72 Jahre

Aufarbeitung und Schlußfolgerungen

Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 12. Februar 2022, 10:23

icke46 hat geschrieben:
Naja, ganz so war es in meinen Augen auch nicht. Ich dachte doch, Du hättest einen Studiengang in operativer Psychologie gehabt. Es macht schon Sinn, die Einsatzkräfte mit solchen Tartarenmeldungen aufzuheizen.Nur war das nach dem Ende der Lage (Polizeisprech) eher kontraproduktiv…

Das macht aber nur Sinn wenn man fest entschlossen ist eine Konterrevolution im Stile eines 17. Juni niederzuschlagen . Und diesen Eindruck hatte ich schon Ein,Zwei Jahre vor diesem Zeitpunkt nicht mehr. EIGENTLICH wollte man selbst an der Grenze keine Toten mehr,man hat auch dort nach anderen Lösungen gesucht. Und auch dieses Aufbegehren der Bevölkerung wollte man anders in den Griff bekommen als mit Waffengewalt, zum Einen wusste man, dass sich die Dinge mit Gorbatschow verändert hatten,zum Anderen, die Rot Frontkämpfer Marken Erich Mielke hatten zusehends Druck von der nachfolgenden Nomenklatura der nachwachsenden Generation. Naürlich kann es einen Verantwortlichen gegeben haben der in " Eigeninitiative " so eine Nummer landen wollte. Damit erreicht hat, dass sich ein damaliger Offiziersschüler nun heute auch als Opfer empfinden kann, ich war ja mit Erich Mielke und Honecker sowieso der Einzige der 40 Jahre dafür war. [flash] Zentrale Vorgaben zu solchen Vorgehen mit entsprechenden anvisierten Lösungen sind mir jedenfalls nicht einmal untergekommen in dieser Zeit und deswegen sind solche Platz des himmlischen Friedens Geschichten für mich wenigstens etwas fragwürdig.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon pentium » 12. Februar 2022, 11:05

karnak hat geschrieben:
icke46 hat geschrieben:
Naja, ganz so war es in meinen Augen auch nicht. Ich dachte doch, Du hättest einen Studiengang in operativer Psychologie gehabt. Es macht schon Sinn, die Einsatzkräfte mit solchen Tartarenmeldungen aufzuheizen.Nur war das nach dem Ende der Lage (Polizeisprech) eher kontraproduktiv…

Das macht aber nur Sinn wenn man fest entschlossen ist eine Konterrevolution im Stile eines 17. Juni niederzuschlagen . Und diesen Eindruck hatte ich schon Ein,Zwei Jahre vor diesem Zeitpunkt nicht mehr. EIGENTLICH wollte man selbst an der Grenze keine Toten mehr,man hat auch dort nach anderen Lösungen gesucht. Und auch dieses Aufbegehren der Bevölkerung wollte man anders in den Griff bekommen als mit Waffengewalt, zum Einen wusste man, dass sich die Dinge mit Gorbatschow verändert hatten,zum Anderen, die Rot Frontkämpfer Marken Erich Mielke hatten zusehends Druck von der nachfolgenden Nomenklatura der nachwachsenden Generation. Naürlich kann es einen Verantwortlichen gegeben haben der in " Eigeninitiative " so eine Nummer landen wollte. Damit erreicht hat, dass sich ein damaliger Offiziersschüler nun heute auch als Opfer empfinden kann, ich war ja mit Erich Mielke und Honecker sowieso der Einzige der 40 Jahre dafür war. [flash] Zentrale Vorgaben zu solchen Vorgehen mit entsprechenden anvisierten Lösungen sind mir jedenfalls nicht einmal untergekommen in dieser Zeit und deswegen sind solche Platz des himmlischen Friedens Geschichten für mich wenigstens etwas fragwürdig.


Wo warst du eigentlich im Herbst 89?
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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 12. Februar 2022, 11:15

[grin] Ich war da auf der Seite derer die ihr Vaterland gerne behalten hätten und deswegen weiß ich was dort dazu diskutiert wurde. Ich muß mich nicht auf das Gelaber und irgendwelche Mutmaßungen von ARD und ZDF und anderen Teilen der damals anderen Seite zur Haltung hinsichtlich der Lösung des Innenpolitischen Problems der DDR berufen. Schon gar nicht auf den totesverachtenden Kampf ganz spezieller Teile der friedlichen Revolution.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon Grenzgänger » 12. Februar 2022, 15:09

Was am 09. Oktober 1989 in Leipzig passiert bzw. was dort möglicherweise um ein Haar passiert wäre, wird möglicherweise nie völlig geklärt werden.
Dennoch sprechen einige ernstzunehmende Indizien, dass die Montagsdemonstrationen in Leipzig an jenem Tag ein Ende finden sollten.
Das auch eine gewaltsame Lösung dieses "Problems" bei den Entscheidungsträgern eine durchaus eine Option darstellte, halte ich für sehr wahrscheinlich.
Man hatte durchaus erkannt, dass von den Demonstrationen in Leipzig ein Signal ausging. Dieses Demonstrationen drohten immer mehr zu einem DDR-weiten
"Flächenbrand" zu werden. Der die damalige Partei -und Staatsführung "vom Thron stoßen konnte." Aus diesen Gründen musste die Demonstrationen auf jeden Fall beendet werden.

