, nicht abwarten. Mit seinen Genossen wollte er die Entwicklung zum Kommunismus aktiv durch eine kleine Gruppe von Avantgarde-Revolutionären forcieren, indem man den Massen quasi „beibrachte“, was diese gesetzmäßig für ihr Wohl brauchen würden.
Geboren wurde der Revolutionsführer als Wladimir Iljitsch Uljanow am 22. April 1870 in der russischen Stadt Simbirsk. Er wuchs nicht, wie lange von sowjetischer Propaganda behauptet, in prekären Verhältnissen auf, sondern in einem gut situierten Haushalt: Seine Mutter war die Tochter eines reichen Gutsbesitzers, der Vater angesehener Schulinspektor. In seiner Heimatstadt besuchte er das Gymnasium. Doch 1887, kurz vor der Abschlussprüfung, warf ihn ein einschneidender Schicksalsschlag aus der Bahn. Sein vier Jahre älterer Bruder Alexander hatte sich an der Planung eines Mordanschlags auf Zar Alexander III. beteiligt und wurde dafür hingerichtet. Damit galt die Familie als geächtet.
Angetrieben von der Abneigung gegen den Zaren vertiefte sich der jüngere Uljanow in die Schriften von Karl Marx und beteiligte sich während seines Jurastudiums an revolutionären Aktionen. 1895 gründete er den „Petersburger Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse“, eine Vorläuferorganisation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR). Schnell kam der aufstrebende Revolutionär in Konflikt mit der Obrigkeit und wurde für drei Jahre nach Sibirien verbannt.
Danach zog er nach Westeuropa, dort agierte er unter dem Decknamen Lenin. Eine gesicherte Erklärung für die Wahl gerade dieses Namens gibt es nicht: Eine Deutung besagt, dass der Name vom sibirischen Fluss Lena hergeleitet ist – eine andere, dass er auf sein ebenfalls Lena genanntes Kindermädchen zurückgehe. Wie dem auch sei: Seine 1902 unter diesem Pseudonym erschienene Kampfschrift „Was tun?“ kann als Blaupause für den späteren Umsturz in Russland gesehen werden. Darin entwarf Lenin seine Idee einer Einparteienherrschaft, getragen von im Sinn der Sache ausgebildeten Berufsfunktionären. Diese radikale Positionierung führte nur ein Jahr später zur Aufspaltung der SDAPR, die Partei trennte sich in die „Bolschewiki“ („Mehrheitler“) unter der Führung von Lenin und die „Menschewiki“ („Minderheitler“).
1905 brach im Zarenreich die Revolution aus, Lenin kehrte voller Euphorie nach Russland zurück. Doch die Umsturzbestrebungen scheiterten, der bekannte Revolutionsführer ergriff die Flucht, über Finnland gelangte er in die Schweiz. Erst in den Wirren des Ersten Weltkriegs ergab sich eine neue Chance für einen Machtwechsel: In Russland, schon vor dem Kriegseintritt vom absolutistischen Regime des „Blutzaren“ Nikolaus II. ausgezehrt, trieben Not und Elend das Volk zu Streiks und Demonstrationen. Misserfolge und Unterernährung an der Front brachten zudem die Armee gegen den Herrscher auf. In der Februarrevolution wurde die Adelsfamilie der Romanows ab- und festgesetzt. Allerdings hielt die provisorische Räteregierung am Krieg fest. Mit einem Sonderzug des deutschen Generalstabs gelangte Lenin, der sich für einen Frieden um jeden Preis aussprach, unerkannt zurück in seine Heimat. Die Führung des Deutschen Reichs erhoffte sich durch die Unterstützung der revolutionären Kräfte eine entscheidende Schwächung des Kriegsgegners. Und Lenin hatte gegen die provisorische bürgerliche Übergangsregierung, die an der Situation im Land nichts hatte verbessern können, leichtes Spiel: Er forderte die Errichtung einer „Diktatur des Proletariats“ als Gegenentwurf zu Parlamenten, die er „Schwatzbuden“ nannte – stattdessen setzte er auf Sowjets (Räte). Diese bestanden aus Arbeitern, Soldaten und Bauern, hier sollten die Entscheidungen in direkter Demokratie getroffen werden. Aber dieser Ansatz war für Lenin nur ein Mittel zum Zweck: Als die Bolschewisten in freien Wahlen unterlagen, putschten sie sich im November 1917 mit der Oktoberrevolution (in Russland galt noch der Julianische Kalender) an die Macht.
Daraufhin brach ein blutiger Bürgerkrieg aus. Auf der einen Seite stand die Rote Armee – auf der anderen mit den „Weißen“ ein Zusammenschluss aus Monarchisten, Konservativen und Nationalisten, der zudem von Staaten wie den USA und England unterstützt wurde: Dort sorgte man sich, dass die proletarische Revolution auf die eigene Bevölkerung übergreifen könnte. Um seine Partei auf den Kampf im Inneren zu fokussieren, trat Lenin im März 1918 mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk aus dem Ersten Weltkrieg aus. Die Bolschewiki verzichteten dabei auf Estland, Lettland und Teile der Ukraine samt Krim zugunsten der „Mittelmächte“ um das Kaiserreich. Der Grund: Lenin wollte seine Idee einer „Weltrevolution“ nicht gefährden, ein Jahr später gründete er die „Kommunistische Internationale“ (Komintern), um diese voranzutreiben.
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther
Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.
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