Vom Abenteuer, als DDR-Bürger Golf zu fahrenEin VW Golf Diesel Baujahr 1978. Listenpreis 35.000 DDR Mark .
1978 importierte die DDR 10.000 VW Golf. Unser Autor konnte einen davon ergattern. Das war zwar schwierig, aber aus ganz anderen Gründen, als man denkt. Denn seine Erinnerungen räumen auf mit dem Vorurteil, dass die Arbeiterklasse nach dem West-Auto Schlange stand.Wie fast jede Nachricht, die DDR-Bürger wirklich interessierte, erfuhr ich sie per Westfernsehen: Es war Ende 1977, und die DDR wollte 10.000 VW Golf importieren. Ich war Redakteur beim „Deutschen Straßenverkehr“ in Berlin und kannte mich ein wenig aus in der Szene. Aber Autos aus dem Westen? Woher nahm die DDR das Geld, wo sie doch nicht mal zu Weihnachten richtige Apfelsinen einführen konnte?
Anfang 1978 kamen tatsächlich die ersten Golf von Wolfsburg nach Berlin, auch in der Diesel-Variante. Als gelernter Lkw-Fahrer hatte ich etwas übrig für die Selbstzünder. Und ein kleiner Dieselmotor in einem relativ kleinen Auto – da begann ein neues kraftfahrzeugtechnisches Zeitalter. Ich hatte eine Chance, dabei zu sein – theoretisch.
Praktisch sah es schlecht aus. Für einen Golf reichte die normale Pkw-Anmeldung beim Volkseigenen Betrieb (VEB) IFA Vertrieb, dem staatlichen Autohandel, nicht aus. Nein, der soziale Status musste auch stimmen. Man musste Arbeiter sein und in einem Zentrum der sozialistischen Produktion arbeiten. Als Redakteur war ich kein Arbeiter, und mein Betrieb, der VEB Transpress Verlag, war auch kein Zentrum der Arbeiterklasse. Guter Rat war teuer.
Der Golf übrigens auch. Die Preise wurden zunächst zwischen 30.000 und 35.000 Mark der DDR angesetzt. 30.000 für den Zweitürer mit 50-PS-Benzinmotor, 35.000 für den viertürigen Diesel mit ebenfalls 50 PS. Mein Traumauto.
Doch die Arbeiterklasse stand dem Westimport skeptisch gegenüber. Einmal machten sich die potenziellen Kunden Sorgen um die Ersatzteilversorgung, zum anderen waren ihnen die Preise zu hoch. Und da passierte, was es nie zuvor und nie danach in der DDR gegeben hat:
Die Preise wurden gesenkt und dem üblichen Niveau angepasst. Der Golf kostete nun nur noch zwischen 22.000 und 26.000 Ostmark. Zum Vergleich: Ein Lada 1500 hat damals 24.000 Mark, ein Trabant um 10.000 Mark gekostet.Meine Versuche, über gute Kontakte zu einem Golf zu kommen, schlugen zunächst fehl. Aber dann erfuhr ich von einem Sonderkontingent mit transportgeschädigten Autos und stellte einen Antrag. Wochen gingen ins Land, ohne dass ich etwas hörte. Und dann wurde mir doch ein viertüriger Diesel angeboten, in Miamiblau. Stoßstange vorn eingedrückt, eine Delle in der hinteren Stoßstange und ein Knick im linken hinteren Kotflügel – 25.000 Mark minus 150 für die Schäden.
Die beiden Dellen in den Stoßstangen habe ich selbst einigermaßen glatt gedrückt. Mit dem Knick im Kotflügel bin ich bis zu meinem letzten Tag in der DDR im November 1985 gefahren. Ich hatte (berechtigte) Angst, dass der Versuch, den Knick aus dem Kotflügel zu drücken, mit Lackrissen und -ablösung verbunden sein könnte. Und Lack zum Reparieren hatte ich nicht.
Mehr erfährt man hier:
https://www.welt.de/motor/article510912 ... ahren.html