Die SED wollte auf die Demonstrationen der angeblichen "Konterrevolutionäre" mit einer Demonstration der Stärke antworten. Allein deshalb wurde ein starkes Aufgebot von VP -und MfS-Kräften und auch NVA-Soldaten, in und um Leipzig konzentriert. Möglicherweise zur Abschreckung, Falls diese Abschreckung ihre Wirkung verfehlen sollte, blieb, um einen endgültigen Gesichtsverlust zu vermeiden, eigentlich nur noch eine gewaltsame Beendigung der Demonstrationen. Mit allen sich daraus ergebenen Konsequenzen. Wozu unter anderem Schnellgerichte gehören, deren Aufgabe darin bestand, empfindliche Strafen gegen Demonstranten zu verhängen.
Inwieweit ein Schusswaffeneinsatz tatsächlich diskutiert wurde, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis! Für diese Option spricht immerhin, dass in den Leipziger Krankenhäusern zusätzliche Blutkonserven bereitgestellt und Spezialisten für Schusswunden, in Bereitschaft versetzt wurden.

Aus persönlicher Erfahrung kann ich von einer Dienstversammlung, die am Morgen des 09.Oktober 1989 im VPKA Seelow stattfand berichten:
Der Amtsleiter, ein Oberstleutnant der VP, sprach vor den versammelten Abschnittsbevollmächtigten, die kurz vorher zu einer außerordentlichen Versammlung ins VPKA bestellt wurden, unverhohlen, "dass wir uns mitten in einer Konterrevolution befinden." Seiner Meinung nach wurde dieser Umstand bislang von der SED-Kreisleitung Seelow noch nicht ausreichend erkannt. Weiter sagte er: " Genossen, es geht in diesen Tagen um nichts weniger als die Erhaltung der Macht des Sozialismus! Wenn wir diese Macht behalten wollen, dann werden wir auch bei uns an Bildern wie vom "Platz des Himmlischen Friedens" in Peking, nicht vorbeikommen." Anschließend schlug der Oberstleutnant einen Bogen nach Leipzig: " Der Sozialismus ist so eine gute Sache. Wenn man sieht, was dort jeden Montag los ist, kann man doch eigentlich nur zur MPI greifen! Schon heute soll es wieder zu Demonstrationen in Leipzig kommen." Und weiter: "Ich erwarte stündlich Meldungen über von Konterrevolutionären gelynchte Volkspolizisten oder Parteifunktionäre." Die Abschnittsbevollmächtigten erhielten die Weisung, nach der Rückkehr von der Versammlung, sich alle zwei Stunden telefonisch beim Operativen Diensthabenden des VPKA zu melden. " Damit wir sicher sind, dass ihr noch lebt", fügte der Oberstleutnant mit ernster Mine hinzu. Zum Schluss der "Veranstaltung" empfing jeder ABV in der Waffenkammer einen schwarzen Schlagstock und eine stählerne Handschelle. Angeblich zur "besseren Verteidigung".

Bei dieser Versammlung war ich selbst dabei! Ich weiß bis heute nicht, ob uns der Oberstleutnant, auf Weisung der Bezirksbehörde oder einer anderen vorgesetzten Stelle, auf ein knallhartes Vorgehen in Leipzig, dass auch für unsere weitere Dienstdurchführung nicht ohne Konsequenzen geblieben wäre, "seelisch und moralisch vorbereiten wollte." Oder ob es sich einfach nur um die ganz persönliche Lageeinschätzung des Amtsleiters handelte. Vor einigen Jahren hatte ich im Landeshauptarchiv in den vorhandenen Dokumenten des VPKA Seelow nach einer eventuell vorhandenen entsprechenden Weisung gesucht, diese jedoch nicht gefunden. Was mich allerdings nicht verwunderte.
Der wenige Wochen nach der Versammlung zu einem "lupenreinen Demokraten" mutierte Amtsleiter besaß verständlicherweise wenig Interesse an der Aufklärung der Hintergründe seiner markigen Sprüche, die er am Morgen des 09.Oktober 1989 absonderte. Genau wie viele andere Verantwortungsträger auch. Wenn es tatsächlich Hinweise auf einen möglicherweise geplanten Schusswaffeneinsatz gegen Demonstranten gegeben hat, aus denen sich dann obendrein Rückschlüsse auf die konkreten "Vordenker" ergaben, dann dürften die schriftlichen Nachweise schon unmittelbar nach dem 09.Oktober 1989 vernichtet worden sein. Aber auch das ist eben nur eine Vermutung!

