Eine kleine Geschichte von Saale-Unstrut-Weinanbau, damals in der DDR
Auf den Spuren des roten AndréZitat:
Der rote André schmeckt nach Kirsche, Holunder, etwas Kräutern und Pfeffer. Er hat Frucht, einen kompakten Körper, ein gutes Säuregerüst und weiche Tannine. Doch kaum jemand kennt André. Denn nur die Wirren der Zeitgeschichte und Zufall sind die Gründe, warum er heute an den Hängen zwischen Freyburg und Naumburg im Bereich Saale-Unstrut wächst. Nicht, weil Winzer ihn ausgewählt hätten. Nicht, weil er gut in die Marketingplanung passen könnte. Nicht, weil die Analytiker ihn empfohlen hätten. Er kam aus der Not heraus und ist immer noch da: Vier Güter der Region bauen ihn auf knapp vier Hektar an; die Winzervereinigung Freyburg vermarktet ihn als regionale Spezialität.
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Die Geschichte beginnt 1961, in der sozialistischen Tschechoslowakei im kalten Krieg. Damals kreuzte ein Weinbauingenieur an der Rebschule der mährischen Stadt Velke Pavlovice den Blaufränkisch mit St. Laurent und ließ das Ergebnis 1980 als „André” ins Sortenbuch eintragen; benannt nach dem Biologen und Pädagogen Carl Friedrich André aus Brünn.
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Der Weg des André in den Osten Deutschlands beginnt im Winter 1986/87. Es ist der Katastrophenwinter in der Weinbau-Geschichte der DDR: Fröste bis minus 40 Grad ließen die Stöcke reihenweise erfrieren. „Von 5000 Müller-Thurgau-Stöcken auf einem unserer Hänge sind im Frühjahr noch acht ausgetrieben”, erinnert sich André Gussek vom Winzerhof Gussek, von 1982 bis 2002 Kellermeister des Volkseigenen Guts Naumburg. Aus eigener Kraft konnten sich die wenigen Betriebe mit rund 480 Hektar Rebfläche nicht mehr erholen.
Neue Reben mussten dringend her, doch Rebschulen gab es in der DDR nur sehr wenige. Es gab keinen Plan für Reben. Es sah also schlecht aus.
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Ein Gespräch auf höchster politischer Ebene rettete den DDR-Weinbau - und brachte den roten André an die Hänge von Saale und Unstrut. Der in der DDR angesehene Maler Willi Sitte aus dem nahe gelegenen Halle, immerhin Mitglied des Zentralkomitees, „überredete Erich Honecker persönlich, eine Million harte D-Mark bereitzustellen, um neue Reben zu kaufen”, berichtet Gerald Lange, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Freyburg. Über das neutrale Österreich kamen so tausende Stöcke unterschiedlicher Rebsorten aus dem Westen ins Land; aber auch André aus dem slowakischen Modra. „Niemand hat überlegt, ob die Sorten perfekt passen. Die Betriebe haben fast alles genommen, was sie kriegen konnten. Der Weinbau war ja am Ende”, erzählt Lange. Es gab nur einen guten Grund für den André: Er ist sehr frostresistent...]
http://www.wein-plus.eu/de/Saale-Unstru ... .3104.htmlWilli Sitte, der Retter des Weinbaues!
mfg
pentium