Erwiesen ist jedoch, dass sich im Vorfeld der Demonstration, durch den Einsatz verschiedener Persönlichkeiten, bei den Verantwortungsträgern, vor allem " ganz Oben", ein Denkprozess ausgelöst wurde. Die Option eines gewaltsamen Eingreifens, wich immer mehr der Option eines Dialogs. Eine nicht zu unterschätzende Rolle dürfte auch die hohe, weder von der VP noch vom MfS erwartete Anzahl der Demonstrationsteilnehmer gespielt haben. Und ganz sicher gab es in der Partei -und Staatsführung und den Sicherheitsorganen, viele vernünftige Menschen, die über eine friedliche Lösung heilfroh waren.

Jetzt noch mal zu den Offiziersschülern: Der Funkspruch bzw. die Funksprüche bezüglich " gelynchter Genossen", gingen zu Beginn und nicht am Ende des Einsatzes ein. Die Sprüche waren nicht explizit für die auf der Ladefläche hockenden Offiziersschüler, sondern allgemein, für alle Einsatzkräfte bestimmt. Die Gruppenführer der Bereitschaftskräfte waren mit Handfunksprechgeräten ausgerüstet, so dass sie und die anderen Wartenden, den Funk mithören und somit die Lageentwicklung verfolgen konnten. Meines Wissens nach, verfügten die W 50 der Volkspolizei in der Regel, über keine im Fahrzeug eingebauten, stationären Funkgeräte.
Und noch etwas: Von den beiden Ex-Offiziersschülern fühlt sich heute niemand als Opfer. Bloß, weil er am 09.Oktober 1989 in Leipzig auf der Ladefläche eines LKW gesessen hat. Dafür besteht jedoch die Erkenntnis, dass sie damals "verdammt viel Glück hatten." Diese Erkenntnis trifft aber auf alle zu, die damals bei der VP oder anderswo im Dienst waren.

Gruß an alle
Uwe
Zuletzt geändert von Grenzgänger am 12. Februar 2022, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon Kumpel » 12. Februar 2022, 15:23

karnak hat geschrieben: Ich war da auf der Seite derer die ihr Vaterland gerne behalten hätten und deswegen weiß ich was dort dazu diskutiert wurde. Ich muß mich nicht auf das Gelaber und irgendwelche Mutmaßungen von ARD und ZDF und anderen Teilen der damals anderen Seite zur Haltung hinsichtlich der Lösung des Innenpolitischen Problems der DDR berufen. Schon gar nicht auf den totesverachtenden Kampf ganz spezieller Teile der friedlichen Revolution.


Dieses Statement spricht wohl eher für eine gewisse offenbar heute noch vorhandene Abgehobenheit der Schild und Schwertträger der Partei.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 12. Februar 2022, 19:45

[grin] Ist mir schon klar, weil man dem Zeitgeist entsprechend schon immer dagegen gewesen sein muß, dass hat in deutschen Landen schließlich Tradition, alles andere zählt sehr schnell als unschicklich. Und ich habe lediglich die Frage beantwortet wo ich im Herbst 89 war. [hallo]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 12. Februar 2022, 19:54

karnak hat geschrieben:[grin] Ich war da auf der Seite derer die ihr Vaterland gerne behalten hätten


Echt? So kurzsichtig warst du damals? Ich dachte, dir war längst klar, dass der Kampf verloren ist? [denken]

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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 12. Februar 2022, 20:05

Ich gehe aber nicht in die Niederlage wie der deutsche Michel das in der Regel tut, nach der allzeit beliebten Methode " EIGENTLICH war ich auch schon immer dagegen ". Das Maximum sollte die Erkenntnis sein sich geirrt zu haben,dass wäre dann als Einziges legitim. [hallo]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon pentium » 13. Februar 2022, 10:32

karnak hat geschrieben:[grin] Ist mir schon klar, weil man dem Zeitgeist entsprechend schon immer dagegen gewesen sein muß, dass hat in deutschen Landen schließlich Tradition, alles andere zählt sehr schnell als unschicklich. Und ich habe lediglich die Frage beantwortet wo ich im Herbst 89 war. [hallo]


Na ja so richtig hast du die Frage nicht beantwortet, wobei, vielleicht lag es auch an meiner Fragestellung?
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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 13. Februar 2022, 11:47

pentium hat geschrieben:
Wo warst du eigentlich im Herbst 89?

[grin] Dann die schlichte Variante. Im Herbst 89 habe ich weiter jeden Tag meine Uniform angezogen, bin an meinen Grenzübergang gefahren und habe die hoheitlichen Aufgaben des noch vorhandenen Staates DDR durchgesetzt. Die Visaregelungen gegenüber Bundesbürgern und Bürgern anderer Staaten so wie sie mir vorgeben und zwischenstaatlich geregelt waren. Das " Abschöpfen des Reiseverkehrs" wurde nicht mehr eingefordert also habe ich es nicht mehr realisiert. Im weiteren Verlauf wechselte mein Arbeitgeber vom Innenminister Diestel zum Abrüstungsminister Eppelmann und die hoheitliche Aufgabenstellung blieb im Grundsatz gleich. Irgendwann im Frühjahr ist mir entgültig klargeworden,dass der Job keine Perspektive mehr hat und ich habe einen Schnitt gemacht, habe nicht gejault sondern habe nach anderen Möglichkeiten gesucht meine Brötchen zu verdienen. Bin über meinen alten Grenzübergang nach Westberlin gefahren und habe mir neue Arbeit gesucht, älter und klüger geworden eine mit der man mich nicht so einfach wieder anpissen kann. Ich habe an keinen Demonstrationen teilgenommen oder mein Parteibuch in einen Briefkasten geschmissen weil ich schon immer dagegen war, da wäre ich mir einfach nur blöde vorgenommen [flash] Ende der Geschichte, ich wäre nie auf die Idee gekommen mich den neuen Herren anzudienen oder irgendeine staatliche Funktion anzunehmen, dieses bisschen eigene Würde war mir schon wichtig. Ich hätte auch gar nicht erklären können wie ich diese Kurve über Nacht bekommen habe. Und heute weiß ich, dass man mich sowieso irgendwann abserviert hätte. Glück gehabt und gut entschieden, ich bin ohne irgendeinen Bruch in der Bundesrepublik untergekommen, bei weiteren sicheren und gutem Einkommen, Arbeitslosigkeit oder staatliche Hilfe war für mich kein Thema und niemand hatte eine Chance mir Wendehalsigkeit zu unterstellen oder mich anderweitig zu demütigen. [hallo]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 13. Februar 2022, 11:54

Ja, gut, ich denke, du warst keine Ausnahme damals. Manche haben das nur etwas früher erkannt.

War der neue Arbeitgeber der volle Zufall, oder hattest du ne Liste wo du es probierst? Ich mein, man macht sich ja Gedanken, was man tun kann.
Oder gab es sogar ne Art Stille Post mit Jobhinweisen?

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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 13. Februar 2022, 12:15

Ganz einfach, die örtlichen Dienststellen der GT ,zu denen ich nun gehörte, bekamen von ihrem Abrüstungsminister die Auflage Personal abzubauen. Die Firmen aus dem Westen die den Markt im Osten erobern wollten brauchten Personal und vor allem Technik. In meinem Fall LKW um eine Belieferung des Ostens zu ermöglichen. Daimler und MAN und wie sie alle hießen hatten nicht die Kapazitäten um die Bereitzustellen. Also sind die Chefs im Westen auf die Idee gekommen mal bei dem Militär des Ostens nachzufragen ob die nicht ein paar von ihren Militärfahrzeugen übrighaben.
Hatten die, und so bin ich in der Startphase meines Lebens im Kapitalismus mit einem grünen GT LO über die Avus gefahren. [flash] Getankt haben wir auf dem Betriebsgelände in Potsdam an einem Tankural, die Möglichkeit mit irgendwelchen Karten bei Minol zu tanken gab es ja noch nicht. Was unsere Westchefs nur störte, Hammer/ Zirkel/ Ährenkranz mit grünen Rand an den Türen des LKW [flash] , es kamen dann Aufkleber mit Wendeln,später Lieken, darüber.
Jedenfalls, als vom Westen die Frage kam was die GT denn für die Fahrzeuge haben wollen bekamen sie die Antwort, wir wollen kein Geld,wir wollen Arbeitsplätze. Und so bin ich dann da gelandet, eigentlich wollte ich nur solange dort bleiben bis die Übung vorbei ist, sind aber dann 30 Jahre geworden. [flash]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon Olaf Sch. » 13. Februar 2022, 12:28

@Karnak - ich war bis 1987 bei den GT und dies nicht ganz freiwillig, 3 Jahre um nicht mit 25 gezogen zu werden und um nicht zu den MOT Schützen zu kommen, mehr Geld, mehr Urlaub, bessere Unterkunft. Überhaupt nichts politisches. Aber man musste sich auch irgendwie arrangieren mit der DDR - mit der Glaskugel, dass 1990 alles vorbei ist, hätte man natürlemont schon eher die Reißleine ziehen können. Wäre ich während meiner Dienstzeit abgehauen, was nicht so einfach war am Priwall - meine Eltern und mein Bruder hätten ihren Job verloren. Für die DDR war ich schon mit 14 Jahren nicht mehr.

Also etwas vorwerfen ist leicht. Im übrigen hast du dich immer noch nicht zum Einsatz der RWA72 bei den Grenzkompanien geäußert :P
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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 13. Februar 2022, 12:31

Ich äußere mich nicht mehr zum RWA 72 [flash] ,dass habe ich ausführlich getan, mehr weiß ich dazu nicht. [hallo]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon Beethoven » 14. Februar 2022, 09:34

karnak hat geschrieben: Ich war da auf der Seite derer die ihr Vaterland gerne behalten hätten ...

Ging mir damals genauso.
Es leugnet ja keiner von denen, denen es genauso ging, dass sie damals die Welt nicht mehr verstanden und was da abgeht.
Ein darüber Nachdenken oder gar Erkennen, setzte erst viel später ein.

Grenzgänger hat geschrieben:... Wozu unter anderem Schnellgerichte gehören, deren Aufgabe darin bestand, empfindliche Strafen gegen Demonstranten zu verhängen.
Inwieweit ein Schusswaffeneinsatz tatsächlich diskutiert wurde, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis! Für diese Option spricht immerhin, dass in den Leipziger Krankenhäusern zusätzliche Blutkonserven bereitgestellt und Spezialisten für Schusswunden, in Bereitschaft versetzt wurden.


Na, dass das absolut nicht der Wahrheit entspricht ist wohl hinlänglich bewiesen.
Es gab keine zusätzlichen Blutkonserven, Leichensäcke und dass keine Waffen und keine schwere Technik eingesetzt werden sollte, ist wohl auch hinlänglich bewiesen.

Grenzgänger hat geschrieben:Aus persönlicher Erfahrung kann ich von einer Dienstversammlung, die am Morgen des 09.Oktober 1989 im VPKA Seelow stattfand berichten:
Der Amtsleiter, ein Oberstleutnant der VP, sprach vor den versammelten Abschnittsbevollmächtigten, die kurz vorher zu einer außerordentlichen Versammlung ins VPKA bestellt wurden, unverhohlen, "dass wir uns mitten in einer Konterrevolution befinden." Seiner Meinung nach wurde dieser Umstand bislang von der SED-Kreisleitung Seelow noch nicht ausreichend erkannt. Weiter sagte er: " Genossen, es geht in diesen Tagen um nichts weniger als die Erhaltung der Macht des Sozialismus! Wenn wir diese Macht behalten wollen, dann werden wir auch bei uns an Bildern wie vom "Platz des Himmlischen Friedens" in Peking, nicht vorbeikommen." Anschließend schlug der Oberstleutnant einen Bogen nach Leipzig: " Der Sozialismus ist so eine gute Sache. Wenn man sieht, was dort jeden Montag los ist, kann man doch eigentlich nur zur MPI greifen! Schon heute soll es wieder zu Demonstrationen in Leipzig kommen." Und weiter: "Ich erwarte stündlich Meldungen über von Konterrevolutionären gelynchte Volkspolizisten oder Parteifunktionäre." Die Abschnittsbevollmächtigten erhielten die Weisung, nach der Rückkehr von der Versammlung, sich alle zwei Stunden telefonisch beim Operativen Diensthabenden des VPKA zu melden. " Damit wir sicher sind, dass ihr noch lebt", fügte der Oberstleutnant mit ernster Mine hinzu. Zum Schluss der "Veranstaltung" empfing jeder ABV in der Waffenkammer einen schwarzen Schlagstock und eine stählerne Handschelle. Angeblich zur "besseren Verteidigung".


Oh je, war der OSL angetrunken?
So viel Bockmist hörte ich noch nie, in dem Zusammenhang



Grenzgänger hat geschrieben:Jetzt noch mal zu den Offiziersschülern: Der Funkspruch bzw. die Funksprüche bezüglich " gelynchter Genossen", gingen zu Beginn und nicht am Ende des Einsatzes ein. Die Sprüche waren nicht explizit für die auf der Ladefläche hockenden Offiziersschüler, sondern allgemein, für alle Einsatzkräfte bestimmt. Die Gruppenführer der Bereitschaftskräfte waren mit Handfunksprechgeräten ausgerüstet, so dass sie und die anderen Wartenden, den Funk mithören und somit die Lageentwicklung verfolgen konnten. Meines Wissens nach, verfügten die W 50 der Volkspolizei in der Regel, über keine im Fahrzeug eingebauten, stationären Funkgeräte.
Und noch etwas: Von den beiden Ex-Offiziersschülern fühlt sich heute niemand als Opfer. Bloß, weil er am 09.Oktober 1989 in Leipzig auf der Ladefläche eines LKW gesessen hat. Dafür besteht jedoch die Erkenntnis, dass sie damals "verdammt viel Glück hatten." Diese Erkenntnis trifft aber auf alle zu, die damals bei der VP oder anderswo im Dienst waren.

Gruß an alle
Uwe


Mit Handfunkgeräten konntet Ihr Funksprüche abhören? Na das ist ja toll. Wir konnten das mit den Handfunkgeräten, die es in der NVA gab, nicht.
Hier hat man Euch (Dir) einen riesigen Bären aufgebunden.
Ich gehe mal davon aus, dass Du das UFT 721 meinst. Als tragbares Gerät hatte es eine Reichweite (in der Wüste) von maximal 20 - 25 km. Innerhalb von Ortschaften vielleicht die Hälfte.
Dieses Teil hatten wir, leicht modifiziert (mit Kehlkopfmikro und Kopfhörer) auch.
Es war eigentlich eine Teil des Funkgerätes U 700, der als Basisbausatz, so meine Info, fest in Polizeiwagen der VP installiert war und dadurch mehr Leistung hatte.

Das Teil, welches wir nutzten, war neben dem R-126 (unser "Hasenradio") die Funkeinheit, die wir innerhalb der Einsatzgruppe im rückwärtigen Gebiet des Gegners zwischen, Sicherungstrupp, Kern und Deckungstrupp nutzten. Und selbst da, im Wald, brach die Verbindung zwischen den einzelnen Elementen der Gefechtsordnung der Einsatzgruppe, schon manchmal bei Entfernungen von 2- 3 km ab.

Wie sollen denn da solche Infos zu Euch gedrungen sein.

Freundlichst
Die größten Vorteile im Leben überhaupt wie in der Gesellschaft hat ein gebildeter Soldat. J. W. v. Goethe

Das Gesetz ändert sich, die Gesinnung nicht.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 14. Februar 2022, 11:53

Es gab keine zusätzlichen Blutkonserven, Leichensäcke und dass keine Waffen und keine schwere Technik eingesetzt werden sollte, ist wohl auch hinlänglich bewiesen.


Ist das wirklich bewiesen?

Wir hatten hier mal Aussagen von Militärs, die das etwas anders ausgedrückt haben. Müsste noch auf Youtube zu finden sein.

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Re: 72 Jahre

Beitragvon pentium » 14. Februar 2022, 11:56

augenzeuge hat geschrieben:
Es gab keine zusätzlichen Blutkonserven, Leichensäcke und dass keine Waffen und keine schwere Technik eingesetzt werden sollte, ist wohl auch hinlänglich bewiesen.


Ist das wirklich bewiesen?

Wir hatten hier mal Aussagen von Militärs, die das etwas anders ausgedrückt haben. Müsste noch auf Youtube zu finden sein.

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Nicht schon wieder....
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 14. Februar 2022, 11:58

Also sind die Chefs im Westen auf die Idee gekommen mal bei dem Militär des Ostens nachzufragen ob die nicht ein paar von ihren Militärfahrzeugen übrighaben.


Und wenn es diese Anfrage nicht gegeben hätte... wärst du ganz woanders gelandet.

Ich habe eigentlich stets Deutschland als Heimatland betrachtet. Für ein Vaterland DDR hat mir etwas gefehlt, dazu hätte es sich anders verhalten müssen.

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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 14. Februar 2022, 13:13

augenzeuge hat geschrieben:
Und wenn es diese Anfrage nicht gegeben hätte... wärst du ganz woanders gelandet.



AZ

Kann sein,keine Ahnung. Diesen Zusammenhang habe ich erst viel später erfahren, irgendwann hing ein Aushang am schwarzen Brett, " Brotfahrer [flash] gesucht und da habe ich mich bei der GT Führung in Potsdam als Interessierter für den Job gemeldet, hatte natürlich eineDDR Vorstellung von der Arbeit, zum Konsum fahren, die Kiste Brot vor die Tür stellen und weiter,dass erschien mir erstmal einfach bis die Übung vorbei ist [flash] . Die Kaderabteilung hat mir dann eine Adresse in Westberlin gegeben und dort bin ich dann hingefahren. Sicher war es zu dem Zeitpunkt erstmal eine" Verzweiflungstat", ich wusste nur,dass mein Job an der Grenze endlich ist und irgendeine Lösung her musste. Diese ganzen Umschulungen zu irgendwelchen Versicherungsvertretern und ähnlichen, dazu hatte ich keine Lust und eine wirkliche Perspektive waren solche Treppenterrierjobs für mich auch nicht. Es sollte etwas werden bei dem ich mir möglichst keine großen Sorgen machen muß, dass es wieder gegen die Wand läuft, ich gehöre nicht zu denen die sich gerne mal ausprobieren und was Neues anfangen, zumindest nicht beim Thema Existenzsicherung.
Man hat mich jedenfalls genommen, war froh,dass einer kommt der sich in Potsdam und Umgebung auskennt, der Markt sollte schließlich erobert werden.
Am Rande, der Kaderbulle bei den GT hatte mir gesagt " probiere es einen Monat aus, wenn es nichts ist kommst Du halt wieder zurück". Nach einem Monat bekam ich meinen ersten Lohn auf das Konto, 2000,und das in DM [flash] ,in etwa das was ich bei der Stasi bekommen hatte,allerdings in DDR Mark. Der Umgang mit dem Personal war auch korrekt, sogar unerwartet gut, also bin ich wieder nach Potsdam zu den GT um ihnen mitzuteilen, dass ich kein Interesse an einer Rückkehr habe. Da stellte ich erstaunt fest, ich war längst entlassen,eine gewollte Rückkehr wäre gar nicht möglich, man hatte mich schon wiedermal verarscht. Damit war dann mein Wechsel in die schöne neue Welt des Kapitalismus faktisch abgeschlossen, ohne Schnörkel, ohne große Experimente und ohne ökonomischen Bruch, im Gegenteil, ich konnte mir innerhalb kürzester Zeit Dinge leisten von denen ich vorher nicht mal geträumt hätte und das als Brotfahrer, also bin ich es einfach 30 Jahre geblieben.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon Kumpel » 14. Februar 2022, 13:51

Na also alles ganz gut gelaufen. Ne Menge PKE ler sind ja auch bei der Bundespolizei unter gekommen.
Ich glaub die haben es auch nicht so schlecht getroffen.
Kumpel
 

Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 14. Februar 2022, 14:00

Selbst wenn ich das gewollt hätte, bei mir hätte das nicht mehr funktioniert. JHS, Bezirksparteischule, APO Sekretär, ich war längst zum schlimmen Finger geworden [flash] , mich hätten die nicht genommen, für mich brauchte es eine andere Lösung, das war mir da schon klar.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon Kumpel » 14. Februar 2022, 15:17

Super , eine richtige Erfolgsgeschichte der sozialen Marktwirtschaft. Jeder kann es schaffen! [crazy]

Jetzt muss ich aber mal dumm fragen, hast du dich da nicht irgendwie unterfordert gefühlt?
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Re: 72 Jahre

Beitragvon steffen52 » 14. Februar 2022, 15:30

Kumpel hat geschrieben:Super , eine richtige Erfolgsgeschichte der sozialen Marktwirtschaft. Jeder kann es schaffen! [crazy]

Jetzt muss ich aber mal dumm fragen, hast du dich da nicht irgendwie unterfordert gefühlt?

Wieso sollte er sich unterfordert gefühlt haben? Er musste doch nun mal richtig körperlich arbeiten, sich auf die Straße konzentrieren, die Brot-und Schrippenkisten schleppen und nicht nur in seiner Hütte sitzen und
von Leuten den Ausweis kontrollieren....... [laugh]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 14. Februar 2022, 15:48

karnak hat geschrieben:probiere es einen Monat aus, wenn es nichts ist kommst Du halt wieder zurück". Nach einem Monat ....stellte ich erstaunt fest, ich war längst entlassen, eine gewollte Rückkehr wäre gar nicht möglich


Aha, so ist also der Personal-Vertreter des Vaterlandes mit seiner hauptamtlichen, hochbezahlten, Elite umgegangen. [flash]
Kann man nur sagen, denen weint man keine Träne nach, um ihr Vokabular zu verwenden.

Hast du eigentlich Glück gehabt.

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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 14. Februar 2022, 16:10

Kumpel hat geschrieben:
Jetzt muss ich aber mal dumm fragen, hast du dich da nicht irgendwie unterfordert gefühlt?

Ging so, EIGENTLICH bin ich faul, da fällt es nicht ganz so schwer unterfordert zu sein, heute weiß ich von mir, dass ich eigentlich in mir drin nie den wirklichen Drang zur großen Nummer hatte[flash] Und wenn man ganz gut Geld verdient und damit was anfangen kann kommt man auch eher mit Unterforderung zurecht, bin über alle Kontinente gedüst und in die letzten Ecken gefahren, da ist die Zeit auch ohne große Anforderung vergangen. Da trifft mich dann auch heute die größte Katastrophe schon fast mehr. [hallo]
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 14. Februar 2022, 16:13

karnak hat geschrieben: EIGENTLICH bin ich faul


Dass DIE sowas genommen und so hoch bezahlt haben? [laugh]

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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 14. Februar 2022, 16:50

Hamse nun mal und ich habe für mich versucht das Beste draus zu machen, wobei natürlich Drewitz nicht gerade der beste Ort dafür war.
Und auch dort musste ich mir irgendwann eingestehen, dass man mich auch da irgendwie verarscht hatte. [flash] irgendwann bin ich nämlich dahinter gekommen warum ich eigentlich dort gelandet bin, an einem Ort den man bei der Stasi unter der Hand schon mal " die Galeere" nannte.
Der Personalbedarf für die Güsten uferte auf Grund des ständig steigenden Reiseverkehrs immer mehr aus, es wurde immer schwieriger ausreichend geeignetes Personal zu finden. Und mit geignet war im Wesentlichen kadertechnisch gemeint. Also wurde auf die operativen Abteilungen Druck ausgeübt, ihr habt so und so viel Köpfe für die VI im Jahr zu werben, schafft ihr das nicht muß einer von Euch auf die " Galeere" ,und auf dieser Grundlage bin unter anderem ich dann dort gelandet, bin also irgendwie auch Opfer [grin] In späteren Zeiten leisteten dann bei uns die Söhne höher gestellter MfS Angehöriger faktisch ihren Wehrdienst ab und verschwanden dann nach einer gewissen Zeit wieder von der " Galeere". Da ich als" Quereinsteiger" diesen Hintergrund nicht hatte musste ich mir irgendwie eingestehen,dass meine Karrierechancen durchaus eher begrenzt sein könnten. Das hat meinen Ehrgeiz irgendwie eingegrenzt und ich habe auf der Galeere einen etwas angenehmeren Posten angestrebt, den Trommler sozusagen [flash] , ich bin "operativer Kontrollermittler " und nebenher APO Sekretär geworden. Was weiter passiert wäre und ob der große Zampano noch etwas mit mir vorgehabt hätte weiß ich nicht mehr, es kam das Jahr 89/90.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon augenzeuge » 14. Februar 2022, 17:22

Ich staune, es gibt doch immer mal wieder etwas Neues, was man so erfährt.

Ist interessant, dass die Söhne der MfS-Größen dort auch antanzen mussten. Die waren hoffentlich zuverlässig... [shocked]
Mir fällt grad ein, bei der Besetzung der US Botschaft 1984 waren einige Kinder von MfSlern dabei, die man natürlich nie weggelassen hätte.

Den ganze Tag Pässe angucken...der Schichtdienst, und jedes Mal mit der Hand winken, kein Wunder, dass da einige nicht mehr freundlich waren. [flash] Von den Abgasen ganz zu schweigen.
Im Winter muss es in den Hütten auch kalt gewesen sein, die Luke war ja auf.

Trotzdem hab ich nie verstanden, warum es immer so unterschiedlich lange dauerte. Es war kein System für mich erkennbar, nicht mal in der Uhrzeit... [flash]

Gab das eigentlich Vorgaben, wer wie bei der Rückreise / Ausreise kontrolliert werden musste oder sollte?

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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 14. Februar 2022, 17:45

augenzeuge hat geschrieben:
Ist interessant, dass die Söhne der MfS-Größen dort auch antanzen mussten.

Kann man so und so sehen, dass war dann ihr Militärdienst, die sind nach der Arbeit einfach nach Hause zu Mutti,der Kasernenalltag wie für jeden anderen DDR Bengel, ist ihnen erspart geblieben.
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Re: 72 Jahre

Beitragvon karnak » 14. Februar 2022, 18:06

augenzeuge hat geschrieben:
Trotzdem hab ich nie verstanden, warum es immer so unterschiedlich lange dauerte. Es war kein System für mich erkennbar, nicht mal in der Uhrzeit...

Gab das eigentlich Vorgaben, wer wie bei der Rückreise / Ausreise kontrolliert werden musste oder sollte?

AZ

Das hatte eher profane Gründe, einer arbeitet schneller, einer langsamer, sind von 4 Passkontrolleuren zwei in der Kantine und einer muß pinkeln dauert es eben länger. Wer in den Fahndungsmitteln erfasst war wurde dort gefunden und die festgelegten Maßnahmen wurden abgearbeitet, auch das konnte je nach Fähigkeit schneller oder langsamer gehen. Solche, eventuell Kontrollmaßnahmen, waren aber immer personenbezogen mit etwas anderem, vielleicht dem Geburtsort ,hatte das nichts zu tun. Ich gehe mal davon aus,dass Du das vermutest, Ausgereiste neigen zu einer solchen Phobie, dass weiß ich schon [flash] , aber so wichtig wart ihr uns in der Regel einfach nicht. [hallo]
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